Resolution der Parteikonferenz vom 16. September 2000
1. Nur wenige Monate schwarzblaue Regierung haben
genügt, daß sich diese für die 2. Republik neuartige Regierungskonstellation
als sozialreaktionäres Regime bestätigt hat. An die 50 Mrd. Schilling
jährlich werden in dieser Legislaturperiode durch Steuererhöhungen,
Pensionsgegenreform, Kürzung von sozialen Leistungen und im öffentlichen
Dienst direkt und weitere dutzende Milliarden indirekt über den
Finanzausgleich, Ausgliederungen und Privatisierungen auf Kosten
der arbeitenden Menschen und der PensionistInnen umverteilt. Länger
arbeiten, schlechter verdienen und weniger Pension - das ist das
Ziel dieser Regierung, das sie hinter dem zur Schau gestellten Ziel,
jede weitere Neuverschuldung des Staates zu verhindern, anstrebt.
2. Das Problem der Staatsfinanzen ist ausschließlich
in der Tatsache begründet, daß Kapital, Profite und große Vermögen
kaum mehr der Besteuerung unterliegen. Daran ändern auch die zuletzt
von der Regierung vorgelegten Budgetpläne nichts: die zusätzlichen
Unternehmersteuern tragen substantiell nichts zum Budget bei und
dienen nur einer vordergründigen Optik, sind zum Teil nur zeitlich
begrenzt und entsprechen im Umfang fast genau der geplanten Lohnnebenkostensenkung.
Außerdem hat der Finanzminister bereits eine neuerliche Körperschaftsteuersenkung
für 2003 angekündigt. 600 Mrd. Schilling, die in den Privatstiftungen
gehortet werden, bleiben steuerlich weiterhin privilegiert. In all
dem liegt auch der Schlüssel für die Sicherung der Finanzierung
des sozialen Systems in Österreich.
3. Die schwarzblaue Regierung setzt dabei in
neuer Qualität fort, wo SPÖ und ÖVP aufgehört haben. Das ist auch
das eigentliche Geheimnis der SP-Oppositionsstrategie. Es gibt keine.
Denn alle etablierten im Parlament vertretenen Parteien teilen die
Dogmen der neoliberalen Wirtschafts- , Sozial- und Bildungspolitik,
wie sie von der EU vorgegeben werden und die ungeachtet der Haltung
zu den symbolischen Sanktionen in vorauseilendem Gehorsam vollzogen
werden. Weder SPÖ noch Grüne haben bisher auch nur eine der sozialreaktionären
Maßnahmen der Regierung genannt, die sie im Falle einer rot-grünen
Mehrheit im Parlament rückgängig machen werden.
4. Die schwarzblaue Regierung bildet trotzdem
einen tiefen Einschnitt in der Geschichte der 2. Republik. Die Partei
die bisher am konsequentesten den neoliberalen Umbau der Gesellschaft
mit Ausländerfeindlichkeit und Rassismus verbunden hat, deren Funktionäre
ihre rechtextremistische ideologische Herkunft immer wieder unter
Beweis stellen ist auf Bundesebene als Regierungspartei etabliert.
Große Teile der wirtschaftlichen und politischen Elite wollen diesen
Zustand als Normalität auch international anerkannt wissen.
Rechtsextremismus und Staatsrassismus sind ein
europäisches Problem, wie die Verhältnisse in Belgien, Deutschland
oder in Italien zeigen. Deshalb erfordert der Kampf gegen Rechtsextremismus
und Ausländerfeindlichkeit gemeinsame Anstrengungen aller demokratischen
und Linkskräfte in Europa. Diese werden um so eher erfolgreich sein,
wenn der neoliberale Umbau in Europa mit all seinen entsolidarisierenden,
sozialreaktionären Folgen zurückgedrängt und überwunden wird. Das
Ende der “Sanktionen”, die im Grunde nie etwas anderes als billige
Gesten gewesen sind, bestätigt, daß es völlig illusionär ist, sich
auf diese EU im Kampf gegen den Rechtextremismus in Europa zu verlassen.
5. Die schwarzblaue Regierung profitiert von
der Diskreditierung der Demokratie, der ungenierten Privilegierung
der politischen Klasse, der Undurchsichtigkeit der jahrzehntelangen
sozialpartnerschaftlichen Absprachen zwischen den Spitzen von Politik,
Wirtschaft und Gewerkschaften. Sie glaubt es sich jetzt leisten
zu können die Gewerkschaften beiseite zu schieben, die Demonstration
der 300.000 am Heldenplatz und die demokratische Bewegung gegen
blauschwarz zu diskreditieren, regierungskritische Künstler zu maßregeln,
in den angeblich unabhängigen ORF einzugreifen, jede Förderung kritischer
Medien einzustellen usw.
Die verfassungswidrigen Beitrittsgespräche mit
der NATO, die ursprünglich geplante Volksbefragung, aber auch die
arrogante Außenpolitik gegenüber unseren Nachbarn, die auf eine
Anerkennung eines Gleichheitszeichens zwischen den deutsch-faschistischen
Verbrechen und den Konsequenzen, die diese Länder daraus gezogen
haben, hinausläuft, soll offenbar autoritäre Tendenzen in der Innenpolitik
der schwarzblauen Regierung vorbereiten.
6. Die Bewegung gegen blauschwarz, die spontan
während der Regierungsbildung entstanden ist und seither an die
140 Demonstrationen, zuerst täglich dann wöchentlich, zustande gebracht
hat, ist ein neues hoffnungsvolles Phänomen in der österreichischen
Politik. Sie hat seither mehr Menschen gegen die Politik der Regierung
auf die Straße gebracht als die Gewerkschaften mit ihren 1,5 Millionen
Mitgliedern. Diese Bewegung ist nicht nur ein pluralistischer außerparlamentarischen
Widerstand, sondern stellt auch eine Bewegung von Tausenden dar,
die sich gegen soziale Ausgrenzung, gegen den sozialen Darwinismus
des neoliberalen Kapitalismus, gegen Ausländerfeindlichkeit, Sexismus
und Rassismus wehrt.
Tatsache ist aber auch, daß sich dieser Widerstand
einstweilen auf Wien konzentriert. Die KPÖ unterstützt deshalb die
Entwicklung des Widerstands in den Bundesländern, insbesondere im
Oktober die Widerstandstage in Kärnten und den Feministischen Widerstandskongress
in Wien. Es bleibt allerdings die Schwäche des außerparlamentarischen
Widerstands, daß er kein Standbein auf parlamentarischer Ebene hat.
Die KPÖ sieht es als ihre Aufgabe an mitzuwirken,
diesen außerparlamentarischen mit dem notwendig zu entwickelnden
gewerkschaftlichen Widerstand zu verbinden. Dann kann es gelingen,
einige der gravierendesten sozialreaktionären Maßnahmen der Regierung
zu Fall zu bringen. Die KPÖ ruft den ÖGB zu energischen Kampfmaßnahmen
auf. Jetzt gilt es den gewerkschaftlichen Druck unter Einbeziehung
der großen Zahl der Gewerkschaftsmitglieder zu verstärken. Sonst
entpuppt sich der Aktionstag vom Juni als reine Alibiaktion.
7. Neben den Landtagswahlen in der Steiermark
im Oktober sind es vor allem die Gemeinde- und Bezirksratswahlen
voraussichtlich im März 2001 in Wien, die zu einer Polarisierung
zwischen den Parlamentsparteien führen werden. In Wien tritt die
SPÖ als Alternative gegenüber der schwarzblauen Regierung auf. Aber
in Wien haben SPÖ und Grüne jetzt schon eine Mehrheit, die jedoch
nicht gegen blauschwarz eingesetzt wird. Die SPÖ geführte Stadtregierung
gliedert ebenfalls Teile der kommunalen Dienste aus der öffentlichen
Verwaltung zwecks Privatisierung aus. Der Verkauf der Bank Austria
an die bayrische Hypo-Vereinsbank hat ähnliche Konsequenzen wie
seinerzeit die Zerschlagung der Verstaatlichten Industrie. Die KPÖ
tritt in diesen Wahlbewegungen als konsequente soziale und politische
Opposition mit offenen Listen an. In Wien kämpft sie vor allem auch
dafür, daß linke MandatarInnen in die Bezirksvertretungen einziehen.
8. Die KPÖ kämpft gegen den antisozialen Crash-Kurs
der Regierung und für soziale Alternativen, die jenseits des neoliberalen
Umbaus liegen.
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Wir verteidigen die in Generationen errungenen
sozialen Rechte in dem wir gegen die neoliberale Wirtschafts-
und Sozialpolitik, für eine Umverteilung von oben nach unten,
für existenzsichernde soziale Mindeststandards eintreten.
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Die KPÖ fordert die Rücknahme der Anhebung
des gesetzlichen Pensionszugangsalters und aller anderen Verschlechterungen
im Pensionssystem. Wir sind für die Umstellung der Arbeitgeberbeiträge
auf eine Wertschöpfungsabgabe als Alternative zur Privatisierung
der Altersvorsorge. Der Pensionsanspruch muß dem typischen Verlauf
weiblicher Erwerbsbiografien angepaßt werden.
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Die KPÖ verurteilt jede Form der weiteren
Privatisierung öffentlichen Eigentums bzw. öffentlicher Leistungen
im Rahmen der Absicherung sozialer Risken oder im Öffentlichen
Dienst.
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Die KPÖ tritt für die sofortige generelle
Einführung der 35-Stundenwoche als ersten Schritt einer radikalen
Arbeitszeitverkürzung ein. Die Sozialversicherung muß auf alle
Arbeitsverhältnisse ausgedehnt, der weiteren Präkarisierung
entgegengewirkt werden.
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Die KPÖ beteiligt sich am Widerstand gegen
die reaktionäre Frauenpolitik der Regierung und tritt für die
rasche Verwirklichung der Forderungen des Frauenvolksbegehrens
ein.
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Angesichts der bisher bekannt gewordenen
Verhandlungen über den neuen Finanzausgleich, der der Regierung
30 Mrd. Schilling auf Kosten der Länder und Gemeinden bringen
soll, bekräftigt die KPÖ, daß die Finanzkraft der Gemeinden
nicht weiter ausgehöhlt, sondern im Gegenteil gestärkt werden
muß. Kommunale Dienstleistungen dürfen weder eingeschränkt,
noch für die Bevölkerung verteuert werden. Die Kinderbetreuungseinrichtungen
müssen weiter ausgebaut und bestehende abgesichert werden.
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Bildung darf nicht wieder in eine elitäre
Veranstaltung zurückverwandelt werden. Die KPÖ tritt entschieden
für die Sicherung und den Ausbau der öffentlichen Schulen und
Universitäten ein. Der Zugang zu Wissen muß im Gegenteil demokratisiert,
die Möglichkeiten für lebenslanges Lernen und Qualifikation
im öffentlichen Bildungsbereich geschaffen und sozial abgesichert
werden.
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Wir lehnen alle Einsparungen im Gesundheitswesen,
die auf eine Verschlechterung der Versorgung der Bevölkerung
hinauslaufen oder die Einführung von Selbstbehalten zur Folge
haben ab. Die Ambulanzgebühr darf nicht in Kraft treten.
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Wir treten für die gleichen politischen und
sozialen Rechte für alle in Österreich lebenden Menschen ein.
Das aktive Wahlalter soll auf 16 Jahre herabgesetzt werden.
Das Kommunale Wahlrecht ist auf alle ausländischen Mitbürger
auszudehnen. Die rot-grüne Mehrheit in Wien könnte das noch
vor der Gemeinderatswahl verwirklichen.
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