KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Vor Linksruck in Frankreich?

Von Walter Baier (6.4.2012)

Die ersten drei Seiten (!) widmete am Dienstag die wichtigste französische Tageszeitung, „Le Monde“ Jean Luc Melenchon, dem Kandidaten der französischen Linksfront (bestehend aus der KP-Frankreichs, der Parti de Gauche und der Gauche Unitaire – letztere hat sich von der mehrheitlich trotzkistischen „Neuen Antikapitalis­tischen Partei“ abgespalten und sich als dritte der französischen Linksparteien im Jänner der Partei der Europäischen Linken angeschlossen). Mit 4,5 Prozent war Melenchon zu Jahresbeginn in den Wahlkampf gestartet. Inzwischen ist er in den Umfragen sowohl an Francois Bayrou (Liberaler) als auch Marine Le Pen, die Kandidatin des rechtsextrem-nationalistischen Front National vorbeigezogen und liegt mit 15 Prozent hinter dem Amtsinhaber Sarkozy und seinem sozialdemokra­tischen Herausforderer Francois Hollande an dritter Stelle. Und die Kampagne entfaltet sich weiter. Melenchon gelingt es mit seinem revolutionären, populären Diskurs als erster Linkspolitiker seit dem historischen Führer der Französischen KP, Georges Marchais, das „linke Volk“ Frankreichs zu einigen: 120.000 waren am 18. März zu einer Wahlkundgebung auf den Pariser Platz der Bastille geströmt. 23.000 waren es eine Woche später in Lyon, 70.000 (!) am Place du Capitole in Toulouse am 5. April. Inzwischen sind es Hunderttausende in Dutzenden Städten. Das Volk meldet sich zu Wort.

Vor einigen Wochen hat „Le Monde“ Melenchons Wahlkampf als die „Renaissance du militantisme communiste“ (die Wiedergeburt des Kommunistischen Aktivismus) bezeichnet. Doch inzwischen ist sein Wahlkampf zu einer Volksbewegung für die Neugründung der Republik geworden. Von den Medien nicht einmal mehr ausgeschlossen, dass der Kandidat der Linken der Linken noch zum zweitplatzierten Hollande aufschließen und damit den zweiten Wahlgang, das heißt, die direkte Konfrontation mit Sarkozy erzwingen könnte.

Doch die große Wahlauseinander­setzung in Frankreich ist mit der zweiten Runde der Präsidentschaf­tswahlen noch nicht vorbei. Ein Monat später wird das Parlament, die Nationalversammlung neu gewählt. Auch hier wird die Linksfront geeint antreten. Über die KandidatInnen wurde vergangenes Jahr Übereinstimmung erzielt. Mehrere politische Szenarien sind im Folgenden möglich: Selbst wenn, was aus heutiger Sicht nicht wahrscheinlich ist, Sarkozy neuerlich zum Präsidenten gewählt würde, könnte er im Parlament einer linken Mehrheit gegenüber stehen, innerhalb derer die Linksfront und auch die KommunistInnen einen starke Kraft bilden könnten.

Die politischen Konsequenzen eines Linksrucks in Frankreich für Europa lassen sich noch nicht abschätzen. Doch eine entscheidende Lehre scheint sich schon jetzt aus der Kampagne zu ergeben: Der Vormarsch der rassistischen, nationalistischen Rechten, im französischen Fall des Front National, kann aufgehalten werden; allerdings nicht von einer farblos, angepassten Sozialdemokratie, sondern von einer Linken, die die Konfrontation mit den Zumutungen der Finanzmärkte sucht und auch zum Ungehorsam gegenüber den politischen Vorgaben der Europäischen Kommission entschlossen ist.


Aktuelle Berichterstattung über den Wahlkampf und Direktübertragungen der Großkundgebungen mit J. L. Melenchon finden sich auf der web-site der französischen KP . Das nächste große Meeting findet am 14. April in Marseille statt.

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