KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Im Patriarchat nichts Neues

Von Hilde Grammel (4.4.2012)

Die Medienlandschaft in Österreich ist extrem geschlechterun­sensibel – das darf als bekannt vorausgesetzt werden. Auch profil ist da keine Ausnahme: Einzig und allein das Heft vor dem Internationalen Frauentag war, was Inhalte und AutorInnen anbelangt, auch für feministische Leserinnen ansprechend. Ansonsten wird frau schon auf Seite drei das ganze Jahr über in fast jedem profil von einer Riege männlicher Schreiber begrüßt, die ihre Meinungen zum Besten geben dürfen, außer Elfriede Hammerl hat eine Kolumne. Insgesamt ist die Ausgewogenheit nach Geschlechtern nicht gegeben, sodass der weibliche Blick auf die Welt bzw. die Protagonistinnen in derselben, unterrepräsentiert sind. Eine Erkenntnis, die eigentlich nicht neu ist und auch jedem Mann auffallen müsste, der mit offenen Augen durch die Welt geht.

Auch die Berichterstattung im aktuellen profil lässt in dieser Hinsicht zu wünschen übrig: Erstens sollten Männer niemals über Frauendiskrimi­nierung schreiben, denn sie tun das notgedrungener Maßen mit einem, sich durch ihre Geschlechtszu­gehörigkeit und der daraus resultierenden Verortung in der Gesellschaft ergebenden Bias (Voreingenommen­heit), was am Beitrag zum Mythos Einkommensschere auch durchgängig abzulesen ist. Da können Statistiken noch so klar eine andere Sprache sprechen. Warum Männer sie dennoch anders interpretieren und sie der Unwahrheit glauben überführen zu müssen, hat damit zu tun, dass sie den weiblichen Lebens- und Arbeitszusammenhang nicht annähernd nachvollziehen können oder – wie im vorliegenden Fall – wollen. Nur so sind auch Sätze wie diese zu erklären, „dass im Regelfall eher Frauen das Recht auf Elternteilzeit, das immerhin bis zum siebten Geburtstags des Kindes besteht, in Anspruch nehmen, kann niemand überrascht haben“ oder dass recht simple Zusammenhänge zwischen Teilzeitbeschäfti­gung und niedriger Pensionshöhe bestehen. Die Autoren haben scheinbar nicht verstanden, dass Frauen schon lange den gängigen Arbeitsbegriff und die gängige Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern kritisieren und dass Frauen auch weniger systemimmanent denken. Dass Arbeit nicht nur ist, was bezahlt wird, ist jeder Frau klar. Und auch, dass dem nicht so sein sollte. Männer hinterfragen den herr-schenden Arbeitsbegriff (eben aufgrund der Tatsache, dass sie anders leben) so gut wie gar nicht, wofür die Titelstory des letzten profil beredt Zeugnis ablegt. Und dass Mädchen noch immer unter den drei am schlechtesten bezahlten Lehrberufen wählen, ist auch ein Faktum, das mit dem Verständnis der Geschlechterrollen und den Zuschreibungen an Frauen zu tun hat. Aufgrund der bestehenden eklatanten Diskriminierungen – und der Diskriminierun­gsbegriff wird hier als ein struktureller und nicht als ein bloß formaler verstanden –, gerade jene wenigen Instrumentarien lächerlich zu machen und als unglaubwürdig darzustellen, die der Frauenpolitik zur Verfügung stehen, um auf diese hinzuweisen (wie den Equal Pay Day und Kampagnen der Frauenministerin gegen Teilzeitarbeit), ist genau Ausdruck des genannten Bias. Wenn die Maßnahmen der Frauenpolitik schon kritisiert werden, dann bitte doch dafür, dass sie mit neoliberalen Elementen des Qualitätsmana­gements (wie Offenlegung der Gehälter in Unternehmen) hantieren müssen, die die strukturell eingebaute Lohndiskriminierung nicht annähernd zu erfassen vermögen. Die Lohnschere ergibt sich ja nicht (nur) aus der Nichterfüllung der Forderung „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!“, sondern aus der eh schon immer vorhandenen Unter- und Nichtbewertung von Frauenarbeit in einem von Männern gemachten Wirtschaftsmodell. Wenn dieses dann wie in Österreich noch auf autoritäre, vom Faschismus geprägte männliche Charakterstrukturen stößt, wonach Kontrollverlust über Frauen als Männlichkeitsver­lust empfunden wird, halten sich Gerüchte besonders hartnäckig und erweisen sich Änderungen in Richtung Geschlechtere­galität und Gleichberechtigung trotz Differenz sehr schwierig. Eine Zeitschrift wie profil sollte wissen, wo es in diesen Auseinanderset­zungen steht. Und sie sollte darauf achten, dass nicht unüberprüft und unkritisch maskulinistische Positionen veröffentlicht werden.

Aber vielleicht reden wir ja weiter, wenn Männer selbstverständlich Unterbrechungen der Berufslaufbahn in Kauf nehmen, um sieben Jahre lang bei ihren Kindern zu bleiben und in Folge dessen mit durchschnittlich 39 Prozent geringeren Pensionen zufrieden sind, wenn hauptsächlich männliche Schulabgänger Friseure, Sekretäre und Verkäufer werden und wenn in österreichischen Medien Frauen 50 Prozent der JournalistInnen ausmachen. Das wäre dann der Tag, an dem Männer finden, dass unbezahlt arbeiten glücklich macht, von einer Frau abhängig zu sein die Erfüllung darstellt und die eigenen Bedürfnisse hintan stellen der Quell von Lebensfreude ist. Es wäre dann auch der Tag, an dem Frauen ständig über sich selbst reden und Männer nur vereinzelt um ihren Kommentar gebeten werden.

Gastkommentar: Mag.a Hilde Grammel ist Mitinitiatorin der Plattform 20000frauen

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