KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Zeit für eine Flaggschiff-Kampagne

(23.12.2013)

Was den vorliegenden Antrag und die Nominierung von Alexis Tsipras als Kandidaten für den Kommissionspräsidenten betrifft: Es ist wichtig, das wir ihn beschließen, und es gibt viele Gründe dafür. Redebeitrag von Mirko Messner auf dem 4. Kongress der Europäischen Linkspartei in Madrid

Lass mich zwei Gründen nennen: Erstens brechen wir das dominierende Monopol der Dominierenden in der politischen und medialen Auseinandersetzung. Das hat nichts mit einer Akzeptanz dieses Amtes zu tun, sondern ist, was nicht schwer zu erkennen ist, ein symbolischer Akt. Indem wir aber diesen Akt mit der Person Alexis Tsipras verknüpfen, verknüpfen wir ihn mit dem praktischen, eben nicht symbolischen Widerstand gegen die Politik des sozialen Massakers. Diese Verknüpfung kann, wenn wir es richtig machen, europaweit zu einem Katalysator im EU-Wahlkampf werden, indem wir auf diese Weise schnell, ohne Umwege, den Zugang zu jenen Menschen finden, die die herrschenden Zustände in Europa zunehmend unerträglich finden.

Und zweitens: Wir helfen damit dem griechischen Widerstand und Syriza. Denn eine der Methoden, mit denen ihre Gegner sie aufzuhalten versuchen, ist, sie im europäischen Zusammenhang als isoliert darzustellen. Wir wollen zeigen, dass das Gegenteil der Fall ist. Darum freuen wir uns über die Bereitschaft von Alexis Tsipras, diese Rolle im Wahlkampf zu unternehmen, und unterstützen den vorliegenden Antrag.

Ich spreche hier als Vertreter der KPÖ. Unsere Partei hat seinerzeit empfohlen, gegen den EU-Beitritt zu stimmen. Wir haben auch gut argumentiert, und unsere Argumente wurden durch die Entwicklung in der EU bestätigt.

Unterdessen ist einige Zeit vergangen, die von Seite der herrschenden Klasse, ihres politischen Personals, der Marktmächtigen, der Banken und Konzerne genutzt wurde, um die Integration ökonomisch und rechtlich zu vertiefen, um den Sozialstaat ins Visier zu nehmen, soziale Errungenschaften abzubauen, die Reichen reicher und die Armen ärmer zu machen – sowie auf diese Weise der extremen Rechten ein großes Exerzierfeld aufzumachen. Europa bzw. die EU ist in einem Maße zu einem gemeinsamen Feld der sozialen, ökonomischen und kulturellen Kämpfe geworden, wie es bisher noch nicht der Fall war.

Natürlich kann man versuchen, diesen gemeinsamen Raum zu verlassen. Vielleicht werden auch die Betreiber des EU-Projekts, also jene, die an den Hebeln der Macht sitzen, selber ihr eigenes Projekt zertrümmern. Kann sein. Aber weder die eine noch die andere Option ist eine Alternative für uns, die EL und ihre Mitgliedsparteien. Nicht nur, weil man aus dem Kapitalismus nicht austreten kann. Nicht nur, weil eine solche Exit-Strategie ein Nachgeben gegenüber dem europaweit grassierenden Nationalismus bedeutet. Sondern auch, weil die Exit-Strategie im Namen nationalstaatlicher Souveränität letztlich das Gegenteil bewirkt. Ein Austritt Österreichs aus der EU würde z. B. vor allem eines bewirken: eine noch stärkere Abhängigkeit von Deutschland in ökonomischer, kultureller und politischer Hinsicht.

Es ist für uns in Österreich aufschlussreich zu beobachten, wie auf der einen Seite der Mainstream, auf der anderen die Rechtsextremen sich abmühen, die EU-Wahl als Votum für oder gegen die Mitgliedschaft in der EU darzustellen. Wir dagegen bemühen uns so gut wie wir können, die EU-Wahlen eben nicht als Votum für oder gegen die EU zu propagieren, sondern als Votum für oder gegen den Niederriss der sozialen und demokratischen Errungenschaften in Europa, für jene Errungenschaften, für die die internationalen Brigaden, die demokratischen Bewegungen, die Frauenbewegung, die Bewegung der Arbeiter und Arbeiterinnen Europas ihre Energie, ihre Nerven und viel zu oft ihr Leben gegeben haben.

Darum bemühen wir uns in diesen Tagen, für die EU-Wahlen ein progressives Wahlbündnis auf die Füße zu stellen. Ob was daraus wird, ist noch offen. Aber es freut mich, dass wir hier in Madrid Vertreter der Parteien, mit denen wir im Gespräch sind, als Gäste begrüßen konnten.

Erlaubt mir noch einige Worte zur Situation unseres Parteitags. Was die Analyse der Zustände betrifft, haben wir weitgehende Übereinstimmung, auch darin, dass wir daran noch arbeiten müssen. Auch in Bezug darauf, was geschehen muss, um die laufenden und bevorstehenden sozialen Massaker zu stoppen, stimmen wir im Großen und Ganzen überein. Aber was uns noch immer fehlt, was wir noch immer nicht zustandegebracht haben, obwohl wir es versucht haben, was wir also unbedingt und so rasch wie möglich zustandebringen müssen, ist so etwas wie eine gesamteuropäische Flaggschiff-Kampagne. Eine Kampagne, die es den Arbeitenden, den Arbeitslosen, den prekär Lebenden in allen Ländern Europas ermöglicht, im eigenen Interesse gegen die Logik der Finanzmärkte und des Sozialabbaus Stellung zu nehmen. Und die Europäische Linke als jene Kraft wahrzunehmen, die in der Lage und willens ist, dieses Interesse im Namen der Erniedrigten und mit ihnen gemeinsam durchzukämpfen.

Wir alle sehen: die neoliberale Hegemonie ist angeschlagen. Aber es gibt zwei Zaubersprüche, auf die sie sich stützen kann, und die in der Bevölkerung verbreitet sind und verbreitet werden. Der erste lautet: Die Lage ist zwar schlecht, aber man kann nichts dagegen machen. Und der zweite: Man kann sich als Individuum vor Verarmung schützen, wenn man sich nur gut verkauft. Beiden Sprüchen droht angesichts der realen Zustände, dass sie an Wirkungskraft verlieren. Aber noch ist es nicht so weit.

Und darin, in der Entzauberung dieser – die Hegemonie befördernden – Illusion, liegt unsere Verantwortung.

Unsere Verantwortung ist es, die Kräfte der sozialen und kulturellen, politischen Opposition zusammenzubringen und den zivilisatorischen Niedergang unserer Gesellschaften aufzuhalten, sowie über die Krise hinaus eine Perspektive jenseits von Profitmaximierung, vernichtender Konkurrenz und Rassismus zu entwickeln. In diesem Sinne: gemeinsam wollen wir unausstehlich sein. Aber wir müssen Tempo zulegen. Und eine Flaggschiff-Kampagne kann dazu beitragen.

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