Von Bärbel Mende-Danneberg (18.5.2012)
Da rutscht dann einem doch einmal das Herz über die Zunge oder die Hand aus dem Hosensack. Hand aufs Herz: Es wäre oft sinnvoll und gut, wenn der Lehrer wie ich es sage, wird es falsch sein und ich sage es, wie ich es mir denke , wenn der Lehrer hin und wieder eine kleine Tetschn geben könnte. So legte sich der Kärntner FPK-Chef Uwe Scheuch in der ORF-Sendung Streitkultur vergangenen Montag ins Zeug für gewalttätige Erziehung.
Ein berechtigter Aufschrei hallte quer durch Medien und Parteien. Jahrzehnte, nachdem der Kinderarzt Hans Czermak eine denkwürdige Änderung des Kindschaftsrechtsgesetzes (BGBI Nr. 162/1989) erreicht hat, in welchem die gesunde Watschn verboten ist, macht sich einer stark für diese probate Erziehungsmethode. Nicht irgendeiner. Sondern der Chef der Kärntner Freiheitlichen. Nicht irgendeiner, dem, sagen wir einmal, das Referat für Brauchtum überantwortet wurde und der somit mit gesetzlich geltenden Erziehungsstandards nicht so vertraut ist. Sondern Uwe Scheuch, der Bildungsreferent dieser freiheitlichen Landespartei. Man sollte meinen, so einer würde die Gesetzeslage kennen: Die Anwendung von Gewalt und Zufügung körperlichen und seelischen Leides sind unzulässig, heißt es im Kindschaftsänderungsgesetz von 1989.
Ihm, Uwe Scheuch, sollte das bekannt sein. Ihm habe die Tetschn oder Watschn (beides ist trotz nachträglicher Verharmlosung dasselbe) jedenfalls nicht geschadet, sagt er (was stark bezweifelt werden muss). Kinder würden Ohrfeigen auch durchaus vertragen, bekundet er vollmundig, wir sind alle so groß geworden, es ist aus uns allen etwas geworden. (Was, sieht man ja.) Mit seiner Äußerung beruft sich Scheuch auf ein Brauchtum, das verheerende Auswirkungen auf die (Kinder-)Psyche hat, man rufe sich etwa Hanekes Film Das weiße Band in Erinnerung, in welchem der rabiate Erziehungsstil der Vorkriegszeit eine Spur zum aufkeimenden Faschismus zeichnet.
Vielleicht war ja der Faschismus auch nur eine falsche Semantik, wie H.C. Strache die Erziehungsvorstellungen seines Kärntner Bildungsreferenten verteidigt. Der habe sich ehrlich und klar entschuldigt für sein Missverständnis, meint Strache, es gebe keinen Grund für Konsequenzen. Der öffentliche Aufschrei zeigt, dass Scheuchs Äußerung sehr wohl richtig verstanden wurde. Das freiheitliches Bekenntnis zu Werten (wie plakatierte doch Barbara Rosenkranz im FPÖ-Bundespräsidenten-Wahlkampf: Ohne Mut keine Werte) zeigt, welche Werte aus freiheitlichem Mund ins öffentliche Herz souffliert werden sollen. Hand aufs Herz: Keine Konsequenzen? Ehrlich, freiheitlich, fatal. Statt verbale Tetschn auszuteilen, sollte sich Bildungsreferent Scheuch besser darauf konzentrieren, wie der steigenden Jugendarbeitslosigkeit in Kärnten begegnet werden könnte. Mit der gesunden Watschn sicher nicht.