KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

10 Jahre WTO sind genug!
Texte, Berichterstattung und Links rund um den WTO-Gipfel in Hongkong

Wer nicht vorher durch die Straßen, im Schatten der Glaspaläste geht, soll sich kein Urteil über die Zukunft bilden.
Das Wort der Volksvertreter.

Eine Gipfeleinschätzung von Helmuth Martkov
von der Linksfraktion im Europaparlament

Mehr als 350 Parlamentarier aus über 80 Ländern beendeten Samstag in Hongkong ihre zweitägige Konferenz zur Welthandelsorganisation (WTO). Ihr Treffen fand recht abgelegen vom hermetisch abgeschirmten Konferenz- und Messezentrum statt, in dem die eigentlichen Verhandlungen der WTO-Ministerkonferenz noch bis Sonntag andauern. Die Wahl der beiden Tagungsorte symbolisiert sowohl Entscheidungskraft als auch mediale Wahrnehmung der jeweiligen Veranstaltung. Die Minister verhandeln in einem der beiden großen Finanz- und Geschäftsviertel im Zentrum der Handelsmetropole. Die Abgeordneten debattierten unweit des in den 90er Jahren stillgelegten Flughafens der ehemaligen britischen Kronkolonie.

Die WTO ist eine Organisation, deren Arbeit ausschließlich von den Regierungen ihrer 149 Mitgliedstaaten kontrolliert wird. Vordergründiges Ziel der gemeinsam von der Interparlamentarischen Union, einem Zusammenschluss aus 150 Parlamenten, und dem Europäischen Parlament organisierten Konferenz ist es, das undurchsichtige Gebilde WTO den Bürgern gegenüber transparenter und den Volksvertretern gegenüber verantwortlich werden zu lassen. Im Vergleich zu den vorangegangenen Zusammenkünften in Genf, Cancún und Brüssel bewiesen insbesondere die Parlamentarier aus den Entwicklungs- und Schwellenländern gewachsenes Selbstbewusstsein. Wären WTO-Chef Lamy und EU-Handelskommissar Mandelson nicht unmittelbar nach ihren Begrüßungsreden wieder entschwunden, hätten sie erlebt, wie engagiert sich die Sprecher für die Interessen ihrer Länder einsetzten. Der eingangs von beiden beschworene Weg zur bedingungslosen Öffnung der Märkte, der Liberalisierung aller Dienstleistungen und des Wegfalls von Handelszöllen fand kaum Anhänger. Es bedurfte erst eines jungen konservativen EU-Abgeordneten, der die Versammelten euphorisch dazu aufrief, in Hongkong aus dem Fenster zu schauen, um die herrliche Zukunft freier Märkte zu erahnen. Ein philippinischer Kollege riet ihm, auch durch die Straßen im Schatten der Glaspaläste zu gehen und sich dann ein Urteil zu bilden.

Auf die Straße gingen denn auch tausende Menschen, die auf mehreren Demonstrationen friedlich gegen die von EU und USA dominierte Politik der WTO protestierten. Ob sie bei den Verhandelnden Gehör gefunden haben, wird sich zeigen. Die beiden Abgeordneten der Linksfraktion im EU-Parlament haben ihre Ablehnung gegenüber der gemeinsamen Resolution der Parlamentarischen Konferenz zum Ausdruck gebracht. Trotz einiger verbaler Zugeständnisse an die Entwicklungs- und Schwellenländer trägt diese Erklärung die Handschrift der neoliberalen Mehrheit der Parlamentarier. Diese sehen trotz aller Bedenken als Patentrezept die Deregulierung von Dienstleistungen, Landwirtschaft und nichtlandwirtschaftlichen Produkten an. Solange aber Handel losgelöst von den Bedingungen der Herstellung der Produkte gesehen wird, ist er nichts weiter als die Umverteilung von Waren. Handel als Bestandteil von Entwicklungspolitik sucht man in der Resolution vergebens. Zwar hat sich eine Mehrheit der Volksvertreter für den Weltmarkt liberalisierende Instrumente ausgesprochen. Jenen, die nach einem Kompromiss für die Lösung der immensen Probleme des Welthandels suchen, hat die Resolution allerdings einen weiteren Stein in den Weg gelegt.


Anläßlich des WTO-Gipfels in Hongkong rücken die Schwellenländer zusammen.

Die Verhandlungen der 6. Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation WTO starteten gleich zu Beginn mit einer Debatte über ihr Scheitern: Die EU kritisiert die Vorstellung der USA, mit massiven Nahrungshilfen die Länder des Südens zu Konzessionen für amerikanische Exporte bewegen zu wollen. Hintergrund der US-Bemühungen sei die Strategie der USA, ihren Markt für subventionierte Lebensmittel weiter auszudehnen. Dies würde allerdings die LandwirtInnen in den Ländern der südlichen Hemisphäre noch weiter in die Armutsfalle treiben.

Auf der anderen Seite herrscht tiefe Uneinigkeit innerhalb der EU, wie die in Aussicht gestellte Entwicklungshilfe für "Dritte Welt"-Staaten finanziert werden solle. Außerdem möchte sich auch die EU für ihre exportsubventionierten Waren den Markt sichern; damit steht die EU in Konkurrenz zu den USA. Die als "Entwicklungshilfe" getarnte EU-Milliarde, zweckgewidmet für handelsbezogene Unterstützung - zur "besseren Integration eines Entwicklungslandes in das weltweite Handelssystem" -, geht deutlich in diese Richtung.

BeobachterInnen erwarten sich auch von der gegenwärtigen WTO-Konferenz keine Fortschritte, schon gar nicht in Richtung einem Mehr an Gerechtigkeit für die sogenannten Entwicklungsländer.
Am Beispiel der Konferenz zeigt sich die tiefe Krise des aktuellen neoliberalen Weltregimes. Eine Krise, welche sowohl EU als auch USA auf dem Rücken dieser Länder weiterhin austragen wollen.

Doch diese möchten den WTO-Hardlinern einen Strich durch die Rechnung machen:
Die Schwellenländer der G20 geben sich selbstbewußt und rücken weiter zusammen. Brasiliens Außenminister Celso Amorim machte deutlich, er und seine Kollegen warteten auf substantielle Angebote. Zugleich sollten die Industrieländer nicht glauben, dass sie für das selbstverständliche Abschaffen ihrer Exportsubventionen Gegenleistungen erwarten könnten.

In diesem Sinne betonten Amorim und sein indischer Kollege, Handelsminister Kamal Nath, dass die Einigkeit unter den Entwicklungsländern noch zunehmen werde. Mit Hinweis auf die Anwesenheit der drei wichtigsten Blöcke G20, G33 und G90 bei der Konferenz, erklärten sie, dass die Entwicklungsländer in Zukunft ihre Interessen besser koordiniert vertreten werden.

Unterdessen gehen auf den Straßen Hongkongs die Aktionen gegen die WTO-Konferenz weiter. Die Protestbewegung hat den Mittwoch zum Aktionstag gegen das GATS-Abkommen erklärt. Die KritikerInnen der neoliberal konzipierten Globalisierung forden der Vorrang der Interessen der Entwicklungs- und Schwellenländer vor jenen der EU und Nordamerikas.

Protest in Hongkong
Von Martin Ling, Hongkong

Zehn Jahre Welthandelsorganisation (WTO) sind genug. Das ist einer der Slogans der globalisierungskritischen Bewegung in Hongkong. Dabei waren es die Globalisierungskritiker selbst, die die WTO überhaupt prominent gemacht haben ...

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weitere, brauchbare Links zum Tehmenbereich Globalisierung


AG-Friedensforschung UNI-Kassel
nd-online
prairie
wto-site
attac - AGe Welthandle und WTO

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