KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Aktionsprogramm der KPÖ

Dieser Entwurf versteht sich als Ergänzung zum Entwurf "Die KPÖ - Grundzüge einer Neuorientierung".

Kritik an der Gesellschaft und Engagement für eine Gesellschaftsveränderung

Unsere grundsätzliche Gesellschaftskritik und unsere Handlungsmöglichkeiten als Kommunistinnen haben wir in unserem Programmentwurf "Die KPÖ - Grundzüge einer Neuorientierung" entwickelt. Das vorliegende Aktionsprogramm soll für ausgewählte Bereiche, in denen wir, unseren Kräften entsprechend, Handlungsmöglichkeiten sehen, die wichtigsten Probleme darstellen und Handlungsorientierungen geben. Wo es uns möglich ist, haben wir konkrete Forderungen entwickelt. Die KPÖ erachtet es als eine ihrer vorrangigen Aufgaben, in den Betrieben, Gewerkschaften und Arbeiterkammern aktiv, konstruktiv und kritisch mitzuwirken.

Dabei sind wir uns der Problematik von Reformvorschlägen in Teilbereichen des bestehenden Systems bewußt und verweisen mehrfach auf die Grenzen des Kapitalismus, wenn es um die Vision einer sozialen und gerechteren Gesellschaft geht. Das Bewußtsein der Dialektik von Reform und Revolution verbindet die Entwicklung konkreter Veränderungsvorschläge in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen mit einer Perspektive einer sozialistischen und schließlich kommunistischen Gesellschaft.

Deshalb werden Forderungskataloge nicht bis in alle Details entwickelt, wie dies vielleicht für konkrete Aktionen sinnvoll sein mag. Bei unseren Reformvorschlägen geht es um die Verbesserung der Lebensbedingungen und der politischen Handlungsfähigkeit der Mehrheit lohnabhängig arbeitender Männer und Frauen, also der Arbeiterklasse im engeren Sinn und der prinzipiell in ähnlicher gesellschaftlicher Lage befindlichen Angestellten, Freiberufler und Intellektuellen.

Wie in den "Grundzügen zur Neuorientierung" dargelegt, sind wir uns der Grenzen von Reformen unter den herrschenden Bedingungen bewußt und betrachten unsere Forderungen auch als ein Zuspitzen von Widersprüchen, die dadurch für breitere Teile der Lohnabhängigen deutlicher werden und sie zum Widerstand gegen die Kapitalinteressen ermuntern sollen.

Jede konsequente Sozialpolitik, jede konsequente Umweltpolitik und der Versuch, Männern und Frauen in allen gesellschaftlichen Bereichen gleiche Rechte zu erkämpfen, stoßen früher oder später an die Grenzen der bestehenden Machtverhältnisse, die wir grundsätzlich verändern und beseitigen wollen.

Dazu bedarf es gut vermittelbarer Grundsätze, realistischer Handlungsperspektiven, einer klaren Sicht der eigenen Schwächen und damit einer echte Bereitschaft, in breiten Bündnissen und Bewegungen wirksam zu werden, bzw. solche zu initiieren. Dazu sollen uns diese Programmentwürfe befähigen. Ohne Handlungsbereitschaft am Arbeitsplatz, im Wohnbereich und in den diversen öffentlichen Feldern der Meinungsbildung (Medien, Kultur, Bildungseinrichtungen usw.) sowie ohne Bereitschaft als Kommunist, als Kommunistin aufzutreten, kann der erlesenste marxistische Disput nicht dazu führen, daß die Lohnabhängigen, aber auch unser Gegner, das Kapital, mit uns rechnen.

"Ziel der KPÖ ist eine klassenlose Gesellschaft, in der jede Form der sozialen, geschlechtlichen oder rassistischen Unterdrückung ausgeschlossen ist, in der die Freiheit jeder/s Einzelnen die Bedingung der Freiheit aller ist und umgekehrt. Das bedeutet im Übergang zu solchen Verhältnissen institutionelle sowie realgesellschaftliche Anerkennung unterschiedlichster Formen des Zusammenlebens von Männern und Frauen, Inländerinnen und AusländerInnen sowie gleichgeschlechtliche Beziehungen etc. ein soweit sie um Gleichberechtigung bemüht sind. Einer solchen Entwicklung stehen die derzeitigen Herrschaftsverhältnisse, mächtige ökonomische und politische Interessen sowie die Lebensweisen und Lebensentwürfe des Großteils der Bevölkerung entgegen. Einen Veränderungsprozeß einzuleiten, verlangt daher nicht nur ein neues Bewußtsein der Menschen, sondern auch einen entschiedenen Bruch mit den geistigen und materiellen Strukturen des Kapitalismus, des Patriarchats und des Rassismus.

Das Ziel, die Herrschaft des Kapitals zu brechen, um eine sozialistische Umgestaltung mit der Perspektive einer kommunistischen Gesellschaft zu ermöglichen, ergibt sich aus der Kritik der bestehenden Verhältnisse und der Formierung des Widerstandes. Kritik und aktive Veränderung verstehen wir Kommunistinnen und Kommunisten als revolutionären Prozeß." (vgl. Programmentwurf "Die KPÖ - Grundzüge einer Neuorientierung")

Dennoch - oder gerade deshalb - ergibt e~ für KommunistInnen Sinn, sich für die Verteidigung bestehender und die Durchsetzung erweiterter Rechte für die große Zahl der (Welt-)Bevölkerung einzusetzen; Das bedeutet zugleich die Bekämpfung der "Rechte" der Monopole auf Ausbeutung, Unterdrückung und Krieg, auf die Zerstörung von Leben und Lebensbedingungen. Dazu bedarf es eines stärkeren internationalen Zusammenschlusses der Arbeiterbewegung und einer Neuformierung ihres kämpferischen Flügels der kommunistischen Bewegung.

1. Österreichs Neutralität und Eigenstaatlichkeit sichern

Als mittelfristig wichtigste gesellschaftspolitische Aufgaben sehen wir die Sicherung der österreichischen Neutralität und den Kampf gegen die Rechtsentwicklung in der Österreichischen Politik. Von diesen beiden Zielsetzungen sind alle politischen und sozialpolitischen Entwicklungen abhängig. Daher stehen die Fragen des EU-Anschlusses und damit die Neutralitätssicherung und die Zurückweisung der

Rechtsentwicklung und des Rechtsradikalismus an der Spitze unseres Aktionsprogrammes. Zwischen diesen Problemen besteht ein historisch bedingter Zusammenhang. Der EU-Anschluß bedeutet in Verbindung mit der Rechtsentwicklung eine Verstärkung deutschnationaler und ausländerfeindlicher Tendenzen.

Die Gegensätze zwischen den drei Zentren des entwickelten Kapitalismus (Europa, USA, Japan) führen heute zur Konfrontation dieser Wirtschafts- und Machtblöcke. In Europa versucht sich die EG als ökonomische, politische und militärische Supermacht zu konstituieren. Dieser Gigantenkampf wird auf Kosten der überwiegenden Mehrheit der Menschheit geführt und ist das Haupthindernis für eine neue, gerechte Weltwirtschaft. Er birgt auch die Gefahr neuer imperialistischer Kriege auf verschiedenen Schauplätzen.

Seit Mitte der 80er Jahre betreiben die herrschenden Schichten in Österreich den EU-Anschluß. Innenpolitisch dient er dazu, unter dem Schlagwort der "Wettbewerbsfähigkeit" den Druck auf Löhne, Gehälter und soziale Standards zu erhöhen, außenpolitisch will sich das österreichische Kapital damit einen prominenten Platz bei der wirtschaftlichen Aufteilung Osteuropas sichern. Mit dem Anschluß an die Europäische Union ist ein entscheidender Schlag gegen die staatsrechtlichen Fundamente der Zweiten Republik verbunden.

1.1. Politische und militärische Neutralität

  • Die Sicherung der Neutralität steht also auch im Falle eines Volksentscheids für die EU auf der Tagesordnung. Die Bedeutung eines neutralen Österreich reicht weit über seine Grenzen hinaus.
  • Neutralität erfordert ein aktives Engagement für friedliche und zivilisierte Konfliktbeilegung. Die KSZE sollte in Richtung Konfliktverhütung, internationale Vertrauensbildung und Entmilitarisierung weiterentwickelt werden. Dazu gehört auch eine großzügige Flüchtlingspolitik und humanitäre Hilfe, die nicht dem politisch-taktischen Kalkül unterliegt.
  • Einer der Hauptgründe des sozialen und wirtschaftlichen Desasters, in das der Zusammenbruch des Realsozialismus überging, liegt in aufgepfropften marktwirtschaftlichen Strukturen und im Ausverkauf der leistungsfähigsten Sektoren an das ausländische (meist deutsche) Großkapital. Österreichs Politik müßte im eigenen Interesse mithelfen, den sozialen Ruin des Ostens zu verhindern und konstruktive Alternativen zu entwickeln. (z.B. Kooperationen der verstaatlichten Industrie beider Seiten.) Das wird nicht möglich sein, ohne die geschichtlich gewachsenen Strukturen, sowie die nationalen und sozialen Besonderheiten zu respektieren, also ein Europa der Koexistenz unterschiedlich entwickelter und ausgeprägter Gesellschaftsformen zu akzeptieren.
  • Durch die Formierung der EG zu einer ökonomischen und politischen Supermacht droht ein Eiserner Vorhang der Armut mitten in Europa niederzugehen. Österreichische Außenpolitik und Außenhandelspolitik wird sich daher zunehmend an den schreienden sozialen Gegensätzen in Europa und der Welt zu bewähren haben. Sinnvolle wirtschaftliche Kooperation ist ein Hauptkriterium für politische Stabilität und ökologische Sicherheit auf unserem Kontinent.
  • Eine Isolation Österreichs von Westeuropa ist nicht erstrebenswert. Eine neutrale Außenpolitik und Außenhandelspolitik wird die verstärkte Kooperation mit der EU suchen, die j~ schon durch zahlreiche Verträge gegeben sind (Zollabbau, DM-Bindung, etc.) Strukturen wie die OECD oder ECE stellen alternative internationale Kooperationsformen dar.
  • Dieses Eintreten für Neutralität ist nicht nationalistischen Vorstellungen geschuldet, es soll vielmehr ausgehend von der Stärkung der Arbeiterbewegung im eigenen Land neue Möglichkeiten auch des Internationalismus der Arbeiterbewegung eröffnen. Nationaler Widerstand gegen die Kapitallogik gegen die Politik des Sozialabbaus und die internationale Kooperation und Solidarität sind zwei Pole eines dialektischen Prozesses der Neuformierung der Arbeiterbewegung im internationalen Zusammenhang, der einer noch realen Existenz von Nationalstaaten realistisch Rechnung trägt.
  • Schließlich brauchen wir eine grundsätzliche Änderung der öffentlichen Meinung im eigenen Land. Eine vom deutschen Medienkapital monopolisierte Massenpresse und ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk, der sich zum Sprachrohr einer Kriegspartei macht, sind mit Neutralität ebenso unverträglich wie ein Außenminister, der Waffenlieferungen in ein Kriegsgebiet fordert, bzw. nach dem Einsatz von NATO-Flugzeugen ruft.
  • Der Staatsvertrag - mit seinem antifaschistischen Auftrag, dem Anschlußverbot und der internationalen Garantie der Rechte der slowenischen und kroatischen Volksgruppen - sowie die immerwährende Neutralität, die Teil des nationalen Selbstverständnisses der Österreicherinnen und Osterreicher ist, werden entwertet.

Die Beibehaltung und Weiterentwicklung der österreichischen Neutralität als völkerrechtlicher Status und Maßstab einer Politik der freien Zusammenarbeit in alle Richtungen ist heute von nicht geringerer Aktualität als in den Zeiten des kalten Krieges. Sie zu erhalten und weiter zu entwickeln liegt nicht nur im Interesse der Mehrheit der Österreicherinnen, sondern auch ein Beitrag für Frieden und Sicherheit in Europa." (Programmentwurf: "Die KPÖ - Grundzüge einer Neuorientierung)

In vielen Stellungnahmen haben wir KommunistInnen unsere Kritik auch an Detailproblemen des EU-Anschlusses entwickelt, von der Kritik des Transitabkommens über die Umweltstandards bis zu den sozialpolitischen Auswirkungen. Vorrangig ist für uns aber:

  • Der Kampf um die Neutralität bleibt - auch im Falle eines aus unserer Sicht negativen Volksentscheids für den EU-Beitritt ein Hauptinhalt unseres politischen Engagements in diesem Lande.
  • Wir Kommunistlnnen sind gegen einen Beitritt Österreichs zur Europäischen Union und treten für ein Nein bei der Volksabstimmung 1994 ein.
  • Wir fordern eine Neubelebung der Helsinki-Konferenz (KSZE) mit dem Ziel einer Konfliktregulierungsinstanz in Europa unabhängig von NATO und EU, die für Entmilitarisierung, Konfliktvermeidung und Vertrauensbildung unter Einschluß Osteuropas verantwortlich ist.
  • Unser neutrales Land soll Vorreiter für eine Neutralitäts- und Entmilitarisierungspolitik in Europa sein, beispielgebend in der Reduktion bzw. Abschaffung des Heeres - statt Ausbau nach EU -Erfordernissen zu betreiben; beispielgebend in der Asylpolitik und Wegbereiter eines auf beiderseitigen Nutzen gerichteten neuen Verhältnisses zu Osteuropa - wofür es gute Traditionen gibt.
  • Notwendig ist eine eindeutige Positionsbestimmung in der globalen Auseinandersetzung zwischen Nord und Süd zugunsten von Entwicklung, sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Vernunft, für gerechte Weltwirtschaftsbeziehungen und für Entschuldung. Wir kämpfen entschieden gegen alle Versuche der imperialistischen Führungsmächte die technische, militärische und ökonomische Überlegenheit zu nutzen, um dem "Rest" der Welt (80 Prozent der Weltbevölkerung) ihre Ordnung aufzuzwingen.
  • Widerstand ist gegen den Versuch zu leisten, die UNO verstärkt zu einem Instrument des Interventionismus zu machen. Durch eine Reform ihrer Strukturen und Institutionen müßte die UNO zu einer Plattform für gleichberechtigte Problemdarstellung und zielführende Lösungen der globalen Probleme werden. Die blockfreien und neutralen Staaten müssen mehr Gewicht erlangen.
  • Weltweit geht es um eine Entmilitarisierung der Sicherheitspolitik, um Vertrauensbildung und Abrüstung. Die Auseinandersetzung um die nukleare Abrüstung verliert daher nicht an Bedeutung, sondern gewinnt neue Aspekte: 1995 läuft etwa der bestehende Atomwaffen-Sperrvertrag aus und muß neu gefaßt werden.
  • Die Nichtweiterverbreitung von atomaren und anderen Massenvernichtungswaffen ist heute ebenso eine Kernfrage wie die Forderung nach vollständiger Vernichtung der angehäuften Bestände. Atomteststopp ließe sich als Sofortmaßnahme mit Signalwirkung realisieren.

1.2. Wirtschaftliche Selbständigkeit

Von Befürwortern des EU-Beitritts oft behauptet: "Österreich muß in die EG, wir sind wirtschaftlich allein gar nicht lebensfähig".

Diese Ansicht geht zum einen davon aus, daß wir überhaupt nur mehr Getriebene des internationalen Wirtschaftsgeschehens wären, und zum anderen davon, daß uns nur der Beitritt zur Europäischen Union Einfluß auf das Geschehen sichern könnte.

Sich von einer institutionellen Unterordnung Österreichs unter die EU wirtschaftliche Impulse zu erwarten, die die Krise entscheidend lindern könnten, erweist sich als Irrtum. Im Gegenteil in der BRD und in der gesamten EU vertiefen sich die Krisenerscheinungen. Die gegenwärtige Wirtschaftskrise wird von Experten als die schwerste seit 1945 bezeichnet und sie hat nahezu alle großen Wirtschaftsräume erfaßt.

Ungebremster Kapitalismus

Seit der Krise, die die kapitalistische Weltwirtschaft zu Beginn der 80er Jahre erfaßte und die das Kapital weltweit zu einem Wechsel der Strategie veranlaßte, verlassen auch die in Österreich Herrschenden den österreichischen "Sonderweg" eines sozial etwas abgedämpften Kapitalismus und sie versuchen, die marktwirtschaftlichen (=kapitalistische) ,Normalität' herzustellen. Die Wende in Osteuropa ließ dabei ein für diesen Wechsel günstiges Klima entstehen:

Niedrigstlohnländer mit qualifizierter Arbeiterschaft in unmittelbarer Nachbarschaft, neue Felder des Kapitalexports und der durch die politische und soziale Unsicherheit ausgelöste Migrationsdruck geben dem Kapital die Möglichkeit, den sozialen und arbeitsrechtlichen Besitzstand der österreichischen Arbeiterinnen und Angestellten anzugreifen.

  • Die verstaatlichte Industrie wird aus politischen Gründen zerstört, die leistungsfähigsten Betriebe werden privatisiert und einige davon sogar den (deutschen) Vorkriegseigentümern ausgeliefert. Aus ehemaligen industriellen Musterregionen wurden so bereits Krisenregionen.
  • Die öffentliche Verschuldung erreicht astronomische Höhen während das Finanzkapital in den Händen Weniger wächst.
  • Der Anteil der Arbeiterinnen und Angestellten am Volksvermögen ist in den letzten Jahren ständig gesunken, gleichzeitig sind die Gewinne und Kapitalinvestitionen explosionsartig angestiegen.

Die Resultate dieser Wirtschaftspolitik sind eine hohe Dauerarbeitslosigkeit und eine davon ausgehende Finanzierungskrise des Sozialsystems. Der wachsende Abstand zwischen Arm und Reich und die zunehmende soziale Ungerechtigkeit rufen in Erinnerung, daß der lnteressengegensatz zwischen Kapital und Arbeit nicht verschwunden ist. Allerdings hat sich in den Zeiten der Hochkonjunktur das Kräfteverhältnis deutlich zugunsten der Kapitalseite verschoben. So laufen die Arbeiterlnnen und Angestellten heute nicht nur Gefahr, für den Verzicht auf jegliche kämpferische lnteressensvertretung mit einer Senkung ihres Lebensstandards, sondern auch mit der Einschränkung demokratischer Rechte im Zuge der Rechtsentwicklung zu bezahlen." (Programmentwurf "Die KPÖ - Grundzüge einer Neuorientierung")

Kernpunkt der Auseinandersetzungen um eine Änderung der österreichischen Wirtschaftspolitik in den nächsten Jahren ist die Frage, wie weit es gelingt, weiterhin und wieder verstärkt trotz fortschreitender Internationalisierung und internationaler Arbeitsteilung, nationale Hebel der Wirtschaftspolitik zugunsten des Kampfes gegen Arbeitslosigkeit, zur Sicherung des sozialen Besitzstandes und die alle Regionen unseres Landes sichernden Entwicklungschancen zu nutzen.

Der EU-Anschlußkurs der Regierung ist dabei das wichtigste Hindernis, was aber nicht bedeutet, daß dieser Kampf aussichtslos wäre. Dafür spricht, daß trotz wachsender internationaler Verflechtung insbesondere auch mit dem EU-Raum, die österreichische Wirtschaft bis in die jüngste Zeit günstigere Wirtschaftsdaten bezogen auf Zahl der Beschäftigten, der Arbeitslosen, der beschäftigten Frauen, des Wirtschafts- und Produktivitätswachstums aufweisen konnte. Und das, oder weil Österreich nicht zentraler Hauptstandard großer multinationaler Konzerne ist. Wir wollen beitragen zu verhindern, daß sich die kapitalistische "Normalität" als Zweidrittel-Gesellschaft mit Sozialabbau' Arbeitslosigkeit und Privilegierung der Reichen auch bei uns voll durchsetzt. Daher fordern Kommunistinnen und Kommunisten:

  • Eine nationale Standortpolitik durch eine aktive Industrie-, Verstaatlichten-, Forschungs- und Bildungspolitik.
  • Die Nutzung öffentlicher Eigentumsverhältnisse (Verstaatlichte, Gemeinwirtschaft, öffentliche Auftragsvergabe' Förderungen, Banken, Versicherungen und andere strategische Hebel) für beschäftigungs- und regionalpolitisch wirksame Maßnahmen.
  • Eine gesamteuropäische Kooperations- statt EU-Anschlußpolitik
  • Die Eröffnung von Finanzierungsspielräumen durch eine radikale Umverteilung in der Steuer- und Budgetpolitik auf Kosten des Groß- und Finanzkapitals.
  • Neben der Sicherung und Nutzung nationaler Hebel in der Wirtschaftspolitik sehen wir Kommunistinnen und Kommunisten als vorrangige Aufgabe an, zu einer systematischen, solidarischen, internationalen Zusammenarbeit mit all jenen Kräften, Parteien und Gewerkschaften beizutragen, die die Verteidigung und Vertretung der Klasseninteressen aller arbeitenden Menschen gegenüber allen Formen und negativen Folgen der kapitalistischen Integration in- und außerhalb der EU vertreten und verteidigen.
  • Für Österreich gilt weiter, was die KPÖ in ihrem Programm von 1982 festgehalten hat: "Erhaltung, Vergrößerung, Finanzierung und Funktionen der verstaatlichten
  • Wirtschaft sind wichtige Kampffragen für die Arbeiterbewegung und darüber hinaus. Auch unter kapitalistischen Bedingungen hängen von ihnen Möglichkeiten einer Regulierung von Teilen der Wirtschaft, der Schaffung von Arbeitsplätzen, der Eindämmung von Überfremdung der Industrie, des Handels und der Forschung ab. In diesem Sektor liegt die Verantwortung des Staates für alle Fragen der Lohn-, Sozial- und Strukturpolitik."

Diese Verantwortung stellt sich angesichts der neuerlichen dramatischen Entwicklung in der verstaatlichten Industrie. Ohne entsprechendes aktives Eingreifen gäbe es in Österreich in relativ kurzer Zeit keine Grundstoffindustrie, würde Österreich als Stahlstandort aufhören zu bestehen, würden tausende kleine und mittlere Zulieferbetriebe im Industrie-, Gewerbe- und Dienstleistungssektor ihren Rückhalt verlieren.

  • Der Ausweg kann nicht in der weiteren Privatisierung oder in der Verlagerung von Produktionsstandorten in den Osten bestehen. Die Alternative muß in einer gesamteuropäischen Kooperationspolitik bestehen, die nicht die Verschärfung der Entwicklungsunterschiede zu neuer Profitquelle macht, sondern gemeinsame Prioritäten in der Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen und in der raschen Angleichung sozialer Standards durchsetzt.
  • Wir sind für die Neukonzeption und den Ausbau eines verstaatlichten Sektors der österreichischen Industrie. Sie soll sozial sinnvoll produzieren, Arbeitsplätze schaffen und ökonomische und soziale Steuerungsfunktionen ausüben.
  • Ansatzpunkte für die Veränderung der Kräfteverhältnisse in Österreich zugunsten dieser Prioritäten in der Wirtschaftspolitik, sieht die KPÖ in ähnlichen Forderungen der Gewerkschaften und Arbeiterkammern, die aber von den sozialpartnerschaftlich orientierten Führungen dieser Organisationen nicht aufgegriffen werden. Wir sehen sie in den Äußerungen und Forderungen zahlreicher Betriebsräte und Belegschaften, die von der Privatisierungs-, Entindustrialisierungs-' Ausverkaufs- und Zusperrstrategie bedroht sind. Wir sehen sie in dem Wunsch vieler Sozialisten, die eine "Rückkehr zur Kreisky'schen Wirtschaftspolitik" verlangen, auch wenn wir ihre Illusionen in bezug auf höhere Verschuldung des Staates nicht teilen.

Die Kommunistinnen und Kommunisten heben in all diesen gemeinsamen Anknüpfungspunkten und Ansatzpunkten zur Verteidigung von Arbeitsplätzen, der wirtschaftlichen und sozialen Verteidigung von Regionen, die Notwendigkeit der Zurückdrängung der Macht des Groß- und Finanzkapitals, das sich den gesellschaftlichen Reichtum in immer größerem Ausmaß zunutze macht, hervor.

  • Das bedeutet in der staatlichen Wirtschaftspolitik, die Prioritäten Beschäftigungs-, Regional- und Sozialpolitik auf Kosten der reinen Profit- und Marktlogik des Groß- und Finanzkapitals durchzusetzen.
  • Das bedeutet die Sicherung des Rechtes der Frauen auf Berufstätigkeit und Widerstand gegen die geschlechtsspezifische Teilung des Arbeitsmarktes vor allem in der verstaatlichten Industrie.
  • Das bedeutet, Widerstand gegen die weitere Privatisierung, den Ausverkauf in der Verstaatlichten Industrie zu leisten.
  • Das bedeutet, Finanzierungsspielräume durch die Heranziehung der Profite des Finanzkapitals in der Steuer- und Budgetpolitik zu schaffen.
  • Dringend erforderlich ist eine Neugestaltung der staatlichen Wirtschaftsförderung. Keine öffentlichen Mittel für "verlängerte Werkbänke" der multinationalen Konzerne und für Konzerne, die Produktionen ins Ausland verlegen. Statt dessen fordern wir den Ausbau der sozialen, regionalen bildungsorientierten Infrastruktur und des öffentlichen Verkehrs.

2. Rechtskonservativer Umbau der österreichischen Politik

2.1. Parteienlandschaft im Umbruch

"Die österreichische Parteienlandschaft ist im Umbruch. Seit geraumer Zeit gehen Wählerstimmen und Mitgliederzahlen von ÖVP und SPÖ, die mit dem herrschenden System identifiziert werden, zurück. Grundsatz- und konzeptlos versuchen diese Parteien sich nun dem Zeitgeist anzuschließen und verkennen doch die Zeichen der Zeit.

Nicht nur die tatsächliche politische Packelei, sondern auch die Übernahme konservativer Schlagworte wie ,Privatisierung', ,Deregulierung', ,Wettbewerb' u.a. durch "Nadelstreif-Sozialisten" an der Spitze der SPÖ machen die Programme der Großparteien austauschbar und kennzeichnen beide Großparteien als Wegbereiter der kapitalistischen Normalität. In einer Zeit, in der Alternativen gefragt sind, präsentieren ÖVP und SPÖ sogar unabhängig von der Regierungsform koalitionäre Konformität; statt glaubwürdige Antworten auf die drängenden sozialen, politischen und ökologischen Fragen zu geben, bieten sie Waschmittelwerbung.

Die tiefe soziale Krise, die mit ihren heute schon erkennbaren wirtschaftlichen, ökologischen und kulturellen Auswirkungen Österreich erfaßt, würde einen umfassenden politischen Wandel erfordern. Aus sich heraus ist das politische System aber dazu nicht in der Lage. Auch die Gründung neuer bürgerlicher Parteien, die die Probleme auf der alten Grundlage lösen wollen, kann nur zeitweise die Illusion einer Neuerung erzeugen."

Gefahr der Rechtsentwicklung

"An der Spitze der Pyramide bereichert sich eine ,Elite' aus Finanzkapitalisten, Bürokraten und Politikern auf unverschämte Art. Mit einem ,Sozialstaat' hat dieser Sumpf von Korruptheit und Freunderlwirtschaft nichts zu tun. Angesichts eines zunehmend zerrütteten Arbeitsmarktes, wachsender Wohnungsnot und sozialer Unsicherheit ist das der Nährboden für eine gefährliche Rechtsentwicklung.

Nutznießer des landauf, landab wachsenden Unmutes ist die FPÖ, der es gelungen ist, sozialen Protest mit antisozialen, antigewerkschaftlichen, ausländerfeindlichen, antisolidarischen und nationalistischen Tendenzen zu verbinden. Gerade indem sie die aufreizendsten Beispiele von Korruptheit und Privilegien aufgreift, bereitet ihre pseudomoderne, im Kern rechtsextreme Demagogie autoritären Herrschaftsformen den Boden." (Die KPÖ - Grundzüge einer Neuorientierung)

In Österreich hat sich die Verstärkung der neokonservativen Wirtschaftskurses und der politischen Rechtsentwicklung unter sozialdemokratischer Führung in der Regierung vollzogen - zunächst durch die kleine Koalition mit der FPÖ' dann durch die große mit der ÖVP. Für die herrschenden Kreise ist die Einbindung der SPÖ in Regierungsverantwortung und die große Koalition solange starker Widerstand gegen einen EU-Anschluß in der Bevölkerung zu erwarten ist, unverzichtbar, auch wenn das die ÖVP weiter gegenüber SPÖ und FPÖ schwächt. Jede Koalitionsvariante aber wird vor dem Hintergrund wachsender Arbeitslosigkeit und sozialer Spannungen über eine enger werdende politische Basis verfügen, dafür sprechen die Stimmenverluste aller Regierungsparteien der letzten Jahre. Auszuschließen ist auch nicht eine größere Labilität des politischen Systems insgesamt, mit rascheren Regierungs- und Koalitionswechsel als in der Vergangenheit. Die Linkskräfte in unserem Land stehen daher vor der Aufgabe die Rechtsentwicklung jeder Regierungskoalition zu bekämpfen und gleichzeitig der Gefahr der weiteren Stärkung des Rechtspopulismus und des Rechtsextremismus unter Haider entgegenzutreten.

Seit 1986 hat diese Partei ihre Stimmen, ihre Mandate und auch ihre Einnahmen, das heißt ihre finanziellen Grundlagen, verdreifachen können. In der Sozialpolitik, und in der Beschäftigungspolitik tritt die FPÖ eigentlich für die "Philosophie" der Großen Koalition, ein. Die sogenannten "Hausaufgaben", von Jörg Haider als Bedingung für die Zustimmung der FPÖ zur EU-lntegration Österreichs gestellt zeigen Wirkung: Eine Steuerreform, die darauf abzielt, die Eigenkapitalbildung zu erhöhen; forcierte Privatisierung, Zerschlagung der verstaatlichten Industrie, Privatisierung der österreichischen Bundesbahnen usw.

2.2. Rassismus als Staatsideologie?

Was man in den siebziger Jahren in den Hinterzimmern und an Stammtischen über das 3.Reich, die Juden und die Ausländer da und dort in aller Verschämtheit sagen hat können, ist heute politisch salonfähig geworden. Es ist dadurch salonfähig geworden, daß sich Haider als ein erfolgreicher Oppositionspolitiker hinstellen und das vor laufenden Fernsehkameras verbreiten kann indem er den Leuten nach dem Mund redet. Das ermuntert natürlich dazu, daß politischer Rassismus, Antisemitismus die Verharmlosung des 3.Reiches ganz normal wieder in der Öffentlichkeit diskutierbar sind und daß so etwas als Kavaliersdelikt angesehen wird. Im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehen nun jüngere Rechtsradikale, die die Grenze zum Terrorismus überschritten haben. Die alten Herren bleiben im Hintergrund. Dokumentationen des rechtsradikalen Milieus in Österreich (ÖDW) zeigen aber die Breite des Netzwerkes, das bis Deutschland und die USA reicht.

Diese Koalition läßt sich von Haider treiben. Sie macht stückweise jene repressive Ausländerpolitik, die Haider einfordert. Sie verschärft die Innenpolitik durch repressive Gesetze, auch gegen die eigenen Staatsbürger. (Stichwort Sicherheitspolizeigesetz, Aufrüstung der Cobra, der Antiterroreinheiten). Dem Bundesheer werden zusätzliche Budgetmittel zugeführt und die Regierung hat sich vorauseilend bereits zu den sicherheitspolitischen Vorhaben von Maastricht bekannt.

Die Wirtschaftsforscher haben berechnet, daß Österreich auch in Zukunft einen Zuzug von 27.000 bis 30.000 Arbeitern und Angestellten brauchen wird. Das heißt auch wiederum, es wird in Österreich auch in den kommenden Jahren eine Einwanderung geben müssen.

  • Die statistischen Daten schaffen nicht die Widersprüche aus der Welt, die das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Kulturen aufwirft und die man ernstnehmen muß, aber es lohnt sich, die Frage zu stellen, worin diese Probleme eigentlich bestehen. Und sie bestehen nicht in erster Linie darin, daß Ausländer in den Hauseinfahrten ihre Notdurft verrichten oder überdurchschnittlich kriminell wären.
  • Diese Probleme ergeben sich daraus, daß ausländische Arbeitskräfte in bestimmten Branchen unqualifizierte österreichische Arbeitskräfte am Arbeitsmarkt ersetzen, weil sie zu noch schändlicheren Bedingungen als ihre inländischen Kollegen arbeiten müssen oder überhaupt dem schwarzen Arbeitsmarkt vermittelt werden.
  • Die Probleme bestehen darin, daß es für Wohnungsspekulanten profitabler ist, dutzende Ausländer und Ausländerinnen in elendigliche Quartiere einzupferchen, anstatt abgewohnte Wohnhäuser zu erneuern und zu vermieten. Probleme ergeben sich daraus, daß Ausländerkinder in Ghettoschulen zusammengepfercht werden.
  • Letztlich besteht das "Ausländerproblem" darin, daß es keine Integrations- und Einwanderungspolitik gibt, sondern Zuzug von ausländischen Arbeitskräften ausschließlich nach den Kriterien der maximalen Kapitalverwertung reguliert ist. Wir müssen auch in dieser Frage gegen den Strom schwimmen. Wir sind gegen Schwarzarbeit und Lohndrückerei und für gleichberechtigte, gleich entlohnte reguläre Arbeitsverhältnisse für Ausländerinnen und Ausländer.

Die KPÖ fordert:

  • Abschaffung aller Ausländergesetze, insbesondere das Ausländerbeschäftigungsgesetzes. Jede/r in Österreich Beschäftigte muß neben den gleichen Pflichten auch gleiche Rechte bekommen.
  • Sie tritt entschieden gegen alle Formen der Ausländerfeindlichkeit und des Rassismus auf. Sie kooperiert mit fortschrittlichen Emigrantengruppen aus autoritären Regimen und unterstützt sie ideologisch. Wir verstehen diese Zusammenarbeit im Sinne des traditionellen Internationalismus der Arbeiterbewegung.

2.3. Sozialpartnerschaft - wem nützt sie? Politikverdrossenheit

Angesichts des wachsenden sozialen Drucks fühlen sich immer mehr arbeitende Menschen mit ihren existentiellen Problemen von Institutionen, Interessenvertretungen und Parteien im Stich gelassen. Als das entscheidende Hindernis, Entsolidarisierung und Hoffnungslosigkeit zu überwinden, erweist sich die "sozialpartnerschaftliche" Unterordnung der Gewerkschaften im herrschenden politischen System. Eine Folge davon, die von vielen Mitgliedern kritisiert wird, ist der Mangel an innergewerkschaftlicher Demokratie.

Die Gewerkschaftsspitze reagiert darauf mit Unverständnis: Rückgang des Einflusses, Autoritätsverlust und das Vordringen gewerkschaftsfeindlicher Stimmungen können aber nicht durch technokratische Organisationsformen, sondern nur dadurch aufgehalten werden, daß sich die Gewerkschaften in den für viele Arbeiterinnen und Angestellte schwierigen Zeiten zu einer gegenüber Kapital und Regierung autonomen und selbstbewußt auftretenden Interessenvertretung umgestalten.

In den Zeiten des Wiederaufbaus und der Hochkonjunktur, als über "sozialpartnerschaftliche" Einrichtungen und die politischen Parteien Wohnungen, Arbeits- und Ausbildungsplätze, Stipendien, Altersversorgung und vieles andere verteilt wurden, bildeten sich Bürokratien, die in fast alle Lebensbereiche hineinreichen und die Menschen bevormunden. Die Ruhigstellung der Lohnabhängigen ist die Hauptfunktion dieser spezifisch österreichischen Entwicklung.

Abschied von der Sozialpartnerschaft?

Ein realistisches Urteil ergibt, daß bis auf' weiteres die Sozialpartnerschaft nicht abgeschafft wird, sie ist unverzichtbar für die Unternehmer. Auf welche Weise könnte sonst beispielsweise ein unter gegebenen Umständen für die Unternehmerschaft maximal erreichbares Ziel, nämlich eine Real Lohnsenkung für viele Beschäftigte, uminterpretiert werden in einen hart errungenen Kompromiß?

Der gewerkschaftliche Linksblock im ÖGB zählt zu den Kritikern der Regierungskonformen Linie der Gewerkschaft und der Arbeiterkammer und ihrer Unterwerfung unter die Sozialpartnerschaft. Er tritt entschieden gegen die Entdemokratisierung und Bürokratisierung und für die Wahl der Führung durch die Basis auf. Wir unterstützen diese Orientierung des Linksblocks mit dem Ziel einer klassenbewußten, kämpferischen Gewerkschaftspolitik. Ein kleiner Lichtblick in dieser Richtung sind die Aktivitäten der GLB-Betriebsräte und fortschrittliche Namenslisten in den Betrieben.

Sie kämpfen generell um den Ausbau der betrieblichen Mitbestimmung auf allen Unternehmensebenen und als Voraussetzung für eine wirksame Interessensvertretung der Kollegenschaft.

2.4. Arbeiten um zu leben

Die kapitalistischen Rationalisierungsstrategien und die Arbeitslosigkeit sind zwei Seiten einer Medaille. Die Arbeitslosen sind wie eh und je die industrielle Reservearmee. Die Rationalisierung verschärft die Ausbeutung der Arbeitskraft. Alle neuen Produktions- und Verwaltungssysteme werden von Lohnabhängigen produziert und angewendet. Ihre Effektivität hat sich durch den Einsatz neue Technologien ungeheuer erhöht. Viele dieser Techniken richten sich aber im Prozeß (Streß, Verantwortung, neue Arbeitszeitformen) gegen die Arbeiter, viele Ergebnisse der Produktion können die Lebensgrundlagen der Menschen (Waffen, Autos, Gentechnik usw.) vernichten.

Obwohl die neuen Technologien für sinnvolle Zwecke, wie Bewässerung, Energieersparnis, Beseitigung des Hungers, Humanisierung der Arbeit, demokratische Information u.v.a., verwendbar wären, hat ihre kapitalistische Anwendung zur Luxusproduktion einerseits (Konsumelektronik etc.)> und andererseits zur radikalen Rationalisierung und damit zum Vorwand für Massenentlassungen und Arbeitslosigkeit geführt.

Von der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung erreichte Arbeitszeitverkürzungen entsprechen nicht den Möglichkeiten der Reduktion der notwendigen Arbeit aufgrund der Automatisierung in Produktion und Verwaltung. In den Betrieben sind immer weniger Arbeiter in der unmittelbaren Produktion beschäftigt, während tendenziell mehr Angestellte in Arbeitsvorbereitung, Überwachung, Kontrolle und Verwaltung tätig sind. Das zersplittert auch die Interessenslage und erschwert die gemeinsame lnteressensvertretung von ArbeiterInnen und Angestellten sowie zwischen Männern und Frauen. Frauen sind von Entlassungen zuerst betroffen und werden in die Teilzeitarbeit oder an den Herd abgeschoben und somit zur billigen "Reserve" auf dem Arbeitsmarkt.

Die Umwälzung der Produktionen durch Wissenschaft und Technik steht erst an ihrem Anfang. Neue Gebiete wie die Gentechnologie lassen ermessen, daß ein Fortschritt, wenn er dem blinden Wirken des Marktes überlassen bleibt, zu gefährlichen gesellschaftlichen Resultaten führen kann. Die Abschätzung der Folgen verschiedener Technologieentwicklungen wird immer schwieriger, zumal wichtige Forschungen in der Rüstung oder in der Gentechnologie im Geheimen stattfinden. Die Gesetzgeber sind demgegenüber teils hilflos, teils Mittäter, wenn nicht die demokratischen Kräfte der Industrieländer die wissenschaftliche und gesellschaftliche Kontrolle immer neu erkämpfen. Als Marxistlnnen kommen wir zum Schluß: Die Reduzierung von Risken und die Erfüllung der Hoffnungen auf emanzipatorische Möglichkeiten werden nur dann und insoweit Wirklichkeit, als sie gegen die Kapitaldominanz durchgesetzt werden.

2.5. Strukturelle Veränderung der Arbeitsplatzsituation

Die Arbeitsbedingungen haben sich in den letzten Jahren grundlegend verändert. Die Entwicklung der Technologien hat in vielen - aber keineswegs allen - Bereichen eine deutliche Reduzierung der physischen Anstrengung gebracht, gleichzeitig aber neue Anforderungen für die Arbeiterinnen und Angestellten erzeugt und damit die psychischen Belastungen erhöht. Weiters ist schon seit längerer Zeit eine deutliche Arbeitsplatzverschiebung vom Produktions- in den Dienstleistungsbereich feststellbar.

In den letzten 10 Jahren sind in den traditionellen Arbeitsbereichen große Rückgänge an Arbeitsplätzen zu verzeichnen, während im Dienstleistungsbereich erhebliche Wachstumsschübe stattfanden. Durch neue Technologien entstehen neu, veränderte Berufe; alte "sterben" aus.

Durch Rationalisierungsmaßnahmen ergeben sich einerseits ständige Qualifizierungsforderungen für die ArbeiterInnen. Andererseits werden sogenannte Resttätigkeiten der Maschinenbedienung, die nicht automatisierbar sind immer monotoner. Immer mehr Arbeitnehmer können sich mit ihrer Arbeit, mit dem Arbeitsgegenstand nicht mehr identifizieren und leiden an der Monotonie der Arbeit. Dies gilt auch für die diversen Bildschirmplätze. Teils verlangen sie höchste Ausbildung teils sind es zwar verantwortliche, aber vom Arbeitsvollzug her monotone geisttötende Arbeiten der Maschinenüberwachung etc.

Durch zyklisch auftretende kapitalistischen Krisen und laufende Privatisierung der Grundstoffindustrie sowie der daraus resultierenden Neustrukturierungen im verstaatlichten Bereich sind in den letzten Jahren hunderttausende lndustriearbeitsplätze verloren gegangen. Ganze Regionen sind zu Industriefriedhöfen degradiert.

Im Dienstleistungsbereich zeigen vor allem die Wirtschaftsklassen "Handel, Lagerung", "Fremdenverkehr", "Verkehr, Nachrichtenwesen", "Geld, Kredit, Versicherungen", und "Realitäten, Rechts- und Wirtschaftsgeschäfte"' hohe Zuwächse an Kapital und Arbeitsplätzen. Gerade in diesen Berufen steigt vor allem für Frauen vermehrt Teilzeitarbeit und wird auf flexible kapazitätsorientierte, variable Arbeitszeiten (KAPOVAZ) reflektiert.

Die Unternehmer wollen ihre neuen, hoch technologisierten Produktionsstätten ohne jegliche Unterbrechungen arbeiten lassen. Vermehrte Schicht und Nachtarbeit und des Übertreten von Arbeitsschutz-, Arbeitszeitgesetze sind die Folge. Kontrolle ist durch die rechtliche Lage und der personell schlechten Besetzung des Arbeitsinspektorats fast nicht zu erwarten.

Dazu die erhöhten Anforderungen durch sich in der Freizeit zu erwerbende höheren technische Kenntnisse, Leistungs- und Konkurrenzdruck und steigende Schadstoff- und Lärmbelästigung am Arbeitsplatz verursachen die ArbeiterInnen und Angestellten steigende psychische, physische und soziale Belastungen. Ergebnis daraus ist ein rapides Anwachsen von vorzeitigen Alterspensionen wegen geminderter Erwerbstätigkeit.

Grundlage jeder Verbesserung ist ein wirksamer Schutz vor Streß und Arbeitshetze.

Entscheidend bleibt:

  • eine radikale Reduktion der Überstunden durch empfindliche Verteuerung dieser für die Unternehmer
  • die Arbeitszeitverkürzung mit vollen Lohnausgleich zur Reduzierung des gestiegenen Leistungsdruckes zur Abgeltung der gestiegenen Produktivität und zur Schaffung neuer Arbeitsplätze.

2.6. Kreislauf weiblicher Diskriminierung

Mit der Rechtsentwicklung geht auch eine Restauration traditioneller Rollenbilder einher. Es verstärkt die Tendenz Frauen beruflich zurückzudrängen(Arbeitslosigkeit und Erhöhen der Familienarbeit durch Sozialabbau)' bzw. flexible Arbeitszeitformen mit mangelnder sozialrechtlicher Absicherung zu formieren. Frauen werden dadurch wieder stärker in die materielle Abhängigkeit vom Partner gebracht.

Unsere Forderungen, die vielfach für Männer und Frauen gelten, formulieren wir frauenspezifisch analog zum Frauenprogramm der KPÖ.

  • Ausreichender Berufsarbeitsplätze für Frauen
  • Gleiche sozialrechtliche Absicherung und in jedem Fall gleicher Lohn für gleiche Arbeit.
  • Nicht Abbau, sondern Ausbau entsprechend den Ansprüchen der Frauen und kommunaler sozialer Einrichtungen möglich sowie Förderung von Frauenprojekten
  • Neubewertung der Arbeit von den Unternehmen längst erkannte und unbezahlte ausgenutzte Fähigkeiten der Frauen müssen in die Bewertung des Arbeitsplatzes einfließen. (Fingerspitzengefühl, Kommunikationsfähigkeit, Einfühlvermögen..., im Zweifelsfall positive Diskriminierung, solange die Lohnschere nicht überwunden ist)
  • Eine umfassende staatliche Beschäftigungsoffensive - Frauenförderung als integraler Bestandteil von Beschäftigungsprogrammen - systematische Erhöhung des Frauenanteils durch Bevorzugung von Frauen (positive Diskriminierung) in bestimmten Bereichen/Ausbildungen und in Leitungsfunktionen auch durch Festlegung von Quoten.

2.7.Demokratische Gegenkräfte?

Eine Koalition darf nicht zur Folge haben, daß sich diese im Parlament fortsetzt. Die Abgeordneten müssen den Wählern verpflichtet sein. Der Fraktionszwang ist aufzuheben. Die demokratischen Mitspracherechte der Bevölkerung müssen ausgebaut und verstärkt, sowie den Menschen transparenter gemacht werden, damit sie ihre Rechte auch in Anspruch nehmen können.

Bestehende Demokratien sind als Errungenschaft und nicht als geschichtliche Grundlage von Nationalstaatlichkeit zu betrachten. Das Grundrechte wie das Recht auf Wohnen, das Recht auf Arbeit müssen über die bürgerlichen "Freiheitsrechte"' wie die Eigentumsrechte hinausgehen.

"Die Kräfte einer demokratischen Erneuerung der Gesellschaft sind heute noch schwach: In der SPÖ' in den Gewerkschaften und in den Kirchen bilden sie jeweils nur isolierte Minderheiten. Eine wachsende Zahl mit den herrschenden Verhältnissen Unzufriedener organisiert sich in Bewegungen, Aktivkomitees und Frauengruppen bewußt außerhalb von politischen Parteien und Institutionen. Der Einfluß, den sie auf die gesellschaftliche Entwicklung nehmen können, wird dadurch begrenzt, daß die Massenmedien ihren beherrschenden Einfluß auf Information und Meinungsbildung systematisch dazu nützen, nicht anpassungsbereite Gruppen und Personen aus der Öffentlichkeit auszugrenzen. Ihre Aktionen und politischen Anliegen werden von zum Teil ausländischen Medienmonopolen, die die Zeitungen, Zeitschriften und elektronischen Medien beherrschen, ignoriert.

Grüne Mandatarlnnen, die in vielen österreichischen Gemeinden wirken, haben Positives bei der Vertretung ökologischer und demokratiepolitischer Anliegen erreicht und beteiligen sich an zahlreichen Bewegungen und Initiativen.

Andererseits vermag die Grüne Partei nicht ihre Distanz zu den sozialen Interessen der ArbeiterInnen und Angestellten zu überwinden.

Zu einem beträchtlichen Teil wird die politische Zukunft der Grünen davon beeinflußt werden, was sich außerhalb ihrer Organisationen an oppositionellen Bewegungen entwickelt.

Arbeiterbewegung und Linke - Neuer Zusammenhalt

Eine kritische Bestandsaufnahme der österreichischen Zustände zeigt unserer Meinung nach folgendes: Soll verhindert werden, daß das Kapital die Wirtschaftskrise zu einem beispiellosen sozialen Kahlschlag nutzt, die positiven Aspekte der österreichischen Nachkriegsgeschichte vernichtet und gegebenenfalls zu autoritären Herrschaftsmethoden greift, so bedarf es einer fortschrittlichen und linken Alternative, die heute noch nicht besteht, zu deren Herausbildung die KPÖ initiativ werden will. (Programmentwurf: "Die KPÖ - Grundzüge einer Erneuerung")

Die KPÖ versteht sich als Teil der Arbeiterbewegung. Wir sind eine Partei der sozialen und ökonomischen Interessenvertretung, also eine Partei die im Sinne ihrer Ziele organisiert und mobilisiert. Wir stehen für Alternativen in der Beschäftigungspolitik' in der Einkommenspolitik' in der Sozialpolitik, in der Steuerpolitik, in der Wirtschaftspolitik, in der Frauenpolitik.

Wir Kommunistinnen und Kommunisten sind aufgrund der antifaschistischen Traditionen unserer Partei, des entschiedenen Widerstands gegen die Rechtsentwicklung nach 45 und unserer heutigen Einschätzung des politischen Weges Österreichs, die entschiedensten Gegner das Rechtsradikalismus und damit der FPÖ.

Wir verurteilen die Zuspitzung der politischen Auseinandersetzungen bis zum Terrorismus der Rechtsradikalen; betonen aber auch entschieden, daß die Politik der FPÖ und unter ihrem Druck die Politik der Koalition z.B. in der Ausländerfrage solche Zuspitzungen begünstigen.

Wir wissen, daß die sozialen Verschlechterungen, Arbeitslosigkeit, Sozialabbau und Wohnungsnot kurzschlüssige "Erklärungsmuster" begünstigen und die Rechtsentwicklung auch in der Arbeiterschaft fördern. Deshalb ist es unser Hauptziel, bewußt zu machen, daß die kapitalistische Rationalisierungslogik, insbesondere unter dem Vorzeichen des EU-Beitrittes, Hauptursache des Sozialabbaues ist und die Haider-Partei eine weitere Verschärfung der sozialen Frage zum Ziel hat.

Wir verwehren uns gegen die "Umschreibung" der Geschichte der Nazizeit und die Verharmlosung der nationalsozialistischen Menschenvernichtung, wie dies die FPÖ und ihr Nahestehende betreiben. Unsere Zeitzeugen werden - solange es ihnen möglich ist - lebendige Aufklärung über das von ihnen Erlebte leisten. Wir jüngeren Kommunistlnnen werden diese Geschichte lebendig halten und in der Auseinandersetzung mit den Rechtsradikalen an sie erinnern.

Wir wenden uns gegen die Entwertung demokratischer Institutionen, des Parlaments, wie der Interessenverbände der Arbeiterschaft. Wir kämpfen gegen ihre bürokratische Deformation und fassen dies als Beitrag zur Erhaltung der österreichischen Selbstbestimmung gegenüber der EU auf.

Wir wollen auch in unserer Bündnisarbeit - der eigenen Schwäche eingedenk - unsere Gesellschaftsanalyse verbreiten und damit zur entschiedenen Kritik an der Rechtsentwicklung des politischen Systems Österreichs beitragen und die Front gegen den Rechtsradikalismus verbreitern. Die Lebenswirklichkeit vieler Frauen ist durch unterschiedliche Formen der Gewalterfahrung gekennzeichnet. Diese reicht von Mißhandlungen, sexueller Unterdrückung, Ausbeutung des weiblichen Körpers (z.B. Sextourismus) bis zur Vergewaltigung. Die aktive Gegenwehr von Fraueninitiativen zielt auf die Beseitigung dieses Grundmerkmals patriarchale Machtausübung. Die bewußt zu machen und Gegenbewegung zu unterstützen liegt im Interesse von Kommunistinnen und Kommunisten.

Wir sind schließlich eine Partei, die eine kämpferische Reformpolitik mit sozialistischer Perspektive verbindet. Das heißt, eine Partei, die für die Ablösung der kapitalistischen und patriarchaler Zivilisation weltweit und auch in unserem Land durch sozialistische Eigentums-, Produktions- und Machtverhältnisse eintritt. Wir sind gegen das Patriarchat und für ein gleichberechtigtes Verhältnis von Männern und Frauen zueinander und miteinander.

2.8. Lebensperspektiven der Jugend

Obwohl vielfach die Meinung verbreitet wird, die Arbeit hätte vor allem für die Persönlichkeitsentwicklung der Jugendlichen den bisher doch zentralen Stellenwert verloren, gehen wir davon aus, daß für die Mehrheit der Jugendlichen Schule und Berufsausbildung die entscheidenden Weichenstellungen fürs Leben darstellen. Selbstverständlich spielen im Bewußtsein Jugendlicher Sport, Freizeit und Liebesbeziehungen eine große Rolle, doch hängt ihre Gestaltung sehr stark mit dem schulischen Milieu bzw. den Arbeitsbedingungen und dem Einkommen zusammen.

  • Es ist kein Zufall, daß die Ideologieproduzenten der Herrschenden zur Zeit der höchsten Arbeitslosigkeit seit 1945 das Ende der "Arbeitsgesellschaft" ausrufen. Der Großteil der Jugendlichen sieht die Lage klar. Sie zeigen in den Schulen und in der Berufswahl verstärkten Pragmatismus, Zeugnisse werden wieder wichtiger und Gymnasiasten wählen verstärkt nach der vierten Klasse berufsbildende Zweige, wie überhaupt die Verdoppelung der Schülerzahlen an den berufsbildenden höheren Schulen die Richtung des wahren Bildungsbooms anzeigen.
  • Die Tatsache, daß in den Entwicklungsregionen bis zu einem Viertel der Jugendlichen ohne Arbeit sind, immer mehr Jugendliche auch mit qualifizierter Berufsbildung arbeitslos werden führt zur Angst um die Lebensperspektive aber auch zu einer "realistischeren" Ausbildungsplanung.
  • Zwar führt dieser Perspektiveverlust teilweise auch zum Konsumismus, zu Drogengebrauch und Verweigerung, mittelfristig rechnen wir aber, nach einer Phase der Entpolitisierung, mit einer zunehmend kritischeren Sicht auf die Gesellschaft.
  • Hier ist die Linke gefordert, daß dieses Protestpotential nicht nach rechts driftet. Die rechten Denkmuster der neuen Tüchtigkeit und Rücksichtslosigkeit, des Vorranges für die Stärkeren, die Ausgrenzung von Frauen, Ausländerlnnen und Behinderten finden in dieser Situation leicht Anklang.
  • Im Schul- und Hochschulbereich werden diese Tendenzen des verschärften Selektionsdrucks durch Studienverschärfungen, Studienzeitverkürzung und dergleichen begleitet und sie treffen vor allem ärmere Studierende, die sich ihr Studium zum Teil durch Arbeit verdienen. (vgl. Bildungspolitik)
  • Das herrschende System hält eine vielfältige massenkulturelle Szene bereit um von diesen Problemen abzulenken. Individualisierung und Entpolitisierung sind vielbeklagte Symptome. Tatsächlich scheint aber das Mißtrauen der Jugend eher Parteien und Jugendverbände traditionellen Typs zu treffen, denen es nicht gelingt einem noch diffusen Protestpotential eine sinnvolle Perspektive zu geben.
  • Hier droht verstärkt eine rechtsradikale Formierung, die sich zum Teil aus ähnlicher Kritik an der Parteienwirtschaft, der Bürokratie und der Korruption speist, wie sie wir Kommunistlnnen üben. Für uns als Partei in der Krise mit einem Großteil älterer Mitglieder stellt sich der vorrangige Auftrag eine lebendige Jugendpolitik zu entwickeln.
  • Wir sind für den Ausbau selbstverwalteter Jugend- und Kulturzentren und gegen deren Integration in die öffentliche Verwaltung. Dem passiven Konsumismus kann nicht durch Moralisieren begegnet werden, sondern nur durch lebendige selbstgestaltete Handlungsräume in der Verbindung von Unterhaltung und Engagement.
  • Wir sind gegen die Kriminalisierung weicher Drogen und Drogenkranker. Rechtlich verfolgt gehören die Bosse des Drogenhandels, die teilweise in Institutionen und "seriösen" Firmen sitzen. Allerdings sehen wir für Österreich den Alkoholismus und den Medikamentenmißbrauch als wesentlich ernsteres Problem an.
  • Wir lehnen die Diskriminierung von Aidskranken ab, sind für eine offensive nicht sexualfeindliche Sexualerziehung. Ziel ist nach wie vor eine freie Sexualität, die nicht an die "Sexualnormen" der bürgerlichen Doppelmoral gebunden ist. Vor allem die Jugend ist durch Aids gefährdet und sie darf nicht durch neue Tabuisierung zusätzlich belastet werden.

3. Reichtum und Armut

Die OECD stuft Österreich als eines der sieben reichsten Länder der Welt ein. Ein beträchtlicher Teil des Bodens, der Wälder und Seen unseres Landes befinden sich in den Händen einiger weniger reicher Familien, der Nachfahren diverser adeliger Familien und der katholischen Kirche. Diese Reichtümer wurden durch Jahrhunderte von der arbeitenden Bevölkerung geschaffen.

Mit Ausnahme der Reste der verstaatlichten Industrie und Gemeinwirtschaft konzentriert sich der Besitz an großen Industrieunternehmen in Österreich auf wenige in- und ausländische Firmengruppen, Aktiengesellschaften, Holdings und Privatpersonen.

3.1. Verteilungskampf - über Steuerpolitik

"Woher das Geld nehmen?" wird meist eingewendet, wenn Forderungen zur Verteidigung des erreichten Lebensstandards, nach sozialen Verbesserungen und Arbeitsplatzsicherungsmaßnahmen' zur Sanierung von Umweltschäden und vieles mehr erhoben werden.

Die Höhe der österreichischen Staatsschulden hat eine Billion Schilling bereits überschritten. Die Zinsen dafür sind bereits höher als das jährliche Budgetdefizit.

Damit muß ein immer größerer Teil der Steuereinnahmen zur Deckung der Finanzschuld verwendet werden. Die Erhöhung der Lohnsteuer und anderer Massensteuern reicht dazu aber nicht aus, da die Gewinnsteuern gleichzeitig proportional gesenkt werden.

Ein immer größerer Teil der Gewinne wird in der Finanzsphäre erzielt und nicht in Realinvestitionen, sondern wieder in Finanzwerten angelegt.

Dies gilt zum Teil für Unternehmen, die im Wirtschaftsprozeß wirken, wie die Versicherungen, besonders aber für jenen Teil des Finanzkapitals, der sich als "Privatvermögen" hinter den Inhabern "kleiner" Sparkonten versteckt. Dadurch zahlen auch die Millionäre und Milliardäre lediglich 22 Prozent Kapitalertragssteuer und nicht - was angemessen wäre - den Höchstsatz von derzeit 50 Prozent Einkommenssteuer.

  • Wir treten für eine umfassende Reform der Vemögens- und Gewinnbesteuerung ein. Auf Besitzer großer Vermögen und Spareinlagen muß der Einkommenssteuer-Spitzensatz angewendet werden. Zugleich müßte dieser Spitzensteuersatz entsprechend angehoben werden.
  • Wir fordern die Eintreibung der Steuerschulden der Konzerne und Unternehmen, die mehrere Dutzend Milliarden Schilling ausmachen, bzw. deren Umwandlung in Kreditschulden samt Verzinsung nach den üblichen Kreditbedingungen.
  • Wir treten für die Umstellung sämtlicher Unternehmensabgaben und Sozialversicherungsbeiträge der Unternehmen auf Wertschöpfungsbasis ein.
  • Grundsätzlich zu fordern ist eine Gestaltung des Steuersystems nach ökologischen und sozialen Kriterien. Das heißt, Betriebe, die mit veralteten, für Menschen und Umwelt besonders schädlichen Produktionsanlagen produzieren, sollten höhere Steuern und Sozialversicherungsbeiträge zahlen, als jene, die nach modernsten ökologischen Kriterien arbeiten und ein besseres betriebliches Sozialsystem haben.
  • Spürbare Senkung der indirekten Steuern
  • Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel' Mieten und kommunale Leistungen.
  • Abschaffung der "kalten Progression" im Lohnbereich keine Schlechterstellung bei Lohn oder Gehaltserhöhungen.
  • Keine weiteren Verschlechterungen bei den Lohnbegünstigungen (z.B. 13. und 14. Monatsgehalt)

3.2. Regionale Ungleichheiten

Das weitgehende Fehlen strukturpolitischen Eingreifens führt zu größer werdenden Unterschieden in der regionalen Entwicklung. Traditionell schwächere ländliche Regionen werden noch stärker von der Entwicklung abgekoppelt, einst blühende Industrieregionen sind zu Krisenregionen geworden. Die kapitalistische Entwicklungsdynamik beschränkt sich auf einige wenige städtische Ballungszentren.

Die Folgen werden in der Verarmung von Regionen einerseits und in immer schwerer zu bewältigenden Wachstumsproblemen in den Ballungszentren, wie Verkehrsinfarkten' Luftverschmutzung, Verarmung ganzer Stadtteile usw. sichtbar.

  • Wir treten für eine Raumordnungspolitik ein, die regionale Ungleichheiten ausgleichen hilft und exekutive Kompetenzen schafft, die in alle Bereiche der Regionalentwicklung eingreifen können.
  • Schaffung von behördlichen Städte- und Regionalplanungen, welche den Status einer öffentlich rechtlichen Behörde erreichen sollte.
  • Wir fordern einen Ausbau der direkten Demokratie in den Regionen, wie z. B. gemeindeübergreifende, verbindliche Volksabstimmungen zu wichtigen Fragen, die eine gesamte Region betreffen.
  • Wir fordern die Wahl von Bezirksvertretungen und die Schaffung von demokratischen Strukturen auf Ebene der Bezirke, die die Interessen der Bevölkerung auch gegenüber Landes- und Bundesbehörden und Regierungen effizient vertreten können.

3.3. Einkommen

Trotz der vom ÖGB jahrelang propagierten "solidarischen Lohnpolitik" ist die Schere zwischen Spitzenverdienern und Beziehern niedriger Einkommen zwischen Frauen- und Männereinkommen nicht kleiner, sondern größer geworden.

Zwar konnten einige Fachgewerkschaften - etwa die Metallarbeiter - eine Anhebung der Niedriglöhne erreichen, an der Gesamtsituation hat dies aber wenig geändert.

  • Wir treten für den Abschluß eines Generalkollektivvertrages ein, der allen unselbständig Beschäftigten automatisch die jährliche Abgeltung der Teuerung, in Form eines am Durchschnittseinkommen in der Industrie gemessenen fixen Betrages garantiert. Die jährlichen Lohnverhandlungen hätten dadurch nur die Abgeltung der gestiegenen Produktivität zum Inhalt.
  • Die KPÖ tritt für die gesetzliche Verankerung eines Mindestlohnes ein und für die gesetzliche Absicherung des gleichen Lohnes für gleichwertige Arbeit von Männer und Frauen. Ein solcher Schritt müßte von dem Gedanken ausgehen, daß jeder und jedem Berufstätigen ein Mindestmaß an ökonomischer Eigenständigkeit und Lebensstandard zu gewährleisten ist. Das heißt, ein gesetzlicher Mindestlohn müßte auch jährlich automatisch den gestiegenen Lebenshaltungskosten angeglichen werden.

3.4. Arbeitslosigkeit

Die steigende Arbeitslosigkeit und die Tendenz zur 2/3 Gesellschaft hat ihre Ursache nicht nur in der Wirtschaftskrise. Auch bereits in Zeiten positiver Konjunktur hat sich in den Industrieländern als Folge von Automatisierung und Rationalisierung eine relativ hohe Dauerarbeitslosigkeit festgesetzt. (1/3 der Beschäftigen ist Reserve)

  • Die kapitalistische Rationalisierung wirkt in der Tendenz arbeitsplatzvernichtend, weil flankierende Maßnahmen gänzlich fehlen. Sie stellt neue Qualifikationsanforderungen, alte Berufe werden zurückgedrängt, neue entstehen. Es kommt zur Entwertung traditionell qualifizierter Arbeitskraft.
  • Mangelnde Aus- und Weiterbildungsangebote, strukturelle Chancenungleichheit in Gesellschaft und Beruf, sowie das Fehlen eines flächendeckenden Netzes von Kinderbetreuungseinrichtungen schließen Frauen überproportional vom Berufsleben aus oder zwingen sie in besonders krisenanfällige Billiglohnbranchen oder Saisonberufe.
  • Die Entstandardisierung auf dem Arbeitsmarkt hat zu einer immensen Zunahme von ungeschützten Arbeitsverhältnissen, Teilzeitarbeit, Leiharbeit und kapazitätsorienter Arbeit geführt. Beschäftigte in diesen Bereichen (vorwiegend Frauen) sind zwar formell beschäftigt, beziehen aber oft Einkommen, die nicht einmal die Lebenshaltungskosten abdecken bzw. werden viele Frauen über Werkverträge beschäftigt ohne Kündigungsschutz und Arbeitslosenversicherung, ohne Sozial- und Pensionsversicherung.
  • Die österreichische Arbeitsmarktpolitik beschränkt sich weitgehend aufs Verwalten und Vermitteln. Für aktives Eingreifen stehen kaum Mittel zur Verfügung. Dadurch gibt es - ebenso wie in der Wirtschaftspolitik - kaum Möglichkeiten, eine breite Palette von Qualifikationsangeboten und Umstiegshilfen nach regionalen, biographischen oder anderen Kriterien zu schaffen und so der strukturellen Dauerarbeitslosigkeit entgegenzuwirken.
  • Betriebe mit einer besonders hohen Arbeitskräftefluktuation und Betriebe, die ausschließlich oder überwiegend Saisonarbeitskräfte beschäftigen, sollen höhere Arbeitslosenversicherungsbeiträge bezahlen.
  • Eine wesentliche Aufstockung der Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik müßte für einen Ausbau von Angeboten für Berufswiedereinsteigerlnnen, Umschulung, Aus- und Weiterbildung und für spezifisch abgestimmte regionale Programme verwendet werden.
  • Keine Privatisierung der Arbeitsmarktverwaltung
  • Ungesetzliche Praktiken wie Schwarzarbeit müssen rigoroser geahndet werden, im Wiederholungsfall mit dem Entzug der Gewerbeberechtigung. Schwarzunternehmer sind von öffentlichen Aufträgen auszuschließen.

3.5. Eine Million armutsgefährdet

Armut ist inmitten des Reichtums einer Minderheit zu einer Massenerscheinung geworden. Besonders armutsgefährdet sind Alleinerzieherinnen und Arbeiterfamilien. Alleinverdienerhaushalte zählen, wenn sie zugleich Arbeiterhaushalte sind und mehrere Kinder zu versorgen haben, zu den stark armutsgefährdeten Familien.

In einer Untersuchung Anfang der 90er Jahre wurden 120.000 Haushalte als stark armutsgefährdet eingestuft, weil sie ihren Verpflichtungen nicht mehr nachkommen können. Zwei Drittel von ihnen waren bereits derart überschuldet, daß sie finanziell ruiniert sind, gepfändet werden, am Existenzminimum leben müssen.

Arbeitslose, insbesondere Langzeitarbeitslose und ihre Familien, zählen zum Kreis jener, die akut von Verarmung bedroht sind. Arbeitslosenunterstützung und Notstandshilfe reichen meist, die für ein selbständiges Leben nicht aus. Dies trifft besonders Frauen: Zwei Drittel aller Notstandshilfe- und mehr als die Hälfte aller Arbeitslosengeldbezieherlnnen erhalten weniger als die Ausgleichszulage.

Da die Richtsätze bei der Sozialhilfe in allen Bundesländern deutlich niedriger sind als die Ausgleichszulage, kann davon ausgegangen werden, daß die Sozialhilfeempfänger ob in Privathaushalten oder Heimen lebend - zu den Armen dieser Gesellschaft zählen.

Die akute Wohnungsnot und die Spekulation mit Wohnraum führen dazu, daß die Obdachlosigkeit steigt. Über die nur in Schätzungen vorhandenen Zahlen bereits Obdachloser (25.000) hinaus wird von Experten geschätzt, daß 200.000 Personen direkt von Obdachlosigkeit bedroht sind.

Altersarmut nach einem arbeitsreichen Leben ist keine Einzelerscheinung: Jede/r sechste Pensionsbezieherln kommt in Österreich in den "Genuß" einer Ausgleichszulage. Auch hier zählen Frauen - in Fortschreibung der Benachteiligung aus dem Berufsleben - in überdurchschnittlich hohem Maße zu den Ärmsten der Armen.

Etwa eine Million Menschen sind in Österreich akut armutsgefährdet.

Wir Kommunistinnen verlangen:

  • Einführen einer Mindestpensionen in der Höhe von 80 Prozent des gesetzlichen Mindestlohnes im Sinne eines gesellschaftlich garantierten Grundeinkommens (vgl. Holland) und Mindeststandards in gleicher Höhe bei Arbeitslosengeld, Notstand und Sozialhilfe
  • Integrationsprojekte für Ausländer ohne Wohnung um die Kolleginnen nicht den Spekulanten auszuliefern.
  • Mit dem Anwachsen der sozialen Spannungen und der Perspektivlosigkeit für viele hat in den letzten Jahren auch die Gewalt in persönlichen Beziehungen zugenommen. Frauen und Kinder, die Gewalt ausgesetzt sind, müssen die Möglichkeit haben, sich dem rasch zu entziehen, daher Ausbau von Frauenhäusern und Hilfe für Frauen in Not.

3.6. Umwelt

Während der Club of Rome noch in den siebziger Jahren sein Hauptaugenmerk auf die "lebensbedrohende Ressourcenknappheit" legte, sehen heute Umweltwissenschafter den Gefahrenschwerpunkt in der sich global verschlechternden Umwelt- und Lebensbedingungen im allgemeinen, der Klimaveränderung dem Genozid Luft-, Wasser- und Bodenbelastung im besonderen.

Das weitgehende Scheitern der Umwelt- und Entwicklungskonferenz in Rio 1992 manifestiert sich in der Nichtbeantwortung der entscheidendsten Umwelt- und Entwicklungsfragen, vor allem der Unverbindlichkeit der Konferenzergebnisse.

Die Auslagerung der Grundstoffindustrie in die Dritte Welt und die ehemaligen sozialistischen Länder erfolgt nicht nur um die Lohnkosten zu senken, sondern auch um die Umweltkosten zu drücken. Diese Art der internationalen "Arbeitsteilung" des Kapitals erfordert eine Vernetzung und Internationalisierung der Gegner dieser Politik.

Die ökologische Katastrophe passiert nicht, wie noch vor wenigen Jahren prophezeit, abrupt und spektakulär, sondern schleichend - in Zeiträumen die die menschliche Wahrnehmung leicht zum Bagatellisieren der Gefahren verleitet.

  • Bekämpfung der Umweltkriminalität durch Umkehr der Beweislast.
  • Schaffung einer wirksamen Umweltexekutive
  • Lückenlose Einführung und gesetzliche Regelung der Umwelthaftung für jedes Produkt durch den Produzenten respektive den Händler für umweltschonende Produktions- und Verteilungskreisläufe (entsprechende Materialien, Maschinen, Behälter, Verpackungen etc.)
  • Branchenspezifische Konzepte zur Kreislaufführung der Stoffströme und schrittweise Rücknahmepflicht der Waren bzw. des Abfalls durch den Produzenten.

Energie

  • Die Spirale des Energieverbrauchs dreht sich immer schneller. In den letzten 40 Jahren wurden genausoviel Energierohstoffe verbraucht als in der gesamten Menschheitsgeschichte davor. In den letzten 5 Jahren wurden z.B. vom individuellen Autoverkehr um 25% mehr km gefahren. Trotz geringeren Motorverbrauchszahlen je Einheit ist der Spritverbrauch insgesamt weiter gestiegen.
  • Mit dem Märchen von den billigen, konventionellen und atomaren Energieträgern und den vergleichsweise teuren Alternativenergien muß Schluß gemacht werden. Bei Einrechnung der (volkswirtschaftlichen) externen Kosten sind alternative Energiesysteme mit konventionellen durchaus vergleichbar. Unvergleichbar besser schneiden Alternativenergien bei ökologischer, sozial und demokratiepolitischer Betrachtung ab.
  • Alternativsysteme sind technisch ausgereift und daher sofort realisierbar. Bürokratische Hindernisse sind raschest zu beseitigen.

Verkehr

  • Umlenkung der öffentlichen Mittel von Straßenbau und Erhaltung ausschließlich zugunsten des Ausbaus und der Attraktivierung des öffentlichen Verkehrs.
  • Stop dem Straßenbau. Investitionen nur mehr zur Straßenentschärfung (Ortsumfahrung) und Schleifen von Parallelstraßenführungen.
  • Zurückdrängen des lndividualverkehrs durch Erhöhung der fahrabhängigen Kosten (z.B. Treibstoff) und senken der stehenden Kosten.
  • Verursacher gerechte Kostenaufteilung bei Einrechnung der externen Kosten. Hier vor allem beim Straßengütertransport und Transit. (auch PKW-Transit)
  • Verlagerung des Gütertransits auf die Bahn.
  • Kontingentierung des Transits über den Transitvertragszeitraum hinaus und Absicherung durch bilaterale Verträge - 25-Tonnen-Limit für den Straßengüterverkehr wie in der Schweiz.
  • Temporeduktion der lndividualverkehrs30/80/100 und deren strikte Überwachung. 0,0 Promille.

4. Gesunde Menschen gesund erhalten

Gesundheit ist - nach einer Definition der Weltgesundheitsorganisation - ein Zustand körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens. Demnach ist es die Aufgabe der (Gesundheits-)Politik, nicht nur zu heilen, sondern in erster Linie Krankheiten zu vermeiden.

Es ist davon auszugehen, daß die überwiegende Mehrheit der Weltbevölkerung durch Faktoren wie Unterentwicklung, Hunger, Krieg, Armut, Arbeitslosigkeit und Unterdrückung keine Chance auf ein gesundes, selbstbestimmtes Leben hat.

Auch in den hochentwickelten kapitalistischen Ländern gibt es genügend Faktoren, die die Menschen krank machen. Als die beiden größten Krankmacher sind ungesunde Arbeitsbedingungen und Umweltschäden - nicht selten in Verbindung miteinander - anzusehen.

Soziale Faktoren - z. B. Herabsetzung der Menschenwürde durch unmenschliche Arbeitsbedingungen und ein unerträgliches Betriebsklima - tragen ebenfalls häufig zu gesundheitlichen Schäden bei.

Gewalt in der Gesellschaft - vor allem Gewalt gegen Frauen und Kinder - beeinträchtigt integrale Persönlichkeitsrechte und ruft oft dauerhafte physische und psychische Schäden hervor. Ein wesentlicher Bereich der "Vorsorgemedizin" ist der Zusammenhang von Kinderzeugung und Geburt. Die Verantwortung für die Empfängnisverhütung wird in der Regel von den Männern einfach der Frau überantwortet.

Hier ist zu einer partnerschaftlichen Verantwortung für Sterilisation, Verhütung bzw. Abtreibung eintreten.

Wir fordern Abtreibung an allen öffentlichen Spitälern und Verhütungsmittel auf Krankenschein.

  • Aktive, vorbeugende Gesundheitspolitik erfordert unserer Auffassung nach sowohl eine Kritik an den Verhältnissen, als auch eine Kritik des Verhaltens.
  • Die KPÖ tritt für eine vorbeugende Gesundheitspolitik ein, die die krankmachenden Faktoren an der Wurzel, also radikal bekämpft.

4.1 Ausreichende ärztliche Versorgung

Die weitere Finanzierbarkeit des Gesundheits-, vor allem des Spitalswesens, ist ein ständiges Thema der öffentlichen Debatte. Konservative Rezepte und Methoden, wie sie die Regierung immer öfter anwendet, laufen auf Maßnahmen hinaus, die zusätzlichen finanziellen Bürden und Risken des/der Einzelnen zu erhöhen. Rezeptgebühren, Selbstbehalte, immense Aufzahlungen, z.B. beim Zahnersatz, sind einige dieser Schritte. Sie laufen allesamt darauf hinaus, den Weg in eine Gesellschaft zu ebnen, wo es für weniger wohlhabende Menschen ein kostspieliges Risiko werden kann, krank zu werden.

  • Anstatt in Prestigeprojekte zu investierten, sollten die Verantwortlichen die langfristige Finanzierung des Spitalswesens absichern.
  • Die ärztliche Grundversorgung - insbesonders in vielen ländlichen Regionen - bedarf eines dringenden Ausbaues.
  • Durch höhere Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen kann dem Mangel an qualifiziertem Pflegepersonal vorgebeugt werden.
  • Jungärztlnnen müssen oft jahrelang auf Turnusplätze warten, während es in der Gesellschaft an Ärzten mangelt.
  • Die KPÖ lehnt Privatisierungsschritte im Bereich des Gesundheitswesens entschieden ab, sieht jedoch in Gruppenpraxen engagierter Ärztinnen einen echten Beitrag zur besseren medizinischen Betreuung.
  • Wir treten für die uneingeschränkte Beibehaltung der gesetzlichen Kranken- und Unfallversicherung ein.
  • Eine unabdingbare Notwendigkeit ist auch der Ausbau der Arbeitsmedizin, vor allem der Prophylaxe. Hier wäre die Gründung und Förderung unabhängiger arbeitsmedizinischer Zentren, die auch die betriebsärztlichen Funktionen wahrnehmen, der sinnvollste Weg.
  • Alle in Österreich lebenden Menschen müssen gleichen und ungeteilten Zugang zum Gesundheitswesen haben, die Frage der Gesundheit darf keine Klassenfrage sein.

4.2. Pflegevorsorge

In Pflegeheimen leben derzeit rund 100.000 Personen, weitere 250.000 brauchen ständige Pflege oder Hilfe. Der überwiegende Teil der gesellschaftlichen Pflegearbeit wird durch Frauen zwischen dem 45. und dem 65. Lebensjahr geleistet, meist erfolgt die Pflege in der Familie, weniger oft durch soziale Dienste. Das 1993 in Kraft getretene Pflegegeldgesetz bringt einige Verbesserungen für Pflegebedürftige und deren Angehörige, hat aber insgesamt noch keine zufriedenstellende Lösung gebracht. Ein neues oder novelliertes Gesetz sollten Punkte wie ein Ausbau der Patientenrechte, eine bessere finanzielle Absicherung und die bessere Absicherung der pflegenden Personen Eingang finden.

5. In Würde älter werden

Die vielfach aufgestellte Behauptung, die Pensionen wären im nächsten Jahrtausend nicht mehr finanzierbar, ist schlichtweg falsch. Was als Finanzierungskrise des umlagefinanzierten Pensionssystems bezeichnet wird, ist in Wahrheit eine Krise des Bundesbudgets.

Seit den 70er Jahren finden aber sogenannte Pensionsreformen mit dem Ziel statt, den Bundesbeitrag zu den Pensionsversicherungen zu drücken.

Durch diese Maßnahmen wirken sich die Versäumnisse der Regierung bei der Besteuerung der Reichen als Leistungsverschlechterung im Pensionssystem aus.

Weiters zeigt sich gerade auch in der Pensionsversicherung, daß eine Beitragsberechnung auf Grundlage der Wertschöpfung der Realität, die durch Automation und Rationalisierung geschaffen wird, eher entsprechen würde.

Völlig anders aufgebaute Pensionssysteme im öffentlichen Dienst werden als "Privilegien" denunziert, und das ausgerechnet von Politikern und Journalisten, die tatsächliche Pensionsprivilegien genießen.

  • Die KPO setzt sich für eine Rücknahme aller Verschlechterungen, die seit den 70er Jahren im Pensionssystem stattgefunden haben, ein.
  • Eine ausreichende Finanzierung des Pensionssystems kann durch eine Politik der Vollbeschäftigung, durch wertschöpfungsbezogene Beiträge und durch die Erfüllung der staatlichen Dritteldeckung (Bundesbeitrag) langfristig abgesichert werden.
  • Die Unterschiedlichkeit der Pensionssysteme kann sinnvoll nur durch eine Anpassung nach oben verändert werden; alles andere wäre Sozialabbau für einzelne Bevölkerungsgruppen.

Eine staatlich garantierte Mindestpension könnte geschlechts- und berufsspezifische Schlechterstellungen, die aus dem. Berufsleben resultieren, zumindest teilweise ausgleichen.

Wir treten für die Schaffung einer Interessenvertretung der Pensionistlnnen nach dem Beispiel der Kammern ein. Die Pensionistlnnen haben als - nach den Lohnabhängigen - zweitgrößte Bevölkerungsgruppe keine eigene Interessenvertretung, sieht man von freiwilligen lnteressensvereinigungen, wie dem Zentralverband der Pensionistlnnen, ab.

6. Wohnen - zwischen Rendite und Menschenrecht

"Jeder Mensch hat Anspruch auf eine Lebenshaltung, die seine und seiner Familie Gesundheit und Wohlbefinden, einschließlich Nahrung, Kleidung, Wohnung, ärztliche Betreuung und der notwendigen Leistungen der sozialen Fürsorge gewährleistet", heißt es in der UNO-Menschenrechtsdeklaration.

Dieser Anspruch ist in der kapitalistischen Realität nicht einlösbar. Die "Freiheit" von Grundstücksspekulanten und Hauseigentümern, mit Grund, Boden und Wohnraum saftige Spekulationsgewinne und Renditen zu erzielen, steht der Verwirklichung des Rechts auf Wohnen entgegen. Unter marktwirtschaftlichen Bedingungen ist die Wohnung zu einer Ware wie andere auch geworden.

  • Die KPÖ tritt für die tatsächliche Verankerung des Menschenrechts auf Wohnen und seine Verankerung in der Bundesverfassung und in den Länderverfassungen ein.
  • Wir fordern die Rückkehr zu sozialem Wohnbau - vor allem durch die Gemeinden - und hundertprozentige Förderung aus öffentlichen Fonds.
  • Wir lehnen jegliche Privatisierung sozialen Wohnraums ab (Gemeinde-, Genossenschafts- und Werkswohnungen).
  • Eine ordentliche Besteuerung der Finanzgewinne könnte zusätzliche Mittel aus dem Bundesbudget freimachen. Anstatt die Banken aus öffentlichen Geldern zu fördern, wie dies beim gegenwärtigen Darlehenssystem der Fall ist, halten wir eine direkte Förderung durch die öffentliche Hand für sinnvoller.
  • Kommunen müssen die Möglichkeiten haben, eine Widmungskategorie "sozialer Wohnbau" zu schaffen. Der Preis dieser Grundstücke, die dem geförderten Wohnbau zur Verfügung stehen soll sich am Einheitswert orientieren und bundeseinheitlich geregelt werden.
  • Die KPÖ setzt sich für einen Ausbau des Preis- und Kündigungsschutzes für die MieterInnen ein. Befristete Mietverhältnisse müßten aus dem Mietrecht gänzlich gestrichen werden.

7. Bildung - Grundrecht oder Privileg

Lebenschancen des/der Einzelnen sind wesentlich davon abhängig, welchen Zugang er oder sie zu Bildung und Qualifikation haben. Neben der Grundausbildung kommt der Weiterqualifizierung und ständig neuem, lebenslangem Lernen gesteigerte Bedeutung zu.

Die wichtigsten Einflüsse finden schon durch Frühförderung in Kindereinrichtungen statt.

Kernpunkt einer Bildungs- und Berufsausbildungsreform aus frauenpolitischer Sicht, ist das Ziel der Überwindung der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung mit der damit verbundenen Mehrbelastung durch einseitige Aufbürdung unbezahlter Reproduktionsarbeit. Die generelle Minderbewertung der Arbeit von Frauen und damit ihre materielle Schlechterstellung (Ausschluß von Qualifikations- und kulturellen Entfaltungsmöglichkeiten...) ist durch Qualifizierungsanstrengungen nur bedingt zu beeinflussen. Die Einforderung einer qualifizierten Berufsausbildung für alle, muß an die Einforderung der gerechten Aufteilung sämtlicher anderer gesellschaftlich notwendiger Arbeiten gekoppelt sein.

7.1. Kindereinrichtungen

  • Die Tendenz des Abschiebens dieser sozialen Verantwortung auf die Frauen auf private Initiativen und Institutionen muß gestoppt werden.
  • Ein Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen, mehr Kinderkrippen und Kindergärten, eine Erweiterung der Öffnungszeiten und die Aufstockung des qualifizierten Personals sind an der Zeit.
  • Voraussetzung für die Gewinnung von qualifizierten Personal ist aber die spürbare Verbesserung der Gehaltsbedingungen, vor allem bei NeueinsteigerInnen.
  • Durch den Personalmangel existieren zu große Kindergruppen. Überdies sollte jedes Kind ein Anrecht auf einen kostenlosen Platz in einem Kindertagesheim haben.

In der Praxis bedeutet das:

  • Die Eltern bzw. Elternteile, die vor der Geburt nicht berufstätig oder arbeitslos waren, laufen Gefahr keinen Platz zu bekommen und werden dadurch weiterhin vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen.
  • Eltern oder Elternteile, die bereits einen Kindergartenplatz haben, müssen bei Eintritt von Arbeitslosigkeit innerhalb kürzester Frist einen neuen Arbeitsplatz vorweisen, oder sie laufen Gefahr, den Kindergartenplatz zu verlieren. Ähnlich wie bei den Volksschulen ist es auch in der Kinderbetreuung notwendig, für nichtdeutschsprachige Kinder besondere Maßnahmen, wie etwa den Einsatz von "Begleitbetreuern", zu verwirklichen.

7.2. Schulen

Trotz langjähriger SP-Alleinregierung ist das Bildungssystem strukturell gleichgeblieben: Es gibt nach wie vor keine einheitliche Gesamtschule, die Berufsausbildung erweist sich nach wie vor als Bildungssackgasse, die Hochschule als Lernfabrik.

Die Veränderung der Altersstruktur der österreichischen Wohnbevölkerung und die Abnahme der Zahl der bis 19-Jährigen in den nächsten Jahrzehnten um rund 20-30% wird Auswirkungen auf die Bildungsfinanzierung, die Schulstandorte, das Lehrer/Schüler-Verhältnis und die Klassengrößen haben.

Der Trend zu allgemein- und berufsbildenden höheren Schulen hält an. In den Städten besuchen bereits mehr als die Hälfte der Jugendlichen höhere Schulen.

Der Zustrom zu Privatschulen wächst. Diese bieten Sonderleistungen wie Ganztagsbetreuung, Sport- und Freizeiteinrichtungen. Die wenigen Alternativschulen - als Gegenmodell gedacht - sind nur wenigen Kindern engagierter Eltern zugänglich. Durch diese Differenzierungen bleibt das Bildungsprivileg der Reichen in Gymnasien und Privatschulen gesichert.

Die Hauptschulen werden zu "Ausländerschulen" und "Restschulen". Der polytechnische Lehrgang dient meist als Vorbereitung auf eine Berufslaufbahn als Hilfsarbeiterln.

  • Wir sprechen uns gegen Privatisierungen im Bildungswesen aus und für die kostenlose Nutzung aller Bildungseinrichtungen einschließlich der Nachmittagsbetreuung.
  • Wir fordern eine Vereinheitlichung der Pflichtschulen zu einer einheitlichen Gesamtschule für alle 10- bis 15-Jährigen aus. Die Klassenschülerhöchstzahlen sollten auf 25 abgesenkt werden.
  • Abbau spezieller "Ausländerschulen" (Hauptschule), Abschaffung der Sonderschule, Integration aller in Österreich lebenden Kinder in ein einheitliches, auf individuelle Probleme eingestelltes und flexibles Gesamtschulwesen.
  • Wir begrüßen die Integration behinderter Kinder ins Regelschulwesen.
  • Abschaffung der Leistungsgruppen an Hauptschulen.

7.3. Berufsaus- und -weiterbildung

Fast die Hälfte aller Jugendlichen absolviert eine Berufsausbildung und durchläuft damit die duale Ausbildung, die in der Kompetenz der Unternehmer (Handelskammer) liegt. Der bereits beschriebene Zulauf zu höheren Schulen geht einher mit einem Rückgang der Lehrlingszahlen. Schlechte Bezahlung, mangelnde Aufstiegschancen und der Mißbrauch von Lehrlingen als billige Hilfsarbeiter dürften die wesentlichen Gründe für die sinkende Attraktivität der Lehrausbildung sein.

Der Grundstein für geschlechtsspezifische Benachteiligungen wird bereits mit der Ausbildung gesetzt. Der Großteil der weiblichen Lehrlinge konzentriert sich in wenigen Berufen. Traditionelle Männerberufe sind für Frauen nach wie vor kaum zugänglich.

Angesichts der rasanten Veränderungen, die in den meisten Berufen vor sich gehen, kommt der beruflichen Weiterbildung immer größere Bedeutung zu. Nicht nur Weiterlernen im erlernten Beruf, sondern auch gänzliches Umlernen und Erlernen neuer Qualifikationen wird immer häufiger. Ein Großteil der Weiterbildung findet in der Freizeit statt. Ein Viertel der Personen, die Weiterbildungsangebote in Anspruch nehmen, müssen für die Kosten selbst aufkommen.

  • Wir treten für eine grundlegende Reform der Berufsausbildung ein, Lehrwerkstätten sollten staatlich gefördert und in das allgemeine Schulwesen integriert werden.

7.4. Wissenschaft, Forschung, Universitäten

Seit Anfang der 90er Jahre wird die hochschulpolitische Debatte von Reformkonzepten dominiert, die im Zuge der EU-Anschlußpolitik der Bundesregierung im wesentlichen auf eine stärkere Ausrichtung der Universitäten an wirtschaftlichen Interessen abzielen.

Im internationalen und europaweiten Wettlauf um die Verbesserung der Kapitalverwertungsbedingungen werden universitär-industrielle Verbundsysteme geschaffen, die wissenschaftliche Forschung und Lehre verstärkt an Wirtschafts- und Profitinteressen anbinden. Gesellschaftlicher Forschungsbedarf bleibt dadurch weitgehend auf der Strecke.

Bildung und Wissenschaft sind heute unter der Drohung ausbleibender Mittel angehalten, das imperialistische Projekt "EG-Europa" auch ideologisch abzusichern. Demgemäß werden nun auch hierzulande sämtliche Studieninhalte auf ihre EU-Verträglichkeit hin überprüft.

Technik und Naturwissenschaft sollen - in enger Kooperation mit der "Wirtschaft" - eng an die Verwertungsbedingungen der Konzerne gebunden werden.

Der umstrittenste Punkt der derzeitigen "Universitätsreform" ist die Koppelung von Familienbeihilfe und Studienerfolg. Damit wird eine Entwicklung forciert, die jene Studentlnneh, welche neben dem Studium auch noch Geld verdienen müssen, unter Druck zu setzen. Studieren wird mit Prüfungsritualen gleichgesetzt. Ziel solcher Maßnahmen ist die Reduktion der StudentInnenzahlen.

Bei Errichtung von Fachhochschulen geht es in erster Linie um die Schaffung von "Schmalspuruniversitäten"' die weitgehend unter dem Einfluß privater Interessen stehen und durch Studiengebühren und rigide Zugangsbestimmungen nur einem eingeschränkten Kreis zur Verfügung stehen werden, andererseits stellen sie eine programmatische Erweiterung der weiterführenden Berufsbildung dar.

  • Wir treten für einen Ausbau der staatlichen Forschungsförderung und staatlicher ein.
  • Budgetmittel sollten an Sozial- und Umweltverträglichkeitskriterien gebunden werden.
  • Wir fordern einen Ausbau der universitären Forschung und Kontrolle der Drittmittelfinanzierung. Die Steuerung universitärer Forschung durch Konzerne (etwa Gentechnik) ist abzulehnen.
  • Wir treten für die Beteiligung an internationalen Forschungsprojekten ohne Preisgabe eigener Schwerpunkte statt der betriebenen EU-Unterordnung ein.
  • Wir treten für gleichen und ungeteilten Zugang aller in Österreich lebenden Menschen zu den Universitäten ein. Ein Entsprechender Anteil von Arbeiterlnnen- und Angestelltenkindern, Männern und Frauen an den Studierenden muß ökonomisch abgesichert werden (Stipendien, Kinderbeihilfen, Studiengebührenfreiheit).
  • Zur Sicherung eines ausreichenden Angebotes an Lehrkräften, Räumen und Forschungseinrichtungen ist eine entscheidende Erhöhung der Budgetmittel erforderlich.
  • Erhöhter Anteil von Frauen in universitärer Lehre und Forschung durch ihre Bevorzugung bei gleicher Qualifikation - Einbeziehung der Frauenforschung in die entsprechenden wissenschaftlichen Disziplinen und Lehrpläne.
  • Soziale Absicherung studierender Mütter, bundesweite Karenzgeldregelung.
  • Sicherung und Ausbau der Mitbestimmungsmögiichkeiten in Lehre und Forschung.
  • Ökonomische Absicherung des Studiums durch Stipendien, Familienbeihilfe und Studiengebührenfreiheit.

8. Kulturpolitik

Das letzte Jahrzehnt ist durch einen scheinbaren "Kulturboom" gekennzeichnet. Immer mehr Gemeinden, immer mehr Unternehmen möchten sich mit "Kulturförderung" profilieren. Dieser Boom' der sich auch in verzweigter Förderung von mancherlei "imageträchtigen Initiativen niedergeschlagen hat, tarnt drastische Verschlechterungen der Lebensgrundlagen für breiter werdende Teile der Bevölkerung und auch der Lebens- und Arbeitsbedingungen all jener Kulturschaffenden die an der Prestigekultur von Massenmedien und sonstigen Großunternehmungen nicht teilhaben.

Wir Kommunistinnen und Kommunisten erkennen in dieser bewußt vorangetriebenen Entwicklung nicht zuletzt auch eine Vertiefung der Kluft der gesamten Lebensweise zwischen den sogenannten bildungsbürgerlichen Schichten und der breiten Masse der arbeitenden Bevölkerung. Diverse soziale Bewegungen der letzten Jahrzehnte, scheinen sich, in ihnen zugestandene Nischen des Kulturlebens zurückzuziehen.

Damit hätte sich der bescheidene finanzielle Aufwand für die Herrschenden schon gelohnt. Während zu Beginn der 70er Jahre noch Zehntausende, vor allem auch Mitarbeiterinnen der diversen Sozialbewegungen, protestierten, gehen heute die Schnitte im Sozialbereich mit dem Verweis auf vermehrte Eigenvorsorge ohne nennenswerte Proteste über die Bühne.

8.1. Für kritisch-emanzipatorische Massenkultur

  • Wir Kommunistinnen fassen Kultur wesentlich weiter, als dies die Kunstseiten in den Zeitungen vermitteln, beziehen alle Bereiche der Alltagskultur den Kulturbegriff mit ein, somit alle Lebensbereiche, die bewußt ästhetisch gestaltet werden. Damit ist auch die Trennung von ernster und Unterhaltungsmusik, Hochkultur und Massenkultur zu hinterfragen.
  • Für uns ist klar, daß auf allen Ebenen der Kulturpraxis und der Kulturvermittlung ein Kampf um fortschrittliche Positionen geführt werden muß. Dies bedeutet aber auch, die Auseinandersetzung um demokratische, auf Emanzipation statt auf bloße Unterhaltung gerichtete Kulturproduktion zu suchen.
  • Das widerspricht natürlich dem herrschenden Trend. Der Ruf nach dem privaten Kultursponsoring durch Unternehmer, auch seitens der zuständigen Behörden, hat ja auch durchaus inhaltliche Konsequenzen. Die gesellschaftlich herrschenden Gruppen profitieren vom derzeitigen postmodernen Trend zum künstlerischen Pluralismus, nach dem Motto "für jeden etwas". In dieser Strategie haben auch fortschrittliche Produktionen z.B. auf Staatsbühnen Platz.

Der allgemeinen Rechtsentwicklung auch in den Künsten, esoterischen, formalistischen, individualistischen Strömungen bis hin zur Neubelebung der Nazi-Ästhetik, kann nur durch eine fortschrittliche Kulturbewegung in Verbindung mit einer politischen Linksstrategie begegnet werden.

8.2. Die Lage der Kulturschaffenden

Gleichzeitig hat sich die Lage der großen Mehrheit der Kulturschaffenden weiter verschlechtert, nicht zuletzt durch restriktive Praxis von Stadt- und Landesbehörden (Wien, Salzburg, etc.) Die meisten Künstler und Künstlerinnen können im herrschenden Kulturbetrieb nicht leben. Die Forderung nach Sponsoring soll es dem Staat perspektivisch ermöglichen, sich aus der Kulturförderung weiter zurückzuziehen. Freilich stellt sich die Frage, warum Private z.B. Künstlerinnen fördern sollen, die sich kritisch mit der herrschenden Gesellschaftsordnung auseinandersetzen. Solche kritische Kunst ist auf öffentliche Förderung angewiesen. Sie wird nur gefördert werden, wenn lebendige Initiativen von Kulturschaffenden entsprechenden Druck machen. Hier stehen die Kommunistinnen auf der Seite solcher kritischer Projektgruppen und Künstlerinitiativen. Eine auf Bewußtsein und Befreiung orientierte Kulturproduktion, die die Interessen der breiten arbeitenden Mehrheit im Staat bewußt zum Ausdruck bringt, bedarf einer finanziellen Grundsicherung. Der sogenannte freie Markt fördert die bloße Unterhaltung und vernichtet den kritischen Gegenentwurf zum Bestehenden.

  • Statt der zunehmenden Musealisierung fordern wir die Förderung lebendiger Kunst durch Bereitstellen von Gebäuden und Mitteln für Eigeninitiative in selbstverwalteten Kulturhäusern, Literaturhäusern, etc.
  • Junge, kritische Kunst muß verstärkt Zugang zu den Medien finden und darf nicht in die Spätabendprogramme abgeschoben werden. Es ist klar, daß eine Privatisierung staatlicher Rundfunkeinrichtungen einem solchen Anliegen völlig entgegengesetzt ist und daher bekämpft werden muß. Grundsätzliche Kritik an diesen Einrichtungen - primär am ORF - steht diesem Erfordernis nicht entgegen, sondern ist, im Gegenteil, seine Basis. Denn erst (und nur) ein gründlich demokratisierter und auch kulturell eigenständig profilierte ORF kann der Niederkonkurrenzierung durch kommerzielle Mediengaranten entrinnen.
Vom 29. Parteitag am 19./20. März 1994 in Linz gebilligter Diskussionsentwurf

Aktuelles:


KPÖ Oberösterreich: Jetzt Unterstützungserklärung unterschreiben!
(14.7.2021)

...mehr


Die Europäische Linke fordert einmal mehr das Ende der Blockade gegen Kuba
(13.7.2021)

...mehr


Die neue Juli Volksstimme 2021 ist da!
(13.7.2021)

...mehr


KPÖ Graz: Unsere Kandidatinnen und Kandidaten für Graz
(10.7.2021)

...mehr


38. Parteitag der KPÖ: In der ältesten Partei Österreichs übernehmen Junge das Ruder
(21.6.2021)

...mehr

Volksstimme - Politik & Kultur - Zwischenrufe links