KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Aktionspolitisches Programm

"Was will die KPÖ"

 Die KPÖ hat sich auf ihrem 29.Parteitag im März 1994 die Erneuerung ihrer weltanschaulichen Positionen zur Aufgabe gestellt und die Ergebnisse in ihrer Grundsatzerklärung zusammengefaßt und beschlossen.

Das vorliegende, vom 30.Parteitag der KPÖ beschlossene aktionspolitische Dokument soll den Genossinnen und Genossen Orientierung in ihrer politischen und sozialen Praxis geben. In seiner Unvollkommenheit spiegelt es aktuelle Stärken und Schwächen der KPÖ wider und versteht sich auch als Anstoß und Grundlage für vertiefende, weiterführende theoretische Diskussionen (die zur Neufassung des Parteiprogramms am 31.Parteitag unerläßlich sind) und deshalb in der nächsten Tätigkeitsperiode weitergeführt und intensiviert werden sollen.

I. Sinnvolle und existenzsichernde Arbeit für alle

An der Schwelle zum Dritten Jahrtausend ist der staatsmonoplistische Kapitalismus weltweit insbesonders in Europa in ein neues Entwicklungsstadium getreten.

Kapitalistische "Normalität" setzt sich global und auch in Österreich durch. Arbeitslosigkeit, soziale Ausgrenzung und Polarisierung, Umweltzerstörung, Untergrabung der Demokratie, Militarisierung, wachsende Fremdenfeindlichkeit und Gewalt, Entsolidarisierung- sie entspringen den ureigensten Gesetzmäßigkeiten und Widersprüchen dieses Gesellschaftssystems: weltweite und internationale gesellschaftliche Produktion und ständige Revolutionierung von Produktivkräften, aber deren Verwandlung in soziale Destruktivkräfte durch ihre private Anwendung und die Aneignung des Profits durch eine winzige Minderheit.

Qualitativ neue Produktivkräfte (darunter energie- und rohstoffsparende Technologien) würden es möglich machen, wo notwendig, die Produktion von Waren und Dienstleistungen derart zu steigern und zu verteilen, daß der vernünftige Bedarf der Menschen befriedigt und die Arbeitszeit radikal verkürzt werden könnte. Kapitalinteressen lassen dies jedoch nicht zu.

Ohne gesellschaftspolitischen Widerpart in Europa und im Weltmaßstab kommt jetzt die Macht des Kapitals und die unverhüllte Profitlogik ungezügelt zum Einsatz.

Die Einführung neuer Technologien, die Umwälzung traditioneller Produktions- und Arbeitsstrukturen auf dieser Grundlage, sowie die Zerschlagung der Verstaatlichten Industrie und Privatisierungen in Österreich, haben auch die Gewerkschaftsbewegung in die Defensive gebracht. "Soziale Marktwirtschaft" ist out, "Kapitalismus – pur" ist in.

Dies und die Auswirkungen der EU-Mitgliedschaft und die Vorbereitungen für den EURO haben auch in Österreich die Arbeitslosigkeit auf ein Rekordniveau angehoben. "Stabilisiert" haben sich die Zuwachsraten bei den Arbeitslosen, destabilisiert wurde die Finanzierung der sozialen Sicherheit. Wir dürfen nicht müde werden, darauf hinzuweisen: Finanzierungsschwierigkeiten z.B bei der Pensionsversicherung oder LehrerInnen-Arbeitslosigkeit sind keine Sachzwänge, sondern das Resultat jener Politik, die die Gewinne des Groß- und Finanzkapitals unangetastet läßt, trotzdem aber die dadurch entstehende Staatsschuld durch Sozialabbau reduzieren möchte.

 Zwei Seiten der Globalisierung

KritikerInnen dieser Entwicklung in Gewerkschaften und in der SPÖ, die zahlreicher werden, argumentieren nur allzu oft widersprüchlich: Einerseits verlangen sie die "Rückkehr" zu einer "sozialen Marktwirtschaft"; andererseits schließen sie aber eine tatsächliche Änderung der Politik mit Hinweis auf die EU und den "Sachzwang", sich an die Globalisierung anzupassen, aus.

Sitzen wir tatsächlich in der "Globalisierungsfalle", ist tatsächlich nichts anderes möglich, als die Lasten der "Budgetkonsolidierung" möglichst gerecht unter den arbeitenden bzw. Arbeit suchenden Menschen zu verteilen, wie das von den VertreterInnen einer "erneuerten Sozialpartnerschaft" vorgeschlagen wird?

Konzerne, die auf dem Weltmarkt operieren und die jeden sich bietenden regionalen Kosten- oder Zinsvorteil für höhere Profite nutzen, gibt es nicht erst seit heute. Weltmarkt gab es auch früher: in Form internationaler Arbeitsteilung in Folge des Kapitalexports und als Summe der nationalen Ökonomien, die untereinander Handel trieben. Neu ist die Beseitigung aller Schranken, die Öffnung aller Märkte zu einem unbehinderten Operationsfeld für das internationale Kapital und die Revolutionierung der Kommunikationstechnologien. Multinationale- und Finanzkonzerne treiben diese Entwicklung voran.

Der Zeithorizont weltweiter Profitstrategien wird dabei immer kürzer. "Shareholder value", also die Steigerung des Aktienwertes, wird zum wichtigsten Kriterium für wirtschaftlichen Erfolg und dabei immer widersinniger: steigende Arbeitslosenzahlen bedeuten steigende Aktienkurse. Unternehmensgewinne werden den ökonomischen Kreisläufen entzogen und in spekulative Finanzanlagen gesteckt. Dieses vagabundierende Finanzkapital übertrifft das jährliche Welthandelsvolumen um das hundertfache, während Kapital für produktive Investitionen knapp ist.

Die prall gefüllten Kriegskassen der Konzerne dienen zur Übernahme anderer Konzerne. Die "Investitionsschwäche" resultiert also nicht, wie behauptet wird, aus zu hohen Löhnen oder Lohnnebenkosten, sondern ist die Folge unproduktiver, parasitärer Finanzanlagen.

Auch die Wirtschaftspolitik der großen Koalition ordnet sich diesem sozialen Widersinn unter. Statt Wege zu finden, die großteils in den Händen weniger Milliardäre, Banken und Versicherungen angehäuften 4000 Milliarden Schilling Geldvermögen in Österreich steuerlich zu erfassen und damit die Sozialsysteme bzw. Beschäftigungspolitik zu finanzieren, gibt die Regierung den von den Kriterien des Maastricht-Vertrages ausgehenden Druck auf die Bevölkerung weiter.

Die "Globalisierungsthese" wird – trotz kapitalismuskritischer Nebentöne – zur Einschüchterung von Belegschaften und Gewerkschaften benützt. Entwicklung des "Wirtschaftsstandorts" Österreich – womit früher öffentliche Investitionen in die Infrastruktur oder das Bildungssystem gemeint war – heißt heute: Senkung von Löhnen, Gehältern, Sozial- und Ökostandards. Gerade am österreichischen Beispiel läßt sich der ideologische Gehalt einer undifferenzierten "Globalisierungsthese" zeigen: 7o Prozent des österreichischen Außenhandels wird innerhalb der EU abgewickelt, weitere 10 Prozent mit Osteuropa.

Kernbereiche der Produktion werden nicht globalisiert, sondern in der "Heimatbasis" der Konzerne, wie auch hochqualifizierte Kräfte, konzentriert. Weltweit und in Europa findet langfristig keine zunehmende Streuung der Standorte, sondern eine Konzentration in den regionalen Integrationsräumen statt. Sie ist umso ausgeprägter, je höher das technologische Niveau und je durchlässiger die Verkehrswege sind. Standorte der Hochtechnologie befinden sich in Europa an den Punkten wo die Grundstücke am teuersten und die Löhne am höchsten sind. In wenigen Kernräumen wird mit immer weniger Arbeitskräften immer mehr produziert für Märkte, von denen ein Großteil der Menschheit ausgeschlossen ist. Das ist der Grund warum sich die Arbeitslosigkeit in den letzten zwei Jahrzehnten vervielfacht hat.

Die sogenannte "Standortkonkurrenz" und das in ihrem Zeichen EU-weite Steuer-, Sozial- und Ökodumping stellt sich als eine konzentrierte Umverteilungsaktion zugunsten der westeuropäischen Konzerne dar.

Entscheidender Grundzug der gegenwärtigen Entwicklung ist also der dramatisch anwachsende Grad der Ausbeutung, organisiert über die Herrschaft des Finanzkapitals, den Formen kapitalistischer Integration und Methoden globalisierter Konkurrenz.

Der Kampf gegen das neoliberale Herrschaftssystem

Der Neoliberalismus als vorherrschende Wirtschafts- und Gesellschaftstheorie und wirtschaftspolitische Praxis stellt sich als eine Waffe in der Hand der dominierenden Kräfte des Kapitals dar. Unter dem Vorwand des Abbaus staatlicher Bürokratien, der "Befreiung" der Märkte und dem Versprechen alle Probleme wie Massenarbeitslosigkeit, Staatsverschuldung und Reparatur der Umweltzerstörung zu lösen, verwandelt sich der Rückbau des Sozialstaats, die Privatisierungen und Deregulierungen in eine antisoziale Revanche des in- und ausländischen Groß- und Finanzkapitals, die alle gesellschaftlichen Bereiche, einschließlich z.B Bildung und Kultur erfaßt.

Dabei soll es zu einem tiefgreifenden – und wie seine Architekten hoffen, nachhaltigen - Umbau der wirtschaftlichen Grundstrukturen im Interesse der expansivsten und mächtigsten Konzerne kommen, die auch weltweit militärisch abgesichert werden sollen.

  • Schlüsseltechnologien und Zukunftsmärkte (Telekommunikation, Biotechnologie usw.) sollen ausschließlich auf privatkapitalistischer Grundlage entwickelt werden, Reste staatlichen Eigentums werden (z.B. unter dem Druck des Maastrichtkriteriums, die Staatsschuld abzubauen, teilweise auf Basis der EU-Verträge) aufgelöst.
  • Der Abbau nationalstaatlicher Kompetenzen und die Einführung des Euro sollen staatliche Eingriffsmöglichkeiten im Bereich der Makroökonomie weiter einschränken.
  • Die "Staatsquote" soll zu Lasten der Sozialausgaben nachhaltig gesenkt werden (Senkung des Zuschusses für die Pensionssysteme, Senkung des Arbeitslosengeldes und der Sozialhilfe, kostendeckende Tarife für öffentliche Leistungen usw.) um weitere Steuersenkungen für das Kapital und für die Reichen durchsetzen zu können.
  • Der Einfluß der Gewerkschaften und "sozialpartnerschaftliche" Abmachungen sollen dem freien Spiel (ungleicher) Kräfte von Kapital und Arbeit weichen. Damit sollen der Deregulierung und Flexibilisierung von Arbeitszeit und Löhne, der Verbilligung der Arbeitskraft durch Senkung der Reallöhne und Lohnnebenkosten freie Bahn geschaffen werden.

Es ist nicht die Frage ob, sondern wie die Staaten und supranationale Institutionen in Wirtschaft, Gesellschaft und soziale Beziehungen eingreifen.

Derzeit ist noch kein Massenwiderstand gegen diesen Umbau in Sicht. Die neoliberale Politik setzt daher ihr antisoziales Zerstörungswerk fort. Die Arbeitsverhältnisse für Frauen sind bereits weitgehend dereguliert.

Die Umverteilung nach oben zugunsten des Finanzkapitals ist aus allen veröffentlichten volkswirtschaftlichen Daten abzulesen. Es wird nicht nur für unantastbar erklärt sondern sein Wohlergehen, die "Reaktion der Finanzmärkte" bilden den Maßstab der Regierungspolitik.

Ist in den vergangenen zehn Jahren in Österreich das reale Bruttoinlandsprodukt um 25% gewachsen, so die jährliche finanzkapitalistische Akkumulation um fast das Doppelte, und zwar parallel zum Anwachsen der Staatsschuld und der Zinsen, die aus dem Steueraufkommen bezahlt werden müssen.

Jede soziale und ökonomische Reformpolitik muß eine weitere Akkumulation von Geldkapital in den Händen einiger weniger Magnaten stoppen und durch deren massive Besteuerung eine Umverteilung von oben nach unten durchsetzen. Nur dadurch ist zu erreichen, daß Geld für öffentliche und private Nachfrage mobilisiert wird. Nur dadurch ist zu verhindern, daß immer größere Eigentumsansprüche des Finanzkapitals auf das zukünftige Sozialprodukt Platz greifen.

Vielfach werden heute die Vorherrschaft des Finanzkapitals und die große Rolle der Spekulation dem in der "realen" Wirtschaft investierten Kapital gegenübergestellt. Tatsächlich spielt dieser Widerspruch eine bedeutende und wachsende Rolle. Aber es handelt sich vielfach um die selben Eigentümer und Kapitalgruppen, die einerseits multinationale Konzerne beherrschen und andererseits als weltweite Spekulanten auftreten. Die Zurückdrängung der Macht der Finanzmärkte erfordert die Einschränkung der Kapitalmacht insgesamt.

Man kann die Macht des Kapitals nicht ohne die Entwicklung demokratischer Gegenmacht einschränken, schon gar nicht brechen. Deshalb sind neue Machtmittel und Einflußmöglichkeiten für die linken und gewerkschaftlichen Kräfte und für die demokratischen Volksbewegungen erforderlich (soziale, ökologische, Friedens- und EU-kritische Bewegungen),die sich auf die Aktivität der Menschen stützen.

Daß unter den gegenwärtigen Kräfteverhältnissen eine neue Dynamik des Wirtschaftswachstums zu größerem sozialen Verteilungsspielraum führt ist auszuschließen. Dagegen sprechen der wachsende Anteil finanzkapitalistischer Akkumulation und die gewachsene Macht des Kapitals insgesamt. Die Möglichkeit einer einfachen Rückkehr zur nachfrageorientierten, keynesianischen Wirtschaftspolitik wurde dadurch untergraben. Diese neuen mächtigen Kapitalstrukturen und die zu ihren Gunsten veränderten gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse haben die Methode der sozialen Kompromisse und Zugeständnisse durch ihr Gegenteil ersetzt.

Dazu kommt, daß sozialpartnerschaftliche, verteilungspolitische Kompromisse an die nationalstaatlichen Strukturen gebunden waren. Nicht zuletzt aus diesem Grund orientieren die führenden Kräfte des Kapitals in der EU auf deren vollständige Entmachtung.

Eine soziale gesellschaftspolitische Perspektive erfordert deshalb breiten Widerstand. Politisch verantwortlich für die Wehrlosigkeit der großen Mehrheit der Bevölkerung, der eine Verschlechterung ihrer Lebensbedingungen zugemutet wird, sind die sozialdemokratischen Verantwortlichen in Gewerkschaften und Massenorganisationen der MieterInnen und der PensionistInnen, die die sozialreaktionären Gegenreformen als "notwendigen Beitrag" zur Sanierung und Sicherung des Sozialsystems akzeptieren. Verantwortlich sind die privilegierten Meinungsmacher in den Massenmedien, die jede kritische Auseinandersetzung mit dem Neoliberalismus ausgrenzen und auch nur den geringsten Widerstand gegen die antisoziale Politik verächtlich machen. Entsolidarisierung wird eine immer zentralere Herrschaftstechnik.

Solange der ÖGB jedoch seine Hoffnungen auf die "soziale Dimension" der EU und auf den "sozialen Dialog" setzt und die höchste Kampfform die Resolution ist, wird sich die soziale Entwicklung weiter verschlechtern.

Deshalb setzt sich die KPÖ in Österreich, in der EU, im übrigen Europa und im internationalen Maßstab für die breitest mögliche Einheit im Kampf gegen den Neoliberalismus als aktuelle Herrschaftsform des Kapitalismus ein. In diesem Sinne ist der Kampf gegen den Neoliberalismus auch ein Kampf für eine neue Weltwirtschaftsordnung, der gemeinsam mit allen Bewegungen, sozialen und politischen Kräften, die einen Ausweg aus imperialistischer Abhängigkeit, Ausplünderung und Unterentwicklung suchen, geführt werden muß.

Ohne die Herstellung einer solchen kämpferischen Einheit wird es, wie die letzten Jahre zeigen, nicht gelingen, die Zerstörung des Sozialstaats, die Rückentwicklung des Lebensstandards der großen Mehrheit der ArbeiterInnen und Angestellten, der Frauen, der Jugend, der Arbeitslosen und der PensionistInnen zu stoppen. Eine breite Debatte um gesellschaftspolitische Alternativen kann sich auch nur in Zusammenhang mit der Aktivierung größerer Teile der Bevölkerung entwickeln. Der Kampf gegen den Neoliberalismus setzt an allen Ebenen an: regional, national und international.

Unsere Alternativen

Die KPÖ stellt folgende Forderungen in den Mittelpunkt, als Alternativen zur neoliberalen Politik:

  • Die Durchsetzung des Rechts auf Erwerbsarbeit und der Schutz vor erzwungener Arbeitslosigkeit bilden die Grundlage jeder fortschrittlichen und auf sozialer Gerechtigkeit fußenden gesellschaftspolitischen Alternative. Das bedeutet das Recht auf sinnvolle, nicht gesundheits- oder die Umwelt schädigende Arbeit für alle und die Durchsetzung einer auf die ständige Erhöhung des Lebensniveaus der lohnabhängig Beschäftigten gerichtete Bezahlung. Das erfordert auch die Neubewertung der Arbeit von Frauen. Wo formell selbständige Arbeit sinnvoll und erwünscht ist, treten wir für ihre gesellschaftliche Anerkennung und ihren arbeits- und sozialrechtlichen Schutz ein.
  • Die umfassende Absicherung der Kinderbetreuung ist eine entscheidende Voraussetzung für den Abbau geschlechtshierarchischer Arbeitsteilung.
  • Für die KPÖ hat die Verwirklichung des Rechts auf Arbeit gesellschaftspolitische Vorrangstellung. Zugleich muß ein System der sozialen Grundsicherung der Tendenz der Verarmung immer breiterer Kreise der Gesellschaft entgegengestellt werden. Soziale Grundsicherung heißt Schaffung eines existenzsichernden Mindesteinkommen auf Basis aller Transfer- und Sozialversicherungssysteme, sowie die Durchsetzung entsprechender Mindestlöhne durch einen Generalkollektivvertrag oder gesetzliche Regelung. Aus alledem ergibt sich, daß wir in erster Linie für eine erneuerte Beschäftigungspolitik eintreten. Dazu muß der Staat alle wirtschaftspolitischen Instrumente nutzen und neue schaffen. Der bereits bestehende informelle Sektor muß sozial und arbeitsrechtlich integriert und die Beschäftigten abgesichert werden (Sozialversicherung, Anwendung aller arbeitsrechtlichen Bestimmungen wie Urlaub, Abfertigung, etc). Das Arbeitsrecht muß endlich vereinheitlicht werden (Kodifikation), um vielfältige Ungleichbehandlungen und Schlechterstellungen zwischen Arbeitern und Angestellten zu beseitigen.
  • Ohne eine neue Verteilungspolitik, ohne Einsatz der öffentlichen Haushalte und ohne die Neuformierung eines gemeinwirtschaftlichen Sektors, der lokal, national und international agiert, bleibt dies nicht mehr als frommer Wunsch. Demokratische öffentliche Kontrolle, einschließlich öffentliches Eigentum, ist vor allem dort erforderlich, wo es um die Grundbedürfnisse der Bevölkerung geht – Wohnbau, Energie, Verkehr, Kommunikation, soziale Dienste und Gesundheit - und dort, wo heute und auf Sicht, über die wirtschaftliche Dynamik entschieden wird - Telekommunikation, Biotechnologie, aber auch Banken und Versicherungen.
  • Die KPÖ tritt für eine radikale Verkürzung der Wochen-, Jahres- und Lebensarbeitszeit ohne Lohnverlust, für die Neubewertung- und Verteilung aller gesellschaftlich notwendigen Arbeit, der Erwerbs- und Familienarbeit auf alle ein. Die Arbeitszeitverkürzung ist aber nur unter Bedingungen wie dem Stopp der Flexibilisierung und einer Eindämmung ungeregelter Arbeitsverhältnisse sinn- und wirkungsvoll. Der beschäftigungs-politische Effekt kann aber nur erzielt werden, wenn verbindlich neue Arbeitskräfte, in dem Ausmaß wie Arbeitszeit durch Verkürzung frei wird, eingestellt werden müssen. Arbeitszeitverkürzung ist nicht nur aus beschäftigungspolitischen Gründen notwendig. Die frei verfügbare Zeit für jede(n) einzelne(n) neben der notwendigen Arbeitszeit ist darüber hinaus ein entscheidendes Maß der individuellen Freiheit und des wirklichen gesellschaftlichen Reichtums, der nicht direkt vom Kapital angeeignet werden kann.
  • Kostenloser Zugang zu allen Bildungseinrichtungen vor und während des gesamten Berufslebens und andere soziale Regelungen sind überdies Voraussetzung um mit den modernsten Produktivkräften und Technologieentwicklungen Schritt halten zu können und den modernen Anforderungen beruflicher Mobilität gewachsen zu sein.
  • Um das große Potential zur Schaffung von Arbeitsplätzen zu nutzen sind Klein- und Mittelbetriebe nicht von der Durchsetzung höherer Löhne und Gehälter abzuschirmen, sehr wohl aber vor dem wachsenden Druck des Groß- und Finanzkapitals zu schützen.
  • Die KPÖ tritt für eine Umverteilung des Reichtums von oben nach unten ein, für die Wiedergewinnung und Absicherung des schon erreichten sozialstaatlichen Niveaus und der Leistungen der Sozialversicherungen, insbesondere der Pensionen durch Abschöpfung der Profite. Dem derzeit größten Anteil der Profite am Volkseinkommen in der jüngeren Wirtschaftsgeschichte steht der geringste Anteil am Steueraufkommen gegenüber. Allein ein Viertel des jährlichen Geldvermögenszuwachses kommt aus den Zinsen für die Staatsschuld (hundert Milliarden Schilling). Diese öffentliche Umverteilungsmaschine zugunsten des Profits für Banken, Versicherungen und Kapitalfonds muß ausgeschaltet und damit die Ausplünderung der Sozialtöpfe in den Budgets gestoppt werden. Nur so kann der Bundesbeitrag zur Sozialversicherung gesichert und ausgeweitet, sowie zur Deckung der Pensionen bei einem Drittel fixiert werden. wie das bei Einführung des ASVG geplant war.
  • Die KPÖ tritt für die vollständige Integration der in Österreich lebenden ImmigrantInnen ein. Wir sind für die vollständige, gleichberechtigte Teilnahme aller ImmigrantInnen unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft am gesellschaftlichen Leben, mit allen politischen und sozialen Rechte und Pflichten.
  • Soziale Errungenschaften können nicht dem freien Spiel des "Arbeitsmarkts" überlassen werden. Die KPÖ tritt für regulierte Arbeitsmärkte ein- allerdings durch die Einhaltung der sozialen Standards und nicht durch unmenschliche Einwanderungsgesetze. Schwarzunternehmertum, das sich gleichermaßen gegen in- und ausländische Arbeitskräfte richtet, ist rigoros zu bestrafen.
  • Die KPÖ tritt für die Mobilisierung der Gewerkschaften, für eine kämpferische und solidarisch-internationalistische Gewerkschaftspolitik ein. Entweder setzt sich der Bedeutungs- und Ansehensverlust der Gewerkschaften bis zum bitteren Ende fort oder sie entwickeln sich zu neuen Sammelpunkten des Widerstandes und der praktischen Gegenwehr gegen den Neoliberalismus. Beide Möglichkeiten bestehen. Die Verantwortung liegt bei der sozialdemokratischen Gewerkschaftsführung. Auf diese muß von der gewerkschaftlichen Basis Druck ausgeübt werden. Das Selbstverständnis des ÖGB muß sich in Theorie und Praxis in Richtung einer antikapitalistischen Gegenmacht verändern. Eine strategische Bedeutung haben in dieser Hinsicht heute auf Grund des verhältnismäßig starken Organisiert-heitsgrades und des neoliberalen Umbaus staatlicher Funktionen und Aufgaben die Gewerkschaften im Öffentlichen Dienst. Die KPÖ tritt daher gegen die entsolidari-sierende Hetze gegen "die Beamten" ein, deren Großteil keineswegs zu den Privilegierten zählt.
  • Die KPÖ hilft mit bei der Organisierung von Arbeitslosen, sozial Ausgegrenzter, ImmigrantInnen unabhängig ihrer Herkunft. Sie beteiligt sich am Netzwerk gegen Armut und an anderen sozialen Zusammenschlüssen. Sie ist für das kämpferische Zusammenwirken aller sozialen Massenorganisationen, wie die der Mieter und der PensionistInnen, der Jugendorganisationen und der Hochschülerschaft. In allen diesen Strukturen, und vor allem in den Gewerkschaften, geht es uns um das Ziel, dem Klassenkampf von oben den Widerstand von unten entgegenzustellen.

II. Gegen die EU als ein neoliberales, antisoziales Projekt

Widerstand gegen den Euro

Die Regierungskonferenz in Amsterdam hat den Kurs der EU auf Einführung des EURO und des sogenannten Stabilitätspaktes bekräftigt, "Beschäftigungspolitik" soll aber auf nationalstaatlicher Ebene angesiedelt bleiben. Damit steht die Entwicklung der EU mehr denn je im Gegensatz zu den sozialen Interessen der Mehrheit der Bevölkerung der meisten Mitgliedsländer, die eine Abkehr von den neoliberalen, wirtschaftspolitischen Konzepten erhofft, was sich in der Abwahl der konservativen Regierungen Großbritanniens und Frankreichs ausgedrückt hat.

Der soziale Widerstand hat nur zum vagen Versprechen der Regierungen geführt, im November eine Regierungskonferenz zum Thema "Beschäftigungspolitik" abzuhalten. Auch diese Konferenz wird aber den Widerspruch zwischen einer Währungsunion auf der Grundlage monetaristischer (einseitig und ausschließlich den Geldwert berücksichtigende) Konvergenzkriterien des Stabilitätspakts einerseits und einer beschäftigungsorientierten , soziale Sicherheit gewährleistende und eine Annäherung der Lebensverhältnisse nach oben anstrebende Politik in Europa nicht auflösen können. Die von den Gewerkschaften geforderte Ergänzung oder Erweiterung der Konvergenzkriterien der Währungsunion um beschäftigungspolitische Auflagen ist daher "systemwidrig" und wird von den Regierungen zurückgewiesen.

  • Die KPÖ setzt ihren Widerstand gegen die Einführung des Euro fort, weil dessen antisozialer Inhalt entscheidend ist. Insbesondere die Gewerkschaften, die immerhin ihren Ausstieg aus der Regierungskampagne erklärt haben, müssen sich jetzt entscheiden, ob sie der zu erwartenden Verbalakrobatik rund um die Beschäftigungspolitik in der EU mehr Glauben schenken als der Tatsache steigender Arbeitslosenzahlen.
  • Für die KPÖ bleibt die Forderung nach Austritt aus der EU weiter aktuell, weil sie nicht im Gegensatz zum Kampf um demokratische, soziale und ökologische Veränderungen der EU steht und sich einordnet in den Kampf gegen die neoliberale Offensive des Imperialismus.

Für eine neutrale Zone

Das Ende des Kalten Krieges hat die USA und die NATO nicht zu einer substanziellen Abrüstungspolitik veranlaßt. Alten Feindbildern folgend wird nun die NATO sogar erweitert. Die NATO-Osterweiterung veranlaßt die NATO-Beitrittslobby in Österreich, die Debatte um die Neutralität zuzuspitzen. Seit der Mitgliedschaft in der EU hat, wie von der KPÖ vorausgesehen, die Regierung die Neutralitätspolitik weitgehend aufgegeben. Allein der Haltung der großen Mehrheit des österreichischen Volkes ist es zu danken, daß es entgegen den Absichten von FP, VP, LIF, Teilen der SP-Führung und dem entsprechenden Trommelfeuer in den Medien noch zu keinem NATO-Beitritt gekommen ist.

  • Einen NATO-Beitritt zu verhindern ist wichtigstes politisches Ziel der KPÖ. Wir treten für die Aufrechterhaltung der Neutralität, deren zeitgemäße Weiterentwicklung ein. Durch die systematische Infragestellung der Neutralität durch den Bundespräsidenten, die Außen- und Verteidigungsminister, ist schon zu viel Schaden angerichtet worden. In jedem Fall muß das österreichische Volk entscheiden können.
  • Neutralität kann auch heute ein internationales Konzept der Friedenssicherung, der Gewaltfreiheit und der Entmilitarisierung in den internationalen Beziehungen sein und geht daher in ihrer Bedeutung weit über Europa hinaus.
  • Gemeinsam mit anderen europäischen Linksparteien treten wir für eine neutrale Zone in Skandinavien, Mittel- und Osteuropa als sicherheitspolitisches Konzept gegen die NATO-Osterweiterung ein. Kein Land in Europa kann sich heute auf eine militärische Bedrohung berufen. Wir treten deshalb für die Auflösung der NATO, der WEU und aller anderen militärischen Bündnissysteme ein.
  • Die Propagandisten des NATO-Anschlusses stellen jetzt die Abschaffung der Wehrpflicht in Aussicht, um in der Diskussion von der entscheidenden Frage der Neutralität abzulenken. Wir stellen dazu – und insbesondere zu den Plänen für ein Berufsheer – fest: Änderungen im Bundesheer dürfen nicht den Bestrebungen um Abrüstung und Entmilitarisierung in Europa entgegenwirken, in deren Rahmen auch für die Abschaffung des österreichischen Bundesheeres einzutreten ist. Sie dürfen nicht Plänen dienen, österreichische Streitkräfte auf Einsätze bei NATO- und WEU- Aktionen auszurichten.
  • Die KPÖ tritt für radikale und demnach vollständige Abrüstung ein. Dazu gehört zu allererst die Durchsetzung des allgemeinen Verbots nuklearer, chemischer und anderer Massenvernichtungswaffen, der Personen- und Landminen usw.
  • Die Österreichische Regierung müßte verpflichtet werden, statt an der Militarisierung der EU mitzuwirken, für eine jährliche Einschränkung der Militärhaushalte einzutreten, die für alle EU-Länder bindend wäre.

Für ein anderes Europa

Der nach der Amsterdamer Regierungskonferenz veröffentlichte Plan "Agenda 2000" sieht die Aufnahme von fünf osteuropäischen Ländern in die EU vor. Drei davon sollen auch in die NATO. Das zeigt, welche Kriterien für diesen Plan bestimmend sind. So wie bei der Währungsunion geht es auch bei der Osterweiterung der EU nicht um das soziale und wirtschaftlich vernünftige Projekt eines kooperativen gesamteuropäischen Systems, sondern um die Expansion der EU-Konzerne. Geschätzt wird, daß die EU-Erweiterung 1000 Milliarden Schilling kostet, was durch eine Kürzung der bisherigen Regionalförderung für benachteiligte EU-Regionen aufgebracht werden soll. Die durch die Währungsunion zu erwartende wachsende Polarisierung zwischen den Regionen wird so weiter vertieft. Noch mehr Arbeitslose wären die Folge. In dieser Form wird die EU-Erweiterung daher zu einer weiteren Desintegration führen und den Spielraum für nationalistische Demagogie erweitern.

Immer drängender steht deshalb vor den linken Kräften und demokratischen Volksbewegungen in Europa die Aufgabe alternative Möglichkeiten der Schaffung eines demokratischen, solidarischen, sozialen und friedlichen Europa zu entwerfen, das auch eine echte Integration zwischen Ost- und Westeuropa ermöglicht. Zu diesem Zweck beteiligt sich die KPÖ an verschiedenen Foren der europäischen kommunistischen und Linksparteien und an entsprechenden gemeinsamen Aktionen. Die Qualität der Beziehungen zwischen verschiedenen Nationen bzw. Nationalitäten innerhalb eines Staates bestimmt in hohem Maße das allgemeine Niveau der politischen Kultur und wirkt sich unmittelbar auch auf die Realisierbarkeit sozialistisch orientierter Politik aus. Xenophobie, Rassismus, Minderheitenfeindlichkeit und Ethnozentrismus sind mit dieser unvereinbar. Eine Integration der Völker kann nur durch die Entfaltung interkultureller Formen des Zusammenlebens auf allen Ebenen der Gesellschaft und überall dort, wo Menschen unterschiedlicher Sprache oder Nationalität zusammenleben, erreicht werden.

Trotz gewichtiger Unterschiede in der Bewertung der Entwicklung und des institutionellen Rahmens der EU (so vertreten z.B. die KPÖ und die schwedische Linkspartei zum Unterschied von anderen auch die Forderung nach Austritt aus der EU) kristallisieren sich gemeinsame politische Forderungen und Vorstellungen über ein alternatives gesamteuropäisches Konzept heraus.

Die KPÖ unterstützt alle Bestrebungen, einen neuen Internationalismus zwischen den linken und kommunistischen Parteien sowie anderen progressiven Kräften auf der Grundlage der Selbständigkeit, Gleichberechtigung und Solidarität aufzubauen, mit dem Ziel, alle zusammenzuführen, die für einen demokratischen Sozialismus eintreten.

Wir schlagen die breite demokratische Sammlung jener Kräfte vor, die für eine die Interessen der Mehrheit der Gesellschaft zum Ausdruck bringende Reformpolitik eintreten. Wir wollen uns mit Änderungen im Rahmen des bestehenden Kapitalismus nicht bescheiden. Aber eine Überwindung des Kapitalismus kann nur das Resultat breiter, pluralistischer Bewegungen sein, in der den Gewerkschaften als Organisationen der ArbeiterInnen, Angestellten und öffentlich Bediensteten sowie der Frauenbewegung eine zentrale Rolle zukommt. Aus heutiger Sicht stellen Bewegungen für eine solche Reformpolitik die Voraussetzung für radikalere und tiefergreifende gesellschaftspolitische Veränderungen dar.

Im Gegensatz zur neoliberalen "Reformpolitik" der Gegenreformen und im Hinblick auf eine sozialistische Perspektive, eine antipatriarchale Gesellschaft und damit eine radikale Umwälzung des Kapitalistischen Systems, tritt die KPÖ für eine sozialistische Reformpolitik ein. Das heißt:

  • Recht auf existenzsichernde, menschenwürdige Arbeit für alle, z.B. durch Ausbau sozialer Dienste, des Bildungs- und Gesundheitswesens als Alternative zu Abbau, Ausgliederung und Privatisierung
  • Möglichkeit zur Teilhabe aller an einer emanzipatorischen Entwicklung der Gesellschaft
  • Soziale, wirtschaftliche und politische Gleichstellung der Frauen, wie das die KPÖ im Frauenprogramm ausführlich behandelt.
  • Soziale Sicherheit und Gerechtigkeit,
  • Recht auf Bildung und Ausbildung für alle als Voraussetzung für Teilhabe am wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Leben.
  • Verwirklichung des Rechts auf einkommensunabhängige gesundheitliche Versorgung, auf erschwinglichen Wohnraum
  • Demokratisierung der Wirtschaft, Ausbau der ArbeiterInnen und Angestelltenrechte mit dem Ziel der Einschränkung und Überwindung der Macht der Kapitaleigentümer.
  • Zerschlagung der privatkapitalistischen Medienmonopole, Sicherung kapitalunabhängiger Medien durch entsprechende staatliche Förderung, Demokratisierung des ORF
  • Umfassende Ökologisierung der Gesellschaft.

Die Verwirklichung dieser Grundrechte erfordert nicht nur die Durchbrechung neoliberaler Logik, sie stößt unmittelbar an die Grenzen des Systems. Diese aufzuzeigen heißt aber auch die Diskussion über Alternativen und antikapitalistische Strategien voranzutreiben.

Die dauerhafte Verwirklichung dieser demokratischen und sozialen Grund- und Menschenrechte durch die entsprechenden gesellschaftlichen Voraussetzungen und Garantien bildet auch den Inhalt unseres Zieles eines demokratischen Sozialismus. Deshalb spielt heute die Vermittlung der Identität von Inhalten und

Zielen demokratischer Gegenwehr gegen das neoliberale Herrschaftssystem mit den Zielen einer sozialistischen Alternative eine wesentliche Rolle. Diesen Zusammenhang in breiten Reformbündnissen zu verankern ist die Voraussetzung, um jene politischen Formen zu finden und durchzusetzen, unter denen sich auch der notwendige revolutionäre Übergang von der einen zur anderen Gesellschaftsordnung entwickeln kann. Ohne eine Strategie radikaldemokratischer Herausforderung der Herrschaftsmechanismen ist kein Schritt sozialistischer Reformpolitik durchsetzbar.

Eine der Hauptursachen des Scheiterns des sowjetischen Modells bestand darin, daß die unabdingbare Verbindung der demokratischen Werte und des Sozialismus nicht gelungen ist; ja durch die regierenden Parteien nicht gewünscht und in manchen Etappen auch durch Terror unterbunden wurde. Umfassende, allseitige Demokratie, Überwindung patriarchaler und paternalistischer Strukturen stellen nicht nur Aspekte des Weges dar, den die KPÖ gleichberechtigt mit anderen gehen will, sondern sind auch unverzichtbare Bestandteile ihres erneuerten gesellschaftspolitischen Ziels eines demokratischen Sozialismus auf dem Weg zu einer klassenlosen, kommunistischen Gesellschaft.

Da der Neoliberalismus verstärkt private Eigentumsverhältnisse durchsetzt (Privatisierung, Deregulierung, "Entstaatlichung" etc.) muß eine konsequente sozialistische Reformpolitik neue, sozialbestimmte Formen der Kontrolle der entscheidenden Konzerne, Wirtschaftshebel und Beziehungen durchsetzen. Dabei darf es nicht zur Wiederholung jener Fehler kommen, an denen die Verstaatlichungen, die in Ost und West durchgeführt wurden, letzten Endes scheiterten. Öffentliches Eigentum an den entscheidenden Produktionsmitteln kann in der Zukunft mannigfaltige Formen - kommunales, genossenschaftliches oder staatliches Eigentum - annehmen. Seine Existenz schließt Beziehungen öffentlicher Unternehmen mit den anderen Teilen der Ökonomie nicht aus, sondern ein.

Ein Hauptkriterium einer funktionierenden Gemeinwirtschaft ist aber ihre Demokratisierung. Mitbestimmung der Beschäftigten, Transparenz, soziale und ökologische Schrittmacherfunktionen könnten sowohl neue Produktivität als auch eine breite gesellschaftspolitische Akzeptanz eines öffentlichen Sektors herstellen.

Die Frage der Demokratie stellt sich heute vor dem Hintergrund einer Krise von Parlamentarismus, Parteiensystem und Rechtsstaatlichkeit. Nationalrat und Landtage haben den größeren Teil ihrer Kompetenzen an die Brüsseler Behörden abgegeben, die von niemanden gewählt werden. Die Flucht der Regierungen aus der wirtschafts- und sozialpolitischen Verantwortung wird von den Menschen als eine Ohnmacht der selben Institutionen erlebt, die ihnen gegenüber bürokratisch und autoritär agieren. Schließlich kontrastieren die öffentlichen Sparappelle in provokanter Weise mit den Privilegien der von Parteien und Verbänden gestellten Eliten. Politikverdrossenheit, Resignation und Selbstbeschränkung aufs Private sind die Folge.

Kennzeichnend für die Einseitigkeit und Irrationalität der öffentlichen und medialen Erörterung von Privilegien ist es, daß die größten Privilegien, nämlich die des Kapitals und seiner Manager, praktisch ausgeblendet bleiben. Die Ablösung der Privilegiendiskussion von den tatsächlichen sozialen Unrechtszuständen macht sie für die extreme Rechte mißbrauchbar und manipulierbar. So zieht vorderhand vor allem Haiders FPÖ politischen Nutzen aus der Legitimationskrise der staatlichen und halbstaatlichen Institutionen.

Die "Sozialpartnerschaft", die jahrzehntelang Regulierungsfunktionen auf nationalstaatlicher Ebene inne hatte, verliert diese Bedeutung als staatsmonopolistisches Regulierungs- und soziales Befriedungsinstrument. Diese undemokratische Einrichtung weicht aber nicht einem demokratischen Mechanismus, sondern - im wesentlichen - dem Diktat des nationalen und internationalen Kapitals.

Wie Demokratie und Humanismus ist auch bedingungsloser Antifaschismus ein unabdingbarer Bestandteil unserer radikal-demokratischen Konzeption. Die KPÖ engagiert sich in antifaschistischen Bündnissen gegen Neofaschismus, gegen Ausländerfeindlichkeit und gegen Antisemitismus. Historische Erfahrung lehrt: Faschismus ist nicht ein Unfall der Geschichte, sondern Produkt einer Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung, deren Grundlagen Ausbeutung und Profitmaximierung sind und zu deren Durchsetzung vor Brutalität und Terror nicht zurückgeschreckt wird.

Die Völker selbst müssen entscheiden

Ein Aspekt der Wahrung bestehender und der Erkämpfung neuer demokratischer Rechte und Einflußmöglichkeiten besteht in der Wiedergewinnung von mehr nationalen Souveränitätsrechten. Die KPÖ kämpft für eine Demokratisierung des politischen Systems in Österreich, die Ausweitung demokratischer Rechte innerhalb der EU sowie für eine Internationalisierung des gewerkschaftlichen- und Klassenkampfes inner- und außerhalb der Strukturen der EU.

  • In der EU fordert die KPÖ die Durchsetzung des Prinzips, daß nur die Völker selbst über die Zukunft Europas entscheiden dürfen. Projekte wie die Währungsunion und ihre Bedingungen, neue Strukturen in der Außen- und Sicherheitspolitik, die Reform der Institutionen oder die Erweiterung der EU müssen in allen Ländern Volksabstimmun-gen unterworfen werden. Diese müssen verbindlichen Cha-rakter haben, wodurch das Recht, EU-Entscheidungen nicht mitzutragen ("opting out"), als auch aus der EU auszuscheiden, begründet wird.
  • Die KPÖ ist dafür, daß die Möglichkeit eines Austritts aus der EU in Diskussion und als langfristige Option offen bleibt.
  • Die KPÖ tritt für einen europäischen Katalog verbindlicher politischer, sozialer, eman-zipatorischer und ökologischer Grundrechte und für die Aussetzung des Schengener Abkommens ein.
  • Die KPÖ kämpft für eine grundlegende demokratische Reform des Wahlrechts auf allen Ebenen, von der Gemeinderats- bis zur Euro-pa-parlamentswahl, von betrieblichen bis zur AK-Wahl. Die KPÖ tritt für das aktive und passive Wahlrecht für ImmigrantInnen, entsprechend ihrer Aufenthaltsdauer ein.
  • Die Rechte demokratischer Volksbewegungen müssen auf allen Ebenen wesentlich ausgeweitet werden. Direktdemokratische Möglichkeiten müssen ausgebaut werden und unter bestimmten Voraussetzungen Verbindlichkeit erlangen. Konkret fordert die KPÖ, daß Volksbegehren, die eine bestimmte Unterschrif-tenzahl erlangen, vom Parlament Rechnung zu tragen oder verbindlich eine Volksabstimmung über diese durchzuführen ist. (Damit soll ausgeschlossen werden, daß der Wille der Bevölkerung von den Regierenden nicht voll erfüllt wird, wie dies etwa beim Frauen- und Gentechnik-Volksbegehren der Fall war).
  • Die KPÖ kämpft für die Beseitigung aller Privilegien, die sich aus einer Stellung im politischen und öffentlichen Leben ergeben. Abgeordnete aller politischer Ebenen müssen auch während der Legislaturperioden abwählbar sein. Die Parteienförderung muß reduziert und ebenfalls demokratisiert werden.
  • Die KPÖ lehnt jeden Lauschangriff und die Rasterfahndung ab.
  • Der Zugang zu den öffentlichen Medien muß demokratisiert und insbesondere für demokratische Volksbewegungen, Volksbegehrensini-tiativen usw. durch Gesetz verbindlich festgelegt werden.
  • Die Presseförderung muß den Monopolmedien entzogen werden und auf der Grundlage gesetzlichen Anspruchs der Sicherung der politischen Meinungsvielfalt und demokratischer Kleinmedien dienen.

Beschlossen vom 30. Parteitag der KPÖ vom 17. bis 19. Oktober 1997


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