KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

".. denn der Kampf macht erst den Menschen"


Die Ermordung Rosa Luxemburgs und ihres Kampfgefährten Karl Liebknecht am 15. Jänner 1919 ist nicht nur ein für die deutsche Geschichte einschneidendes Ereignis, sondern eines von welthistorischer Tragweite. Waren es doch diese beiden Köpfe der revolutionären Bewegung in Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg, die – zusammen mit den Menschen, die sie zu mobilisieren in der Lage waren – die Weichenstellung hätten verhindern können, die die junge Weimarer Republik im Begriff war vorzunehmen. Es war dies eine Weichenstellung in Richtung Restauration der kapitalistischen Verhältnisse, die – ins neue Gewand der Republik gekleidet – abgesichert werden sollten, ein Projekt, das möglicherweise zum Scheitern verurteilt gewesen wäre, hätten Luxemburg und Liebknecht gelebt.


Die Identitätskoordinaten der Person Rosa Luxemburgs lesen sich so auch nicht zufällig wie eine frühe Vorwegnahme der Opfer des NS-Regimes, das u.a. die Absicherung der existenziellen Interessen des deutschen Kapitals mit faschistischen Mitteln darstellt: Kommunistin, Jüdin, Frau polnischer Herkunft, Intellektuelle, behindert – fast so, als hätte ihre Ermordung jene der Millionen bereits angekündigt.

Wie nähern wir uns Rosa Luxemburg heute, vor dem Hintergrund der global entfesselten und agierenden neoliberalen Kräfte? Was hat sie uns – über das Jahrhundert hinweg, das uns von ihr trennt – noch zu sagen? Können wir z.B. überhaupt ihre Sprache noch verstehen, in einer Zeit, in der es durch die, die gängige Medienpraxis kennzeichnende Verwaschung und Verschleierung unchic geworden ist, Gesellschaftsverhältnisse klar zu benennen, wo die Sprache der Bilder sich aufdringlich vor die Wirklichkeit schiebt? Wo politische Agitation in der Form, wie Rosa Luxemburg sie praktizierte – mit Reden und Vorträgen vor Menschenansammlungen, mit einem Output an die gesellschaftliche Entwicklung kommentierenden Artikeln, der seinesgleichen suchte – zumindest in unsren Breitegraden gänzlich aus der Mode gekommen zu sein scheint?

Wer ist Rosa Luxemburg?
- jene Frau, die ihrer Nachwelt folgenden Satz hinterlassen hat: "Rücksichtsloseste revolutionäre Tatkraft und weitherzigste Menschlichkeit – dies allein ist der wahre Odem des Sozialismus"?

Rosalie Luxemburg kam selbst aus bürgerlichem Elternhaus: Ihr Vater ist ein jüdischer Holzhändler und Kaufmann, sie wird entweder am 25. Dezember 1870 oder am 5. März 1871 als jüngstes von fünf Kindern in Zumoste, einer Kleinstadt im damals russisch besetzten Teil Polens geboren (ihr genaues Geburtsdatum ist nicht bekannt).
Als sie zwei Jahre alt ist, übersiedelt die Familie nach Warschau, wo sie das Gymnasium besucht und während jener Zeit auch mit illegalen sozialistischen Kreisen in Berührung kommt, polnische Literatur und sozialistische Schriften liest. Als 18-Jährige flieht sie vor der drohenden Verhaftung in die Schweiz, studiert dort Staatswissenschaften und Nationalökonomie, erwirbt 1897 ihr Doktorat mit "magna cum laude".
1898, nachdem sie durch eine Scheinehe die preußische StaatsbürgerInnenschaft erworben hat, übersiedelt sie nach Deutschland, tritt in die Sozialdemokratische Partei ein. Dort fühlt sie sich dem radikaleren linken Flügel zugehörig, verfasst mit Sozialreform oder Revolution eine Streitschrift gegen Eduard Bernstein, in der sie sich deutlich gegen dessen Vorstellungen positioniert, der Kapitalismus könne durch Parlamentarismus und Reformen überwunden werden.
1905 reist sie illegal nach Warschau, um an der russischen Revolution teilzunehmen. 1906 wird sie verhaftet, schreibt im Gefängnis Massenstreik, Partei und Gewerkschaften, kehrt nach der Haftentlassung nach Deutschland zurück. Auch dort verbringt sie zwei Jahre im Gefängnis, wegen "Aufreizung zu Gewalttätigkeiten".
Von 1907 bis 1914 ist sie Lehrerin für Wirtschaftsgeschichte und Nationalökonomie an der Parteischule der SPD in Berlin; der Inhalt ihrer Vorlesungen findet Eingang in ihr Werk Einführung in die Nationalökonomie. 1912/13 entsteht Die Akkumulation des Kapitals, in einer Zeit, in der sich der unvermeidbare Bruch mit dem den Krieg unterstützenden rechten Flügel der Sozialdemokratie ankündigt. Während diese den "Burgfrieden" proklamiert hatten (die Einstellung jedweder klassenkämpferischer Aktivitäten im Inneren, den nationalen Schulterschluss gegen die Arbeiterschaft der anderen Länder nach Außen), referiert sie auf zahlreichen Massenversammlungen über Militarismus, Krieg und Arbeiterklasse und trifft sich mit anderen Linken, um Schritte im Kampf gegen Krieg und "Burgfrieden" zu überlegen.
Aufgrund ihres öffentlichen Auftretens wird sie zu einem Jahr Gefängnis verurteilt, die Haft sitzt sie von Februar 1915 bis Februar 1916 ab. Im Gefängnis schreibt sie Beiträge zur ersten Nummer der Zeitschrift Die Internationale und verfasst die unter dem Pseudonym "Junius" in Zürich erscheinenden Thesen, auch bekannt unter dem Titel Die Krise der Sozialdemokratie. Am 1. Mai 1916, zwei Monate nach ihrer Haftentlassung, nimmt sie an der Antikriegsdemonstration in Berlin teil und protestiert gegen die Verhaftung Karl Liebknechts – wie sie, ein vehementer Gegner des Krieges und der sozialdemokratischen Unterstützung desselben – woraufhin ab Juli auch gegen sie "militärische Sicherheitshaft" verhängt wird.
Bis November 1918, über zwei Jahre lang, wird sie in verschiedenen Gefängnissen festgehalten. Während jener Zeit wird sie aus der SPD ausgeschlossen.

Kritische Kommunistin

In der Haft verfasst sie ihre Texte Zur russischen Revolution, in denen sie die Bolschewisten grundsätzlich unterstützt, sie aber auch nicht mit ihrer Kritik verschont. "In dem Bestreben, die so lebensfreudig aufstrebende russische Arbeiterbewegung durch die Vormundschaft eines allwissenden und allgegenwärtigen Zentralkomitees vor Fehltritten zu bewahren, kommt jener Subjektivismus zum Ausdruck, mit dem das vom russischen Absolutismus zermalmte Ich dadurch Revanche nimmt, dass es sich selbst in seiner revolutionären Gedankenwelt auf den Thron setzt und sich für allmächtig erklärt. Dabei übersieht das Ich des russischen Revolutionärs, dass das einzige Subjekt, dem die Rolle des Lenkers der Geschichte zugefallen ist, das Massen-Ich der Arbeiterklasse ist, das sich partout darauf versteift, eigene Fehler machen zu dürfen", schriebt sie schon 1905, anlässlich der ersten russischen Revolution. Eine Revolution sei kein fertiges Rezept in der Tasche der Revolutionspartei. "Das Negative, den Abbau, kann man dekretieren, den Aufbau, das Positive, nicht". Für den Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft sei es lebensnotwendig, die "ganze Volksmasse" mit ihren Erfahrungen teilhaben zu lassen, sonst bleibt der Austausch der Erfahrung nur in dem geschlossenen Kreis der Beamten der neuen Regierung und werde der Sozialismus gleichsam von Schreibtisch aus oktroyiert. Andererseits wäre eine mustergültige und fehlerfreie proletarische Revolution in einem isolierten, vom Weltkrieg erschöpften, vom Imperialismus erdrosselten, vom internationalen Proletariat verratenen Lande ein Wunder. Jedenfalls sei es ein geschichtliches Verdienst der Bolschewiki, die Auseinandersetzung zwischen Kapital und Arbeit in der ganzen Welt mächtig vorangetrieben zu haben.

Am 10. November 1918 übernimmt sie, zusammen mit Karl Liebknecht, die Redaktion der Roten Fahne; in ihren Artikeln äußert sie sich zur revolutionären Situation, die mittlerweile auch in Deutschland entstanden ist. Von 30. Dezember 1918 bis 1. Jänner 1919 nimmt sie am Gründungsparteitag der Kommunistischen Partei Deutschlands teil, auf dem sie zum Parteiprogramm spricht und eine Beteiligung an Wahlen zur Nationalversammlung befürwortet. Am 14. Jänner 1919 erscheint ihr letzter Artikel in der Roten Fahne. In diesem wirft sie ihren, um Kontrolle über die aus den Fugen zu geraten drohenden Verhältnisse bemühten, Gegnern zu: "Ordnung herrscht in Berlin! Ihr stumpfen Schergen! Eure Ordnung ist auf Sand gebaut. Die Revolution wird sich morgen schon rasselnd wieder in die Höh' richten und zu eurem Schrecken mit Posaunenklang verkünden: Ich war, ich bin, ich werde sein!"

Luxemburg und Liebknecht werden in der Nacht auf den 15. Jänner 1919 festgenommen und nach telefonischer Rücksprache mit dem Beauftragten für Wehrfragen der Ebert-Scheidemann-Regierung (SPD), Gustav Noske, von Freikorpssoldaten ermordet.
Solche Todesumstände müssen natürlich vertuscht werden. So schreiben rechte Zeitungen, dass es der Begleitmannschaft unmöglich gewesen sei, Luxemburg vor der rasenden Volksmenge in Sicherheit zu bringen, Philipp Scheidemann bezeichnet Luxemburg und Liebknecht in einer Rede als "Opfer ihrer eigenen blutigen Terrortaktik" – und das kaum fünf Jahre nach Beginn eines Krieges, der bis dahin ungekannte Ausmaße erreicht hatte und für den die SPD Mitverantwortung trug.
Erst am 31. Mai entdeckt man Rosa Luxemburgs Leiche, ein Fund, der die sofortige Verhängung einer Nachrichtensperre zur Folge hat. Es verwundert dann auch nicht mehr, dass der Untersuchungsrichter in dem Prozess, der zur Klärung der Umstände der Ermordung Rosa Luxemburgs stattfindet, von einem Einzeltäter ausgeht und alle Hinweise und Verstrickungen von hochrangigen Militärs und Politikern als nichtig angesehen werden.

Und die Frauenfrage?

Rosa Luxemburg war keine Feministin im Sinne der ersten Frauenbewegung und schon gar nicht in unserem heutigen Sinn. Sie hat weder den separatistischen Kampf der Frauen um ihre Rechte befürwortet noch frauenspezifische Formen der Unterdrückung jenseits der Ökonomie und der formalen Gleichberechtigung im Straf- und Zivilrecht thematisiert. Die Gleichberechtigung der Frauen stürze den Staat noch nicht um und taste auch die Herrschaft des Kapitals nicht an; sie stelle vielmehr eine Aufrechterhaltung des Status quo insofern dar, als Frauen sich ihren Platz in den gegebenen gesellschaftlichen Verhältnissen erkämpfen. Dies sei aber nicht zu verwechseln mit einer Überwindung derselben.

Unbestreitbar bleibt andererseits, dass Rosa Luxemburg alleine durch die Selbstverständlichkeit, mit der sie als Frau das Wort auf allen öffentlichen Bühnen ergriff und durch ihre Schriften sich jenseits aller zu ihrer Zeit gültigen Zuschreibungen an das weibliche Geschlecht bewegte. Eine Frau, die denken konnte, sich öffentlich und nötigenfalls sehr respektlos sowohl mit ihren Parteigenossen als auch mit den politischen Gegnern auseinander setzte, die das staatliche und gleichzeitig männliche Gewaltmonopol in Frage zu stellen wagte, war für ihre Zeit etwas Unerhörtes.

"Der Kampf macht erst den Menschen", war ihre Maxime und die galt für Frauen ebenso wie für Männer. Sehr deutlich zieht sie eine Trennlinie zwischen Frauen der Bourgeoisie und des Proletariats. Erstere seien bloß "Mitverzehrerinnen des Mehrwerts, den ihre Männer aus dem Patriarchat herauspressen, ... Parasiten der Parasiten am Volkskörper" – daher sah sie auch keinerlei Interessenskonvergenz zwischen bürgerlichen und proletarischen Frauen. "Rohheit und Wahnwitz der Kapitalsherrschaft" kamen für sie u.a. darin zum Ausdruck, dass unter kapitalistischen Verhältnissen nur jene Arbeit als produktiv gilt, die Mehrwert schafft, was z.B. dazu führt, dass eine Tänzerin im Tingeltangel eine produktive Arbeiterin ist (weil Männer dafür zu zahlen bereit sind), während die Arbeit von Hausfrauen und Müttern als unproduktiv betrachtet wird.

Auch war Luxemburg eine der ersten, die die globale Dimension von Frauenunterdrückung erkannte, dies allerdings weniger, indem sie ein weltumspannendes Patriarchat dafür verantwortlich machte, sondern die weltweit verbreitete kapitalistische und imperialistische Wirtschaftsform, die die Frau des Kleinbauern in Europa mit Arbeitsüberlastung auszehrte, die Existenz von Frauen in Afrika durch Kolonialarmeen auslöschte und Indianerfrauen in Amerika millionenfach versklavte.

Wie wenige ihrer Zeitgenossinnen hat sie mit großer Deutlichkeit formuliert, dass Gewalt das Lebenselement des Kapitalismus ist und nicht bloß eine seiner Geburtswehen, wie Marx – ca. 50 Jahre davor – noch annahm. Vielmehr handelt es sich dabei insofern um eine Überlebensfrage, als die Existenz der kapitalistischen Produktionsweise davon abhängig ist, ständig neue nicht-kapitalistische Produktionsbereiche unter seine Herrschaft zu bringen und Naturschätze und Arbeitskräfte im globalen Maßstab ausbeuten zu können. Die Empörung über die Unerträglichkeit dieser Art der existenziellen Fremdbestimmung und Vernichtung menschlichen Lebens macht m.E. das Feuer aus, das zu entfachen Rosa Luxemburg heute wie damals imstande ist. Theoretikerinnen der globalisierungskritischen Bewegung wie Maria Mies, Veronika Bennholt-Thomsen und Claudia von Werlhof haben Luxemburgs Analyseansätze aufgegriffen und für heute weiterentwickelt. Dabei kommen sie zu dem Schluss, dass das Geheimnis der Kapitalakkumulation nicht mehr die ordentliche, männliche, arbeitsrechtlich und gewerkschaftlich geschützte Lohnarbeit ist, sondern in mittlerweile zwei anderen Faktoren besteht: der als nicht-produktiv geltenden Hausarbeit als der billigsten Form der Reproduktion der Arbeitskraft und der Heimarbeit als der billigsten Form der Produktionsarbeit. Hausarbeit ist der unsichtbar gemachte Beitrag der Frau zur Produktion des Mehrwerts und das weltweit, Heimarbeit die, besondern in den Ländern des Südens praktizierte, keinen arbeitsrechtlichen Bestimmungen unterliegende und aus der Fabrik ausgelagerte Akkordarbeit. Inzwischen gehe die Entwicklung in Richtung "Hausfrauisierung" auch der männlichen Arbeitskraft, eine Tendenz, die – laut Claudia von Werlhof – ihren Ausdruck in der Zunahme atypischer, prekärer und flexibler Arbeitsverhältnisse findet (und in denen Menschen am besten um 1 Euro Stundenlohn arbeiten sollen).

Kapitalismus bedeutet Krieg

Im Kapitalismus sieht Rosa Luxemburg ein Wirtschafts- und Gesellschaftssystem, das "Fangball mit dem Leben der Menschen spielt, sie bald in das Fegefeuer der rastlosen Überarbeit, bald in die Hölle der völligen Arbeitslosigkeit schleudert"; ein System, das (übrigens bis heute) die Lebensfreude von Millionen von Kindern gleich an der Schwelle des Lebens zerstört, indem es sich an Kinderarbeit bereichert; das Menschen – ebenfalls millionenfach – nationalistisch verblendet und auf Schlachtfelder schickt, damit sie der Bourgeoisie ihrer jeweiligen Staaten zu Wettbewerbsvorteilen bei der Ausbeutung menschlicher und natürlicher Ressourcen verhelfen; das Millionen von Menschen Hungers sterben lässt. Die Geschichte der Vereinnahmung kleingewerblicher, handwerklicher und kleinbäuerlicher Produktionsweisen in den eigenen Ländern und jene der Zersetzung und Vernichtung von Gesellschafts- und Wirtschaftsformen in anderen Kontinenten ist eine der fortschreitenden Proletarisierung und Ausrottung.

Die politischen Rahmenbedingungen einer durch Profitinteressen geknechteten Menschheitsgeschichte sind naturgemäß äußerst fragile und temporäre, kriegerische Zusammenstöße und Staatsverträge sind immer nur "momentane Fixierungen des gegenseitigen Kräfteverhältnisses im Kampf um die Fetzen fremder Länder und Völker", auch Friedensabkommen nur gemacht, um bei entsprechender Verschiebung der Kräfte gebrochen zu werden.

Im Aufbau einer Massenbewegung wie der Sozialdemokratischen – und später der von ihr mitbegründeten Kommunistischen – Partei sah Rosa Luxemburg die einzig effektive Kampfstrategie gegen diese Verhältnisse. Nur eine solche Partei wäre imstande, eine revolutionäre Umwälzung herbeizuführen und den Neuaufbau einer sozialistischen Gesellschaft zu leisten. Umso tiefer war ihre Enttäuschung als 1914 die Mehrheit der SPD und insbesondere die im Parlament vertretenen Abgeordneten für die Kriegskredite stimmten, was einer Zustimmung zu Aufrüstungsprogramm und Krieg gleichkam. Für Rosa Luxemburg war dies nicht nur eine Bankrotterklärung sozialdemokratischer Politik, sondern auch Anlass zur Formulierung ihrer aus den Geschehnissen gewonnenen Positionen. In den Junius-Thesen aus dem Jahr 1915 zieht sie Bilanz: "Der Weltkrieg ist lediglich eine Ausgeburt imperialistischer Rivalitäten zwischen den kapitalistischen Klassen verschiedener Länder um die Weltherrschaft und das Monopol in der Aussaugung und Auspowerung der letzten Reste der noch nicht vom Kapital beherrschten Welt ... Er führt bei jedem Ausgang nur zur Stärkung der weltwirtschaftlichen Rivalitäten und der Reaktion im Inneren und arbeitet so letzten Endes nur auf einen erneuten Ausbruch des Krieges nach kürzerer oder längerer Friedenspause hin. ... Imperialismus, Militarismus und Kriege sind nicht zu beseitigen, solange die kapitalistischen Klassen unbestritten ihre Klassenherrschaft ausüben. Die einzige Sicherung und die einzige Stütze des Weltfriedens ist der revolutionäre Wille und die politische Aktionsfähigkeit des internationalen Proletariats. ... Zu diesem Zweck richtet sich die Hauptaufgabe des Sozialismus heute darauf, das Proletariat aller Länder zu einer lebendigen revolutionären Macht zusammenzufassen. ... Das sozialistische Proletariat kann weder im Frieden noch im Kriege auf Klassenkampf und internationale Solidarität verzichten, ohne Selbstmord zu begehen." Als die zwei dringlichsten Aufgaben der neu zu gründenden 3. Internationale (zu der die kommunistischen Parteien sich zusammenschlossen) sah Luxemburg an: "die Erziehung der Massen zur Aktionsfähigkeit und die Sicherung des internationalen Zusammenhangs dieser Massenaktionen" und "die geistige Befreiung des Proletariats von der Vormundschaft der Bourgeoisie, die sich z.B. im Einfluss der nationalistischen Ideologie äußert."

Heute, Hunderte Diskurse später, zeigen Worte wie diese die Beschränktheit und Ignoranz des einen oder anderen solchen auf. Die Defizite offenbaren sich am deutlichsten in der so mancher individualistischen Perspektive anhaftenden Weigerung in den Dimensionen der Welt zu denken und in der Unverhältnismäßigkeit der Prioritätensetzungen. Denn zweifellos hätten die von Luxemburg eingeforderten Anliegen ganz oben auf jeder Agenda zu stehen. Zumal für sie die Geschichte ein offenes Ende hatte, über das erst von den sie Gestaltenden diskutiert werden muss.

Hilde Grammel

Der Artikel erschien zuerst in der Zeitschrift sic. – Forum für feministischen Gangarten
Nr. 54, Oktober 2005.


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