Nicht nur die Ausgrenzung von Frauen als Ärztinnen prägt die entrückte
Sphäre der Medizin. Da Medikamente in den Körpern von Frauen anders
wirken, als bei Männern hat die dominante Ausrichtung der Forschung und
Praxis von Medizin auf „das Männliche“ zum Teil fatale Folgen.
Erstmals in ein breites Bewusstsein rückte diese Tatsache vor mehr als
40 Jahren durch die sogenannte Contergan Affäre.
Beruhigungsmittel, die ohne Ansehen der geschlechtsspezifischen Unterschiede,
verschrieben wurden, haben tausende Kinder mit schweren Behinderungen zur Welt
kommen lassen.
Um dem Risiko einer ähnlichen Situation zu entgehen (und den damit verbundenen
Schadensersatzforderungen) wurden schwangere Frauen von der Verabreichung sehr
vieler Medikamente völlig ausgeschlossen. Darüber hinaus wurden aber
auch Frauen im gebärfähigen Alter weitgehend von der Erprobung der
Wirkung von Medikamenten ausgeschlossen.
Das führte in der Folge aber dazu, dass für die allermeisten Medikamente
ausschließlich über die Wirkung auf Männer erhobene Daten vorliegen.
Auch diese Entwicklung führte zu einer inzwischen bekannten fatalen Folge:
Die Therapien für HIV-PatientInnen bewirkten bei Männern signifikante
Verbesserungen, bei Frauen war das Gegenteil der Fall. Die für Männer
geprüfte Dosierung war für Frauen eher schädlich als hilfreich.
Wobei es keinen simplen Zusammenhang zwischen Geschlecht und Wirkung von hoher
bzw. niedriger Dosis gibt. Je nach Medikamentengruppe brauchen Frauen entweder
eine höhere oder eine niedrigere Dosis als Männer.
Wenn wir zu diesen im Stoffwechsel begründeten Unterschieden noch die soziale
Geschlechterhierarchie und damit den Zugang zum Gesundheitswesen insgesamt bedenken,
uns aber anderseits vor Augen halten, dass Frauen eine deutlich höhere
Lebenserwartung haben als Männer, könnten wir ganz schön ins
Grübeln kommen, über Männerwissenschaften und ihre Folgen.
Claudia Krieglsteiner