Von: Rudi Gabriel, Gesundheitspolitischer Sprecher der KPÖ (25.8.2020)
Minister Anschober hat angekündigt, Verhandlungen zu beginnen, um die Corona bedingten Einnahmensausfälle bei den Krankenkassen zu kompensieren. Das ist auch seine Aufgabe als aufsichtsverantwortlicher Minister für den selbstverwalteten Bereich.
Von Seiten der Versichertenvertreter wird lautstark ein Bundeszuschuss eingefordert. Aber muss das so sein? – die KPÖ meint ein Bundesdarlehen würde reichen!
Viel zu selten werden in den Medien Zahlen über die Beitragsrückstände bei den sozialen Kassen veröffentlicht. Meist werden sie als „uneinbringbar“ dargestellt. So haben Unternehmen den Krankenkassen im Jahr 2016 insgesamt 844,4 Millionen Euro an Beiträgen geschuldet.
Die lohnsummenbasierte Einnahmen-Struktur der sozialen Kassen zeigt ihre Schwächen
Die Corona-Epidemie mit ihren Produktionsausfällen rückt den Einnahmeausfall ins Blickfeld der verantwortlichen Versichertenvertreter im Dachverband. Die Beitragsverluste und die Fusionskosten der halbherzig betriebenen Fusion der Krankenkassen reißen ein allgemein sichtbares Loch in die Gebarung der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK). Dazu kommt die im März eingeführte Stundung der Versicherungsbeiträge als „Liquiditätshilfe“ für die Unternehmen, wobei davon auszugehen ist, dass nicht alle gestundeten Beiträge auch tatsächlich gezahlt werden.
Der derzeitige Obmann der ÖGK, Andreas Huss, bezifferte die Ausfälle an Beiträgen zuletzt mit monatlich 200 Mio. Euro. Vor einigen Wochen meldete er bei der Regierung einen Bedarf von 600 Millionen bis zu einer Milliarde Euro an und forderte ein Kassenfinanzierungspaket für die Versicherten nach dem ASVG.
KPÖ fordert die Zusammenlegung aller Krankenkassen zu einer Solidargemeinschaft und die Streichung der Höchstbeitragsgrundlage für Bestverdienerinnen
Die Stärke der Solidargemeinschaft innerhalb der öffentlichen Krankenversicherung hängt in erster Linie vom Umverteilungseffekt der jeweils geleisteten Beiträge ab. Deswegen fordert die KPÖ seit Jahrzehnten die Zusammenlegung aller öffentlichen Krankenversicherungsinstitute unter möglichst demokratisch legitimierter Selbstverwaltung.
Auf Basis der Integrierten Lohn- und Einkommenssteuerstatistik 2017 – publiziert im Frühjahr 2020 – hätten seit 2017 pro Jahr durch die Streichung der Höchstbeitragsgrundlage rund 1,5 Mrd. Euro an Mehreinnahmen für die gesamte Kranken-Versichertengemeinschaft gewonnen werden können.
Die Corona-bedingten Erosionen der Beiträge für ASVG-versicherte Menschen sind schwierig einzuschätzen. Die pessimistisch geschätzte Erosion um ein Drittel aller Beiträge für die Gruppe der unselbstständig Erwerbstätigen würde 2,6 Mrd. Euro betragen – berechnet an Hand der Gesamtbeiträge dieser Gruppe im Jahr 2018 (7,8 Mrd.)
Für alle Krankenversicherten würde – pessimistisch geschätzt – der Ausfall bei allen Versichertenbeiträgen rund ein Drittel, also 3,3 Mrd. Euro betragen (2018 – 9,9 Mrd.). Das bedeutet aber bei einer Aufhebung der Höchstbeitragsgrundlage, dass innerhalb von 3 Jahren die Corona bedingten Ausfälle aus 2020 von den Krankenkassen autonom zu stemmen wären und maximal ein zeitlich limitiertes Bundesdarlehen notwendig wäre – vorausgesetzt, dass die wirtschaftlichen Grundbedingungen und der Arbeitsmarkt sich 2022 wieder erholt haben. Und dabei sind die durch die DienstgeberInnen geschuldeten Beiträge in dreistelliger Millionenhöhe noch gar nicht berücksichtigt worden.