Andreas Pecha,
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„Nie wieder Hiroshima – nie wieder Nagasaki. Nie wieder Krieg" – mit diesen Worten beginnen zahlreiche Aufrufe. Wofür stehen diese Gedenktage und machen sie Sinn?
Die Gedenktage an Hiroshima und Nagasaki werden seit etwa 1983 abgehalten. Sie waren und sind natürlich einem Wandel der Zeit unterlegen. Immer jedoch war die Botschaft eine der großen Forderungen der Friedensbewegungen seit ihrem Entstehen, nämlich die Forderung nach der Vernichtung aller Atomwaffen. In den 80er Jahren, den Jahren des sog. „NATO-Doppelbeschlusses" und des Kampfes gegen diese weitere Drehung an der nuklearen Rüstungsspirale, waren Forderungen wie „Kein Euroshima!" und für den sofortigen Abschluß eines umfassenden „Atomteststopp"-Vertrags aktuell, so wie auch die Forderung nach atomwaffenfreien Zonen, v.a. nach einem Korridor in Europa, wie er damals im Palme-Plan gefordert wurde.
Die Hiroshima Gruppe und die Wiener Friedensbewegung haben diese Tage im August immer dazu genutzt, mit den aktuellen Forderungen in Bezug auf Atomwaffen an die Öffentlichkeit zu treten. So sind zahlreiche Unterschriftenaktionen von den Gedenktagen ausgegangen. Die Hiroshima Gruppe hatte und hat sich auch der Aufklärung über die beiden Atombombenabwürfe verschrieben. So wurden etwa Mitte der 80er Jahre die österreichischen Schulbücher auf die Berichterstattung über die Atombombenabwürfe untersucht und eine z.T. erschreckende Wissensvermittlung gefunden. Wenn die beiden Bomben überhaupt genannt wurden, so war die tradierte Mär vom „Ende des Zweiten Weltkriegs auch im Pazifik" das meistgebrauchte Erklärungsmuster, das ja teilweise bis heute besteht. Auch wenn es heutzutage zumeist unbestritten ist, daß Japan im Sommer 45 bereits zur Kapitulation bereit war, der Einsatz der beiden Kernwaffen also tatsächlich als ein Test an lebenden Menschen bezeichnet werden muß. Nicht zu vergessen ist auch das damalig existierende Atomwaffenmonopol der USA, das diese v.a. in Richtung Sowjetunion deutlich machen wollten.
Somit sind die beiden Tage im August eben nicht nur Gedenktage. Die Hiroshima Gruppe besitzt durch ihre Kontakte nach Japan reichhaltiges Informationsmaterial nicht allein über die Atombombenabwürfe auf die japanischen Städte, sondern auch Material über die Überlebenden, die Hibakushas, der Angriffe. Hier ist einer der markantesten Punkte ihre soziale Lage und die langjährige Nicht-Anerkennung durch japanische Regierungen als Kriegsopfer. Und nicht nur um die japanischen Überlebenden geht es, sondern auch um die damaligen Kriegsgefangenen der imperialistischen Achsenmacht Japans, v.a. koreanische Gefangene und Verschleppte, die ebenso zu Opfern der Bomben wurden. Die beiden Tage im August sind jedoch auch immer den aktuellen Forderungen der Friedensbewegung gewidmet.
Für eine atomwaffenfreie Welt – Abolition 2000 Den Worten müssen Taten folgen: Unter diesem Motto stand die heurige Veranstaltung am Wiener Stephansplatz. Im Aufruf dazu heißt es:
Bereits Mitte der 80er Jahre hat der damalige Präsident der Atomwaffenmacht Sowjetunion, Michail Gorbatschow, vorgeschlagen, alle Atomwaffen bis zu Beginn des neuen Jahrtausends zu vernichten. In den 90er Jahren wurde die weltweite Initiative „Abolition 2000" gegründet. Abolition heißt „Abschaffung, Beseitigung" und meint die Vernichtung aller Atomwaffen.
Die Atomwaffenmächte haben sich auf Druck der weltweiten Aktivitäten von Friedensgruppen zum Abschluß der Überprüfungskonferenz des Nichtweiterverbreitungsvertrags – im Mai 2000 – neuerlich zur atomaren Abrüstung bekannt. Diesen Worten müssen endlich Taten folgen – daher ist das Engagement von Friedensgruppen im Kampf um die nukleare Abrüstung wichtiger denn je!
Gegen atomar bewaffnete Supermächte. In der Militärstrategie der NATO spielen Atomwaffen eine bedeutende Rolle. Diskussionen in der NATO geben Anlaß zur Befürchtung, daß künftig Atomwaffen noch wichtiger werden. Die USA möchten mit Milliarden-Dollar-Aufwand ein Raketenabwehrsystem („Krieg der Sterne") aufbauen.
Der WEU und auch der Europäischen Union gehören zwei Atomwaffenstaaten (Frankreich und Großbritannien) an. Österreich hat im Vorjahr mit den Stimmen aller Parlamentsparteien die Atomwaffen- und Atomkraftfreiheit in der Verfassung verankert. Wo bleiben österreichische Aktivitäten, den Inhalt dieses Gesetzes auch in der Europäischen Union umzusetzen? Im Gegenteil: Die österreichische Bundesregierung spielt bei den Plänen, aus der Europäischen Union einen Militärblock zu machen, eine „Vorreiterrolle". Neutrale Staaten in der EU müssen jedoch verhindern, daß aus der EU ein Militärblock mit Beistandspflicht, schnellen Eingreiftruppen und einer starken Rüstungsindustrie gemacht wird. Die Europäische Union darf – wie es die irische Neutralitätsbewegung formuliert – keine „atomar bewaffnete Supermacht" werden.
Die Friedensbewegung spricht sich gegen alle Atomwaffen aus, gegen US-amerikanische und westeuropäische ebenso wie gegen russische oder jene in den Staaten des Südens, die hier dem schlechten Vorbild des Nordens folgen. Die südliche Halbkugel der Welt ist heute eine atomwaffenfreie Zone – das ist das Vorbild für den Norden!
Für eine atomwaffenfreie Welt! Für die Vernichtung aller Atomwaffen! Keine Militarisierung der EU! Kein Beitritt Österreichs zu einem Militärbündnis! Für eine aktive Neutralitätspolitik als Friedenspolitik! Für eine Welt ohne Militärblöcke!
Der 6. und 9. August stehen also in der Tradition der Friedensbewegungen im Kampf um die völlige nukleare Abrüstung. Auch heuer wieder, wie schon seit einigen Jahren, erreichten uns Unterstützungserklärungen und Grußbotschaften von Prominenten und von AktivistInnen der Bewegung, die am 6. August am Stephansplatz veröffentlicht wurden.
Die große Anzahl der Botschaften von besorgten Menschen lassen den Schluß zu, daß noch längst nicht alle Forderungen der Friedensbewegung erfüllt sind, die Eliminierung der Atomwaffen immer noch oben auf der Tagesordnung steht und wir weiterhin viel Unterstützung und den vielzitierten „langen Atem" zu Ihrer Umsetzung brauchen werden.