KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Mag. Michael Graber,
Wirtschaftssprecher der KPÖ
Mail kpoe@magnet.at 

Privatisierung: Warum? Wozu?



Im Katalog der Grausamkeiten, den die blau-schwarze Regierung bei ihrem turbulenten Amtsantritt beschlossen und zum Teil bereits verwirklicht hat, spielt die Privatisierung öffentlichen Eigentums und staatlicher Einrichtungen eine wesentliche Rolle. Warum?

Erstens, weil die Regierungsparteien aus ideologischen Gründen prinzipiell gegen staatliche Strukturen in der Wirtschaft sind und weil sie den sozialen Einfluss, der über öffentliche Formen der Wirtschaft ausgeübt werden kann (aber auch schon unter Rot-Schwarz immer weniger genutzt wurde), abschaffen wollen. Zweitens, weil der Mythos vom ?Nulldefizit? im Staatshaushalt kurzfristig nur über den Verkauf staatlichen Eigentums realisierbar ist. Und drittens, das wird in der Öffentlichkeit wenig beachtet, erteilt die EU immer strengere Privatisierungsauflagen an die Mitgliedsländer. Dabei geht es vordergründig gegen staatliche Monopole, in der Praxis werden diese aber durch private EU-Monopole ersetzt, wie bei der Telekom oder der Energiewirtschaft. Das ist der Inhalt der so genannten ?Deregulierung? in diesen Bereichen.

Schwarz-Blau privatisiert munter weiter

Eine der ersten Maßnahmen der Regierung war das ÖIAG-Gesetz 2000, das den Verkauf sämtlicher ÖIAG-Beteiligungen (das sind die noch bestehenden Minderheitsbeteiligungen der Republik Österreich an der ehemaligen verstaatlichten Industrie, aber auch an der Austria Tabak, der AUA, und seit diesem Gesetz auch der Post und Telekom) vorsah. Die ÖIAG ist auf diese Art in eine reine Privatisierungsagentur verwandelt worden, die nicht mehr auf österreichische Interessen, sondern ausschließlich auf die Bedürfnisse des Finanzministers nach möglichst raschen Verkaufserlösen Bedacht nimmt.
Nebenbei wurden alle sozialdemokratischen Manager zugunsten FP-naher Leute entfernt, obwohl Rudolf Streicher (SP) immer wieder darauf verwies, dass schon unter seiner Leitung als ÖIAG-Manager Staatseigentum im Wert von 103 Milliarden verkauft wurde (siehe Tabelle). Zu erinnern ist hier auch an den Verkauf der Bank Austria an die deutsche Hypo-Vereinsbank durch die Wiener SPÖ.
Im letzten Jahr ging auch die PSK an die BAWAG, an der ebenfalls breits eine deutsche Bank wesentlich beteiligt ist. Der Börsegang der Telekom wurde ein Flop, wobei wieder tausende Kleinaktionäre getäuscht wurden. Als nächstes ging es der Austria Tabak und dem Dorotheum an den Kragen. Kleinere Beteiligungen, die in der ?Gesellschaft des Bundes für industriepolitische Maßnahmen? (Ergee, Assmann u. a.) zusammengefasst sind, wurden ebenfalls zum Verkauf ausgeschrieben. Für industriepolitische Maßnahmen, sprich Arbeitsplätze, ist diese Regierung hingegen nicht zu haben. Das alles ist aber nur der Beginn des großen Ausverkaufs. Zusätzlich geht es um das Milliardenvermögen der Österreichischen Bundesforste, einschließlich der Rechte an Quellgebieten, und, wovon zehntausende MieterInnen betroffen sein werden, um die Bundeswohnungen sowie die gemeinnützigen Wohnungsgesellschaften.

Gesellschaftspolitische Bedeutung

Von großer gesellschaftspolitischer Bedeutung sind auch die Privatisierungen im arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Bereich. Eine Privatisierung des AMS würde z. B. das Ende jeder staatlichen Beschäftigungspolitik bedeuten. Die bereits erfolgte Ausgliederung des AMS hat zum Ziel, die Arbeitslosenversicherung vom Budget abzukoppeln, weshalb der Finanzminister sich noch rasch ein paar dutzend Milliarden aus dem Bereich der Arbeitslosenversicherung ins Budget überweisen lässt und jede Reservenbildung unmöglich macht.
Der bedeutendste Brocken ist aber die schleichende Privatisierung der Pensionsversicherung. Das jetzt gültige Umlageverfahren sichert den älteren Generationen die Pensionen durch die Beiträge der aktiv Berufstätigen. Die Umstellung auf so genannte kapitalgedeckte Verfahren stellt die Pensionsbeiträge der Aktiven den privaten Versicherungs-und Bankkonzernen zur Verfügung, die diese dann am Kapitalmarkt, das heißt an den Wertpapierbörsen über Pensions-und Investmentfonds anlegen. Die Versicherungsleistung wird dann aus dem Gewinn (oder Verlust) dieser Fonds gespeist (oder eben nicht).

Privates Zwangssparen zugunsten der Finanzkonzerne

Bei der so genannten zweiten Säule, der betrieblichen Pensionsversicherung, ist Schritt für Schritt die Umstellung der Abfertigung in Richtung Zwangssparen und bei den schon jetzt stark beworbenen privaten Pensionsversicherungen ein indirektes Zwangssparen dadurch geplant, dass die öffentliche Pension durch gesetzliche Verschlechterungen in Richtung ?Mindestpension? abgewertet wird. Dafür bestehen keine zwingenden ökonomischen Gründe. Das öffenliche, umlagefinanzierte Pensionssystem einschließlich der Arbeitgeberbeiträge und der gesetzlichen Ausfallshaftung des Bundes ist in Wirklichkeit trotz aller Unkenrufe stabil.
Der Zweck dieser Privatisierung sozialer Risken besteht einzig und allein darin, die hunderten Milliarden Schilling Pensionsbeiträge, die jetzt noch an den Versicherungs-und Bankkonzernen vorbeigehen, diesen zu übertragen, damit sie ein zusätzliches Geschäft machen können. Es besteht bei diesen Finanzkonzernen die Befürchtung, dass sie aufgrund der geringer wachsenden Staatsverschuldung weniger an den billigen und risikolosen Staatsanleihen verdienen werden. So sorgt sich auch die EU um ihre Finanzkonzerne und legt Richtlinien für den ?zügigen? Umbau zugunsten der privaten Pensionssysteme fest. Angenehmer Nebeneffekt für Staat und Unternehmer: Letztere brauchen nichts zur privaten Pensionsversicherung dazuzahlen, und der Staat erspart sich die Ausfallshaftung für die Pensionsleistungen und damit einige dutzend Milliarden an sozialen Ausgaben.

Das ist dann der ?schlanke Staat?, den die Schwarz-Blauen anstreben. Leider hört man von der parlamentarischen Opposition nicht, was sie von diesen Weichenstellungen gerade im Pensionsbereich zurücknehmen würde, bekäme sie bei den nächsten Wahlen eine Mehrheit. In Wirklichkeit sind sich alle im Parlament vertretenen Parteien über die Fortsetzung des Kurses der Privatisierung einig – und damit über Gewinner und Verlierer dieser Politik.

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