KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Zur Frauenpolitik von Georg W. Bush


Über Wien kreisen die Helikopter, um das Leben des - aus bekannten Gründen - meistgehassten Mannes der Welt zu schützen. George W. Bush ist in Begleitung von Gattin Laura zu Gesprächen mit dem derzeitigen EU-Ratsvorsitzenden Wolfgang Schüssel nach Wien gekommen, für Letzteren eine Gelegenheit zur Imagepflege.

Nicht nur im Hinblick auf Verletzungen von Menschen- und Völkerrecht hat sich Beorge W. Bush den Beinamen des "weltgrößten Terroristen" eingehandelt - so zu lesen auf Transparenten und Schildern, die Wiener SchülerInnen heute (21.6.2006) bei ihrer Demonstration gegen Bush trugen. Auch die größte US-amerikanische feministische Frauenorganisation NOW, die National Organisation of Women, stellt ihm ein schlechtes Zeugnis aus. Folgt frau der Einschätzung der NOW, hat sich seit Amtsantritt der ersten Regierung Bush Jr. im Schatten der medienwirksam aufbereiteten Attacken auf das Selbstbestimmungsrecht eine alle Lebensbereiche umfassende Verschlechterung der Situation US-amerikanischer Frauen ereignet. Da wurden Bestimmungen für bezahlten Pflegeurlaub zurückgenommen, Gesetzgebungsinitiativen zur Förderung der Anhebung von Frauenlöhnen auf Eis gelegt, die Subventionen für Gleichstellungs- und Frauenförderprogramme drastisch gekürzt, die Mittel für die Nachmittagsbetreuung für Kinder eingefroren - was die Frauen von NOW zu der Schlussfolgerung führt, dass diese Politik beabsichtigt, speziell ärmere Frauen wieder verstärkt in gewalttätige Ehe/Beziehungen zu zwingen. Die Steuerbegünstigungen für die Wohlhabenden und der Militäretat haben auch jene Mittel verschlungen, die für Stipendien für eine Collegeausbildung, für die vorschulische Förderung von Kindern, für Berufsorientierung und für Beratungsstellen für die Opfer häuslicher Gewalt bis dahin zur Verfügung standen. "Die durchschnittliche Steuerbegünstigung für eine/n Steuerzahler/in mit einem Einkommen von über 1 Million Dollar im Jahr beträgt 113.000 $ und ist somit fünf Mal so hoch wie das Durchschnittsjahreseinkommen einer Alleinerzieherin mit Kindern ($ 22.637)", analysieren die Frauen von NOW.

Die von Bush ins Auge gefassten Pläne zur völligen Privatisierung des Sozialversicherungswesens treffen v.a. alleinstehende und ohnehin bereits in armen Verhältnissen lebende Frauen, während die Steuerbegünstigungen für die Reichen neben den Rüstungsausgaben den Staatshaushalt auf Jahre hinaus mit Hunderten Milliarden Dollar belasten werden. Medicare und Medicaid , den beiden einzigen staatlichen Gesundheitsdiensten, die älteren und schlecht verdienenden Frauen zugute kommen, wurden von der Bush-Regierung weitere Mittel entzogen, sodass heute eine geschätzte Anzahl von 45 Mio. unversicherten Menschen über keine Gesundheitsversorgung verfügt.
Frauenhäuser und andere Einrichtungen für geschlagene Frauen müssen mit Mitteln auskommen, die 26% unter der zulässigen Mindesthöhe liegen. Dagegen und gegen viele weitere Missstände wird frau in Zukunft ihr Recht allerdings nur schwer durchsetzen können, denn auch im Hinblick auf die Anfechtbarkeit von Diskriminierung und Benachteiligung wurden Weichen gestellt: Die Mehrheit der von Bush nominierten Richter zu Höchst- und Berufungsgerichten haben sich sowohl durch rassistische als auch misogyne Äußerungen und Handlungen hervorgetan. Außer dass sie fast geschlossen gegen die geltenden Abtreibungsrechte sind, tritt einer der Kandidaten bspw. explizit für die Unterordnung von Frauen unter ihre Ehemänner ein, ein anderer spricht sich gegen das Verbot rassistischer Verunglimpfungen am Arbeitsplatz aus etc.

Zu alledem kommt, dass die Bush-Clique versucht, der amerikanischen Verfassung einen Zusatzartikel zu verpassen, dem zufolge die Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen PartnerInnen verboten werden soll.

In Bezug auf das Selbstbestimmungsrecht von Frauen haben Bush & Co ebenfalls ein langes Sündenregister angehäuft: Sie haben versucht, die Abtreibungspille RU-486 aus dem Verkehr zu ziehen, den Zugang minderjähriger Mädchen zu Abtreibungsmöglichkeiten beschränkt, wissenschaftlich falsche und unvollständige Information zu Fragen der Fortpflanzung in Umlauf gebracht und via Streichung von UNO-Geldern Familienplanungsprogrammen in Ländern des Südens überlebenswichtige Mittel gestrichen. Stattdessen haben sie Hunderte Millionen Dollar in die Propagierung von zweifelhaften sexuellen Abstinenzprogrammen gesteckt. 430 Organisationen in 50 Ländern dürfen keine Abtreibungen mehr durchführen oder Abtreibungsgesetze thematisieren, wollen sie weiterhin US-Subventionen beziehen.

Die Entwicklung an der Abtreibungsfront

Bereits am 20. Jänner 2002 hat Bush den nationalen Feiertag zur Heiligkeit des menschlichen Lebens (National Sanctity of Human Life Day) zum Anlass genommen, um Abtreibung mit Terrorismus auf eine Stufe zu stellen. Zitat Bush: "Am 11. September sahen wir sehr deutlich, dass das Böse in der Welt existiert und dass es das Leben nicht wertschätzt. Zur Zeit befinden wir uns in einem Kampf gegen das Böse und die Tyrannei, mit dem Ziel, das Leben zu bewahren und zu beschützen". Der 11. September fungiert somit für Bush als der Beginn einer neuen "Kultur des Lebens" (die scheinbar nur für Frauen zu gelten hat, Männer dürfen weiterhin eine Kultur des Tötens pflegen), als deren Bestandteil die folgenden Gesetzesänderungen zu betrachten sind:

Im Oktober 2002 hat die Bush-Regierung Föten - und nicht schwangere Frauen - als anspruchsberechtigt gegenüber dem staatlichen Children's Health Insurance Program definiert - was nur einen der zahlreichen Versuche Bushs darstellt, den rechtlichen Status von Föten über jenen von Frauen zu heben.

Im Jahr 2004 wurde das "Gesetz für die ungeborenen Opfer von Gewalt" (Unborn Victims of Violence Act) durch das Repräsentantenhaus angenommen. Passiert dieses auch den Senat (was angesichts der neuen Mehrheitsverhältnisse anzunehmen ist) wird erstmals in der Geschichte der US-Bundesgesetzgebung ein Fötus als legale Person anerkannt, die eigene Rechte unabhängig von der schwangeren Frau hat.
In den USA ist der Abbruch einer Schwangerschaft nach der 12. Schwangerschaftswoche verboten. 1% aller Abtreibungen fanden aber zu einem späteren Zeitpunkt statt, Abtreibung war bei Gefahr für das Leben der Frau und/oder des Kindes bis knapp vor der Geburt erlaubt. Noch im Jahr 2003 werden diese sogenannten "Partial Birth"-Abortions per Gesetz verboten, wobei auch keine Ausnahme möglich ist, wenn das Leben der Frau in Gefahr ist - was die feministischen Frauenverbände besonders empörte.

Am 20. November 2004, bereits einige Tage nach Bushs Wiederwahl, debattierte der Kongress bis in die Nachtstunden hinein einen Gesetzesvorschlag der Republikaner, dem zufolge medizinische Einrichtungen, unabhängig davon, ob sie für Frauen eine umfassende Gesundheitsversorgung anbieten, auf Budgetmittel Anspruch haben. Im Klartext: Auch Einrichtungen, die keine Abtreibungen und damit in Zusammenhang stehende Beratungsgespräche durchzuführen und die sich weigern, Frauen, die eine Abtreibung wünschen, an entsprechende Krankenhäuser weiter zu überweisen (selbst wenn die betroffenen Frauen Opfer von Vergewaltigung oder Inzest sind und Gefahr für ihr Leben besteht), sollen Anspruch auf Gelder aus dem Bundes- und aus dem Budget des jeweiligen Staates haben. Dies soll auch dann gängige Praxis werden, wenn die Gesetze eines bestimmten Bundesstaates vorsehen, dass diese Gelder nur jene bekommen dürfen, die diese Dienste in vollem Umfang anbieten. Argumentiert wird die geplante Gesetzesänderung von Seiten der Gesetzgeber mit einer Gewissensklausel: Spitäler, ÄrztInnen, Versicherungen und HMOs (Health Maintenance Organizations = Organisationen zur Erhaltung der Gesundheit), die sich aus Gewissensgründen weigern, Abtreibungen durchzuführen bzw. die Kosten für eine solche zu übernehmen, kommen nun ebenfalls in den Genuss dieser Ansprüche, eine Ausnahmeregelung, die bislang nur gegenüber katholischen ÄrztInnen gegolten hatte. "Die Folge wird sein, dass sich Bürokraten in den HMOs anmaßen werden dürfen, Frauen ihr verfassungsmäßig garantiertes Recht vorzuenthalten," so Kim Gandy, die Vorsitzende von NOW. "Wir bewegen uns weiter zurück als in die Zeit der Hinterhöfe und Seitengassen, wir bewegen uns in Richtung Schwarzmarkt ... Frauen in lebensbedrohlichen Situationen werden sterben, wenn dies Gesetz wird. ... Das ist der Beginn eines tyrannischen Marsches, an dessen Ende sich Mädchen und Frauen als Bürgerinnen zweiter Klasse wiederfinden werden, denen ihre autonome Entscheidung Fragen ihrer Gesundheit betreffend, langsam entzogen wird." 

Die Frauen und der Krieg

Heftige Debatten unter US-Feministinnen haben die Kriege der Bush-Regierung gegen Afghanistan und den Irak ausgelöst. Die eine Gruppe sieht gar die US-Interventionen als gerechtfertigt an, da sie zur Befreiung der Frauen in den betroffenen Ländern beitrügen. Als prominente Protagonistin fungiert Phyllis Chesler, die - aufgrund eines ähnlichen Erfahrungshintergrunds wie Betty Mahmoudy vor 20 Jahren - zu dem Urteil kommt, dass in Afghanistan "der untermenschliche Status von Frauen so allgemein akzeptiert gewesen sei, dass keine Frau es wagen konnte, diesen ohne Gefahr für ihr Leben auch nur in Frage zu stellen". Anfang des Jahres outete sich die Radikalfeministin Chesler - einst Autorin von feministischen Klassikern wie Women and Madness, Letters to a Young Feminist, Patriarchy: Notes of an Expert Witness - als Bush-Wählerin. Ihre Begründung: Der Sturz des Frauen verachtenden Taliban-Regimes in Afghanistan wäre niemals ohne militärische und wirtschaftliche Intervention der USA möglich gewesen, Bush sei ein Mann nicht nur des Glaubens, sondern auch der Tat, bereit, sowohl Gelder als auch Soldaten aufzubieten, um seine Vision von Demokratie und Frauenrechten in der islamischen Welt Wirklichkeit werden zu lassen.

Dieser Position steht jene linker Feministinnen gegenüber, die natürlich die Geschichte kennen und wissen, dass die Taliban mit Hilfe der USA an die Macht gekommen sind, um den sowjetischen Einfluss in der Region zurückzudrängen. Sie erkennen und benennen die Doppelmoral in den Argumenten ihrer feministischen Kontrahentinnen, die sich zur Verteidigung der Rechte der afghanischen Frauen aufschwingen, während sie gleichzeitig die Bombardierung eben dieser Frauen nicht verurteilen ebenso wenig wie Vergewaltigungen an den Frauen durch die Warlords der von den USA unterstützten Nordallianz. Die Instrumentalisierung von Frauen- und Menschenrechten für Kriegszwecke liegt für sie klar auf der Hand: Während das Taliban-Regime in der US-amerikanischen Öffentlichkeit der Geschlechterapartheid und der Feminisierung von Armut und Analphabetismus beschuldigt wird, bietet sich der kritischen US-Medienkonsumentin angesichts der Zusammensetzung der eigenen Regierung (mit Ausnahme der als Alibifrau gesehenen nunmehrigen Außenministerin Condoleezza Rice) ein Bild, das mit der Kategorie der Geschlechterexklusivität ebenso treffend zu beschreiben wäre. Wenn Frauen im verbündeten Saudi-Arabien eine jener in Afghanistan durchaus vergleichbare Lage vorfinden, ist das US-amerikanischen Medien keine Zeile wert, ebenso wie andere Beispiele eklatanter Verletzungen von Frauenrechten irgendwo sonst auf der Welt. Für sie ist die Behauptung, die USA bombardieren Afghanistan, nur weil die Frauen dort patriarchaler Verfolgung und Gewalt ausgesetzt sind, ziemlich lächerlich. "Das Patriarchat wird schließlich nicht zu Fall gebracht, indem man Phallussymbole explodieren lässt, abgeworfen und -geschossen von Typen, deren Verständnis von Feminismus wahrscheinlich um keinen Deut besser ist als jenes von Mullah Omar", meint dazu die feministisch-linke Fraktion. Und Frauen sollten sich keine Illusion darüber machen: "Keine Nation der Welt ist je in den Krieg gezogen, um Frauenrechte irgendwo durchzusetzen. US-Amerika wird nicht die erste sein".

Und die Geschichte scheint ihnen Recht zu geben. Im Irak sind es nicht nur baptistische MissionarInnen, die sich die schwierige Bekehrungsarbeit der Bevölkerung zum Christentum zum Ziel gesetzt haben. Es ist auch das anti-feministische Independent Women's Forum (IWF), das dort - ausgestattet mit einer Schenkung von $ 10 Mio. durch die Bush-Regierung - seine Zelte aufgeschlagen hat. Dessen Aufgabe besteht offiziell darin, die irakischen Frauen auf die nahenden Wahlen im Jänner vorzubereiten, Frauen zu ermutigen, sich an dieser Wahl zu beteiligen, Medienarbeit zu leisten und Netzwerke zu bilden. Diese Organisation - der die Ehefrau von Vizepräsident und Profiteur Nummer Eins des Irak-Krieges, Dick Cheney, und weitere Ehefrauen der republikanischen politischen und wirtschaftlichen Establishements angehören, hat sich in den USA als Gegnerin des Violence Against Women Acts profiliert, Maßnahmen zur Geschlechtergleichstellung torpediert und sogar CEDAW (die UN-Konvention zur Beseitigung jeglicher Art von Diskriminierung gegen Frauen) heftig kritisiert. Ihr Argument für die Ablehnung des Letzteren: CEDAW würde Regierungen auf Gesetze verpflichten, die gleiches Geld für gleiche Arbeit, bezahlten Karenzurlaub und Kinderbetreuungseinrichtungen für arbeitende Mütter vorsehen.
So viel zur Vision von Frauenrechten in der christlich- und islamisch fundamentalistischen Welt.

Hilde Grammel
(Geänderte Fassung eines in sic! Forum für feministische GangArten Nr. 54 erschienenen Beitrags)


Bilder: Piazza-Mailingliste, aufgenommen rund um die "Stopp-Bush"-Demo, Wien, 21.6.2006. (Titelvorschlag: "Unser Steuergeld hat Räder")

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