KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Julius Mende,
AHS-Lehrer,

Des Prinzen Wunderhorn

Das Ende der Ferien steht bevor und der bildungspolitische Quereinsteiger Thomas Prinzhorn (FPÖ) hat ganz besondere Ideen für den Schulbeginn.

Schafft überflüssige Fächer wie Musik, Bildnerische Erziehung und Latein  ab, sagt Thomas Prinzhorn. Statt dessen fordert er ein Fach Wirtschaft.  Interessant sind Prinzhorns Ideen deshalb, weil sie einen Bildungsbegriff  wirtschaftsnaher konservativer Kreise, die ja von der ÖVP bis in die SPÖ  und zu den Liberalen reichen, vor Augen führen. Sinnvolle  Bildungsinvestitionen sind solche, die sich für die Wirtschaft unmittelbar  lohnen. Die Schule soll quasi die späteren Arbeitskräfte  wirtschaftskonform zurichten und allgemeinere wirtschaftsrelevante  Grundkenntnisse vermitteln, um später in den Betrieben Ausbildungskosten  zu sparen. In diese Richtung geht auch der Vorschlag von Prinzhorns  Parteikollegen, dem FPÖ-Bildungssprecher Schweitzer, den Polytechnischen  Lehrgang als erstes Berufbildungsjahr zu gestalten.  

Die Vorstellungen, die Schule wirtschaftsnäher zu gestalten, werden nun im  Zuge von Budegetdebatten zugespitzter formuliert, weil das Bildungsbudget  einer der höchsten Budgetposten ist. Das Problem dabei: viel Schüler –  viel Lehrer. Die Bildungsausgaben hängen entscheidend von den  Schülerzahlen, diese von den Geburtenraten in den Jahren davor ab, und von  beiden wird die notwendige Lehrerzahl bestimmt, will man nicht die  Klassenschülerzahlen radikal erhöhen. Auch diese Tendenz ist in den  Gymnasien und Höheren Technischen und Fachschulen deutlich.  Klassenschülerzahlen über 30 sind da keine Seltenheit.  Mit der wirtschaftskonformen Leistungsförderung spießt sich da einiges. In  der „elitenfördernden Hochbegabtenschule“, die den Namen Sir Karl Poppers  trägt, weiß man: mit nur 15 SchülerInnen arbeiten LehrerInnen selbst mit  Begabungsmonstern besser. Wie sehr müßte dies erst für die  „NormallehrerInnen“ gelten. Ein persönlichkeitsförderndes – und somit  wahrscheinlich auch für die Wirtschaft am nützlichsten – Lernen geht eben  besser in kleineren Gruppen.  

Die wirtschaftlich erwünschten Schlüsselqualifikationen wie Kreativität,  Eigenverantwortung, Flexibilität und Teamfähigkeit werden seit Jahren in  Fächern wie Bildnerische Erziehung und Musik besonders gefördert. Die  Bedeutung dieser Fächer wurde interessanterweise gerade im Zusammenhang  mit dem wirtschaftskonformen EDV-Unterricht bzw. generell mit der  Verwendung der neuen Medien im Unterricht betont. Meist findet in diesen  Fächern eine Art Projektunterricht statt, der auf ein vorzeigbares bzw.  vorführbares Ergebnis hinorientiert. Von der Konzeption bis zur  Realisierung arbeiten die SchülerInnen in hohem Maße selbständig und  kooperativ.  

In Prinzhorns Sager spiegelt sich ein Kulturverständnis, das die „Kunst“  sozusagen als Zuckerl für die Freizeit parat hält und im Gegensatz zur  Arbeitswelt steht. Tatsächlich findet in diesen Fächern eine Erziehung zur  schöpferischen Grundhaltung statt, die für alle Lebensbereiche relevant  ist. Selbst für die "Wirtschaft“ entsteht eine Art Transfereffekt. Nicht  zufällig wurden nach der Erfindung der Mikroelektronik fürs Militär die  vielfältigen Anwendungsbereiche in der Unterhaltungselektronik und zur  Entwicklung auf künstlicher Intelligenz basierender Kommunikationssysteme  von ausgesprochenen Querdenkern und Freaks entwickelt. Platte Zurichtung  für Verwertbarkeit ergibt so wenig Sinn, außerdem funktioniert sie nicht.  

Die Wirtschaftsbosse selbst wissen nicht, welche Qualifikationen sie in  den nächsten zehn Jahren brauchen. Die „EDV-InderInnen“ sind das beste  Beispiel dafür. Bei uns und vor allem in Deutschland will man tausende  EDV-Fachkräfte aus Indien anfordern, weil es hier eine Qualifikationslücke  von 10.000 bis 30.000 Fachleuten gäbe. Tatsächlich ist ja gerade der  EDV-Unterricht an den Schulen in den 80er Jahren sehr rasch und auf  Betreiben der Wirtschaft eingeführt worden. Eigene Kurzstudien an den  technischen Hochschulen wurden eingerichtet, Fachhochschulen gegründet  etc. Sehr viel mehr AbsolventInnen mit diesen Qualifikationen sind auf dem  sog. Arbeitsmarkt. Sie reichen nicht, weil man die Entwicklung nicht  voraussah. Das gilt übrigens für andere Fächer auch.  

Die Fächer, die Prinzhorn rausschießen will, haben eine besondere  Bedeutung für die Arbeit mit neuen Medien. Die gigantische Musikindustrie  und der Fernseh- und Telekommunikationsbereich arbeiten mit Bildern,  Musik und Sprache. Die entsprechende vorberufliche Bildung findet in  einem modern verstanden „Kunstunterricht“ statt. Und der Besuch im Museum,  den Prinzhorn durch Betriebsbesuche ablösen möchte, führt möglicherweise  in die Videokunstabteilung oder gar zur Ars Electronica. Und nicht  zuletzt: Auch in Geographie- und Wirtschaftskunde stehen Betriebsbesuche  ebenso auf dem Programm wie in Physik und Chemie und Werken.

Andererseits hört man häufig von den Problemen der Freizeitgesellschaft  und vor allem der Frage nach der sinnvollen Freizeitgestaltung der Jugend.  Ich wüßte nicht, wo eine sinnvolle Erziehung zur lebendigen  Freizeitnutzung eher stattfinden könnte als in den genannten Fächern.  Sei’s drum: Die Schüler sind lebendige Wesen. Am Deutschen  Hochbegabtenkongreß vor zwei Jahren wurde eine Langzeitstudie vorgestellt,  welche die Hochbegabten 15 Jahre später befragte. Keine oder keiner hat  besondere Leistungen in seiner/ihrer Spitzenbegabung hervorgebracht, und  alle legten besonderen Wert auf Familie und Freizeit. Bei jungen Menschen  kommt eben nicht einfach das Gewünschte heraus, das man mit dem berühmten  Trichter oben hineingestopft hat. Auch ein Trost zum Schulbeginn.

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