KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Links und rechtlos

Ein Aktivist aus der Türkei bekommt die österreichische Staatsbürgerschaft nicht, weil er ein linker Aktivist ist.

Der in der Türkei geborene Musa Demir wurde von der KPÖ Wien für die kommenden Nationalratswahlen auf die Landesliste gesetzt und prompt von der Wahlbehörde gestrichen. Die KPÖ wollte mit dieser symbolischen Aktion auf die Rechtlosigkeit vieler MigrantInnen hinweisen, die oft schon jahrzehntelang in Österreich leben, aber nicht die “richtige” Staatsbürgerschaft haben, um politische Rechte wahrnehmen zu können.

Doch Musa Demir, der seit über 20 Jahren in Österreich lebt und hier Ehefrau und Familie hat, hat nicht nur keine österreichische Staatsbürgerschaft, er hat sie offenbar wegen seines politischen Engagements bisher nicht erhalten. “Es kann mitgeteilt werden, dass die Einbürgerung eines politisch links stehenden Aktivisten sehr wohl massive Probleme mit der Türkei und Österreich nach sich ziehen könnte”, heißt es in einem vertraulichen Schreiben von Noch-Außenministerin Ferrero-Waldner an das Amt der Wiener Landesregierung, das der “Falter” vor drei Monaten erstmals veröffentlichte.

Als Aktivist von ATIGF tut er aber nichts anderes als etwa die EU, sagt Musa Demir, die die Menschenrechtspraxis und die Minderheitenpolitik der Türkei auch immer wieder hart kritisiert. Wenn Ferrero-Waldner diplomatische Verstimmungen fürchtet, wenn das linke AktivistInnen in Österreich machen, dafür kann er schließlich nichts. Denn dass er alle rechtlichen Voraussetzungen für die Verleihung der Staatsbürgerschaft hat, um die er bereits Mitte der 90er Jahre angesucht hatte, wurde ihm schon bestätigt.

Aber sein Fall ist besonders prekär, weil er seit sieben Jahren überhaupt keinen Pass mehr besitzt. Er zeigt mir den amtlichen Bescheid über seine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, sein einziges Ausweispapier, mit dem er keine Grenze überschreiten darf, auch nicht innerhalb der EU. Seine türkische Staatsbürgerschaft wurde ihm nämlich nicht mehr verlängert, da er in der Türkei nie den Wehrdienst geleistet hat.

Aus dem selben Grund weigern sich die türkischen Behörden, seine Zurücklegung der Staatsbürgerschaft anzuerkennen – da es in Österreich kein Recht auf Doppelstaatsbürgerschaft gibt, wäre das die Voraussetzung. Und die österreichische bekommt er nicht, weil er linker Aktivist ist und als solcher den türkischen Staat kritisiert. Seit das bekannt ist, muss Musa Demir mit anwaltlicher Hilfe um sein Recht kämpfen.

Dabei ist der Antrag auf Verleihung der Staatsbürgerschaft auch noch ziemlich kostspielig, viele MigrantInnen können sich das gar nicht leisten. Erst nach zehn Jahren unbescholtenem Leben in Österreich kann ein Antrag gestellt werden, und nach 30 Jahren erst hat man/frau einen Anspruch auf die Staatsbürgerschaft.

Die KPÖ steht auf dem Standpunkt, dass die Bindung sozialer und politischer Rechte an die Staatsbürgerschaft vom Grundsatz her in Frage zu stellen ist. Die Rechte müssten an die EinwohnerInnenschaft geknüpft sein. Wer hier lebt, arbeitet, Steuern zahlt oder ganz allgemein zur Gesellschaft beiträgt, muss die selben politischen Rechte wie alle anderen in Anspruch nehmen können. Die KPÖ hat auch mehrere KandidatInnen mit migrantischem Hintergrund zur Wahl aufgestellt, in Vorarlberg ist der parteiunabhängige Mustafa Cicek, der in der Türkei geboren wurde und seit 1987 in Österreich lebt und arbeitet, sogar Spitzenkandidat. Auch er ist – nebenbei gesagt – Aktivist der ATIGF. Und Bright Oyairo, Arbeiterkammerrätin und KPÖ-Kandidatin, ist österreichische Staatsbürgerin und lebt seit 20 Jahren in Wien, kann aber trotzdem davon berichten, dass auch die “richtige” Staatsbürgerschaft nicht vor Diskriminierung schützt. Gleichwohl garantiert sie die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

Sylvia Köchl

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