Graz, 7.10.2002 - An die Vorsitzenden aller Parteien, die WissenschaftssprecherInnen aller Parteien
Betrifft: Positionierung zum UG2002 - Fragenkatalog
Wir bitten Sie gerade jetzt in dieser Phase des Wahlkampfes um eine Positionierung Ihrer Partei, zum Universitätsgesetz 2002. Anbei einige Fragen dazu, um deren rasche Beantwortung wir Sie sehr herzlich bitten.
Regina Lammer
Herzlichen Dank für die Zusetzung Ihres Fragenkataloges. Ich habe mir erlaubt, ihn - nach Rücksprache mit fachkundigeren Parteikollegen als ich es bin - zu beantworten:
Wie steht Ihre Partei zur gewerkschaftlichen Forderung nach
Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Dienste und dem
Stopp des unwiderruflichen Ausverkaufs öffentlichen Eigentums?
Parteder: Die KPÖ unterstützt die sowohl von der Gewerkschaft als auch der
Arbeiterkammer erhobene Forderung, statt "Ausgliederung" die Universitäten
als wesentlichen Bereich der staatlichen Kernaufgabe 'Bildung' in
öffentlicher Verwaltung und in Verantwortung gewählter politischer Organe zu
belassen. Verschiedene Defizite und Mängel, die unbestreitbar vorhanden sind
und gemeinsam mit den Universitätsangehörigen beschrieben und
charakterisiert werden müssen, können durch neue, verbesserte Methoden der
Mitbestimmung auf Grundlage und durch Weiterentwicklung der bestehenden
gesetzlichen Grundlagen einer Lösung nähergebracht werden. Jedenfalls ist
auch vielfach durch Erfahrungen in anderen Ländern belegt, dass
Ausgliederungen öffentlicher Dienstleistungen mit der Einführung
betriebsähnlicher Leitungsstrukturen und marktähnlicher
Wettbewerbsbedingungen weder 'leistungsfähigere Betriebe' noch eine
verbesserte Erfüllung der gesellschaftlich erforderlichen Aufgaben
gewährleisten. Als letztes Beispiel dazu sei auf den Beschluss zur
'Wiederverstaatlichung' des englischen Schienennetzes verwiesen. Im übrigen
bestreitet die KPÖ grundsätzlich, dass konzernähnliche Leitungsstrukturen
und marktgesteuerte Wettbewerbsbeziehungen im Wissenschaftsbereich überhaupt
und im Bildungs- und Forschungsbereich an Universitäten im besonderen
erfolgversprechend anwendbar sind: Universitäten sind keine Betriebe.
Die KPÖ tritt bekanntermaßen - und zwar nicht nur in der Frage des Verkaufs
der Grazer Stadtwerke - gegen den Verkauf öffentlichen Eigentums ein.
Wird Ihre Partei in allfälligen Koalitionsverhandlungen für eine Rücknahme
der Ausgliederung der Universitäten eintreten?
Parteder: Realistischerweise wird sich die Frage des Verhaltens in zukünftigen
Koalitionsverhandlungen für die KPÖ nicht stellen; ungeachtet dessen tritt
die KPÖ mit Nachdruck für die Rücknahme des Universitätsgesetzes 2002, d.h.
auch für die Rücknahme der Studiengebühren, ein. Ausgliederungen verbessern
nicht die Möglichkeiten, öffentliche Aufgaben zu erfüllen, sondern
orientieren die Handlungsweise der neuen 'Betriebe' an den Finanzinteressen
von Banken, Fonds- und Investmentgesellschaften. Deren Ziel, möglichst mehr
als nur durchschnittliche Rendite aus ihrer Beteiligung zu 'erwirtschaften',
deckt sich bestenfalls nur teilweise mit dem öffentlichen Interesse an
Bildung, Forschung, Gesundheitswesen, Energieversorgung, Verkehr und der
Sicherstellung kommunaler Dienste.
Wird ihre Partei für einen vorläufigen Stopp der Implementierung des UG2002
und eine Novellierung auf Grundlage einer breiten Diskussion unter
Einbeziehung aller Betroffenen eintreten?
Parteder: Ja. Die KPÖ ruft darüber hinaus als Sofortmaßnahme alle
Universitätsangehörigen auf, durch wirksame Maßnahmen ihre Ablehnung des
Gesetzes zum Ausdruck zu bringen und die Implementierung des Gesetzes nicht
zu unterstützen.
Wie stehen Sie/Ihre Partei zu den Forderungen der GÖD (gewerkschaftliches
Herausforderungsprogramm, beiliegend) und des Zentralausschusses der
Bediensteten mit Ausnahme der Universitätslehrer (beiliegend)
Parteder: Die KPÖ unterstützt diese Forderungen vollinhaltlich. Allfällige
Unterschiede, die sich auch aus dem zur Beantwortung der bisherigen Fragen
Gesagten ergeben mögen - so z.B. lehnen wir Ausgliederungen öffentlicher
Dienste nicht nur 'in der vorliegenden Form', sondern grundsätzlich ab -
sind nebensächlich im Hinblick auf die Aufgabenstellung, das UniG 2002 zu
verhindern und sachdienliche Alternativen zur Weiterentwicklung des Bereichs
der Höheren Bildung und der Forschung in Österreich zu finden.
In welchen Punkten ist für Ihre Partei eine substantielle Änderung des
UG2002 unabdingbar
Inneruniversitäre Demokratie ?
Ausgliederung der Medizinischen Fakultäten ?
Studiengebühren ?
Gleichbehandlung und Diskriminierungsschutz ?
Parteder: Alle angeführten Punkte erfordern eine substantielle Änderung des UniG
2002; daher muss dieses als Ganzes zurückgenommen werden. Die Beibehaltung
der universitären Einheit mit der Medizin hat aber besondere Bedeutung, da
neue 'Medizinuniversitäten' die Grundlage zur Privatisierung des
Gesundheitswesens schaffen sollen. Zusätzlich ist zu fordern, dass alle
bundesweiten gesetzlichen Vertretungsorgane der an den Universitäten
Beschäftigten und auch der Studierenden erhalten und gesichert werden.
Wir freuen uns, das Ergebnis dieser Befragung unseren Kolleginnen und
Kollegen als Orientierungshilfe weitergeben zu können.
Wir hoffen auf Ihre rege Beteiligung und danken bereits jetzt für Ihren
Beitrag!
Mit freundlichen Grüßen
Franz Stephan Parteder
Landesvorsitzender der KPÖ-Steiermark