KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Dr. Mirko Messner
Bundessprecherin der KPÖ


Wer verfassungskonform handeln will, der/die muss für die Aufstellung zweisprachiger Ortstafeln im gesamten zweisprachigen Gebiet eintreten.


Der Kärntner Landeshauptmann will seinen Kärntner Freiheitlichen, dem BZÖ und sich selbst die politische Zukunft sichern - und befindet sich dazu auf einem nationalistischen Vergangenheitstrip; unter Brechung gültigen Rechts weigert er sich nicht nur, ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs umzusetzen, sondern verhöhnt es und macht es lächerlich. Schon lange handelt es sich um keinen "Ortstafelstreit" mehr, sondern um die Frage, ob die österreichische Verfassung für das gesamte Territorium der Republik Österreich gültig ist oder ob ein Bundesland sich davon ausnehmen kann. Die Regierung Schüssel lässt Haider gewähren, weil sie so wie dieser auf ein Grundmandat für das BZÖ in Kärnten hofft. Haider gewähren lassen heißt in diesem Fall, die extrem rechte, minderheitenfeindliche Klientel in Kärnten in möglichst großer Zahl davon abzuhalten, sich der "alten" FPÖ zuzuwenden. Dies kann nur durch nationalistische, verfassungsfeindliche Lititation gelingen.

Bis zu diesem Punkt scheint in der demokratischen österreichischen Öffentlichkeit Übereinstimmung zu herrschen, was die Beschreibung des Geschehens betrifft. Was dabei in der Regel ausgespart bleibt, ist die gemeinsame Verantwortung der Kärntner Landtagsparteien für diesen Zustand.

Der Widerspruch, in dem sich die übrigen Kärntner Landtagsparteien zu Haider befinden, ist ein gradueller und kein prinzipieller. Der Vorwurf, den die Kärntner Sozialdemokraten, die Volkspartei und die Grünen an Haider richten, lautet zwar, er weigere sich, das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs umzusetzen; gemeint ist allerdings letztlich, er halte sich nicht an den mit dem Kärntner Heimatdienst und den slowenischen Verbänden ausgehandelten "Kompromiss". Das heißt mit anderen Worten, auch für sie ist das Urteil des Verfassungsgerichtshofs kein umzusetzendes Faktum, sondern ein verhandelbarer Vorschlag. Haiders angekündigte Volksbefragung ist da nur eine konsequente Fortsetzung der Logik von der Verhandelbarkeit höchstgerichtlicher Urteile und verfassungsmäßig festgelegter Minderheitenschutzbestimmungen.

Es reicht daher nicht aus, den Kärntner Konflikt nur zur Hälfte zu beschreiben; die ganze Beschreibung muss das gesamte Spektrum der Kärntner Landtagsparteien umfassen, vor allem deren unausgesprochene zentrale Annahme, dass die Kärntner Zivilgesellschaft derart von antislowenischen und minderheitenfeindlichen politisch-kulturellen Konstanten durchzogen ist, also ein derart großes rechtes Stimmenpotential enthält, dass davon Mehrheiten abhängen können. Egal, ob dies zutrifft oder nicht – Tatsache ist, dass die Landtagsparteien von dieser Annahme ausgehend wenn nicht ihre Minderheitenpolitik, so doch ihre wahltaktischen Orientierungen festlegen und sich der angenommenen Mehrheit in unterschiedlichem Maße anpassen.

Die spektakulärsten und auch für die slowenische Minderheit nachhaltigen Einschnitte waren die Abschaffung des obligaten zweisprachigen Schulwesen Ende der Fünfzigerjahre sowie die als "Volkszählung besonderer Art" bezeichnete Minderheitenfeststellung, aus der sich 1977 das "Volksgruppengesetz " ableitete (also jenes, das durch das VfGH-Erkenntnis teilweise aufgehoben wurde). Beides waren strategische Ziele der deutschnationalen minderheitenfeindlichen Bewegung in Kärnten, und beides wurde von sozialdemokratisch geführten Landes- bzw. Bundesregierungen umgesetzt.

Es blieb allerdings der schwarz-blauen Regierung unter Bundeskanzler Schüssel vorbehalten, die extem rechten, minderheitenfeindlichen Organisationen in einem bisher ungeahnten Ausmaß salonfähig zu machen, d. h., sie als relevante Verhandlungspartner in Gespräche über verfassungsmäßig garantierte Minderheitenrechte einzubeziehen, sie also darüber mitentscheiden zu lassen, ob denn die österreichische Verfassung auch ihre Gültigkeit für Minderheiten habe oder nicht.

Der im Artikel 7 des Österreichischen Staatsvertrags von 1955 verfassungsmäßig verankerte Minderheitenschutz beruht auf der wesentlichen Festlegung, dass die Gültigkeit der Minderheitenschutzbestimmungen von keinerlei prozentmäßigen Anteilen slowenischsprachiger Bevölkerung – oder gar solcher, die sich zu einem slowenischen "Volkstum" bekennt - abhängig gemacht wird, sondern für Bezirke "mit slowenischer (...) oder gemischter Bevökerung" vorgesehen ist, also für das gesamte zweisprachige Gebiet in Kärnten und nicht für einzelne Gemeinden oder Ortschaften. Unter diesem Gesichtspunkt stellt das VfGH-Erkenntnis keine Aufhebung eines verfassungswidrigen Zustands dar, sondern eine Milderung. Eine Amtsenthebung Haiders und die vollständige Umsetzung des VfGH-Erkenntnisses ohne jegliche Einschränkung durch Kärntner Landespolitiker ist das Mindeste, was von der österreichischen Regierung gefordert werden muss - ohne die einzige verfassungskonforme, nächstliegende und einfachste Lösung aus dem Auge zu verlieren: die Aufstellung zweisprachiger Ortstafeln im gesamten, durch das gültige Minderheitenschulgesetz beschriebenen zweisprachigen Gebiet.

Links:

http://volksgruppen.orf.at/slowenen/aktuell/stories/45629/

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http://volksgruppen.orf.at/slovenci/novice/stories/45654/

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