Seit mehr als 30 Jahren riskieren Frauen wenigstens nicht mehr Strafgericht
und Gefängnis, wenn sie sich gegen eine Schwangerschaft und für einen
Abbruch entscheiden: Der Schwangerschaftsabbruch ist zwar nach wie vor strafbar,
nicht jedoch in den ersten drei Monaten - der Fristenlösung sei Dank!
Aber wie frei ist diese schwierige Entscheidung der Frauen wirklich?
Durch die grundsätzliche Strafbarkeit des Abbruchs und die Regelung der
Fristenlösung im Strafgesetzbuch wird die Entscheidung gegen eine Schwangerschaft
von vornherein negativ stigmatisiert, erhält sozusagen einen üblen
"Geruch". Nirgendwo in der Rechtsordnung ist von einem Recht der Frauen
die Rede. Und nicht zu vergessen: Abbrüche und Empfängnisverhütung
sind nicht gratis, ganz im Gegenteil, kosten mehr als genug: Für Abbrüche
sind von 400 Euro aufwärts hinzulegen, und die Pille ist auch nicht grad
umsonst.
Wer sich dann doch - ohnehin meist schweren Herzens - zu einem Abbruch entschlossen
hat, ist oft noch mit einem anderen traurigen Phänomen konfrontiert: Eingänge
von Einrichtungen, die legale Abbrüche durchführen, werden von militanten
Aktivisten gegen den Schwangerschaftsabbruch belagert; Frauen werden bedrängt,
ihr Baby nicht zu ermorden, nicht zu Kindsmörderinnen zu werden; Bild-
und Lesematerial wird ihnen aufgedrängt, Plastikembryonen in die Hand gedrückt,
und der einen oder anderen wurde schon ins Ohr geflüstert: "Mami,
Mami, bitte, bring mich nicht um!" Das in einer Situation, in der die betroffenen
Frauen seelisch meist ohnehin belastet sind und energetisch nicht gut genug
drauf, diesen Umtrieben entschieden entgegen zu treten. Mehr als eine kommt
verweint und verstört im Ambulatorium an, medizinische Komplikationen nach
dem Abbruch sind aufgrund der seelischen Belastung nicht auszuschließen.
Wir - ein überparteilicher Zusammenschluss engagierter Frauen, die sich
auf der FrauenFrühlingsUniversität zusammengeschlossen haben - fordern
daher:
Denn: Schutzzonen sind NICHT verfassungswidrig, der Schutz der Privatsphäre und der körperlichen Gesundheit von Frauen rechtfertigt begrenzte Einschränkungen der Versammlungs- und Meinungsäußerungsfreiheit. Und natürlich fällt uns Linken Sinnvolleres ein, als gleich nach der Polizei zu rufen: nur ist das Problem der Aktivisten so aktuell und dringend, dass kurzfristig der Staat helfen muss: Wer tätlich angegriffen wird, kann auch nicht verhandeln und Bündnisse schließen sondern muss sich schnell wehren - und die betroffenen Frauen sind nicht immer stark und energisch genug, sondern brauchen Unterstützung!
Denn: Es muss endlich auf höchster rechtlicher Ebene - wenn auch nur als Grundsatz - festgehalten werden, WER sich für oder gegen eine Schwangerschaft entscheidet: Die Frauen nämlich, weil sie nach wie vor die hauptsächlich Betroffenen sind. Diese Entscheidungsfreiheit ist auch verfassungsrechtlich zu deklarieren!
Denn: Nicht jede hat Geld oder eine Krankenversicherung, und sehr junge Frauen bzw. Mädchen wollen sich oft e-card oder Krankenschein nicht von den Eltern erbitten, um nicht sagen zu müssen, wofür sie das brauchen. Und MigrantInnen haben oft überhaupt nichts, kein Geld, keine Krankenversicherung. Daher ist es nicht sinnvoll, die Pille oder die Abtreibung auf KRANKENSCHEIN zu fordern. Einrichtungen, die Abbrüche gratis durchführen oder Empfängnisverhütungsmittel nach Beratung gratis abgeben, wären zielführender.
Denn: Die Fristenlösung könnte genau so gut im Gesundheitsrecht (zB Krankenanstaltenrecht, Ärzterecht) geregelt werden, wie in Frankreich. Warum müssen sich Frauen für eine höchstpersönliche Lebensentscheidung eigentlich kriminalisieren lassen und nur sozusagen gnadenhalber der Bestrafung entkommen? Stattdessen sollten lieber die Belästigungen, Zugangsbehinderungen, Einschüchterungen und sonstigen Aktivitäten vor den Ambulatorien strafbar sein, wie ebenfalls in Frankreich!
Auf www.schutzzone.at.tf
könnt ihr euch noch genauer informieren, könnt unterschreiben, unterstützen,
Unterschriftslisten ausdrucken.
Die Verwirklichung dieser Forderungen ist kein rechtliches Problem, das haben
wir uns - nicht zuletzt mit meinem know-how einer Verfassungsrechtlerin mit
fast dreißigjähriger Berufserfahrung - gut überlegt. Hier geht
es also nicht ums rechtliche
Können, sondern ums politische
Wollen!
Damit die in dieser Sache - nicht untypisch für Anliegen, die gerade Frauen
besonders betreffen! - etwas lahme politische Willensbildung durch Druck von
außen beflügelt werde!
Dr Brigitte Hornyik,
Verfassungsjuristin, Vorstandsmitglied des Österreichischen Frauenrings
für den Verein Österreichischer Juristinnen