KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Neoliberaler Umbau in Wien

Aus dem Dokument der Landeskonferenz der KPÖ-Wien, Juni 2000

Spitäler, Pflegeheime, Kinderbetreuungseinrichtungen, die Versorgung mit Wasser, Strom und Gas, die Entsorgung von Müll, die Kanalisation, der Nahverkehr, soziale Dienste, die Bereitstellung von leistbarem Wohnraum, und vieles mehr sind kommunale Aufgaben. Sie müssen die grundlegende Versorgung der Menschen gewährleisten. Aus gutem Grund hat diese Aufgaben die öffentliche Hand übernommen, denn mit Ausnahme eines kleinen Bereichs sind – will man die Bedürfnisse der Bevölkerung befriedigen - damit keine Profite zu machen.

Das zeitgeistige Schlagwort heute heißt aber "Outsourcing". Dahinter verbirgt sich die Vergabe öffentlicher Dienstleistungen an Private. Die Zauberwörter heißen Effizienz- und Qualitätssteigerung, Entbürokratisierung und Sparsamkeit. Es liegt auf der Hand: Auf der Strecke bleiben soziale, ökologische und demokratiepolitische Ansprüche.

Seit Mitte der 90iger Jahre, also während die SPÖ in Wien noch die absolute Mehrheit hatte, begann der neoliberale Umbau eine neue Qualität und Geschwindigkeit anzunehmen. "Mehr Privat, weniger Staat" wurde zum vorherrschenden Dogma. Dabei wurden gesellschaftliche Probleme zu individuellen gemacht und gesellschaftliche Verantwortung damit als individuelle Verantwortung ausgegeben. Die neoliberale "Reform der Wiener Stadtverwaltung" ist gekennzeichnet von Privatisierungen, Ausgliederungen von Kommunalbetrieben, betriebswirtschaftlichem statt volkswirtschaftlichem Denken, Personalabbau und den Abbau von Kommunalleistungen.

Der mächtige Magistratsdirektor sah bereits 1995 den Magistrat als Dienstleistungskonzern und brachte es so auf den Punkt: "Die Dienststellenleiter sollten so handeln, als ob die Dienststelle ihr eigenes Unternehmen wäre." Und: "Auch besteht - insbesondere im Gesundheits- und Sozialbereich - die Gefahr eines uferlosen Kostenanstiegs. Hier muß sich das Leistungsangebot der Verwaltung an den zur Verfügung stehenden Mitteln orientieren: Nicht alles was wünschenswert wäre, kann der entscheidende Maßstab sein, sondern was davon kann (und will) man aus öffentlichen Mitteln finanzieren."

Im Jahr 2000 denkt der FPÖ-Finanzminister Grasser nun öffentlich darüber nach, den Staat zu einem Dienstleistungsbetrieb umzubauen, der sich nicht über Steuern, sondern über die Einhebung von Gebühren für Leistungen finanziert.

Wir sehen, der ideologische Hintergrund für den jetzigen sozialen Kahlschlag auf Bundesebene ist viel älter als die schwarzblaue Regierung, auch wenn unter einer SP-Regierungsbeteiligung die Maßnahmen entschärfter ausfallen würden. Der neoliberale Grundkonsens ist aber allen eigen, allen Parlaments- wie auch Rathausparteien.

Ebenfalls erst heuer hat sich Bürgermeister Häupl zu den laufenden Privatisierungsdebatten geäußert: "Privatisierung ist für mich keine Ideologiefrage. Wirtschaftspolitik eignet sich nicht als ideologisches Kampffeld". Mit dem Hinweis, er wolle keine Ankündigungspolitik betreiben, lehnte er bei einer Gemeinderatssitzung im März die Bekanntgabe der nächsten Privatisierungsschritte der Stadt Wien ab. "Denn gute Erlöse", so Häupl, "seien so nicht zu erzielen".

Wie Privatisierungen von Betrieben ablaufen und was danach folgt, dafür gibt es in jüngster Zeit das für Häupl sehr blamable Beispiel von Waagner Biró. Denn als die Unternehmensführung ein paar hundert ArbeiterInnen und Angestellte auf die Straße setzte, um ihre Profite steigern zu können, als sie genau das tat, was vom Privatkapital zu erwarten ist, fühlte sich Häupl "gelegt", weil es angeblich andere Vereinbarungen gegeben hat.

Daß die Wiener Stadtregierung keine öffentlichen Debatten um den wirtschaftspolitischen Umbau Wiens will, beweisen einige Erfahrungen aus den letzten beiden Jahren:
In Schnellschußverfahren wurden Ausgliederungen kommunaler Betriebe aus der Stadtverwaltung vorgenommen und die Umstrukturierung des Dienstleistungsbereiches fortgesetzt.

Die Wiener Stadtwerke (Gas, E-Werk, Verkehrsbetriebe) - bisher als Magistratische Unternehmen geführt - wurden 50 Jahre nach ihrer Gründung in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Wiener Wohnen und das Wohnberatungszentrum - bisher als Magistratischer Betrieb geführt - wurden Magistratische Unternehmen im Sinne des § 71 der Stadtverfassung. Die Kindertagesheime, bisher als Teil der MA 11, werden nun als Magistratischer Betrieb geführt. Das AKH soll in den nächsten zwei Jahren in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt werden. Und die Diskussion um die Ausgliederung der Wiener Spitäler - des Krankennstalten-Verbundes insgesamt - in ein Magistratisches Unternehmen, ist aktueller denn je.

Ein Ende dieser Entwicklungen ist sicher noch nicht erreicht. Es werden weitere Bereiche ausgegliedert werden und bei jenen, die es bereits sind, besteht die Gefahr einer tatsächlichen Privatisierung.

Worin unterscheiden sich die einzelnen Strukturen?
Der Magistrat ist in hoheitlich geführte und betrieblich geführte Magistratsabteilungen zu unterscheiden. Der/die LeiterIn einer Magistratsabteilung darf bis zu einer Größenordnung von ca. drei bis vier Mio. Schilling im Sachaufwand selbst entscheiden, wenn die Ausgabe budgetär gedeckt ist. Darüber hinaus bedarf es der Zustimmung des Gemeinderates.

Bei Magistratischen Betrieben (Kindertagesheime, Wasser, Kanal, Müll) werden mehr finanzielle Entscheidungskompetenzen für Investitionen und den Sachbereich vom Gemeinderat auf die Betriebsebene verlagert.

Beim Magistratischen Unternehmen (Wiener Wohnen) ist die Autonomie für wirtschaftliche Entscheidungen noch höher. Sie dürfen auch außerhalb des Unternehmens wirtschaftlich tätig sein.

Bei beiden Strukturen ist die politische Einflußmöglichkeit durch den Gemeinderat wesentlich eingeschränkt.

Als juristische Sonderform innerhalb der Stadtverfassung wird der Krankenanstaltenverbund geführt. In seiner Grundstruktur ähnelt er einem Magistratischen Betrieb. Der Generaldirektor hat eine finanzielle Entscheidungskompetenz im Sachaufwand bis zu 32 Mio. Schilling

In den bisher aufgezählten Bereichen liegt die Pesonalkompetenz beim Rathaus.

Die Kapitalgesellschaft - GesmbH oder AG (Wiener Stadtwerke) ist eine privatrechtliche Struktur, die dem GesmbH-Gesetz bzw. dem Aktiengesellschaftsrecht unterliegt. Die politische Verantwortung und Kontrolle ist dem Gemeinderat weitgehendst entzogen und der Profitlogik unterworfen.


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