KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Dringlicher Antrag an den Gemeinderat der KPÖ und der Grünen-ALG, eingebracht in der Gemeinderatssitzung vom 16.6.2005 von GRin Lisa Rücker



Betrifft: Petition an die Stmk. Landesregierung zur Änderung des Stmk. Gewaltschutzeinrichtungsgesetzes

Seit 1.4. 2005 ist das neue Gewaltschutzeinrichtungsgesetz in Kraft, das Frauen und ihren Kindern im Fall von Gewalt und Bedrohung ein Recht auf Aufenthalt und Schutz im Frauenhaus zusichert. Diese gesetzliche und damit auch finanzielle Verankerung der Arbeit von Frauenhäusern entspricht einer jahrelangen Forderung.

Nach Schätzungen des Ministeriums für Soziales und Generationen werden in Österreich jedes Jahr 150.000 – 300.000 Frauen Opfer von Gewalt. Jede fünfte bis jede zehnte in einer Beziehung lebende Frau ist von Gewalt betroffen. Zwei Drittel aller Morde werden im Familienkreis begangen, in 90 % der Fälle sind die Opfer Frauen und Kinder.

Nun erweisen sich jedoch einige Gesetzesbestimmungen und ihre Vollziehung als problematisch für eine qualitätsvolle Opferschutzarbeit. Dies wurde übrigens neben anderen auch von der Stadt Graz in ihrer Stellungnahme zum Gesetzesentwurf eingebracht. Diese Stellungnahme und die Bedenken der Expertinnen aus der Opferschutzarbeit wurden leider nur minimal berücksichtigt.

Die Grundprinzipien der Frauenhäuser wie Anonymität, Vertraulichkeit und Autonomie, die sich in einer beinahe 25 - jährigen Frauenhausarbeit als wesentliche Grundpfeiler erwiesen haben, wurden durch das Gewaltschutzeinrichtungsgesetz 2005 zurück­gedrängt.

Das Gesetz sieht etwa folgende neue Verfahrensbestimmungen vor, die befürchten lassen, dass bedrohten Frauen der Schutz durch Anonymität genommen wird: Innerhalb von 3 Tagen nach der Aufnahme muss die Frau dem Land Steiermark ihre Daten, wie den Namen, die Wohnort(e) des letzten Jahres und den Namen des Misshandlers bekannt geben, sowie ihre Gewalterfahrungen im Detail schildern. Bei dieser zu detaillierten Datenerhebung handelt es sich um einen nicht nachvollziehbaren bürokratischen Akt, der Frauen noch zusätzlich verunsichert und womöglich davon abhält, Hilfe durch ein Frauenhaus überhaupt erst in Anspruch zu nehmen. Das Land hat in der Folge 14 Tage Zeit um zu entscheiden, ob die Voraussetzungen für eine Unterbringung gegeben sind oder nicht, d.h. ein Aufenthalt im Frauenhaus für die Frau gerechtfertigt ist oder nicht.

Die Aufenthaltsdauer wird grundsätzlich auf 2 Monate beschränkt. Eine Verlängerung um 2 weitere Monate ist möglich. Aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen kann auf Antrag eine weitere Verlängerung bis zu zwei Monaten bewilligt werden. Die längstmögliche Aufenthaltsdauer ist somit mit 6 Monaten begrenzt. Aus der Statistik der Frauenhäuser wissen wir jedoch, dass die Chancen des Aufbaus einer vom Misshandler unabhängigen Existenz höher ist, wenn die Aufenthaltsdauer keine

zeitliche Beschränkung beinhaltet und im Jahre 2004 15% der Frauen eine Aufenthaltsdauer von mehr als 6 Monaten in Anspruch nehmen mussten. Durch den im Gesetz vorgesehenen Zeitdruck geht die Selbstbestimmung, die für betroffene Frauen gerade in einer Phase des sich Befreiens aus einer Gewaltbeziehung von essentieller Bedeutung ist, verloren.

Finanziell bedeutet das Gesetz Kürzungen und Streichungen. Die festgelegten Tagsätze in der Höhe von € 48.- im 1. und 2. Monat, € 45.- im 3. und 4. Monat und € 39,80 im 5. und 6. Monat reichen zur Aufrechterhaltung des Betriebes nicht aus, da mit dieser Tagsatzregelung die gesamten Sach- und Personalkosten gedeckt werden müssen. Auch ist die degressive Entwicklung des Tagessatzes mit der Dauer des Aufenthaltes sachlich nicht gerechtfertigt und logisch nicht nachvollziehbar. Dazu einige Vergleichsdaten: Die Frauennotwohnung in Dornbirn ist das einzige Frauen­haus, das auf Basis einer Tagsatzregelung arbeitet. Der Tagsatz beträgt Euro 92 für Frauen und Euro 67 für Kinder.

Der Tagsatz in Graz beträgt im Schnitt 45 Euro.

Diese Tagsatzhöhe hat zur Folge, dass eine Rund-um-die-Uhr-Besetzung des Frauenhauses nicht mehr gewährleistet werden kann. Das Land sieht keine Notwendigkeit darin. Für die Besetzung der Frauenhäuser in der Zeit von 22 bis 6h wird ab April 2005 vom Land nur mehr Rufbereitschaft der Mitarbeiterinnen anerkannt. Aus Gründen der Sicherheit ist jedoch aus Sicht der Expertinnen (der Frauenhäuser) eine Besetzung des Hauses rund um die Uhr notwendig. Schutz und Sicherheit können nur dann gewährleistet und den Bewohnerinnen vermittelt werden, wenn eine Mitarbeiterin auch während der Nachtstunden anwesend ist.

Traumabewältigung braucht optimale Rahmenbedingungen. Traumatisierte Frauen und traumatisierte Kinder brauchen kontinuierliche, stabile Begleitung durch speziell dafür ausgebildete Mitarbeiterinnen. Gewalt kennt keine Öffnungszeiten. Schutz und Sicherheit rund um die Uhr müssen auch weiterhin finanziell abgesichert werden.

Gewaltschutz ist ein Menschenrecht und hier insbesondere ein Frauenrecht!




Aus diesem Grund stelle ich namens der Fraktionen der KPÖ und der Grünen – ALG folgenden


D r i n g l i c h e n Antrag


Der Gemeinderat tritt mit einer Petition an die Steiermärkische Landesregierung heran,

das Steiermärkische Gewaltschutzeinrichtungsgesetz - StGschEG in folgenden Punkten zu ändern:

1.Anhebung des Tagsatzes auf ein Niveau, das die Qualitätsstandards der Frauenhäuser absichert und wesentliche Leistungen wie Rund-um-die-Uhr-Betreuung, Muttersprachliche Beratung, Kinderbetreuung etc. sicherstellt.

2.Sicherstellung der notwendigen Anonymität der betroffenen Frauen und der Niederschwelligkeit der Institution Frauenhaus durch Aufhebung der derzeit angewendeten Praxis der zu detaillierten Datenerhebung.

3.Novellierung des § 4 StGschEG betreffend die Dauer der Hilfeleistung unter Berücksichtigung der Tatsache, dass eine betroffene Frau den notwendigen Zeitraum vorfinden muss, ihr Leben neu zu ordnen, um existentiell unabhängig zu werden.

4.Novellierung des § 3 Abs 2 StGschEG betreffend die Entscheidung über die Aufnahme und den Verbleib einer Frau im Frauenhaus unter Berücksichtigung der Tatsache, dass diese Entscheidung bestmöglich nur von den Expertinnen im Frauenhaus getroffen werden kann.

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