KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Im Kampf um die Köpfe besteht Nachholbedarf


„Es ist notwendig, dass ein Arbeiter aus dem Betrieb zur Wahl antritt, der wirklich weiß, wie jemand mit tausend Euro im Monat auskommen muss, der die Probleme der Familien kennt, in denen die Eltern Schichtarbeit machen. Als solcher fühle ich mich legitimiert, für die Menschen einzutreten, im Gegensatz zu einem, der mit dem Hubschrauber angeflogen kommt, selbst Millionen an Spesen verrechnet und den Leuten erzählen will, wie man mit tausend Euro auskommen soll ...“ Für Peter Scherz ist das einer der Gründe, warum er für die KPÖ in der Steiermark als Spitzenkandidat zur Nationalratswahl antritt. Hubert SCHMIEDBAUER hat ihn zu Hause besucht und berichtet über das Gespräch mit ihm.

Kollege Scherz, du bist Werkzeugmacher und Betriebsrat im Magna-Steyr-Werk in Graz. Dein Gesicht ist auf den Wahlplakaten der KPÖ in der Steiermark zu sehen, die beschlossen hat, einen Arbeiter an die Spitze zu stellen. Unsere Leserinnen und Leser wollen mehr darüber wissen.

„Ich kandidiere für die KPÖ, weil ich seit meiner Jugend zur Arbeiterbewegung gehöre, seit mehr als zwanzig Jahren im Betriebsrat aktiv bin und einige Jahre als Arbeiterkammerrat für den Gewerkschaftlichen Linksblock“, begründet Kollege Scherz sein Antreten und präzisiert: „Hauptinhalt meiner Tätigkeit war immer die Vertretung der arbeitenden Menschen, zu versuchen, Ungerechtigkeiten gegenzusteuern, Hilfestellung zu geben und gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen Wege zu beschreiten, um für eine gerechtere Welt einzutreten. In Worte kann man natürlich leicht etwas fassen, bei uns im Linksblock und in der KPÖ ist es aber so, dass wir versuchen, das im politischen Leben umzusetzen. Das spielt sich zwangsläufig im kleinen Kreis ab, am Arbeitsplatz, aber gerade da ist es wichtig. Wir machen im Gegensatz zu anderen keine Unterschiede, fragen niemand, wo er hingehört – wenn er ein Problem hat, versuchen wir zu helfen. Das gelingt uns auch manches Mal.“

Missstände bekämpfen


Zur Zeit wird von verschiedenen Seiten die Frage zur Diskussion gestellt, vor allem Betriebs- und Gewerkschaftsfunktionäre wegen angeblicher Doppelfunktion von einer Kandidatur auszuschließen. Ist das bei den Kolleginnen und Kollegen ein Thema?

„Das Thema Gewerkschafter im Parlament ist von gewisser Seite sehr wohl gesteuert. Erstens ist man interessiert, möglichst wenige drin zu haben, denn dann gibt es gar keinen Widerstand mehr. Zweitens tun sie sich sehr leicht, weil sie es auf der Privilegiengeschichte aufhängen, die Gewerkschaftsvertreter als Privilegienritter hinstellen und gegen die Arbeiterschaft ausspielen können. Aber es kann nicht sein, dass ein Oberprivilegierter wie ein Haider den Arbeitern und Angestellten erklärt, was Privilegien sind. Darum müssen Unprivilegierte wie wir kandidieren.

Andere behaupten, eine kleine Partei wie die KPÖ ist wertlos. Aber in einer Zeit, in der sich alles nur um den Glanz und Glimmer der scheinbar heilen Welt kümmert, gibt es so viele Ungerechtigkeiten, so viele Missstände, die nicht nur aufgezeigt, sondern aktiv bekämpft gehören. Das ist unsere ureigenste Aufgabe. Das ist einer der Hauptgründe, warum ich kandidiere. Ein zweiter wesentlicher Grund ist – und das ist für mich der große Widerspruch unserer Zeit - dass die Großkapitalisten und die Spitzenpolitiker, die Großverdiener und Privilegienritter es schaffen, so zu reden als würden sie den kleinen Mann, die kleine Frau, verstehen, als würden sie sich in die Lage versetzen können, wie jemand von 1.000 Euro im Monat lebt.“

Gerechtigkeit nicht geschenkt


Wir sind von den alltäglichen Problemen in der Arbeitswelt zu den gesamtgesellschaftlichen, globalen Zusammenhängen gekommen. Wie kann man das sichtbar machen?

„Es treten ja die ganzen sozialen Widersprüche in ihrer kompletten Breite zutage: Familienprobleme, schulische Probleme, die ganzen gesellschaftspolitischen Entwicklungen. Da wundert man sich, dass in den entwickelten Industrieländern ein Geburtenrückgang herrscht, aber keiner fragt, warum. Keiner kommt auf die Idee zu fragen: Passen Kinder überhaupt in die globalisierte Wirtschaft, die angeblich immerfort wächst, immer besser und schneller wird – und in der immer weniger Menschen immer mehr produzieren. Passen da noch Kinder hinein? Leistungsdruck und Antreiberei wachsen ständig, die Arbeitszeiten werden flexibler, Tag und Nacht werden umgedreht. Ein intaktes Familienleben wird sehr behindert.

Wir stehen dafür, dass die Welt insgesamt demokratischer wird, gerechter wird, dass soziale Gerechtigkeit herrscht. Das bedingt zwangsläufig, dass die Werte gerechter verteilt werden als es derzeit passiert. Also Umverteilung der Reichtümer von oben nach unten. Das klingt einfach, ist aber in der Realität weit schwerer. Wir haben auch Rückschläge erlitten – wir wissen ja alle, was vor etwa fünfzehn Jahren passiert ist - aber gerade deshalb bin ich der Meinung, dass bei weitem keine Gerechtigkeit in der Gesellschaft herrscht. Dafür muss man kämpfen, das bekommt man nicht geschenkt. Als Betriebsrat möchte ich folgendes Beispiel bringen:

Es gibt in Österreich eine relativ fortschrittliche Arbeitsgesetzgebung, wenn auch nicht alles gut ist. Das ist eine Errungenschaft der Arbeiterklasse und hat unzählige Opfer und Rückschläge gekostet. Heute sind wir so weit, dass man sehr intensiv daran arbeiten muss, überhaupt das Niveau zu halten, geschweige denn von einem Ausbau der Errungenschaften zu reden.“

Es ist ein Kampf um die Köpfe

In letzter Zeit überschlagen sich die vier Parteien, von denen jede gern Regierung und keine Opposition sein will, mit Ankündigungen zur Steuerpolitik. Etwa so, dass die Löhne bis 1.000 Euro steuerfrei sein sollen – und damit den Unternehmern die Bezahlung anständiger Löhne erspart wird – und gleichzeitig die Spitzensteuersätze für die Millionenbezieher gesenkt werden. Was redet man in den Betrieben darüber?

„Das Thema Steuerpolitik wird unter den Kolleginnen und Kollegen nicht sehr breit diskutiert. Es ist aber ein Beispiel, wie die Kapitalseite ihre Argumente unter die Leute bringt: Sehr gut verpackte Scheinargumente und Lügen, manch einer glaubt ihnen das. Steuersenkung für alle heißt es, und wir wissen, das kann es nicht geben. Wir sind erstens für die Schließung der Schlupflöcher der Steuerhinterzieher – der Lohnsteuerzahler hat eh keine Chance zu hinterziehen. Von den Spekulanten hört man nichts, aber die so genannten Lohnnebenkosten wollen sie senken, die ein sozialer Eckpfeiler sind. Wir müssen es hinüberbringen: Lasst euch von den Kapitalisten nicht alles erzählen! Das ist der Kampf um die Köpfe, da haben wir einiges aufzuholen, denn die Gegenseite hat mit Geschick an Boden gewonnen.“

Gibt es für die Aktionen gegen Privatisierung von öffentlichen Unternehmen wie der Post und der Gemeindebetriebe oder für die Maßnahmen der Eisenbahner Solidarität?

„Im Kampf um die Köpfe hat es die Kapitalseite gut verstanden, die vergesellschafteten Produktionsmittel still und leise zu privatisieren. Verstaatlichung ist nix, nur privat ist gut – das haben sie in die Köpfe hineingebracht. Damit haben sie einen riesigen Keil in die Arbeiterschaft getrieben. Die „privaten“ Kollegen glauben, sie müssen gegen die „verstaatlichten“ Arbeiter antreten, und ein gewisser Haider war der Hauptantreiber. Angefangen hat es mit den „Sozialschmarotzern“, dann ist es gelungen, die Privaten und Verstaatlichten auseinanderzudividieren – im Interesse des Großkapitals, der internationalen Konzerne. Es ist keine leichte, aber eine lohnende Aufgabe, dagegen anzutreten.“

Die Entwicklung umdrehen


Ist nicht eine der dicksten Lügen der Regierungen die vom angeblichen Geldmangel, womit sie ihre Politik des Sozialabbaus und der Steuerungerechtigkeit begründen?

„Es ist eine traurige Bilanz, wenn man in einer Welt, in der die Reichtümer täglich wachsen, gerade in der Sozialgesetzgebung und in der Sozialpolitik scheinbar kein Geld mehr hat, weil sich die Großkonzerne international brutal alles unter den Nagel reißen wollen. Das ist ein Grund, dass es Leute geben muss, die dagegen auftreten, die versuchen andere zu gewinnen, in den Kampf einzusteigen und mitzuhelfen, diese Entwicklung erstens zu stoppen und dann in die Gegenrichtung zu drehen. Ein mutiges Unterfangen, aber ein unbedingtes Muss, dafür dazustehen.

Auch im Arbeitsleben sind viele Rechte, die einmal selbstverständlich waren, nicht mehr selbstverständlich, obwohl sie schriftlich niedergeschrieben sind: Arbeitszeitgesetze werden nicht mehr eingehalten, dasselbe bei der Entlohnung. Man muss oft für elementare Dinge neu antreten und sie neu erkämpfen – und das in einer Zeit, in der Milliardäre, Privilegienritter und vor allem die großen Konzerne mit Geld herumwerfen, das die arbeitenden Menschen erwirtschaftet haben.“

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Sozialdemokratie ohne Antworten

Wie funktioniert die Wechselwirkung zwischen Betrieben und Arbeiterkammer? Welche Entwicklungen sind in den Kammern, der Arbeit in den Betriebsräten und den Gewerkschaften sichtbar?

„Es gibt einen Informationsfluss zwischen Betrieben und Arbeiterkammer, aber es ist leider so, dass die Kammer zu einer Servicefunktion degradiert wurde. Die Arbeiterschaft hat das Bild von der Arbeiterkammer als kämpferische Interessenvertretung, die sich auf gesellschaftspolitischem Niveau mit den Problemen auseinandersetzt, verloren. Man versucht verzweifelt, mit großen Aktionen Stärke zu zeigen, aber jeder merkt, dass nicht allzu viel dahinter ist. Es ist ja wichtig, dass die Arbeiterkammer Begutachtungs- und Einspruchsmöglichkeiten bei der Gesetzgebung hat, aber die Durchsetzungsmöglichkeiten sind gering. Als Mitglied des sozialpolitischen Ausschusses in der AK sehe ich, dass im wesentlichen nicht allzu viel zu machen ist. Um das zu ändern, bedürfte es einer kämpferischen Rolle der Kammer.

Im Betriebsrat merkt man die Veränderungen der letzten Jahre. Früher hat es starre Fraktionsfronten gegeben. Ich sehe es positiv, dass sich das etwas aufgeweicht hat. Das heisst nicht, dass heute alles besser geworden ist. Es zeigt nur die Schwäche der Sozialdemokratie auf. Sie haben keine Antworten mehr zum ausufernden Kapitalismus. Damit haben wir zwangsläufig mehr Gehör, doch weil die große Fraktion schwach geworden ist, können wir insgesamt auch nicht mehr durchsetzen als früher. Aber es wird mehr diskutiert. Es gelingt auch, Anträge vom Linksblock einstimmig durchzubringen.“

Der ÖGB hat erst kürzlich stolz die Null-Sekunden-Streikstatistik für 2001 bekanntgegeben. Man hat den sozialen Frieden gewahrt, heißt es, und das ist wohl das Beschwören der Illusion von einer Partnerschaft zwischen Kapital und Arbeit...

„... Für mich ist es ein Armutszeugnis, dass in einem Jahr, das so viele Verschlechterungen für die Arbeiter, Angestellten und öffentlich Bediensteten gebracht hat, die Mobilisierung der Betroffenen unterlassen wurde. Das kann ein Schritt zur weiteren Demontage des Ansehens der Gewerkschaften sein. Der so genannte soziale Friede ist ein Waffenstillstand gegenüber den Angriffen der Konzerne. Für die Gewerkschaftsführungen wäre es überlegenswert, zu fragen, ob sie in der Vergangenheit nicht doch einiges falsch gemacht haben.“

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