KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Die Mühen der Hürden

Von Bärbel Mende-Danneberg (22.6.2009)

Alleinerzieherinnen und Alte sind in besonderer Weise auf Transferleistungen angewiesen. Doch der Weg dorthin ist mühsam, die Scham ist groß und die Geduld endlich.

Wahrscheinlich wird mit der Resignation der Betroffenen gerechnet, denn schließlich muss das, was über dem Strich bei der Wirtschaftskrise rausgekommen ist, unter dem Strich wieder reinkommen in die Staatskassen. Österreich rühmt sich seiner Sozialleistungen, immerhin kommen in armutsgefährdeten Haushalten 60 Prozent des Einkommens aus Transferleistungen und Pensionen. Sieht man von den Altersleistungen ab, so bleibt noch immer ein durchschnittlicher Sozialleistun­gsanteil am Haushaltseinkommen von 16 Prozent. Das hört sich beachtlich an. Doch ebenso beachtlich sind die Hürden, die überwunden werden müssen, um bestimmte Vergünstigungen zu erhalten.

Beispiel 1: Das Kind einer Alleinerzieherin, das ein Musikgymnasium besucht, nimmt nachmittags an der Musikschule der Gemeinde Wien als Pflichtfach Klavierunterricht. Das kostet im Halbjahr 160 Euro. Nun hat diese prekär beschäftigte und an der Armutsschwelle lebende Alleinerzieherin Anspruch auf Ermäßigung. Sie bekommt ein Anmeldeformular von der Musikschule, in welchem steht: Für denn Fall, „dass Sie die einkommensbedingte Ermäßigung beantragen, kreuzen Sie folgendes bitte an: Ich werde in der Kassa der MA 13 – Musik- und Singschule Wien (…) die einkommensbedingte Ermäßigung beantragen. Ich habe im Rahmen der Anmeldung in der Musikschule ein Antragsformular für diese Gebührenermäßigung erhalten.“ Ein Gebührenermäßi­gungsformular, das früher automatisch mitgeliefert wurde, hat die Mutter aber nicht erhalten. Also hat sie mit nein geantwortet – und gemeint, diese Auskunft würde genügen und solch ein Ermäßigungsformular würde, falls notwendig, nachgeschickt. Was nicht der Fall war. Also hat die Alleinerzieherin die Frist versäumt und muss statt 80 nun 160 Euro zahlen. Die Information dazu ist so dürftig und vage formuliert, dass es fast schon nach Absicht ausschaut. Auch die Klavierlehrerin meinte, das sei verwirrend.

Beispiel 2: Die Wohnbeihilfe, die eine Alleinerzieherin bekommen möchte, erfordert einiges an zeitaufwändiger Vorarbeit: Sie muss zweimal jährlich per Fax/Brief ein Formular an die Hausverwaltung schicken, in welchem diese den Mietzins, die Quadratmeterzahl und den Wohnungsaufwand bestätigen muss. Weiters muss die Alleinerzieherin die Schulbestätigungen ihrer Kinder einholen, ihren Lohn- oder Gehaltszettel von der Steuerberaterin anfordern und das Ganze dann an die MA 50 schicken. Das kann dann zwar per Post/Fax erledigt werden, aber es ist erniedrigend, der Hausverwaltung und der Schule gegenüber den sozialen Status so oft und nachhaltig offenzulegen.

Beispiel 3: Die prekär arbeitende, schlecht verdienende und in ständiger Zeitnot lebende Alleinerzieherin möchte für ihr Kind nachträglich eine Ermäßigung für die Schullandwoche erwirken – die Kosten, die im Voraus begleichen werden müssen, bewegen sich zwischen 300 und 500 Euro. Sie muss in der Schule von der Direktion ein Formular holen, muss das ausfüllen und mit den diversen Unterlagen wieder in die Schule rennen, um alles bestätigen zu lassen (das geht nicht in einem Aufwasch). Danach eilt sie in die Wipplingerstraße, wo die Schulveranstal­tungen verrechnet werden und wartet auf Erledigung. Es ist die Bürokratie, die zermürbt, und die Zeit, die davon rinnt, um der Zettel- und Amtshauswirtschaft Genüge zu tun.

Viele Beispiele: Ähnlich mühsam ist es, eine Ermäßigung für die Nachmittagsbe­treuung des Kindes zu erhalten, auch beim Heizkostenzuschuss muss alles selbst recherchiert werden, und dass es einen Kulturpass gibt, wird einem/einer Arbeitslosen am Arbeitsamt schon gar nicht gesagt. Auf die Frage der Alleinerzieherin nach diesem meinte die AMS-Beraterin, unten bei der Information könne sie sich erkundigen.

Das soziale Wien ist in Zeiten des Sparens sparsam mit Informationen und Hilfestellung. Und so manch eineR resigniert und verzichtet auf das Zustehende. Wie gesagt, was oben rausgeht, etwa durch das Cross-Border-Leasing der Gemeinde Wien, bei dem Milliarden in den Sand gesetzt wurden, muss unten wieder reinkommen. Und dazu noch ein letztes Beispiel von der Wiener Volksbildung: Hat der Gymnastikkurs der Pensionistin in der Wiener Urania im vergangenen Semester noch 86 Euro gekostet, so beträgt er heuer 104,50 Euro, eine Steigerung also um mehr als 20 Prozent. Wie sagte doch gleich Marx – von nix kommt nix.

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