Wie IWF und Weltbank Ländern des Südens als Vorbedingung für Umschuldungen und Entwicklungsgelder Strukturanpassungsprogramme verordnen, die einzig und allein multinationalen Konzernen sprudelnde Gewinne verschaffen.
Der Wassersektor galt noch bis Anfang der neunziger Jahre als das Aschenputtel des Dienstleistungssektors, während die Privatisierung vormals staatlicher Unternehmen in der Telekommunikation und der Energieversorgung längst boomte. Obwohl viele staatliche oder kommunale Versorgungsunternehmen Zuschussbetriebe sind, obwohl Einnahmeausfälle und Subventionen Löcher in Staats- und Stadthaushalte rissen, fällt vielen Regierungen die Vorstellung schwer, das lebenswichtige Gut Wasser profitorientierten Privatunternehmen zu überlassen. Doch inzwischen haben multinationale Unternehmen den städtischen Wassersektor in Hanoi und Mexico-City, Manila und Shanghai, Buenos Aires und Maputo und weit über hundert anderen Metropolen ganz oder teilweise übernommen.
"Entwicklungshelfer" aus Washington
Den Weg frei machten Strukturanpassungsprogramme und Sektorreformen, die IWF
und Weltbank den überschuldeten Regierungen des Südens als Vorbedingung
für Umschuldungen und neue, dringend benötigte Entwicklungsgelder
abfordern. Seit einigen Jahren verlangen sie auch im Wassersektor die Privatisierung
öffentlicher Versorgungsunternehmen, den Abbau von Subventionen und die
Einführung "kostendeckender", sprich: höherer Preise. Der
Staat soll sich darauf beschränken, die für die profitable Entfaltung
privater Unternehmen erforderlichen Rahmenbedingungen, also kalkulierbare, günstige
Investitionsvoraussetzungen zu schaffen. Doch die Rolle der "Entwicklungshelfer"
aus Washington beschränkte sich keineswegs darauf, den Wegbereiter zu spielen.
Sie helfen auch beim "Schmücken der Braut": Um eine Übernahme
für Investoren attraktiv zu machen, werden öffentliche Versorgungsunternehmen
entflochten und auf die rentablen Abteilungen "verschlankt" Verbindlichkeiten
umgeschuldet, Angestellte und Arbeiter entlassen. Zinsgünstige Kredite
aus Entwicklungshilfetöpfen verringern zudem Kosten und Risiken der Investoren.
Die enge Zusammenarbeit firmiert unter solch schönen Titeln wie "Entwicklungspartnerschaft".
Die Entwicklungshilfe für die Global Players wird damit gerechtfertigt,
dass auf diese Weise die Versorgung verbessert, marode öffentliche Versorger
saniert, die Wirtschaftlichkeit gesteigert und vor allem "Wasser für
die Armen" sichergestellt würde.
Leere Versprechungen
Doch die Wirklichkeit sieht meist anders aus. Im Bestreben, ihr Risiko niedrig, ihre Rendite hoch zu halten, konzentrieren sich die Konzerne vielfach auf die rentablen Filetstücke im Wassersektor: auf die wohlhabenden Wohn- und Geschäftsviertel und auf Industriebetriebe. Mit geringen Investitionen wie dem Einbau von Wasserzählern und verbessertem Gebühreneinzug steigern sie rasch ihre Einnahmen, ohne die Versorgungssituation grundlegend zu verbessern. Wo nichts zu verdienen ist in den Slums, bei der Abwasserentsorgung oder in den ländlichen Regionen , werden meist auch keine neuen Leitungen gelegt. VerbraucherInnen, die die oftmals höheren Preise nicht zahlen können, wird der Hahn abgedreht.
Die Regierungen, Städte und Gemeinden sind gegenüber den Global Players zumeist in einer schwachen Position. IWF und Weltbank drängen sie zu einer raschen Privatisierung, der Verkauf des Tafelsilbers verspricht vorübergehende Erleichterung von drückenden Schulden. Die globalen Wasserkonzerne können ihnen die Konditionen weitgehend diktieren, zumal sie durch Absprachen oder die Bildung von Konsortien die bereits geringe Konkurrenz noch weiter einschränken. Die verbreitete Korruption tut ein Übriges, um günstige Bedingungen für die Konzerne auszuhandeln: Gewinngarantien, Steuervergünstigungen und Absicherung gegen Wechselkursrisiken. Regulierungs- und Aufsichtsbehörden sind meist total überfordert, die global operierenden Goliaths zu kontrollieren, geschweige denn bei Verstößen gegen Vertragsbedingungen oder Umweltauflagen zur Rechenschaft zu ziehen.
Das eigentliche Geschäft für die Konzerne ist meist gar nicht der Verkauf von Wasser. Als Mischkonzerne liefern sie auch Rohre, Pumpen und teure Anlagen, importierte Technologie, sie führen durch ihre Tochterunternehmen Bauaufträge aus und kassieren für Beratungsleistungen. Sie bekommen einen Fuß in die Tür zur Übernahme auch anderer kommunaler und öffentlicher Dienstleistungen, etwa den Bau und den Betrieb von Krankenhäusern, Schulen und Universitäten.
Trotz des Vormarsches der globalen Wasserkonzerne wird auch in Zukunft der Anteil des öffentlichen Sektors groß bleiben, in Osteuropa, Afrika und Asien bei über 70 Prozent, so die Prognosen. Vor allem jene Bereiche, die nicht profitabel und deshalb für Investoren nicht attraktiv sind, verbleiben in öffentlicher Hand. Lösungen müssten daher vor allem hier ansetzen. Doch diese Perspektive wird durch die Privatisierung gefährdet - die Finanzquellen der öffentlichen Versorger für die notwendigen Investitionen trocknen aus. Zum einen sind die meisten auf Entwicklungsgelder angewiesen, da sie auf dem privaten Kapitalmarkt kaum Kredite bekommen. Diese Mittel müssen sie sich nun zunehmend mit den Global Players teilen. Zum anderen sinken ihre Einnahmen, da sich private Investoren die rentablen Filetstücke im Wassersektor sichern und damit die Möglichkeit zur Finanzierung des Ausbaus der Versorgung in ärmeren Gebieten, wo der Bedarf am größten ist, geschmälert wird.
Auszüge aus einer Studie über globale Wasserversorgungskonzerne von Uwe Hoering. Gekürzt und überarbeitet von Günther Wersching.
Weitere Infos: www.weedbonn.org