KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Das Imperium schlägt zurück


Dachten Frauen, eine Spur von Freiheit erkämpft zu haben, zwingt sie die vielzitierte Wende wieder zurück in ein Korsett aus der Mottenkiste des Patriarchats - von der SPÖVP-Koalition geschneidert, von der FPÖVP-Regierung geschnürt.
Von Bärbel Danneberg

Wendehälse sind nicht nur DDR-Mutationen. Begonnen hatte ja alles schon vor dem blauschwarzen Regierungsantritt. Bereits unter der Großen Koalition von SPÖ und ÖVP wurde Stück für Stück an den von Frauen erkämpften Rechten gesägt: Engagierte Frauenministerinnen sind kurzerhand abserviert worden; sozialpolitische Zäsuren - Stichwort Zwangsarbeit für Frauen mit Betreuungspflichten, Pensions„reform", Karenzgeld- oder Mutter-Kind-Pass-Kürzungen - wurden von der SPÖ in hektischer Anbiederung an die Wünsche des konservativen, die Interessen des Kapitals vertretenden Regierungspartners ÖVP durchgesetzt.

Das berüchtigte Schröder-Blair-Papier schrieb schon vor Jahren den von der europäischen Sozialdemokratie angestrebten Umbau des Sozialstaates fest. Die heimischen Sozialdemokraten hechelte dem hinterher. Bereits unter Franz Vranitzky und Viktor Klima verkam Frauenpolitik immer mehr zur Zierleiste, und die wenigen engagierten Frauen innerhalb der SPÖ hatten es zunehmend schwerer, ihren Anliegen Gehör zu verschaffen. Viele schwiegen aus Parteiloyalität, viele resignierten und zogen sich zurück, und vielen war es ja auch gar kein Anliegen, linke oder feministische Positionen, wie sie Johanna Dohnal noch formuliert hatte, zu vertreten.

Heute, unter Alfred Gusenbauer als „Oppositions"chef, ist die SPÖ weit davon entfernt, sich auf so etwas wie eine oppositionelle, widerständige SPÖ-(Frauen-)Organisation berufen zu können. Frauenanliegen schlagen sich allenfalls auf dem einen oder anderen Wahlplakat nieder - das Resultat verabsäumter Kämpfe, verblichener Positionierungen und verwelkter Macht. Was sollte frau auch von einem Parteichef halten, der meint: „Ich gehöre nicht zu den Anhängern des Hängematten-Sozialismus. Ich bin der Vertreter einer klaren Leistungsorientierung ... Es ist natürlich so, daß wir in Österreich ein sehr starkes Versorgungs- und Sicherheitsbewußtsein haben und der Mut zum Risiko und zum Weg nach vorne nicht immer ausgeprägt ist." („Die Presse", 10.6.2000)

Diesen „Weg nach vorne", den die österreichische Sozialdemokratie gemeinsam mit den Christlichsozialen so schön geebnet hat und der für viele Frauen eine hohle Gasse zurück in überholt geglaubte Zwänge und Abhängigkeiten ist, beschreiten die neuen blauschwarzen Wenderitter nun in zügigem Marschschritt. Allen voran der Herr FP-Haupt-Mann, der sich allerhand Neues einfallen lässt, um die Mutter aller Schlachten, nämlich die zwischen den Geschlechtern, zu gewinnen.

Herr Haupt-Mann und die Frauen

So etwa krönte er sich selbst zum Frauenminister, nachdem seine glücklose Vorgängerin, Elisabeth Sickl, das Frauenministerium abgeschafft und die Agenden ins Sozialministerium verlagert hatte, bevor dieses Schicksal sie gleich selbst ereilte. Und als Frauenministerin weiß der Herr Haupt-Mann natürlich auch, was Männer wünschen. Zum Beispiel eine Sonderabteilung für Männerangelegenheiten im Sozialministerium. Denn, so Haupt in Verkehrung tat-sächlicher Verhältnisse, das Patriarchat braucht staatliche Stütze: Männer werden in der Arbeitswelt gemobbt (weil Frauen scharf auf ihre Jobs sind und Männer es nur auf 63,1 Prozent der Fraueneinkommen schaffen?); Männer werden sexuell genötigt (von ihren geilen Chefinnen, die einen beruflichen Aufstieg von der sexuellen Verfügbarkeit ihrer männlichen Untertanen abhängig machen?), Männer sterben früher als Frauen (wegen ihrer Doppel- und Dreifachbelastung, die sie in Drogen, Sex und Videos ertränken müssen?), und Männer werden als Alleinerziehende überfordert (weil die Gesellschaft ihnen die Hauptverantwortung für die Kindererziehung zuschanzt und ein Versagen in diesem Bereich übel ankreidet?).

Was bislang ganz selbstverständlich von Frauen erwartet wurde - dass sie nämlich bei mieser Bezahlung ungleich mehr an beruflichem und häuslichem Arbeitsaufwand bewältigen müssen, dass sie trotz säumiger Väter-Alimente die Kinder finanziell über die Runden bringen sollen und für deren Probleme alleine zur Verantwortung gezogen werden - bekommt für die sog. „neuen Väter" nun Rückendeckung mit Schubumkehr. Mit der kürzlich beschlossenen „Gemeinsamen Obsorge" wird ihnen das Recht eingeräumt, der Exfrau das geschiedene Leben schwerer zu machen, ohne sich bei den täglichen Sorgen über das Kindeswohl übermäßig verausgaben zu müssen. Und damit wir uns gleich richtig verstehen: Der Job für die Leitung dieser neu geschaffenen Abteilung IV/6 wurde von Frauenminister Haupt ohne Ausschreibung einem Mann übertragen.

Nun wird kein vernünftiger Mensch etwas dagegen haben, wenn Männer ihr Defizit in der Reproduktionsarbeit ausgleichen und ihnen dabei geholfen wird, mit Gewalt und Aggression besser umzugehen. Doch darum geht es ja nicht. Es geht um Signale: Das linkslinke Emanzengetue ist Schnee von vorgestern, „ich habe das Gejammer von der Opferrolle der Frauen langsam satt", meinte VP-Generalin Maria Rauch-Kallat in der sonntäglichen „Betrifft"-Sendung.

Und so haben FPÖVP ihre eigenen Vorstellungen von Frauenverwirklichung: Das „Unternehmen Haushalt" soll gefördert werden, heißt es im blauschwarzen Regierungsprogramm. Praktischerweise soll damit ein neuer prekärer Hoffnungsmarkt für weibliche Dienstleistungen geschaffen werden. Und wer sich noch immer Illusionen macht: der Anteil an Geringfügigen lag 1999 in der Wirtschaftsklasse „Private Haushalte" bei 53 Prozent, der Frauenanteil beträgt über 90 Prozent, die Bezahlung liegt 63 Prozent unter dem entsprechenden männlichen Durchschnittseinkommen …


Rolle rückwärts in Patriarchat

Dem Frauen-zurück-an-den-Herd und hinein in die Kinderzimmer wird ideologisch auf die Sprünge geholfen, z.B. mit einem Kindbetreuungsgeld (für alle österreichischen Kinder!) oder mit der angestrebten „Unterstützung von Familien als Staatsziel in der Verfassung verankern", wie es im Regierungsprogramm heißt. Und es funktioniert ja schon, das bürgerliche Familienmodell: Erstmals ist die Geburtenrate in Österreich wieder leicht steigend.

Doch halt, das rückwärts gewandte Frauenverständnis kommt ziemlich fesch daher: eine Frau als Vizekanzlerin, eine Frau als Außenministerin, so viele Frauen in der Regierung wie nie zuvor. Und alle treten relativ couragiert auf. Wenn frau nicht sonderlich auf die Zwischentöne und den Inhalte achtet, könnte sie meinen, ein Emanzipationsschub habe an Österreichs Schalthebeln der Politik stattgefunden: Wenn Susanne Ries-Passer die Ablösung des österreichischen EU-Menschenrechtsrichters Willi Fuhrmann (SPÖ) damit begründet, dass endlich der Frauenanteil im Europäischen Gerichtshof erhöht werden soll, dann belegt das die Unverfrorenheit, mit der die Vizekanzlerin die Frauenquote für blaue Parteipolitik missbraucht. Wenn Herbert Haupt die Ablöse von Hans Sallmutter als Präsident des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger damit schmackhaft macht, eine Frau solle diese Position innehaben, dann offenbart das den argumentativen Missbrauch von Fraueninteressen für blauschwarze Machtpolitik. Und wenn Karl Heinz Grasser in seiner Budgetrede Bertolt Brecht und Martin Luther King zitiert, dann beweist das die Kaltschnäuzigkeit, mit der er als neoliberaler Finanzminister unsoziale Verhältnisse und menschenverachtende Ungleichheit unter Zuhilfenahme linker Rhetorik festschreibt.

Und auch das funktioniert: ehemalige Linksliberale wechseln wendehalsig das Lager, was nicht nur von Peter Sichrovsky, dem jetzigen FPÖ-Generalsekretär, bekannt ist. Auch Rotraud Perner zieht es an den blauen Futtertrog - sie referierte am Dienstag bei einer Veranstaltung der FPÖ-Frauen. Vielleicht wittert sie als Psychotherapeutin künftige Betätigungsmöglichkeiten in der VI/Sex-Abteilung von Herbert Haupt?

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