KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Hevalno! Newroz pîroz be!

Von: KPÖ-PD (Wien) (1.4.2016)

Am 26. März feierte die kurdische Community in Wien Newroz. Auch die KPÖ war eingeladen, an den Feierlichkeiten teilzunehmen und eine kurze Rede zu halten. Nachfolgend die Rede des Vertreters des KPÖ-Bundesvorstands, Gen. Coni Jungkind.

Liebe Genoss_innen! Hevalno! Newroz pîroz be! Im Namen der KPÖ und der Jungen Linken wünsche ich euch ein schönes Fest. Mein persönlicher Bezug zur kurdischen Frage ist noch gar nicht so alt. Es war im Sommer 2014, als der IS Kobanê angriff.
Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich ganze Nächte auf Twitter verbracht und versucht habe herauszufinden, was gerade passiert. Dass ich nicht schlafen konnte, weil zu befürchten war, dass die Stadt fällt und Tausende tot sind, wenn ich wieder aufwache.
Wir wissen, das ist nicht geschehen. Das von den Islamisten voreilig in Ayn al-Islam umgetaufte Kobanê wurde statt zur „Quelle des Islam“ zum Grab des Islamischen Staats. Die Milizen der ypg/ypj haben das vermeintlich Unmögliche geschafft und dem IS seine bisher schwerste Niederlage zugefügt. Und das mitzubekommen, wie ein paar unterbewaffnete kurdische Kämpfer_innen die schlimmste Terrororganisation der Welt zu Fall bringen, das hat mich verändert. Ich meine damit nicht nur, dass ich sehr viel über die kurdische Bewegung und Kultur gelernt habe und dass ich wunderbare neue Freund_innen gewonnen habe, nein. Was die ypg/ypj in Kobanê vollbracht haben, das hat mir Hoffnung gegeben. Es hat mir gezeigt, dass in einer Zeit, in der überall von der Alternativlosigkeit und vom Ende der Geschichte die Rede ist, die Linke immer noch in der Lage ist zu siegen!
Ich habe die Videos gesehen, wie tausende Menschen die Grenze bei Kobanê gestürmt haben, um sich der Verteidigung anzuschließen, und habe gesehen, wie die Solidarität gegen die erdrückende militärische Übermacht gesiegt hat. Und wenn das möglich ist, dann ist alles möglich!

Von allen Errungenschaften der kurdischen Bewegung möchte ich eine ganz besonders hervorheben: die feministische. In einer Region, in der es vor nicht allzu langer Zeit undenkbar war, dass eine Frau ohne Erlaubnis ihres Mannes das Haus verlässt, befehligen Frauen heute Armeen, leiten Planungsausschüsse und besetzen wichtige politische Funktionen. Die einzigen Städte in der Türkei, die von Frauen regiert werden, sind kurdische Städte. Und auch wenn in dieser Frage noch viel zu tun ist: die Kurdinnen haben dem Patriarchat einen schweren Schlag versetzt. Die Bilder der kämpfenden Frauen sind um die ganze Welt gegangen, und sie haben das Potenzial, die Frauen im Nahen Osten und weltweit in ihrem Mut und ihrem Selbstbewusstsein zu stärken, aufzustehen gegen ihre Unterdrückung! Und ihr dürft zurecht stolz darauf sein, dass Parolen wie Jin – jiyan – azadi! mittlerweile bei feministischen Demonstrationen auf der ganzen Welt gerufen werden.

Und damit kommen wir zu Österreich.
Wir alle wissen, die Rechten sind auf dem Vormarsch. Sie schüren die Angst vor dem Terror des IS. Aus jedem Menschen, der aus dem Nahen Osten kommt, wird ein potenzieller Terrorist und Vergewaltiger gemacht, völlig egal, welche Religion dieser Mensch hat. Auch euch trifft das. Die Menschen, die am wenigsten mit dem Islamismus zu tun haben, werden mitverantwortlich gemacht auch für die jüngsten Ereignisse in Brüssel. Und dem können wir am besten begegnen, wenn wir aus der ewigen Verteidigungshal­tung herauskommen. Wenn wir zeigen: die FPÖ und der Islamismus, das sind keine Gegensätze. Das sind zwei Seiten der selben Medaille. Und wenn wir zeigen: die Menschen, die sich dem IS entgegenstellen, die ihm seine schwerste Niederlage zugefügt haben, die heißen in aller Regel nicht Heinz-Christian oder Johanna, sondern Meryem oder Ahmed! Diese Tatsache hat schon so manche rassistische Wahnvorstellung erschüttert.
Und das übrigens auch zum Thema „die Menschen aus dem Nahen Osten verstehen unsere Werte nicht“. Welche Werte sind das denn? Die der französischen Revolution – Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit? Dann müssten wir unsere gesamte Regierung zum Wertekurs nach Kobanê schicken, denn von diesen Werten hat dort jedes Kind mehr verstanden als eine Frau Mikl-Leitner oder ein Herr Faymann. Und mehr als das, diese Werte werden dort nicht nur verstanden, sie werden gelebt und mit der Waffe in der Hand verteidigt, während hier die Freiheiten, die der bürgerliche Staat gewährt, im Namen der Terrorismusbekämpfung immer weiter eingeschränkt werden. Oder ist die Freiheit, von der da geredet wird, vielleicht doch nur die des freien Marktes? Wenn das so ist, bin ich froh über jeden sogenannten Integrationsver­weigerer! Ja, es ist eine legitime Forderung, auf die uneingeschränkte Achtung der Menschenrechte zu pochen. Auch gegenüber Flüchtlingen. Aber es ist verdammt noch mal nicht legitim, wenn ein Land, dessen Führung von Männerbünden, religiösen Strukturen und alten Nazis geprägt ist, sich selbst plötzlich als Bastion der Frauenrechte und der Aufklärung inszeniert, sobald es um Flüchtlinge geht! Wenn ein HC Strache von Werten redet, dann laufen diese Werte nämlich auf eine Barbarei hinaus, die mit der des IS absolut vergleichbar ist – die aber hier mehrheitsfähig ist. Und an dieser Stelle möchte ich einfach mal danke sagen: danke an euch, dass ihr uns mit diesen Österreicher_innen, den Überfremdungspa­ranoiker_innen und Ewiggestrigen nicht allein lasst! Danke, dass ihr zeigt, wie sich eine migrantische Community fortschrittlich organisieren kann. Danke, dass ihr all jene Lügen straft, die in den Migrant_innen des Nahen Ostens unzivilisierte Barbaren sehen wollen!

Der Kampf in Rojava und in Bakur kann nicht gewonnen werden, wenn die Welt wegschaut. Die Kurd_innen können nicht gewinnen ohne die internationale Solidarität. Aber genauso wenig können wir hier den Kampf gegen den Rassismus gewinnen ohne euch. Und genau deshalb will ich nicht nur heute erzählen, wie super die kurdische Bewegung ist, sondern euch sagen: wann immer ihr unsere Solidarität und Unterstützung braucht, werdet ihr sie bekommen! Und lasst uns dafür sorgen, dass künftig nicht nur der IS, sondern auch die FPÖ die kurdische Bewegung zu fürchten lernt! Also, gehen wir gemeinsam, kämpfen wir gemeinsam und siegen wir gemeinsam! In Kobanê, in Amed, in Istanbul und in Wien!


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