liebe VIBE Freunde und Freundinnen
im folgenden unsere Antworten auf Eure Fragen
> 1. Frage: Informationen des öffentlichen Sektors
> Welche Position vertreten Sie bezüglich der Veröffentlichung von
> Informationen des öffentlichen Sektors? Sollten derartige
> Informationen kostenlos und frei zugänglich sein oder halten Sie
> diesbezüglich Einschränkungen bzw. Benutzungsgebühren für notwendig?
> Bezüglich welcher Informationen sehen sie konkreten Handlungsbedarf?
> Welche Position vertreten Sie konkret bezüglich einer möglichen
> Einführung einer Benutzungsgebühr für den öffentlichen Zugang zum
> Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS)? Ist es für Sie denkbar
> Informationen des öffentlichen Sektors lediglich über private
> Unternehmen kostenpflichtig zu veröffentlichen?
Antwort Frage 1:
Freier und unentgeltliche Zugang zu den Informationen des öffentlichen
Sektors ist aus mehreren Gründen demokratiepolitisch wichtig:
* Der Transpararenzaspekt: Informationen, die die Grundlage politischen
Handelns bilden, müssen einsehbar sein, damit sich die Öffentlichkeit
dieses Handeln bewerten kann. Studien, Kennzahlen, Statistiken,
Analysen, etc, etc.. sollten leicht zugänglich im Internet veröffentlicht
werden. Die erhöhte Transparenz fördert also die Möglichkeiten
demokratischen Mitgestaltens an unserer Welt.
* Der Sozialaspekt: Der leichte und unentgeltliche Zugang zu Informationen
erlaubt es den Menschen ohne Großen finanziellen Aufwand sich über für
sie relevante Fragen zu Informieren. So kann das
Rechtsinformationssystem vielleicht den einen oder anderen teuren Anwalt
ersparen, etc.. In unserer immer komplexer werdenden Welt haben die
Reichen und die Konzerne den Vorteil, das die sich eigene
Rechtsabteilungen, etc.. leisten können. Der freie und unentgeltliche
Zugang zu solchen Informationssystemen hat damit auch eine soziale
Komponente.
Die KPÖ tritt daher für eine freien und unentgeltlichen Zugang zu
möglichst allen Informationen des öffentlichen Sektors ein. Eine
Benutzungsgebühr für diese Systeme lehnen wir entschiedst ab. Darüber
hinaus fordern wir jedoch nicht nur einen leichten Zugang zu Informationen
des öffentlichen Sektors. Auch große private Konzerne dürfen von der Pflicht,
sich in die Karten schauen zu lassen nicht ausgenommen werden. Auch hier hat die
Öffentlichkeit ein Recht auf Einblick in deren Transaktionen.
> 2. Frage: Speicherung von Verbindungsdaten
> Welche Position vertreten Sie bezüglich der anlassunabhängigen
> Speicherung von Verbindungsdaten der elektronischen Kommunikation (E-
> Mail, WWW, (Mobil-)Telefonie, Fax, usw.)? Sollte eine derartige
> Speicherung verpflichtend erfolgen?
> Wenn ja: Wie lange sollten diese Daten gespeichert werden?
> Wer sollte die Kosten für diese Speicherung tragen?
> Welche sonstigen Rahmenbedingungen halten Sie für nötig?
> Sollten Ihrer Ansicht nach auch Inhaltsdaten der elektronischen
> Kommunikation gespeichert werden?
Die KPÖ tritt entschieden gegen eine Ausweitung des Überwachungsstaates
ein. Anstatt einer Verpflichtung zur Speicherung wäre es eher sinnvoll eine
Verpflichtung zur Löschung dieser Daten anzudenken, sobald die Speicherung
nicht mehr aus technischen Gründen (z.B.:. Fehlersuche oder Verrechnung der
Dienstleistungen) nötig ist. Überwachung darf nur mit Richterlichem Beschluß
möglich sein.
> 3. Frage: Datenzugriff / Hacker
> Welche Position vertreten Sie bezüglich der in der vergangenen
> Legislaturperiode vorgenommenen Änderungen im Militärbefugnisgesetz
> (jederzeitiger Zugriff auf Benutzerdaten öffentlicher
> Telekommunikationsdienste) und die durch das
> Strafrechtsänderungsgesetz eingeführten Bestimmungen bezüglich des
> Eindringens in Computersysteme? Sollten die darin geregelten
> Befugnisse und Strafbestimmungen ausgebaut/eingeschränkt werden?
Das Militärbefugnissgesetz ist ein weiterer Schritt in Richtung
Überwachungsstaat. Die KPÖ lehnt dies entschieden ab. Überwachung von
Bürgern darf nur auf Richterlichen Beschluß hin möglich sein. Daß das Militär
in diesem Falle von der Kontrolle durch demokratische Institutionen
ausgenommen und zur Bespitzelung der eigenen Bürger eingesetzt wird, finden
wir besonders skandalös. Anstatt dem Militär mehr Mittel und Befugnisse zu geben,
sollt sich Österreich eher auf friedenspolitische Maßnahmen konzentrieren.
Was die Strafrechsbestimmungen bezüglich des Eindringens in Computersystem
betrifft: Wir denken, daß das absolut der falsche Weg ist. Computersysteme
werden nicht sicherer, indem man Menschen kriminalisiert. Im Gegenteil:
Menschen, die aus Interesse oder von Berufswegen die Sicherheit von
Computersystemen prüfen wollen, wird damit ihre Arbeit erschwert, aber echte
Hacker wird das ganze kaum abschrecken. Hauptverantwortung für den größten
Teil des Schadens, der heutzutage durch unsichere Computersysteme entsteht,
tragen Firmen wie Microsoft, die in grob fahrlässiger weise unsichere Systeme
entwickeln. An dieser Stelle sollte man am ehesten mit gerichtlicher
Verfolgung ansetzten.
> 4. Frage: Biometrie
> Welche Position vertreten Sie bezüglich der flächendeckenden
> Erfassung biometrischer Kennzeichen (z.B.:. Fingerabdrücke) und der
> Verwendung dieser Kennzeichen in Ausweisen bzw. zur Identifikation
> gegenüber Behörden?
Neben der Tatsache, daß eine flächendeckende Erfassung von Fingerabdrücken
und anderer biometrischer Kennzeichnen einen weiterer Schritt zum
autoritären Überwachungsstaat bedeuten würde, den die KPÖ entschiedenst
ablehnt, sprechen auch noch praktische Gründe gegen die Verwendung
biometrischer Identifikationsverfahren: Geraten diese Daten in die falschen
Hände wird damit das Verfahren wertlos: Man kann sich nicht einen neuen
Fingerabdruck zulegen. Eine Chipkarte kann man wenigstens sperren und
durch eine Neue ersetzen - seine Finger kann man nicht so leicht wechseln.
> 5. Frage: barrierefreier Zugang
> Welche Maßnahmen sollten Ihrer Ansicht nach zur Sicherstellung des
> barrierefeien Zugangs - Benutzbarkeit für z.B. blinde und
> sehbehinderte Menschen - zu Internetauftritten und Anwendungen des e-
> Government unbedingt ergriffen werden? Welche Maßnahmen haben Sie
> bzw. Ihre Partei in diesem Bereich bisher konkret gesetzt? Ist Ihre
> Homepage bzw. die Homepage Ihrer Partei so gestaltet, dass sie auch
> für blinde und sehbehinderte Menschen problemlos benutzbar ist?
Behindertengerechte Websites sollten an und für sich eine
Selbstverständlichkeit sein. Internetangebote sollten im übrigen generell
nicht durch möglichst marktschreierische Multimediaeffekte sondern durch
gute und strukturiert aufbereitete Inhalte glänzen. Solcherart gestaltete
Seiten sind dann nicht nur leicht behindertengerecht zu machen sondern
verringern auch die soziale Barriere: Der neuste Multimediaschnickschank
funktioniert ja meist nur mit dem allerneusten Browser, der nur auf dem
allerneuesten Computer läuft. Und jedes halbe Jahr einen neuen Computer zu
kaufen können sich leider nicht alle leisten.
Die KPÖ Homepage selbst ist grundsätzlich mit textbasierten Browsern wie
lynx oder w3m benutzbar und somit auch sehbehindeten Menschen zugänglich. An
manchen Details sollte allerdings noch einiges verbessert werden.
> 6. Frage: dringliche Steuerungsmaßnahmen für den IT-Bereich
> Welche Maßnahmen sollten Ihrer Ansicht nach in der kommenden
> Legislaturperiode in den Bereichen Internet, elektronische
> Datenverarbeitung, Privatsphäre, Cybercrime unbedingt gesetzt werden?
Im IT Bereich sollte der Einsatz von Freier Software gefördert werden. Ein
erster wichtiger Schritt dafür wäre daß, im öffentlichen Bereich
ausschließlich freie Software verwendet wird und daß man hier
besonderes Augenmerk auf offene Standards legt. Eine wichtige Stellung hier
haben auch Universitäten und Schulen. Software, die dort produziert und
verwendet wird, sollte selbstverständlich frei und offen sein.
Ein extrem wichtiger Steuerungsfaktor sind in diesem Zusammenhang Patent-
und Copyrightgesetzte. Information, ein Gut das ohne Kosten beliebig zum
Wohle aller vervielfältigt werden kann, wird durch Gesetzte künstlich rar
gemacht, um es im Kapitalismus als Wahre handeln zu können. Die Folge davon
sind immer mächtiger werdende Medien-, Software- und Informationskonzerne.
Wir fordern: Wissen und Information muss wieder der Allgemeinheit gehören.
Was den Bereich Privatsphäre anbelangt: In unser immer technischeren
Welt hinterlassen wir von Handy bis zur Bankomatkarte zwangsläufig immer
mehr digitale Spuren. Gesetze sollen hier soweit wie möglich schützen.
Unvermeidlich bleibt jedoch, daß diese digitalen Spuren von uns Bürgern meist
dennoch in den Händen von Banken und Konzernen landen. Um hier das immer
drückender werdende Ungleichgewicht zwischen Menschen und Konzernen etwas
auszugleichen, wäre es notwendig zu verlangen, daß diese Konzerne mehr
Information über ihre Geschäfte offenlegen müssen. (Vereinfacht ausgedrückt:
"Wenn ich es schon nicht verhindern kann, daß meine Bank Einblick in meine
Kontobewegungen hat, dann will ich wenigstens sehen können was die Bank den
so für dubiose Geschäfte treibt").
> 7. Frage: offene Standards / Open Source Software
> Was ist Ihre Haltung zu offenen Standards und Schnittstellen in der
> EDV-Branche, insbesondere auch im Bezug auf eine transparente und
> bürgerfreundliche Verwaltung? Planen Sie, derartige Standards in der
> Verwaltung durchzusetzen? Haben Sie weiters vor, Open Source Software
> (OSS) in der Verwaltung, Schulen,... einzusetzen? Werden Sie
> generell die Benutzung und Entwicklung von OSS fördern oder
> einfordern?
Wie schon in der Antwort zu Frage 6 zu sehen: Die KPÖ sieht die Verwendung
von freier Software ("open source software") als eines der wichtigsten
Mittel, um die Dominanz der Megakonzerne im EDV- und Medienbereich zu
brechen. Für uns Kommunisten ist freie Software wie Linux darüber hinaus
ein schönes Beispiel, daß spielerische, altruisitische Arbeit bessere
Ergebnisse produziert als kapitalistisches, egoistisches Gewinnstreben.
Die verpflichtende Verwendung von freier Software, die auf offenen
Standards basiert, sollte gerade im öffentlichen Sektor eine
Selbstverständlichkeit sein. Es ist ein Skandal, daß mit unseren Steuergeldern
private Softwarekonzerne gesponsert werden. Die Software, die wir alle
bezahlen, sollte auch der Allgemeinheit gehören.
Ebenfalls sinnvoll wäre für uns eine Abgabe auf Kommerzielle Software, die
zweckgebunden zur Förderung freier Softwareprojekte eingesetzt werden
sollte. Mittelfristig würden wir alle damit viel Geld sparen, das jetzt in
die Taschen von Bill Gates wandert.
> 8. Frage: Datenschutz / Privacy
> Halten Sie die bestehenden Bestimmungen bezüglich Datenschutz und
> Schutz der Privatsphäre für ausreichend oder sehen Sie in diesem
> Bereich Bedarf für Veränderungen? Wird die Einhaltung der
> Datenschutzbestimmungen im öffentlichen wie auch im privaten Sektor
> Ihrer Ansicht nach ausreichend überprüft?
In unser zunehmende technisierten Welt hinterlassen wir auch zunehmend
mehr digitale Spuren. Um hier die Privatsphäre zu Schützen, wären bessere
Gesetzte notwendig, die das Recht der Bürger vor die Interessen der Banken &
Konzerne stellt. So können z.b. Organisationen wie der Kreditschutzverband
noch immer unbehelligt ihr Unwesen treiben. Die Entwicklung, die
dahin geht, daß man mit genügend Geld sich alle Informationen kaufen kann,
halten wir für extrem bedenklich. Daten sollen entweder öffentlich
sein und der Allgemeinheit unentgeltlich zugänglich sein oder privat und
damit auch der Handel mit solchen Daten verboten sein.
> 9. Frage: e-card / Bürgerkarte
> Welche Maßnahmen müssen Ihrer Ansicht nach im Zusammenhang mit der e-
> card und dem Konzept der Bürgerkarte gesetzt werden? In welchen
> Bereichen sollten solche Karten eingesetzt werden? Welche
> Rahmenbedingungen müssen Ihrer Ansicht nach für den Einsatz erfüllt
> sein? Sollte Ihrer Ansicht nach jeder Bürger verpflichtend mit einer
> Bürgerkarte ausgestattet werden?
Den Vorteilen an Bequemlichkeit, die eine Bürgerkarte bieten könnte, stehen
auch Gefahren höherer Überwachbarkeit gegenüber. Eine intelligent designtes
Konzept könnte aber in vielen Fällen auch zur Verbesserung der Anonymität
und damit zum Schutz der Privatsphäre beitragen. Die Tatsache, daß die vom
dafür beauftragten Institut "A-SIT" gestaltete Website mit Microsoft
Frontpage gestaltet wurde und auf dem für seine Sicherheitsrisken bekannten
Microsoft Information Server (IIS) basiert, lässt allerdings an der Kompetenz
der Verantwortlichen zweifeln. Eine Bürgerkarte, die zur weiteren
Verbreitung von Verschlüsselung dienlich sein könnte, sollte in jedem Falle
auf freie und offene Standards setzten.
Eine verpflichtende Verwendung der Bürgerkarte lehnt die KPÖ in jedem
Falle ab. Weiters muss gewährleistet sein, daß auch Migranten und
Migrantinnen eine Bürgerkarte erhalten können und niemand ohne Bürgerkarte
diskriminiert wird.
MfG
Franz Schäfer (IT und Sicherheitsexperte der KPÖ)
Walter Baier (Bundesvorsitzender der KPÖ)