„Das ist eigentlich ein Arschloch- Platz“ sagte ich zu meiner Freundin
während wir über das Pflaster an der Ecke Alserbachstraße /
Rotenlöwengasse gingen.
Der Zielpunkt am Eck, eine Baustelle daneben und gegenüber, Bank, Juwelier,
Café Carmen und Aida mit den Frauen in herabwürdigend "niedlichen"
rosa Uniformen. Hundert Meter weiter spiegelt sich die Abendsonne in der Fassade
des Glaspalast am Franz Josephs- Bahnhof.
Doch immerhin, drei Bäume, ein Trinkwasserbrunnen, eine monumentale elektronische
Werbetafel, Litfaßsäule, Straßenstreubehälter und sechs
Bänke stehen auf diesem Fleck am Eck, der nicht Platz, nicht Park und auch
nicht bloßer Gehweg ist. So ein städtebauliches Nichts, nicht Fleisch,
nicht Fisch, nicht wirklich der Julius Tandler- Platz aber trotzdem ohne eigenen
Namen, ein Platzhalter.
Und so war der Nicht- Platz im Dunstkreis des Bahnhofs auch besetzt. Arbeitslose,
Alte, MigrantInnen, Kinder, Roma, Mütter, Männer, Arme, lagerten vereinzelt
auf den Bänken, trafen und unterhielten sich, nahmen Rast, zischten ein
Bier.
Wer wünschte sich nicht schon einmal in der sengenden Hitze den Kopf wie
die Bankbesucher unter den Wasserbrunnenstrahl zu halten?
Alle, die so dazwischen leben, am Abgrund, an der Kante, keine Kaufkraft, nicht
erwünscht, auch nicht umwerbenswert, sie werden zum Zielpunkt von Ausgrenzung,
Angriff, Attacke.
Plötzlich waren die Bänke vor Juwelier und Gastgarten „Carmen“
- mit rot-weiß-rotem Baustellen-Plastikband gesperrt.
Wenige Wochen darauf: Mit zwei schweren Säcken will ich mich kurz auf eine
der Bänke niederlassen: Nichts, abmontiert.
Brodelnder Groll steigt in mir auf, die Säcke will ich am liebsten in die
bornierten Blumenrabatte werfen.
Es ist zum kotzen!
So offensichtlich geht soziale Selektion und Ausgrenzung von statten, ganz klammheimlich
und doch offiziell werden von Konsumzwang freie Sitzfläche gestrichen,
aber natürlich nur dort, wo sie von Menschen in der unschönen Zwischenwelt
beansprucht werden könnten. Wenn überhaupt etwas nachkommt, dann ungemütliche
Anti- Sandler Bänke auf denen eingefügte Armlehnen das Liegen und
Lümmeln verhindern.
Ich möchte nicht nur speiben, die ganze Stadt ist ein Arschlochplatz und
wer zieht wiedermal die Arschkarte? Die die sowieso tendenziell im Arsch sind
und ich möchte wiedermal am liebsten einen fetten stinkenden Haufen setzen
vor die Rathaustür.
Öffentlicher Raum soll Freiraum sein, soll für
alle da sein.
Schon schlimm genug, dass die endlos überteuerten Mieten die Viertel und
Bezirke nach Einkommen der MieterInnen separieren. Die soziale Selektion und
Ausgrenzung wird von amtswegen aktiv gefördert.
Entsolidarisierung, Verachtung, Konkurrenz, Unverständnis, Konsumzwang,
Verdrängung, Vereinsamung – alles wird gefördert durch solch
katastrophale Maßnahmen. Sie kratzen immer nur an der Oberfläche
von Problemen, bekämpfen die unschönen Symptome, es werden jene vertrieben,
die nicht in die Norm passen.
Denn mit dem Bänke abmontieren fängt es an und mit autoritären
Securites und Kameras geht's weiter. Es werden die Leidtragenden bekämpft,
aber nicht ihr Leid, nicht die Ursachen für Armut, Rassismus, Ausschluss,
nein, das geht am Arsch vorbei.
Barbara Steiner