KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Irma Schwager: Solidarität heißt Überleben

Von Bärbel Danneberg (29.5.2010)

Einer so großen Frau zu ihrem 90. Geburtstag zu gratulieren, ist nicht leicht. Welche Facette gilt es zu beleuchten? Über Irma Schwagers Beitrag im antifaschistischen Widerstand ist schon viel gesagt worden. Und auch ihr frauen- und friedenspolitisches Engagement über unsere Landesgrenzen hinaus ist bis heute aufrecht. BÄRBEL DANNEBERG sagt: Danke und die herzlichsten Glückwünsche!

Irma Schwager alias Susanne Berger alias Irma Wieselberg feiert am 31. Mai ihren 90. Geburtstag. Diese drei Namen stehen für drei unterschiedliche Lebensabschnitte: Irma Wieselberg kennzeichnet ihre Kindheit und Jugend in Wien; Susanne Berger war ihr Name im belgischen und französischen Widerstand; und Irma Schwager, als die wir alle sie kennen, steht für ihr vielfältiges Wirken in Österreich nach der Befreiung vom Faschismus bis heute.

Der Bund Demokratischer Frauen, bei welchem sie auch heute kaum ein Treffen versäumt, ist ihr Herzenskind. Doch lassen wir Irma selber sprechen. Ein Interview mit ihr, das aus Anlass ihres 80. Geburtstages geführt wurde, birgt noch immer unbekannte Seiten ihres reichen Lebens in der Frauen- und Friedensbewegung und in der Kommunistischen Partei:

Nie wieder Krieg

»Nach 1945 haben wir gesagt, es darf nie wieder zu solch einem Krieg kommen, nie wieder Krieg und Faschismus! Das war der Wunsch vieler Menschen auch über die Kommunistische Partei hinaus. Auch wenn viele die Befreiung als Niederlage empfunden haben – aber froh waren doch alle, dass dieser Bombenkrieg vorbei war. Und wir haben natürlich die große Illusion gehabt, dass jetzt alles anders wird, dass aus der Geschichte gelernt und ein neues Österreich entstehen wird.

Was die Frauen betrifft, so haben unterschiedlichste Persönlichkeiten wie etwa Grete Schütte-Lihotzky, Anna Grün, Lina Loos oder Marie Eis, Künstlerinnen, Schauspielerinnen oder Schriftstelle­rinnen, vor allem auch Frauen, die selbst im Widerstand waren, versucht, den Gedanken des Antifaschismus weiterzutragen: Frauen müssen eine Kraft für den Frieden werden. Da ist mit diesen Frauen die erste Gruppe des Bundes Demokratischer Frauen gegründet worden. Im Oktober 1945 erschien dann auch schon die erste Ausgabe der ›stimme der frau‹, es war die erste Frauenzeitschrift der 2. Republik.

Es war das Bemühen, eine überparteiliche Organisation zu gründen, in der Frauen aller Richtungen in einem neuen Österreich gleiche Rechte haben. 1945 ist auf internationaler Ebene die Internationale Demokratische Frauenföderation (IDFF) gegründet worden. Es war die einzige Fraueninterna­tionale, in der auch die sozialistischen Länder vertreten waren. Bei dem Gründungskongress waren auch Österreicherinnen dabei. Im Jahr 1948 wurde unter den Frauen diskutiert, ob sich der Bund Demokratischer Frauen dieser IDFF anschließen soll. Manche wollten das nicht, weil ihnen das zu kommunistisch erschien. Das war der Zeitpunkt, an dem sich der Bund Demokratischer Frauen gespalten hat.«

Arbeit mit Frauen

»Bis dahin hat die Kommunistische Partei, wie auch alle anderen Parteien, Frauenkomitees gehabt, das war so bei der ÖVP und auch bei der SPÖ, und die KPÖ hatte Frauenaktivs in ihren Leitungen. Das war eine große Diskussion in der Partei – eigentlich sollte man versuchen, die Frauen unabhängig von Parteien in einer Vereinigung wie dem Bund Demokratischer Frauen zu sammeln. Damit eine solche Frauenbewegung wirklich einen Druck und Glaubwürdigkeit bekommt, hat die Kommunistische Partei ihre Frauenaktivs aufgelöst. Die meisten von ihnen sind in den Bund Demokratischer Frauen gekommen. Die Grete Schütte-Lihotzky ist damals Vorsitzende des BDFÖ geworden.

Ich bin 1952 in den Bund Demokratischer Frauen gekommen und wurde gefragt, ob ich in der Leitung mitarbeiten möchte. Das habe ich getan, meine Kinder waren aus dem Gröbsten heraus, und so haben wir in dieser Frauenorganisation drei wichtige Themen gehabt: Frieden, Antifaschismus und antifaschistische Aufklärung der Jugend. Es wurde auch ein Komitee gegründet, bei welchem der Bund Demokratischer Frauen aktiv mitgewirkt hat und in welchem Frauen unterschiedlichster Weltanschauung zusammengearbeitet haben. Dieses Komitee hat über 30 Jahre lang antifaschistische Filmvorführungen in der Urania veranstaltet.

Doch unsere Schwerpunkte haben sich erweitert. Die Frage Gleichberechtigung, Kinderbetreuung, der Kampf gegen den Paragraphen 144, die Reform des Ehe- und Familienrechts – hunderte Fragen, die ja weit über linke Organisationen hinausreichen … Wir haben in der 2. Republik bei jedem Justizminister vorgesprochen, damit das Familienrecht aus der Postkutschenzeit reformiert wird. Und jeder Justizminister hat uns Recht gegeben, aber im Parlament brauche man dazu eine Mehrheit, wurde uns von allen Seiten gesagt. Das war ein langer Kampf, der erst in den 70er Jahren erfolgreich war.

Wir haben schon etwas in Bewegung gebracht. Wir haben zwar unser Ziel nicht erreicht, eine große, überparteiliche Frauenorganisation zu schaffen, aber wir haben mitgewirkt, Frauenbewusstsein zu schaffen. Erst mit Johanna Dohnal ist ein großer Durchbruch gelungen, weil sie bereit war, ihre Tore breit zu öffnen, auch für uns. Da ist dann auch zusammen mit der autonomen Frauenbewegung vieles in Bewegung gekommen. Die Aktionseinheiten zum Internationalen Frauentag am 8. März wurden schließlich, nachdem wir anfangs mit unseren Forderungen allein auf der Straße waren, von einem breiten Bündnis getragen.«

Ein bleibendes Bild

Ich habe Irma 1974 kennengelernt. Eines Tages, ich war ziemlich frisch von Berlin nach Österreich gekommen, stattete sie mir einen Besuch ab und fragte, ob ich nicht einmal zu der Frauengruppe kommen wolle, den »Club der politisch interessierten Frau«, der sich damals noch bei Margit Niederhofer in der Laudongasse getroffen hat. Von Frauenpolitik hatte ich keine Ahnung war aber politisch interessiert. Von da an wurde ich und bin es bis heute »fraueninteres­siert«, ich bin zu den Treffen in Irmas Büro in der Taborstraße gegangen, später in die Sensengasse. Dann, als »stimme der frau«-Redakteurin, war die Zusammenarbeit mit Irma eng und ich habe vieles, das ich an politischem Bewusstsein gewonnen habe, von ihr gelernt. Ihr Verständnis, ihr Humor, ihre (manchmal auch lästige) Strenge, ihre praktische Lebensweisheit und ihre klugen Einschätzungen frauenpolitischer Zusammenhänge waren für mich ein großer Gewinn. Vor allem ihre persönliche Geschichte im französischen Widerstand während der Nazizeit hat mich tief beeindruckt. Und auch die Art, wie sie uns ihre Lebensgeschichte vor, während und nach dem Faschismus vermittelt hat – nämlich lebendig, nachvollziehbar und zum Denken anregend, getragen von einer lebensnahen Sicht. Das hat ein bleibendes Bild hinterlassen, das nicht nur mich über viele Jahre bis heute begleitet. Dafür bin ich sehr dankbar.

Die Frauen des Bundes Demokratischer Frauen, die antifaschistische und die Friedensbewegung, die Kommunistische Partei Österreich, deren Zentralkomitee sie lange Zeit angehörte, die Frauenbewegung und wir alle haben Irma Schwager viel zu verdanken. Vor allem haben wir von ihr gelernt, dass Solidarität (Über-) leben heißt.

Quelle: Volksstimme, Mai 2010

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