KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

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Covid-Verordnungen zum Shutdown: Pfusch

(4.11.2020)

KPÖ-Stellungnahme zu den Covid-Verordnungen der Bundesregierung

1.

Die vergangenen Monate wurden von der Regierung nicht genutzt, um die in unterschiedlicher Weise betroffenen Bevölkerungsgrup­pen, die Arbeiterinnen im Gesundheitsbereich oder zivilgesellschaf­tliche Organisationen einzubeziehen. Stattdessen sind wir Zeugen parteipolitischer Spielchen zwischen kommunaler, Landes- und Bundesebene, zwischen Landeshauptleuten und Regierungspoli­tikern geworden. Dass diese Pandemie länger andauern und mit Ende des ersten Shutdowns nicht zu Ende sein wird, war allseits bekannt. Dennoch wurde von der Regierung nichts Grundlegendes unternommen, um das System unseres Gesundheitswesen auf die voraussehbare bedrohliche Situation vorzubereiten und pandemiefest zu machen. Die Einschränkungen im öffentlichen Leben bleiben auch diesmal ohne massive Investitionen in die Strukturen und ohne Ausweitung und Qualifizierung des Personals .

2.

Während eine Rückkehr zur »Normalität« beschworen wurde war allen Expertinnen klar, dass es nicht nur dringend erforderlich ist, das Personal in den öffentlichen Krankenhäusern aufzustocken und in Hinblick auf die Intensivbetreuung zu schulen, die Entlohnung für die dort Beschäftigten spürbar zu verbessern und die Bettenanzahl sowie den Maschinenpark an die zu erwartende 2. Welle zu adaptieren. Die aktuellen Verordnungen zur Eindämmung der Covid-Pandemie, die mit einem drohenden Systemzusammenbruch in den Spitälern gerechtfertigt werden, sind neben der virus-spezifischen Dynamik der Epidemie also auch ein Ausdruck grundlegender gesundheitspo­litischer Versäumnisse der Regierung.
Einschränkungen im öffentlichen Leben bleiben ohne begleitende massive Investitionen in die Struktur und ohne Ausweitung und Qualifizierung des Personals im Gesundheitswesen ein kurzfristiger Pfusch, wenn jetzt von den ExpertInnen bereits die 3. Welle diese Epidemie für den Frühling prognostizier­t wird.

3.

Aktuell äußert sich dieser am krassesten in der Absicht, bei Bedarf selbst schwach infiziertes Personal durch windige Freistellungszer­tifikate weiter mit Erkrankten arbeiten zu lassen – was einer unverantwortlichen Bedrohung für Personal, Patienten und Patientinnen sowie für das Gesundheitssystem gleichkommt und verhängnisvolle Dimensionen für die gesamte Gesellschaft annehmen kann.
Schon seit einigen Wochen wurden immer wieder Arbeiterinnen ohne Fieber per Verordnung der örtlichen Bezirks-Behörden aufgefordert trotz einer positiven Testung auf SARS CoV-2 ab dem fünften Tag wieder arbeiten zu gehen. In der neuesten Verordnung wird nun versucht, diese da und dort geübte Praxis juristisch von ministerieller Seite abzusichern. Infizierten Personen soll so die Tätigkeit an systemrelevanten Arbeitsplätze ermöglicht werden. VertreterInnen der Wiener Arbeiterkammer, der Gewerkschaften und der Wiener Ärztekammer melden verständlicherweise bereits vehemente Kritik an.
Eine derartige Notstands-Vorgehensweise, die bereits in Belgien und Frankreich praktiziert wird, lehnen wir ebenfalls ab. Glücklicherweise müssen sich positiv getestete Personen in Quarantäne begeben und können dadurch den Druck von Arbeitgebern abwehren, sich windige Zertifikate ausstellen zu lassen, um wieder am Arbeitsplatz erscheinen zu müssen und damit sich und andere zu gefährden. Ähnlich unverantwortlich ist das Fehlen jeglicher Test- und Verhütungsstra­tegien für mobile Pflege und Betreuung sowie für Rettungs- und Krankentransporte. Gerade die dort Beschäftigten haben engsten Kontakt mit RisikopatientInnen.

4.

Wir können keinerlei positive Orientierung der Regierung auf dem Gebiet des psychosozialen Betreuungssystems erkennen. Bereits im März dieses Jahres haben wir festgestellt, dass es nicht nur dringend erforderlich ist, das Personal in den öffentlichen Krankenhäusern aufzustocken, die Entlohnung für die dort Beschäftigten spürbar zu verbessern und die Bettenanzahl zu erhöhen, sondern auch dezentrale regionale öffentlich finanzierte Gesundheitszentren einzurichten. Diese müssen nicht nur pandemiefest sein, sondern sollen auch psychosoziale Betreuung auf möglichst kleinräumlicher Ebene in den Regionen ermöglichen und sicherstellen. Das wird mit zunehmender Dauer der Pandemie immer drängender und kann durch das derzeitige System in keiner Weise aufgefangen werden. Darüber hinaus können solche Zentren präventiv und proaktiv Ansteckungsmöglichke­iten identifizieren und spezifische Maßnahmen zu ihrer Verhütung ergreifen.

5.

Die KPÖ urgiert dringend einen Epidemiefond und einen Pflegeausbildun­gsfond einzurichten, wie sie der Zentralverband der PensionistInnen fordert. Der Epidemiefond muss sämtliche Kosten abdecken, die in den SeniorenInnen- und Pflegeheimen durch die Investitionen anfallen, die eine neuerliche völlige Isolierung der BewohnerInnen verhindern können. ( Masken, Schutzbekleidung, räumliche Vorkehrungen, erhöhte Zahl der Betreuungsper­sonen). Der Pflegeausbildun­gsfond muss eine kostenfreie Ausbildung in allen Pflegeberufen ermöglichen. Beide Maßnahmen könnten und müssten sofort umgesetzt werden.

6.

Dass Reiche und Vermögende die Krise kaum spüren, manche sogar von ihr profitieren, während die existenziellen Sorgen bei vielen größer und größer werden, stellt die Frage dringlicher als je: Wer bezahlt für diese Krise? Eine Rückkehr zur »Normalität« würde bedeuten: Bezahlung durch Umverteilung von unten nach oben, Bezahlung der heutigen Ausgaben vor allem durch die Einnahmen aus Lohn- und Massensteuern. Eine Rückkehr zu dieser Normalität darf es nicht geben.

KPÖ-Bundesausschuss, 2.11.2020


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