KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Amenaghawon Bright Oyairo kandidierte bei der GR-Wahl
in Wien für die KPÖ.
Nachfolgendes Gespräch wurde der Volksstimme, Nr. 06/2001, entnommen.
Das Gespräch führte Bärbel Danneberg.

"Ich wohne im Niemandsland."

Seit vergangenem Jahr sind Sie - Gratulation! - Arbeiterkammerrätin für die "Bunte Demokratie für alle" (BDFA). Nun kandidieren Sie bei der Wiener Gemeinderatswahl auf der Landesliste der KPÖ und für den Bezirksrat im 22. Bezirk. Woher kommt eigentlich Ihr politisches Engagement?

Ich habe mich früher überhaupt nicht für Politik interessiert. Ich habe dann durch meine eigenen - und nicht nur positiven - Erfahrungen in Wien einen afrikanischen Verein für Migrations- und Integationsfragen gegründet und biete auch Rechtsberatung, insbesondere für Frauen mit Kindern, an. Ich bin seit elf Jahren Alleinerzieherin von vier Kindern, zwei sind in Nigeria und zwei in Österreich geboren. Die Probleme, mit denen ich konfrontiert worden bin und die in diesem Verein an mich herangetragen werden, sind mir irgendwo sehr vertraut. Und so habe ich Interesse für politische Zusammenhänge entwickelt. Da muss man etwas tun, habe ich gedacht, und ich habe gewusst: Alles, was so läuft, hat mit Politik zu tun.

Im letzten Wahlkampf hat die FPÖ mit Ausländerhetze zu punkten versucht. Wie erleben Sie diese Stimmung gegen AusländerInnen und speziell gegen Farbige?

Ja, das ist schlimm. Viele meiner Freunde haben Angst, und ich sage ihnen immer: Wacht doch auf! Tut etwas! Wehrt euch! Auch meine Kinder erleben oft diese Feindlichkeit im Alltag, sie gehen in eine ganz normale öffentliche Schule, und auch sie haben oft Angst. Doch die Situation ist ja nicht erst mit der blauschwarzen Regierung so schlecht geworden, sondern die vorige Regierung hat der jetzigen Regierung Zeit und Gelegenheit gegeben, um diese Stimmung zu verbreiten. Schon damals sind viele Fehler passiert. Und der Fall Omufuma fiel nicht in die schwarzblaue Regierungszeit ... Ich möchte aber sagen: Es gibt auch positive Erfahrungen, nicht alle Menschen sind so fremdenfeindlich eingestellt. Es muss ein Weg gefunden werden, mit all diesen Problemen umzugehen - und es gibt gute Wege! Die Österreicherinnen und Österreicher, die Gelegenheit hatten, uns und unsere Kultur näher kennen zu lernen, sind uns gegenüber nicht so feindlich eingestellt. Ich selbst lebe seit 20 Jahren in Wien und ich muss sagen, dass ich irgendwie in einem Niemandsland wohne - nicht zu Hause in Nigeria, dort bin ich Europäerin; und nicht hier, hier bin ich Afrikanerin.

Die FPÖ macht mit dem Thema Drogen auch im jetzigen Wien-Wahlkampf wieder Stimmung gegen Schwarze - Stichwort Operation Spring -, wie FPÖ-Spitzenkandidatin Helene Partik-Pablé sich zu versichern beeilte ...

Zu den Drogenproblemen möchte ich sagen: Auch ich bin gegen Drogendealer, denn ich habe kleine Kinder, und ich muss sie schützen. Doch man muss auch fragen, weshalb manche mit Drogen dealen. Sie haben keine Arbeit, weil sie keine Arbeitsgenehmigung bekommen, sie können also legal kein Geld verdienen und versuchen über das Dealen für ihren Unterhalt zu sorgen. Die auf der Straße, das sind nur die Kleinen, die erwischt werden, die großen Dealer bleiben unbehelligt. Wenn man die Probleme der MigrantInnen nicht offen ausspricht, dann wird diese Kriminalität weiter steigen. Wer macht diese Drogen? Wo sind die großen Händler, die diese schlimme Lage der Leute ausnutzen? Was machen die Regierungen, um den Leuten legale Existenzmöglichkeiten zu bieten? Und dann muss man auch fragen, weshalb die Menschen aus ihren Heimatländern hierher kommen. Oft wurden sie gefoltert, politisch verfolgt oder hatten nichts zu essen ... Und es wird so getan, als ob alle Schwarzen Drogendealer wären. Das ist aber nicht wahr.

Gegenwärtig erleben wir einen Grossangriff der blauschwarzen Regierungskoalition auf sämtliche Errungenschaften der ArbeiterInnenbewegung, z.B. auf die selbstverwaltete Sozialversicherungsanstalt. Könnte der nächste Schritt der Sturm auf die Arbeiterkammern sein? Oder den ÖGB?

Das ist schrecklich, diese Stimmung, muss ich sagen. Dabei sind diese Institutionen so wichtig für die Menschen, um ihre Rechte durchzusetzen! In meiner Arbeit in der Arbeiterkammer schaue ich z.B. die Anträge dahingehend an, ob sie nicht ausländerfeindlich sind und wir sie akzeptieren und zustimmen können. Die Leute dürfen sich diese Möglichkeit nicht kaputtmachen lassen. Die Armut steigt, die Lebensbedingungen vor allem der Frauen verschlechtern sich. Und es besteht die Gefahr, dass die Menschen resignieren. Aber ich finde auch, dass es Veränderungen auf gesetzlicher Ebene geben muss.

Welche denn? Welche Inhalte werden Sie in den Wiener Wahlkampf tragen?

Es gibt vieles, was verbessert werden müsste. Zum Beispiel das Antidiskriminierungsgesetz - dass Schadensersatzzahlungen an die Opfer von Rassismus geleistet werden. Auch das MigrantInnen-Wahlrecht ist ein Thema. Und die Öffnung der Gemeindewohnungen für AusländerInnen steht auf der Liste meiner Forderungen. Oder Verbesserungen im Arbeitsrecht, und hier vor allem für ausländische Frauen - sie haben so gut wie keinen Kündigungsschutz und verlieren bei Krankheit oft den Arbeitsplatz. Und das Staatsbürgerschaftsgesetz müsste für MigrantInnen verändert werden. Zum Beispiel ist die Aufenthaltsgenehmigung von Migrantinnen an die des Mannes gekoppelt. Es gibt für ausländische Frauen auch kaum Arbeitsmöglichkeiten - und stellen Sie sich das vor: Nur wenn eine ausländische Frau einen Österreicher heiratet, hat sie die Möglichkeit, eine Arbeit zu bekommen. Das ist entwürdigend. Das ist eine Zwangsheirat, und das ist ein falscher Weg.

Was hat Sie bewogen, für die KommunistInnen zu kandidieren?

Ich bin für soziale Gerechtigkeit. Ich bin überall dort, wo es um Gerechtigkeit geht. Ich möchte, dass meine Leute dafür kämpfen, ein besseres Leben zu führen. Viele von ihnen schlafen noch. Sie müssen aufwachen, vielleicht haben sie noch nicht richtig begriffen, worum es geht. Die Leute, die in einer Familie leben, die können vielleicht noch sagen, ja es geht noch, wir unterstützen uns gegenseitig, aber sie sollten nicht warten, bis alles kaputt ist. Die Leute sind zwar nicht unpolitisch, aber sie haben Angst. Wenn jemand sozial oder politisch aktiv ist, dann kommt die Polizei - sie haben Angst, dass es für sie keinen Schutz gibt. Für mich ist es riskant, politisch aktiv zu sein und für die KPÖ zu kandidieren. Aber ich mache es. Man stirbt nur einmal.

Danke für das Gespräch.

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