KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

„Wir Kommunisten müssen nicht um Verzeihung bitten”

Von KPÖ-International (23.11.2009)

Interview mit dem neuen Generalsekretär der Kommunistischen Partei Spaniens (PCE) José Luís Centella aus: „El País“.

Frage: Wie wird sich die PCE mit Ihnen als Generalsekretär ändern?

Antwort: Das ist kein persönliches sondern ein kollektives Projekt. Es ist ein Moment des Generationswechsels in der Partei und der Veränderungen in der Welt. Die Formen, wie wir Politik machen, ändern sich: die Aktivisten dürfen sich nicht so sehr auf interne Angelegenheiten fixieren, sondern müssen sich in den sozialen Kampf stürzen. Die PCE muss sich organisieren um vielen Menschen als ein Instrument zu dienen, das den Kapitalismus bekämpft.

F: Hat sie das denn bisher nicht getan?

Seit einigen Jahren haben wir zuviel Nabelschau betrieben und unsere Kraft im sozialen Kampf verloren.

F: Was behalten Sie von Ihren vier Vorgängern?

A: Von Francisco Frutos die Kohärenz, von Julio Anguita, dass er im Moment des Untergangs der UdSSR seinen kommunistischen Charakter bewahrt hat und nicht klein beizugeben, die Geschichte nicht um Verzeihung bitten.

F: Warum denken Sie, dass Sie sie nicht um Verzeihung bitten müssen?

A: Nicht nur muss man nicht um Verzeihung bitten, sondern ich glaube, dass die Geschichte der PCE eine der ruhmreichsten ist, die eine Partei in der Welt haben kann. Und was die Geschichte des Kommunismus betrifft, so gibt es Licht und Schatten, aber es ist die Suche nach einer gerechteren Gesellschaft. Was wir machen müssen, ist Selbstkritik, nicht um Verzeihung bitten. Um bei Ihrer Frage fortzufahren: von Gerardo Iglesias behalte ich seine Politik der Konvergenz, sich darüber im Klaren zu sein, dass die PCE nicht alleine die gesamte Linke dieses Landes repräsentiert. Diese Politik schuf Platz für die Bildung der IU und die PCE wird diese Linie vertiefen. Und von Santiago Carrillo behalte ich, dass er im Kampf gegen Franco nicht das Handtuch warf.

F: Kommen von diesem Parteitag neue Vorschläge?

A: Die Probleme des Kapitalismus sind nicht neu. Was es geben wird, sind konkrete Vorschläge. Das Neue ist, dass das Konzept der Revolution heute nicht das des vergangenen Jahrhunderts ist. Heute ist das Fundamentale die partizipative Demokratie und nicht die Machtergreifung.

F: Haben Sie den ideologischen Kampf verloren?

A: Die Rechte hat eine Schlacht (aber nicht den Krieg) gewonnen: Sie hat erreicht, dass das „rette sich wer kann“ über das Kollektive vorherrscht. Die Linke muß verständlich machen, dass die Solidarität ein Wert ist. Diese Krise hat nur einen Ausweg: die soziale Mobilisierung. Der Fehler der Linken war, sich nicht diesem Kampf zu stellen.

F: Was sind Ihre Rezepte um die Krise zu beenden?

A: Eine öffentliche Bank, die strategischen Sektoren der Wirtschaft in öffentliche Hand, beginnend mit der Energie, eine klar progressive Steuergesetzgebung und demokratische Kontrollmecha­nismen.

F: Schaut die PCE auf Hugo Chávez, Evo Morales, Raúl Castro, oder auf Lula?

A: Man möchte einen, natürlich falschen Unterschied zwischen der akzeptablen Linken von Lula und der nicht akzeptablen von Chavez konstruieren. Beide haben dazu beigetragen, dass die lateinamerikanische Linke heute weltweit der Bezugspunkt für die Linke ist.

F. Sehen sie Demokratiemängel in Venezuela und in Kuba?

A: Ich sehe Demokratiemängel in der ganzen Welt, angefangen mit Spanien. Wir können keine Lektionen erteilen: wir haben ein Parlament, wo „eine Person eine Stimme“ nicht funktioniert und wir sehen Korruptionsfälle.

F: Und die politischen Gefangenen in Kuba?

A: In Kuba gibt es Personen, die eingesperrt sind, weil sie Mittäter bei terroristischen Attentaten waren, weil sie im Sold der US-Botschaft standen. Wenn die Blockade der USA beendet sein wird, wird es möglich sein, dass wir auch von anderen Dingen sprechen.

F: Ließ Zapatero (sozialdemokra­tischer Ministerpräsident, Anm. d.Übers.) mit seiner Politik der sozialen Reformen wenig Spielraum für die Linke?

A: Nein, es gibt viel Platz für die Linke. Das Problem ist, dass die IU ihren Platz nicht gesucht hat, ihn nicht definieren konnte, nicht den Willen dazu hatte. Jetzt beginnt sie es zu tun.

F: Fürchten Sie, dass der Prozess der Neugründung der IU (Vereinigte Linke) die Hegemonie der PCE beschneiden wird?

A: Wir stehen mit aller Loyalität zur Neugründung der IU. Wir wollen Teil der IU sein, weder der hegemoniale Teil noch derjenige, der zur Strafe im Winkerl steht. Wir wollen uns mit anderen Kräften vereinen. Wir werden weniger hegemonial sein, aber viel mehr Menschen haben.

F: Fühlt sich ein Kommunist schlecht in diesen Tagen der Feiern des Falls der Berliner Mauer oder fühlt er sich gut?

A: Also… traurig weil das mit der UdSSR eine historische Niederlage war. Aber es gibt uns auch eine Bestätigung der kommunistischen Werte, die weit über der sowjetischen Erfahrung stehen. Der Kapitalismus hat die Probleme in diesen 20 Jahren nicht gelöst. Diejenigen, die den Fall des Kommunismus feiern, haben wenig zu feiern.

F: Hat die UdSSR Fehler oder Verbrechen begangen?

A: Die Geschichte der Menschheit ist voll von Verbrechen. Kein Christ hört auf einer zu sein wegen der Verbrechen der Inquisition, kein Demokrat betrachtet sich heute verantwortlich für die Verbrechen der Französischen Revolution. Gleichermaßen braucht sich heutzutage kein Kommunist als Erbe der Verbrechen fühlen, die tatsächlich im Namen des Kommunismus begangen wurden.

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