KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Frauenquote – Männerquote?

Vielleicht fürchtet die ÖVP, dass in 20 Jahren keine Männer mehr für die Führungsposten zur Verfügung stehen, wenn jetzt nicht auf die Männerquote geachtet wird?

Aus einer Meldung des „Standard“ vom 16. Oktober 2006:
“In Oberösterreich dürfen männliche Lehrer bei der Anstellung nicht bevorzugt werden. Zu diesem Schluss kommt jetzt auch ein Rechtsgutachten des Landes Oberösterreich. Landesschulratspräsident Fritz Enzenhofer (ÖVP) hatte Ende des vergangenen Schuljahres diesen Vorstoß gewagt: In den Volksschulen fehlten Männer. Nur noch zehn Prozent des Lehrpersonals sind männlich.“ (Anm.: Es handelt sich hier um Pflichtschulen, im Höheren Bildungswesen gibt es einen höheren Männeranteil, an den Universitäten dominieren sie nach wie vor.)

Derzeit stehen 317 Frauen und 14 Männer auf der Warteliste für eine Anstellung als LehrerIn im Land Oberösterreich. Um das Missverhältnis zwischen den Geschlechtern zu beseitigen, wollte Enzenhofer eine Umreihung auf der Warteliste der Lehranwärter erreichen, das heißt, er wollte die 14 Männer ALLE vor die Frauen reihen.

Ein Rechtsgutachten des Landes Oberösterreich konnte dies zwar verhindern, jedoch aus rein formalrechtlichen Gründen, die Sinnhaftigkeit des Vorschlags wurde ebenso wenig hinterfragt wie die Gründe für den „Männermangel im Frauenberuf“.

Allzu gern wird ja der LehrerInnenberuf als „Traumjob“ beschrieben – bei relativ wenig Arbeit sei ein gutes Gehalt zu lukrieren, die flexible Arbeitszeitgestaltung lasse Platz für andere (bezahlte und unbezahlte?) Aktivitäten und ein erhöhtes Freizeitangebot runde diese Herrlichkeit noch ab.
 
Warum also befinden sich nur 14 Männlein in der Warteschlange für diesen Traumberuf?
 
Zunächst geht es wohl einmal um die dazugehörige Entlohnung, welche je nach Verwendungsgruppe gerade einmal zwischen 1.300 und 1.600 Euro brutto – Anfangsgehalt für PflichtschullehrerInnen – liegt. Dies ist für MaturantInnen mit 3jähriger Akademieausbildung nicht gerade üppig und dürfte auf die Männerwelt keine große Anziehungskraft ausüben.
 
Doch niedrigere Entlohnung ist ein typisches Merkmal eines Berufes, der hauptsächlich von Frauen ausgeübt wird und betrifft somit nicht nur die Lehrerinnen.
 
Was die Sicherheit des Arbeitsplatzes betrifft, so erhält jeder/jede PflichtschullehrerIn zunächst einen befristeten Vertrag, der jährlich erneuert wird – oder auch nicht. Dies erfährt man/frau im August. Im Herbst 2006 wurden jene LehrerInnen nicht mehr angestellt, die sich am öftesten krank gemeldet hatten.
 
Die Arbeit selbst erweist sich als nervig und mühsam und die großen Erfolgserlebnisse bleiben ad hoc ebenfalls aus. Hat  MANN im Privatleben die Kinderbeaufsichtigungs- und Erziehungspflichten nicht eben erfolgreich samt der Verantwortung zum großen Teil auf die Partnerin abgewälzt? (Auch dies betrifft nicht nur Lehrerinnen.)

Weitere Argumente für den Lehrberuf sind schwammig: „Das ist kein Beruf – sondern eine Berufung.“ – vieles, was arbeitsrechtlich und auch sonst nicht mehr zu rechtfertigen ist, wird so doch noch schmackhaft gemacht.
„Die Berufung ist der Abfalleimer aller Belastungen, die man anderswo nicht unterbringen kann.“ (frei nach Tucholsky)  
Warum meint MANN immer, solchen Schwachsinn vorzüglich Frauen „hineindrücken“ zu können? Denn in nahezu allen Sozialberufen mit niedrigem Prestige /SozialarbeiterIn, ErzieherIn, PflegerIn, AltenbetreuerIn/ werden „Berufung“ „Idealismus“ „Aufopferung“ etc. plötzlich zu wichtigen Kategorien, während in typischen Männerberufen eher Sachzwänge dominieren.

Dazu kommen noch schlechtes Sozialprestige (durch jahrelanges LehrerInnenbashing in den Medien gut verankert) und fehlende Aufstiegschancen.

MOMENT – fehlende Aufstiegschancen? Gibt es nicht einen Bereich im Bildungswesen, der überproportional mit Männern besetzt ist?

Gibt es.
Direktoren, Bezirksschulinspektoren, Fachinspektoren, Landeschulinspektoren … werden in der überwiegenden Zahl von Männern gestellt. DOCH gerade diese haben schwere Bedenken wegen einer drohenden Feminisierung des Bildungswesens:
„Aus pädagogischer Sicht ist der Landesschulrat weiter überzeugt, dass an die Pflichtschulen dringend mehr männliche Lehrer gehörten. Da Kinder heute vermehrt nicht mehr mit Mutter und Vater aufwachsen, fehle vielen die männliche Komponente in der Erziehung, die Schule müsse reagieren.“
Ich habe einige Verbesserungsvorschläge  für  den besorgten Herrn Landesschulratspräsidenten:

Rückführung aller dem direkten Schuldienst entzogenen Männer (z.B. Direktoren, Bezirksschulinspektoren, Landesschulratspräsidenten etc.) – solange bis die gesetzliche Frauenquote von 50% bei den höheren Dienstposten etc. erfüllt ist und Verbesserung der Arbeitssituation per se in so genannten  „Frauenberufen“.

Denn so lange dies nicht verwirklicht ist, muss man sich wirklich um den Männernachwuchs in schlecht bezahlten (Sozial)Berufen mit geringem Prestige große Sorgen machen und versuchen, diesen per Quote zu schützen.
 
P.S.: Vielleicht fürchtet die ÖVP allerdings zu Recht, dass in 20 Jahren keine Männer mehr für die Führungsposten zur Verfügung stehen, wenn jetzt nicht auf die Männerquote geachtet wird?


Dagmar Schulz

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