KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Reinhart Sellner,
AHS-Lehrer,
Personalvertreter der Unabhängigen GewerkschafterInnen (UG) im Wiener Fachausschuß der AHS-Personalvertretung,
Mail reinhart.sellner@blackboard.at 

"Speed kills" als Regierungsprogramm 

Für den öffentlichen Dienst liegen seit kurzem die neuen "Eckpunkte" der Regierung vor.  

Die Zerschlagung der öffentlichen Dienste, wie wir sie - bei aller Kritik - bisher gewohnt waren, schwebt ÖVP, FPÖ und Industriellenvereinigung vor: Abbau von Dienstposten, Reduzierung der Überstundenzuschläge von 50 auf 40 Prozent, Nichtbezahlung der Zuschläge für die ersten fünf Überstunden, Jubiläumszulage nach 30 (bisher 25) Dienstjahren, Jahresdurchrechnungsmodelle (dreizehn Monate) für den gesamten öffentlichen Dienst. Dazu weitere Ausgliederungen, Privatisierungen und Zwangspensionierung für Beamte ab 60/61, fünf Jahren vor Erreichung des Höchstbezuges. "Daumenschrauben" nennt Staatssekretär Finz die Methode zum Abbau von Dienstposten - den Ministerien und Dienststellen wird das Budget gekürzt, also können sie keine Neuaufnahmen durchführen, müssen notwendige Überstunden streichen oder nicht bezahlen.

Im Unterrichtsbereich soll es nur "behutsame" Personalreduktionen geben (Gehrer). Zur Erreichung des Einsparungszieles von drei Mrd. bis 2003 müssen die LehrerInnen aber mit Lehrpflichterhöhung, Herausnahme von nicht-unterrichtlicher LehrerInnentätigkeit aus der Wochenarbeitszeit, d.h. zusätzlichen Unterrichtsstunden rechnen. Beides bedeutet für SchülerInnen den Verlust von Unterrichtsqualität, weniger Zeit für Beratung und Betreuung und das Eingehen auf individuelle Bedürfnisse, insbesondere in Problemsituationen. Dazu wird die Verschlechterung der LehrerInnen-SchülerInnenrelation angestrebt, und das bedeutet für SchülerInnen: größere Klassen und Streichen von Teilungen, Übungen, Freifächern und Integrations- und Fördermaßnahmen. Beides trifft besonders die Kinder sozial Benachteiligter, deren Mütter und/oder Väter finanziell nicht in der Lage sind, die Verschlechterungen im öffentlichen Bildungswesen "privat" auszugleichen.

Die Gewerkschaft öffentlicher Dienst hat für Dienstag, 26.9.2000 (nach Redaktionsschluß, die Red.), zu bundesweiten Protestversammlungen im gesamten öffentlichen Dienst aufgerufen, bei denen über die geplanten Regierungsvorhaben informiert und prinzipielle Bereitschaft der KollegInnen zu Kampfmaßnahmen bis hin zum Streik abgefragt werden sollen.

Nach der Zerschlagung der Verstaatlichten, der "Reform" von Eisenbahn und Post gilt die FCG/ÖAAB-dominierte GÖD zurecht als die wenigstens theoretisch streikfähigste Teilgewerkschaft des ÖGB, aber: Was den KollegInnen seitens der GÖD-Führung nicht vorgelegt werden dürfte, sind konkrete Kampfziele der Gewerkschaft. Es wird an den KollegInnen an den Dienststellen liegen, ihre Kampfbereitschaft mit konkreten Zielen zu verknüpfen und so Druck auf die Gewerkschaftsführung auszuüben. Denn die FCG/ÖAAB-geführte GÖD steht immer noch dafür, in "Standortpartnerschaft" mit der Bundeswirtschaftskammer (1999 unterzeichnet) den öffentlichen Dienst auf die Bedürfnisse der Unternehmer abzustimmen. Und sie steht für die Unterstützung einer von SPÖ-ÖVP-Regierungen eingeleiteten Verwaltungsreform, mit der die GÖD einem Dienstpostenabbau in Verbindung mit Aufgabenreduktion, Ausgliederung und Privatisierung ("schlanker Staat") mitzutragen bereit ist. 

Der verbleibende Rest der öffentlich Bediensteten wird für die Aufgaben eines "schlanken" Rest-Staates genügen und dankbar sein, daß er die vergleichsweise sichere Anstellung wenigstens für sich erhalten konnte. Innerhalb der FCG hat allerdings nach der im Frühsommer von "ihrer" ÖVP, von Schüssel, Gehrer und den ÖAAB-Abgeordneten nicht in letzter Minute abgeschwächten Pensionsreform ein Umdenkprozeß eingesetzt. Denn für die große Mehrheit der öffentlichen Bediensteten ist eine unternehmer- und regierungsfreundliche Haltung im Herbst 2000 nicht mehr akzeptabel. Ebensowenig für die KollegInnen der übrigen Gewerkschaften und für alle von der geplanten völligen Zerschlagung des Sozialstaates Betroffenen.

Die regierungsnahen und im Eigentum von internationalen Kapitalgruppen stehenden Medien werden eine sachliche Berichterstattung nicht zulassen. LehrerInnen- und Beamtenhatz läuft bereits seit Jahren. Über die von der GÖD und ihren Sektionen Mitte September beschlossenen Protestversammlungen wurde bisher nicht berichtet - und wie vor zwei Jahren über die oft spontanen Boykottmaßnahmen gegen Jahresdurchrechnung und Gegenverrechnung berichtet wurde, ist noch in unguter Erinnerung.

Es geht ab sofort um die Verstärkung der an einer noch kleinen Zahl Schulen bereits bestehenden Gegen-Öffentlichkeit von engagierten SchülerInnen, Eltern und LehrerInnen. Die kann allerdings nur dort leben, wo klar ist, daß den LehrerInnen die Förderung aller ihrer SchülerInnen längst Anliegen und Auftrag ist oder ab sofort werden muß. Nur mit der Unterstützung der "SchulpartnerInnen" läßt sich ein LehrerInnenstreik erfolgreich führen. Die von den Unabhängigen GewerkschafterInnen (UG) und Teilen der FSG und einzelnen KollegInnen mitgetragenen überparteilichen Aktionskomitees in Wien oder der Steiermark, die seit drei Jahren tun, was Sache der Gewerkschaft ist, werden das Ihre beitragen.

Nur mit der Solidarität aller Gewerkschaften des ÖGB kann sich eine vor kurzem noch undenkbare, breite gewerkschaftliche Offensive im öffentlichen Dienst entwickeln. Diese Bewegung braucht konkrete Forderungen, deren Nichterfüllung das politische Ende der schwarzblauen Regierung bedeuten muß und deren Erfüllung die Regierung entscheidend schwächt - und die den Interessen ihrer kapitalistischen Auftraggeber nicht nur in Österreich massiv zuwiderläuft, nicht zuletzt wegen ihrer Folgewirkungen auf öffentlich Bedienstete anderer Staaten.



Aktuelles:


KPÖ Oberösterreich: Jetzt Unterstützungserklärung unterschreiben!
(14.7.2021)

...mehr


Die Europäische Linke fordert einmal mehr das Ende der Blockade gegen Kuba
(13.7.2021)

...mehr


Die neue Juli Volksstimme 2021 ist da!
(13.7.2021)

...mehr


KPÖ Graz: Unsere Kandidatinnen und Kandidaten für Graz
(10.7.2021)

...mehr


38. Parteitag der KPÖ: In der ältesten Partei Österreichs übernehmen Junge das Ruder
(21.6.2021)

...mehr

Volksstimme - Politik & Kultur - Zwischenrufe links