KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Elke Kahr,
KPÖ-Stadträtin Graz
Mail kpoe.klub@stadt.graz.at

Referat der Klausurtagung des Grazer KPÖ-Gemeinderatsklubs

25. März 2006


Politische Perspektiven der Grazer KPÖ


Seit dem 2. Oktober 2005 hat sich für unsere Arbeit in Graz viel verändert. Das bedeutet aber nicht, dass wir als Gemeinderäte und Stadträtinnen in die "2. Reihe" im Verhältnis zum Landtagsklub gerückt wären. Ich sehe die Präsenz der KPÖ im Landtag und die Initiativen, die von dort ausgehen, im Gegenteil als eine Bereicherung unserer Arbeit. So ist es jetzt zum Beispiel möglich, Verhandlungen für eine bessere Wohnbauförderung auf beiden Ebenen zu führen.

Außerdem können wir uns bei unseren Initiativen im Gemeinderat noch stärker als bisher auf kommunale Fragen konzentrieren, weil bestimmte allgemein-politische Themen besser in den Landtag passen.

Die Umfragen zur Landespolitik, die in den letzten Wochen veröffentlicht worden sind, zeigen einen Aufwind für die KPÖ. Man gibt uns steiermarkweit 8 Prozent. Dieses Ergebnis ist sicherlich nicht ohne gute Umfragewerte in Graz zustande gekommen.

Das bedeutet: Wir haben in Graz weiterhin die Chance, ein wichtiger Faktor in der Stadtpolitik zu bleiben. Und das ist ein halbes Jahr nach dem Wechsel von Ernest Kaltenegger in den Landtag nicht so wenig. Jetzt ist es für unsere Mitbewerber endgültig schwierig geworden, uns das Etikett der "Ein-Mann-Partei" aufzukleben - nicht nur, weil unter uns viele Frauen sind, sondern weil wir zeigen, dass wir alles in allem ein gutes Kollektiv sind, das auf allen Ebenen durch FunktionärInnen mit Ausstrahlung getragen wird.

Spätestens in etwas mehr als eineinhalb Jahren müssen wir den wichtigsten Wahlkampf für die Gesamtpartei schlagen. Es geht darum, eine ausgesprochen starke Position zu halten. Wir haben die Chance, in dieser schwierigen Auseinandersetzung positiv abzuschneiden, wenn wir unsere bisherigen Stärken ausspielen und wenn wir neue Initiativen entwickeln.

Was sind unsere Stärken? An erster Stelle möchte ich die Geschlossenheit und das einheitliche Auftreten nach außen nennen. Es ist uns in den letzten Jahren gelungen, auch schwierige Situationen gemeinsam zu meistern. Das ist eine große Errungenschaft, wenn man bedenkt, dass Streitereien in der Öffentlichkeit bei den Leuten gar nicht gut ankommen. Es gibt dafür Beispiele aus anderen Parteien genug.

Wenn wir gemeinsam auftreten und weiterhin auf eine Weise Politik machen, die uns in der abgelaufenen Periode Erfolg gebracht hat, kann uns gemeinsam auch dieses große Vorhaben gelingen.

Mit der Initiative "Gemeindewohnungen auf Kasernengrund" haben wir ein Thema besetzt, bei dem uns große Kompetenz zugesprochen wird. Jetzt müssen die anderen Parteien reagieren, vor allem der zuständige Liegenschaftsreferent Riedler. Wer an den Infoständen dabei ist, an denen wir schon etwa 1800 Unterschriften gesammelt haben, weiß, dass es großen Zuspruch für diese Forderung gibt, aber auch viele Diskussionen und Anfragen.

Sehr wichtig ist aber, dass uns niemand mehr vorwerfen kann, wir würden in Wohnungsfragen nichts bewegen und keine Initiativen ergreifen. Nach der Volksbefragung gegen die Privatisierung der Gemeindewohnungen haben wir damit wieder eine Möglichkeit, Druck auf die Regierenden auszuüben und ihnen die Privatisierung der kommunalen Wohnungen in Graz noch schwerer zu machen.

Diese Aktion zeigt auch wo unsere Stärken liegen:

* Im direkten Kontakt mit den Menschen

* In der konkreten öffentlichen Aktion und ihrer medialen Auswertung

* im überlegten politischen Auftreten aller MandatarInnen im Gemeinderat, in den Ausschüssen und in den Bezirksräten und

* in der politischen Verantwortung für die uns zugewiesenen Ressorts der Stadtregierung.

Ich habe die Arbeit vor Ort an erster Stelle genannt, weil diese Verbundenheit mit der Bevölkerung eine unserer größten Stärken als KPÖ ausmacht. Die zweite Stärke ist die Glaubwürdigkeit, die sich beispielsweise in unserem jährlichen Tag der offenen Konten ausdrückt. Wenn es uns gelingt, auf diese Weise weiterzuarbeiten, können wir dem Wahltag mit Zuversicht entgegenblicken.

Wir sollten in diese Arbeit auf unsere Stärken und auf gewonnene Kompetenzen Vertrauen: Soziales, verbunden mit konkreter Hilfe, Wohnen, Schutz der Altstadt, gewissenhafte Kontrolle, Verteidigung des öffentlichen Eigentums.

Auf diesen Gebieten gibt es sehr viel zu tun und viele konkrete Aufgaben.

Ich möchte mich auf folgenden Punkt konzentrieren. ÖVP und SPÖ haben sich auf einen weiteren Ausverkauf der Stadt geeinigt, damit sie ihr letztes Budget vor der Wahl über die Runden bringen können. Die bisherigen Immobilienpakete genügen nicht mehr.

Bei diesen Vorhaben lassen sie sich auch nicht von einer scharfen Kritik des Bundesrechnungshofes abhalten, der zu den Grundstückstransaktionen wörtlich festgestellt hat: dass "sie keine nachhaltige Verbesserung der . finanziellen Lage der Landeshauptstadt, sondern wegen der nunmehr abzudeckenden Mietaufwendungen langfristig gesehen das Gegenteil bewirkten.

Nach Ansicht des RH stellten sie eine Auslagerung von Schuldaufnahmen an die 100 %ige Tochterunternehmung dar, wodurch die Landeshauptstadt die Bestimmungen des § 81 des Statuts der Landeshauptstadt Graz 1967, LGBl. Nr. 130/1967 i.d.g.F., umging.

Laut diesen Bestimmungen durften Darlehen nur im Rahmen des außerordentlichen Voranschlags zur Bestreitung eines außerordentlichen Bedarfs aufgenommen werden, wenn eine anderweitige Deckung fehlte sowie die Verzinsung und Tilgung des aufzunehmenden Darlehens die Erfüllung jener der Gemeinde obliegenden gesetzlichen Aufgaben sowie der privatrechtlichen Verpflichtungen nicht gefährdete."

Trotzdem planen ÖVP und SPÖ in der Grazer Stadtregierung offenbar den völligen Ausverkauf der Stadt: Aus einem Zeitungsbericht geht hervor, dass AEVG, Kanal Müllabfuhr und eventuell sogar weitere Bereiche der Wirtschaftsbetriebe schon in diesem Jahr an die Stadtwerke gehen sollen. Die Abtrennung der Müllabfuhr von den Wirtschaftsbetrieben würde deren faktische Zerschlagung bedeuten.

Am Ende des Weges könnte die Totalprivatisierung der Stadtwerke und der städtischen Immobiliengesellschaft GBG stehen wie dies in einigen deutschen Großstädten bereits passiert ist.

Es ist besonders empörend, dass jene politischen Kräfte, die durch ihre Großmannsucht zur schlechten Lage der Stadtfinanzen beigetragen haben, nun als Sanierer auftreten wollen. Wir müssen daran erinnern, dass ÖVP und SPÖ (damals noch meist gemeinsam mit der FP) die Beschlüsse zum Kunsthaus, zur Murinsel, zum Dom im Berg, zur Stadthalle und zur Grazer Messe gegen die begründeten Warnungen der KPÖ gefasst haben.

ÖVP und SPÖ haben auch die Skandale um die Grazer Innenstadtinitiative und um Öko-Profit zu verantworten, die zu Millionenbelastungen für die Gemeinde geworden sind.

Darüber hinaus hat es in den vergangenen Jahren in Sachen Budgetsanierung keine einheitliche Linie gegeben. Man hat mit der sogenannten Aufgabenkritik begonnen, ist beim Eckwertbudget gelandet und bereitet anscheinend eine neue Variante vor, die vor allem eines bedeutet: Privatisierung, Sozialabbau, Einschränkung der Leistungen und Belastungen für die Bevölkerung.

Es ist ganz einfach unglaubwürdig, wenn sich die Verschwender als Sparmeister aufspielen.



Mit dieser Kritik stehen wir nicht allein. Trotzdem wird uns immer wieder entgegengehalten, dass wir bloße Neinsager wären und keine eigenen Konzepte hätten. Meine Kollegin Wilfriede Monogioudis wird in ihrem Beitrag inhaltlich darauf antworten. Ich weise nur darauf hin, dass ÖVP und SPÖ in Graz ja nicht im luftleeren Raum agieren, sondern Teile ihre Bundesparteien sind, die dort, wo sie jeweils die Hauptverantwortung haben, eine Finanzpolitik gegen die Gemeinden und damit auch gegen die Landeshauptstadt Graz. Erleichterungen für das Großkapital gehen mit Belastungen für die Gemeinden einher. Jüngstes Beispiel dafür ist die geplante Verländerung des Öffentlichen Personennahverkehrs, die eine - wenn sie beschlossen würde - eine schwere Bürde für die Gemeinden mit sich bringen würde.

Solange es in dieser Sache keinen Aufstand von ÖVP und SPÖ in Graz gegen ihre eigenen Finanzminister und Landesräte gibt, sind ihre Klagen in dieser Hinsicht nicht ernst zu nehmen.

Für uns gibt es eine Schmerzgrenze. Und auch das unterscheidet uns von den anderen Parteien im Rathaus. Mit uns ist ein Ausverkauf der Stadt nicht zu machen. Wir stimmen keinem flächendeckenden Sozialabbau zu. Daran sind letztlich auch vor drei Jahren die Verhandlungen mit SPÖ und Grünen über ein Regierungsbündnis gescheitert.

Die KPÖ ist eben keine Partei wie jede andere, auch wenn wir derzeit Regierungsfunktionen ausüben. In Graz gibt es keine andere politische Kraft, die so klar wie die KPÖ sagt, dass für uns die Interessen der arbeitenden Menschen, der Arbeitslosen, der Frauenbewegung, der Mieter an erster Stelle stehen.

Für uns ist die jetzige Gesellschaftsordnung nicht das Ende der Geschichte. Mit unseren konkreten Initiativen wollen wir möglichst viele Menschen davon überzeugen, dass wir gemeinsam den Weg in Richtung einer gerechteren Gesellschaftsordnung gehen können.

Das sind jetzt große Worte gewesen. Aber es ist vielleicht sinnvoll, sich auch einmal in diesem Kreis auszusprechen. Wir machen unsere oft mühsame Arbeit Tag für Tag, weil wir ein Ziel vor den Augen haben. Wenn wir bis zur Wahl 2008 einige positive Initiativen zusammenbringen, ist das der beste Beweis dafür, dass wir auf dem richtigen Weg sind.



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