KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Stadtwerke: Abschmetterung des Bürgerwillens


Graz - 13. Juni 2002. "Als Begräbnis 3. Klasse" bezeichnete Stadtrat Ernst Kaltenegger am Donnerstag die bloß formale Behandlung der Initiative "Für unsere Stadtwerke –Privatisierung Nein" im Grazer Gemeinderat: "Wenn es ums große Geld geht, spielen die Anliegen von Bürgerinnen und Bürgern offensichtlich nur noch eine untergeordnete Rolle."

Mehr als 10.000 Grazerinnen und Grazer haben die Initiative "Für unsere Stadtwerke – Privatisierung nein" mit ihrer Unterschrift unterstützt. SP, VP und FP haben sich aber in Geheimverhandlungen für den Verkauf von 49 Prozent des Energiebereiches der Grazer Stadtwerke an die ESTAG und damit an den französischen Atomkonzern EdF festgelegt.

In seinem Diskussionsbeitrag im Gemeinderat betonte KPÖ-Stadtrat Ernst Kaltenegger:
"Die Weichen in Richtung Verkauf von Anteilen sind schon seit Jahren
gestellt. Selbst die bescheidensten Ansätze eines Konzeptes zum Überleben
als eigenständiger Betrieb wurden bereits in den Anfängen abgewürgt. Die
Liberalisierung des Strom- und Gasmarktes wird als Hauptargument für einen
Teilverkauf der Stadtwerke angeführt. Die KPÖ ist der Meinung, dass die
Stadtwerke trotzdem als gemeinwirtschaftliches Unternehmen überleben
könnten. Auch die Grazer Stadtwerke könnten sich am freien Markt bedienen,
wenn nicht bereits Lieferverträge abgeschlossen worden wären, welche die
Stadtwerke an die scheinbar schon festgelegten künftigen Käufer gebunden
haben.

Sicher ist ein langfristig wirkendes Konzept zur Abdeckung der Verluste bei
den Grazer Verkehrsbetrieben notwendig. Aus dem Zinsertrag durch den
Teilverkauf des Energiesektors wird dies nicht gesichert funktionieren
können. Unserer Meinung nach könnte die Einführung einer landesweiten
Nahverkehrsabgabe - die ähnlich der Wiener U-Bahnsteuer keine Massensteuer
sein sollte - eine wirksame Maßnahme sein.

(...)

Auch die Belegschaft der Stadtwerke versucht man zu beruhigen. Fakt ist
allerdings, dass im UCG Bericht ohne Beschönigung Kündigungen in Erwägung
gezogen werden. Der Plan der Schaffung der GVB II nimmt konkrete Formen an,
wie selbst Vorstandsdirektor Malik gegenüber Medien vor einigen Wochen
bestätigte. Dass dort die sozialen Leistungen für die Belegschaft nicht
besser sein werden als im derzeitigen Betrieb, liegt auf der Hand.

Mit 51 Prozent soll die Verfügungsmacht des bisherigen Hauptaktionärs - also
der Stadt Graz - mehrheitlich sichergestellt werden. Die Erfahrung zeigt,
dass der an sich potentere Teilhaber auch bei Minderheitsbeteiligungen immer
mehr an Einfluss gewinnt und die Entscheidungen vorgibt.

Das strategische Ziel scheint die Totalübernahme durch die ESTAG/EDF zu
sein. Auch ist der Verkauf von weiteren 24 Prozent der ESTAG an die EdF
schon geplant. Somit wird der Einfluss der EDF immer größer und die
sogenannte steirische Lösung zur Farce.

Das Einzige, welches sicher sein dürfte, ist die Abschmetterung des
Bürgerwillens, der in dieser Initiative gemäß dem Steiermärkischen
Volksrechtegesetz zum Ausdruck kommt. "

Kundgebung während der Gemeinderatssitzung

Mit einer Kundgebung auf dem Grazer Hauptplatz protestierte das Komitee "Für
unsere Stadtwerke -Privatisierung Nein".

In einem Flugblatt des Komitees heißt es:

"Obwohl laut Umfragen gut drei Viertel aller Grazerinnen und Grazer gegen
einen verkauf der Stadtwerke sind, kümmert dies VP/SP/FP nicht!
In wenigen Tagen schon, in der Gemeinderatssitzung am 4. Juli, soll der
Verkauf unter Dach und Fach gebracht werden.
Seit Generationen sind die Grazer Stadtwerke im Eigentum der Grazerinnen und
Grazern, aufgebaut mit Steuergeldern und den Preisen, die von der
Bevölkerung für Strom-Wasser-Gas gezahlt worden sind. So konnte auch aus den
guten Gewinnen des Energiebereichs bis jetzt der öffentliche Verkehr in Graz
mitfinanziert werden. Nun soll der Energiebereich verkauft werden, alles,
was Generationen geschaffen haben, soll an ausländische Atommultis
verscherbelt werden. Um Budgetlöcher zu stopfen und Prestigeprojekte zu
finanzieren. Verkauft werden kann nur einmal, das Geld ist schnell weg und
die laufenden Einnahmen fehlen. Was wird als nächstes verkauft werden, um die
kommenden Budgetlöcher zu stopfen? Das Wasser?"

Kritisiert wurde auch die Privatisierungspolitik generell, die nicht nur von ÖVP und FPÖ
durchgezogen wird: "Ob Amag, SGP-Verkehrstechnik, Böhler Uddeholm,
Maschinenfabrik Liezen, ob Austria Tabak, die Salinen, Semperit, Steyr Daimler-Puch oder Telecom
Austria - eine Unzahl profitabler staatlicher Betriebe wurden in den letzten
Jahren an Private verkauft. Bundesforste, Schilifte, Thermen,
Bundesimmobilien, ja sogar Bundeswohnungen. Und nicht zuletzt die
Stadtwerke, die für die Daseinsvorsorge der Menschen da sind und für eine
gerechte Verteilung der zum Leben wichtigsten Dingen sorgen sollen: Strom,
Gas, Fernwärme, öffentlicher Verkehr, Müll, Wasser und Abwasser. Wie alle
Ausgliederungen ist auch die der Universitäten nur der erste Schritt zur
Privatisierung. Gewinne werden privatisiert, die Verluste trägt die Bevölkerung!
Während weltweit bereits die negativen Auswirkungen der Privatisierungen
täglich sichtbarer werden und vereinzelt bereits wieder an
Rück-Verstaatlichung gedacht wird, wie z.B. bei der englischen Eisenbahn,
kommen die österreichischen Politiker erst so richtig in Fahrt!"


Bei der Abstimmung im Gemeinderat gab es 7 Stimmen gegen diesen Kurs: 4 KPÖ, 1 Grüner und die 2 SPÖ-Mandatarinnen Elke Edlinger und Heidi Zotter-Straka.

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