KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Melina Klaus, stellvertretende Vorsitzende der KPÖ mit Mirko Messner, Bundessprecher und Florian Birngruber, Bundeskoordinator der KPÖ im Podium der Besprechung des Bundesvorstandes zur Nationalratswahl: Die KPÖ wird als Alternative zur Rechtspolitik im Land mit einer offenen Liste antreten.

KPÖ tritt mit offener Liste zur Nationalratswahl an

(25.6.2017)

Die Gespräche mit Unabhängigen werden in den nächsten Wochen intensiv fortgesetzt. Im Fokus der Wahlbewegung steht der Kampf um die Stimmen der Enttäuschten und Besorgten.
Der erweiterte KPÖ-Bundesvorstand, der am 24. Juni 2017 in Wien tagte, hat einstimmig die Kandidatur der KPÖ mit offener Liste zur kommenden Nationalratswahl beschlossen. Hintergrund dieses Beschlusses ist das erfreuliche Interesse von Personen aus unterschiedlichen Zugängen, den Wahlkampf der KPÖ persönlich zu unterstützen und deutliche Zeichen gegen den Trend nach rechts zu setzen.

KPÖ-Bundessprecher Mirko Messner: „Wir öffnen unsere Listen für all jene Einzelpersonen und Gruppen, die für mehr soziale Gerechtigkeit, für gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit und ein Ende der Diskriminierung von Frauen eintreten. Wir öffnen unsere Listen für all jene, die für leistbares und zeitgemäßes Wohnen eintreten. Wir sind bereit zur Zusammenarbeit mit all jenen, die eine fortschrittliche und soziale Bildungs- und Kulturpolitik und eine Verkehrspolitik einfordern, die den ökologischen Notwendigkeiten gerecht wird. Und nicht zuletzt rufen wir zur Mitkandidatur auf unseren offenen Listen all jene auf, die sich dem Kampf gegen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus und zunehmende Frauenfeindlichkeit auf vielfältigen Ebenen verpflichtet fühlen. Wir wenden uns an all jene, die für eine Politik eintreten, die die Menschenrechte nicht verspottet.“ Viele AktivistInnen der KPÖ sind aktuell dabei die Gespräche mit verschiedenen Gruppen und Personen fortzuführen, so Messner, „um viele unabhängige Kandidaten und Kandidatinnen für die Liste zu gewinnen.“

Bundessprecher leitet die politische Debatte im Bundesvorstand ein
Mirko Messner führt in seiner Einleitung zur Debatte aus, dass es zu Beginn der Überlegungen zu den Nationalratswahlen nützlich ist, auch wenn das von der KPÖ schon x-mal analysiert wurde, sich den großen europäischen Rahmen in Erinnerung zu rufen, in dem sich die Politik heute abspielt.
Die Kurzfassung desselben lautet: Im Rahmen einer multiplen Krise – Wirtschaft, Ökologie, Finanzen und so weiter – wird der nach 1945 als Ausdruck eines Klassenkompromisses entstandene Sozialstaat ein- und abgerissen. Je nach Verfasstheit der europäischen Länder in unterschiedlichem Tempo und mit unterschiedlicher Brutalität.
Hier bei uns wird dieser Abriss auf österreichische Art umgesetzt, scheibchenweise und trotzdem konsequent, mit kleinräumigen Entlastungsan­geboten, die den großen Raubbau so weit wie möglich aus dem Sichtfeld der Bevölkerung rücken. Im Bewusstsein der Mehrheit widerspiegelt sich diese Situation unterschiedlich. Die vorherrschende Stimmung läßt sich am Besten mit „um Himmelswillen, es soll nicht schlimmer werden, und vor allem soll es nicht mich treffen“ beschreiben.
Aber es wird auch die Zahl jener immer größer, die es schon getroffen hat, die sich fragen müssen, wie sie den kommenden Tag über die Runden bringen sollen. Die der Sozialdemokratie aus Erfahrung nicht mehr glauben. Die immer weniger Sicherheit verspüren, je lauter die Sicherheitspro­paganda wird. Messner sprach also von den Enttäuschten, die die zunehmende Ungleichheit in der Gesellschaft am eigenen Leib erleben. Der offene Umverteilungspro­zess von unten nach oben zeigt die extreme Konzentration von Reichtum und Einkommen in den Händen weniger auf der einen Seite gegenüber der zunehmenden Angst vor Armut, Arbeitslosigkeit und Wohnungslosigkeit auf der anderen Seite.

SPÖ macht FPÖ regierungsfähig

„Kannst eh nix machen. Egal, wen man wählt: Wählen hat keinen Sinn.“ Diese Sprüche vom sogenannten Stammtisch werden durch einige empirische Untersuchungen des Wahlverhaltens in Deutschland gestützt. Sie kommen zum Ergebnis, dass die soziale Spaltung im Wahlvolk fortschreitet. Jene, die zu Hause bleiben anstatt zu wählen, sind vor allem Menschen aus ärmeren und armen sozialen Milieus. Was wiederum bedeutet, die Ärmeren überlassen das Wählen jenen, die nicht so oder gar nicht arm sind. Wir dürfen annehmen, dass diese Tendenz auch für Österreich gilt. Das Verhalten der Wählenden bringt Parteiensysteme ins Wanken, die politische Landschaft ändert sich.
So auch in den jüngsten bedeutenden Wahlgänge in Europa. Macron: Sein rauschender Wahlsieg ist nicht nur Resultat einer skurillen Wahlordnung. Diese hat es ihm ermöglicht, mit rund zwölf Prozent der Stimmen aller Wahlberechtigten eine absolute Mehrheit an Mandaten einzufahren. Man kann dieses Resultat auch anders lesen, nämlich, dass die Legitimationsbasis der herrschenden Politik äußerst dünn und damit die Funktionalität der liberalen Demokratie in Frage gestellt ist. Tatsache allerdings bleibt, dass das traditionelle Parteiensystem in Frankreich abgewählt worden ist. Der französischen Situation steht die Situation in Großbritannien und in Deutschland gegenüber. Corbins Partei ist es gelungen, sich mit einem sozialdemokratisch linken Programm zu stabilisieren, während sich in Deutschland die bürgerlichen Fraktionen vor allem auf Kosten der Sozialdemokratie wieder erholen, deren Werte wiederum in den Keller rasseln.
Mirko Messner führte das aus, um auf eine österreichische Spezialität einzugehen, die auch für den bevorstehenden Wahlkampf der KPÖ relevant ist. Sowohl Macron als auch die deutschen Bürgerlichen halten sich zugute, dass sie die Rechtsextremen zwar nicht aufgehalten, aber auf Distanz gehalten haben. In Österreich läuft es derzeit umgekehrt ab: Kerns Kriterienkatalog hat den Titel „Schluss mit der Ausgrenzung der FPÖ“. Es liegt auf der Hand, dass dieser Kriterienkatalog eine taktische Variable der Kern-SPÖ ist, sich die FPÖ für eine etwaige Regierungszusam­menarbeit warm zu halten. Und Hofer von der FPÖ hat auch schon entsprechend reagiert. Im Standard vom 16. Juni heißt es dazu: „Die FPÖ kann mit den roten Bedingungen für eine etwaige Regierungszusam­menarbeit nach der Nationalratswahl im Oktober gut leben“. Für Norbert Hofer wäre „nur ein einziger Punkt mit größerem Gesprächsbedarf verbunden: Kern möchte die Abschaffung des Pflegeregresses durch eine Erbschaftssteuer finanzieren“. Und das, so Hofer, lehnt die FPÖ ab. Kern darauf vor Journalisten: Auch er „beharre“ nicht „auf der Erbschaftssteuer als Finanzierung der Abschaffung des Pflegeregresses“. Andere „vermögensbezogene“ Steuern seien denkbar.

Was inhaltlich von Kerns Kriterienkatalog zu halten ist, erinnert also ziemlich stark an den Spruch von Marx, also nicht vom Karl, sondern vom Groucho von den Marx-Brothers: „Ich habe eiserne Prinzipien. Wenn sie Ihnen nicht gefallen, habe ich auch noch andere.“
Weniger lustig ist, was als Folge dieser konzentrierten Anbandelungsver­suche der Kern-SPÖ an die FPÖ voraussehbar ist: Ein Schub für die Änderung der politischen Kultur in Österreich durch Aufwertung rechtsextremer, populistischer Politik- und Verhaltensmuster, Erhebung des xenophobieschwan­geren Diskurses in den Salon. Dort ist er zwar schon längere Zeit zuhause, aber die österreichische Sozialdemokratie macht den Weg für seine politische Adoption frei. Und das geht über das bisherige Maß der Kooperation der österreichischen Sozialdemokratie mit der FPÖ entschieden hinaus.
Es gibt in diesem Zusammenhang aber noch eine weitere österreichische Spezialität: Die Nationalisten in unserem Land sind genauso rechtsextrem und Xenophobie verbreitend wie andere Nationalisten anderswo auch, aber sie sind darüber hinaus Deutschnationale in österreichischem Gewand.

Mit einem Wort – für den kommenden Wahlgang heißt das alles, egal, ob ÖVP oder SPÖ – Strache wird mitgewählt. Die Linie der Kern-SPÖ stößt unter den sozialdemokratisch Denkenden und Fühlenden nicht auf ungeteilte Zustimmung, viele sind zu Recht entsetzt darüber. Die Zahl jener, die über diese Rechtsentwicklung bis tief ins bürgerliche Ambiente hinein besorgt sind, nimmt zu.

Mirko Messner: „Die Enttäuschten und die Besorgten, das ist die Umschreibung jener Teile der Gesellschaft, um deren Zustimmung wir bei den kommenden Wahlen kämpfen müssen. Wir werden das mit einer offenen Wahlliste tun, gemeinsam mit parteilosen oder nicht der KPÖ angehörigen Menschen, die mit ihrer Kandidatur ein starkes Zeichen gegen den Rechtstrend setzen wollen.“

Weitere Details zur Kandidatur folgen in den nächsten Tagen.


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