KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS
IWF

Von Strukturanpassung bis Armutsbekämpfung

 

"Eine auf Zusammenarbeit ausgerichtete Institution, der 182 Länder freiwillig beigetreten sind"? Die neoliberale Globalisierung - ihre Strukturen und Institutionen, ihre GegnerInnen und deren Netzwerke.

Teil 1: Der Internationale Währungsfonds.

Von Gerhard Klas

 

Ende der 90er Jahre ist der Internationale Währungsfonds (IWF) nach einer längeren Pause wieder zur Zielscheibe einer internationalen Protestbewegung gegen die kapitalistische Globalisierung geworden. Ansonsten rückte er in der letzten Dekade des vergangenen Jahrhunderts immer dann ins Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit, wenn die Weltwirtschaftsordnung ins Schwanken geriet.

Zuletzt war das im Rahmen der Asienkrise 1997 der Fall, als der IWF seinen bisherigen Rekordkredit von 20 Milliarden Dollar an Südkorea bewilligte und zahlreiche weitere Länder in der Region mit hohen Beiträgen vor einem völligen Kollaps bewahrte. Nicht ohne Gegenleistungen: Die IWF-Finanzprogramme sind an Bedingungen gebunden, die die nationale Wirtschaftspolitik der Empfängerländer betreffen. Bei der Asienkrise war eine der Außagen, im Rahmen eines Abkommens in der Welthandelsorganisation (WTO) die Märkte für ausländische Banken und Versicherungskonzerne zu öffnen. Dieser Vorfall dokumentiert nicht nur die vom IWF vielgepriesene Zusammenarbeit mit anderen supranationalen Institutionen, sondern ebenso die Macht des IWF: Jahrelang hatten sich die G-7-Staaten (USA, Kanada, Japan, Frankreich, Großbritannien, Italien und Deutschland) zuvor vergeblich bemüht, die asiatischen Länder zur Unterzeichnung des Abkommens zu bewegen.

"Reisen, Handel und Investitionen praktisch ohne Einschränkungen"

Doch nach außen hin gibt sich der IWF betont unauffällig und harmlos. Er sei, so die Abteilung Öffentlichkeitsarbeit, "eine auf Zusammenarbeit ausgerichtete Institution, der 182 Länder freiwillig beigetreten sind". Ihr Ziel sei es, die Konvertierbarkeit von Währungen zu gewährleisten, die "Reisen, Handel und Investitionen praktisch ohne Einschränkungen ermöglicht". Eine Selbstdarstellung, die allenfalls einer oberßächlichen Betrachtung, kaum aber einer kritischeren Hinterfragung standhalten wird. Die Geschichte des IWF ist wesentlich für die Durchsetzung der internationalen Wirtschaftsordnung nach dem zweiten Weltkrieg, deren hässliches Gesicht überall auf der Welt seit dem Zusammenbruch des nichtkapitalistischen Sowjetblocks zum Vorschein kommt.

Vor dem Hintergrund der großen Depression in den 30er Jahren und der damit einhergehenden aggressiven Wechselkurspolitik kam es schon während des zweiten Weltkrieges zu intensiven Verhandlungen zwischen Großbritannien und den USA. Vor allem die beiden Ökonomen Harry Dexter White und John Maynard Keynes gelten als geistige Väter der neuen Institution zur Überwachung des Weltwährungssystems. Neben der Internationalen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, kurz Weltbank genannt, wurde 1944 im US-amerikanischen Bretton Woods das institutionelle Zentrum des neuen Systems aus der Taufe gehoben: Auf den IWF sollten einige bisher exklusiv nationale Entscheidungsrechte übertragen werden. Die zunächst 39 Mitgliedsstaaten legten an den Goldpreis gebundene Wechselkurse fest. Wechselkursänderungen von über einem Prozent waren künftig von der Genehmigung des IWF abhängig.

Während die Überwachung des Währungssystems die Hauptaufgabe des IWF darstellte, erhielt er schon damals die Möglichkeit, zur Erleichterung des Anpassungsprozesses bei Zahlungsbilanzproblemen kurz- und mittelfristige Währungskredite zu gewähren, die an Bedingungen geknüpft waren. "Ein Land mit Zahlungsproblemen gibt mehr aus als es einnimmt. Sofern es keine Wirtschaftsreform durchführt, wird es weiterhin mehr ausgeben, als es einnimmt", lautete das Motto der Konditionalisierung. Das ermöglichte dem IWF, indirekt Einßuss auf die Binnenwirtschaftspolitik des Kreditnehmers nehmen zu können. Davon sollte er in Zukunft häufig Gebrauch machen, um die Interessen der wirtschaftlich mächtigsten Mitglieder durchzusetzen.

Alle Mitgliedsstaaten - und nur sie können IWF-Kredite erhalten - müssen ihre "Quote", in den Fonds einbezahlen, nach dessen Höhe sich auch das Gewicht bei der Entscheidungsfindung definiert. Die mit Abstand höchste Quote stammt mit 18,25 Prozent aus den USA, gefolgt von Deutschland, Japan, Frankreich und Großbritannien, deren Einlagen jeweils zwischen fünf und sechs Prozent liegen. Diese Gelddemokratie der wirtschaftlich potentesten Mitglieder kann auch nicht von der Öffentlichkeitsabteilung des IWF kaschiert werden, die pauschal behauptet, die "Mitglieder selbst" würden "die vom Fonds verfolgte Politik festlegen" und seien "weit davon entfernt, vom Fonds Befehle entgegenzunehmen". Die Mitglieder verpßichteten sich mit ihrem Beitritt lediglich, die anderen über seine "Regelungen zur Bestimmung des Wertes seiner Währung im Verhältnis zu den Währungen anderer Länder zu unterrichten" und auf Beschränkungen des Umtausches seiner Währung in Devisen zu verzichten, behauptet die PR-Abteilung. Um diesen Verpflichtungen nachzukommen, könne der IWF allenfalls "moralischen Druck" ausüben.

Als Kronzeugen einer "freiwilligen Mitgliedschaft" führt die Abteilung gerne Indonesien, Kuba, Polen und die frühere Tschechoslowakei an, die der Institution schon mal den Rücken gekehrt hatten. Bis auf Kuba sind sie jedoch alle wieder zurückgekehrt. Die Macht der realen und vermeintlichen Sachzwänge hat die Regierungen dieser Länder getrieben, denn ohne Mitgliedschaft im IWF hat ein Land auch keinen Zugang zu den Krediten der Weltbank, die im Gegensatz zu denen des IWF projektgebunden sind. Und erst recht nicht zu Geldern und Investitionen aus der Privatwirtschaft, denn wer beim IWF nicht kreditwürdig ist, bekommt nirgendwo Geld.

Von der Krise zur Kreditwürdigkeit

Die Situation für das Bretton Woods-System verschärfte sich in den 70er Jahren, als die Goldpreisbindung des Währungssystems zusammenbrach. Viele große Industrienationen gaben daraufhin den Wechselkurs frei nach dem Motto: "Eine Währung ist das wert, was der Markt dafür zu zahlen bereit ist." Einige Länder versuchten, durch Kauf und Verkauf ihrer eigenen Währung die Entwicklung zu beeinßussen, andere koppelten ihre Landeswährung an eine der sogenannten Leitwährungen, wie z.B. den Francs.

Das bis heute offene Wechselkurssystem geht keinesfalls mit einem Einflussverlust des IWF einher, der zuvor die Stabilität des festen Wechselkurses beaufsichtigte. Im Gegenteil: die Überwachungstätigkeit des Fonds über alle Belange der Wirtschaftspolitik ihrer Mitgliedsländer hat den IWF und seine Einschätzung der "Kreditwürdigkeit" noch mehr zum Maßstab für Banken, Unternehmen und andere internationale Institutionen gemacht.

Abhängigkeiten erzeugt auch die vom IWF sogenannte "technische Unterstützung". Sie dient nicht nur der Einweisung und Schulung des Fachpersonals in den hochspezialisierten Bereichen der öffentlichen Finanzen und des Zentralbankwesens. In den 60er und 70er Jahren, als die Mehrzahl der ehemaligen Kolonien ihre Unabhängigkeit erlangt hatten, installierte der IWF die kompletten Finanz- und Währungssysteme in vielen der neuen Staaten. Das wiederholte sich in den 90er Jahren, als der IWF in Osteuropa einer "nie vorhergesehenen Beanspruchung unterworfen" war, wie David Driscoll, Mitarbeiter der Öffentlichkeitsabteilung des Fonds vermerkt. Der Fonds wirkte dort entscheidend bei der Einrichtung von Zentralbanken, Steuersystemen und Zollregelungen mit.

Alles neu?

Mit der Asienkrise ist der IWF an die Grenzen seiner finanziellen Kapazitäten gestossen. Deshalb hat er vor allem mit den reicheren Mitgliedsländern die Bereitstellung neuer Kredittöpfe beschlossen, die bei akuten Krisen kurzfristig eingesetzt werden können. Zusätzlich zu den Gesamteinlagen von 300 Milliarden Dollar gibt es seit 1997 eine "Neue Kreditvereinbarung" bei der sich 25 Mitgliedsländer dazu bereit erklären, Kredite in Höhe von bis zu 46 Milliarden US-Dollar an den IWF zu vergeben, "wenn hohe Finanzbeträge erforderlich sind, um eine mögliche Bedrohung der Stabilität des internationalen Finanzsystems zu bewältigen". Und die nächste Wirtschaftskrise kommt bestimmt: die seit Jahren anhaltende Stagnation in Japan, der Flop der "New Economy" und die Einbrüche im Aktienmarkt sind nur einige Anhaltspunkte. Hinzu kommt eine politische Legitimitätskrise des IWF und anderer supranationaler Institutionen, unter deren Ägide sich die Probleme der Menschheit - Klimaerwärmung, Hungersnöte und Kriege - nicht gebessert, sondern in einem nie gekannten Ausmaß verschärft haben.

Der IWF reagiert darauf mit den Mitteln einer Institution im Weltkapitalismus. Er wechselt zwar die Namen seiner Programme wie die Hemden. Aus den "Sparprogrammen" der Nachkriegszeit sind in den 80er Jahren "Strukturanpassungsprogramme" geworden, die er nun in "Armutsbekämpfungsprogramme" umgetauft hat. Die Politik, die dahinter steckt, ist allerdings dieselbe geblieben: Senkung der Staatsausgaben, Privatisierung des öffentlichen Sektors und Steuerbefreiungen für Investoren. Denn nur bei einem gehörigen privatwirtschaftlichen Wachstum, so die alter Leier des IWF, müssen die Armen nicht mehr arm sein.

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