KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Ein Aufruf zum Ungehorsam an Schulerinnen und Schüler ...

... kann dies selbstverständlich NICHT sein. Wir sind doch alle vollkommen überzeugt davon, dass unsere liebe Bildungsministerin (hoffentlich nicht mehr allzu lange!) nur das Allerbeste von uns – äh, FÜR UNS – will. Und dazu gehört doch einfach die Teilnahme an internationalen und nationalen Tests – es ist beinahe wie bei der Fußball-WM – eine Frage der nationalen Ehre! Ach so, da nimmt Österreich nicht teil? Vergesst es, dann nehmen wir halt ein anderes Beispiel ....

Seit dem Schuljahr 2005 werden an 98 Pilotschulen in ganz Österreich Tests zu den "Bildungsstandards" durchgeführt. Um beim Fußball zu bleiben: Die Bildungsstandards sind gewissermaßen die Nationalliga, bevor es in die "Champions League" der Pisa-Tests geht.

Dem Unterrichtsministerium sind diese Bildungsstandards einiges wert: Viele, im Wochentakt widerrufene "Erlässe", "Vorschriften", "Durchführungsbestimmungen", dazu noch schlecht koordinierte "Überraschungsfortbildungsseminare", etliche dicke, auf Hochglanzpapier gedruckte Broschüren, alle immer mit einem schönen Farbbild der Frau Ministerin versehen ... und ein großes Team von ExpertInnen, frei gestellt vom Schuldienst - unter der Leitung von Mag. Lucyshyn, dem ehemaligen Direktor des BG Tamsweg im Lungau.

Hochglanzfolder beschreiben den Sinn der Bildungsstandards:
"Bildungsstandards wollen der Autonomie einen Rahmen geben und durch Setzen von Maßstäben die Verantwortlichkeit stärken. Den Lehrpersonen werden Standards helfen, mit der zunehmenden Rechtfertigungserwartung professionell umzugehen.
Bildungsstandards formulieren fachliche und fachübergreifende Basisqualifikationen, die für die weitere schulische und berufliche Ausbildung von Bedeutung sind und die anschlussfähiges Lernen ermöglichen. Die funktionale Aufgabe von Bildungsstandards und die Ziele einer zeitgemäßen Allgemeinbildung stehen nicht im Widerspruch zueinander. Sie ergänzen sich vielmehr. Der Auftrag der schulischen Bildung geht allerdings darüber hinaus. Er zielt auf Persönlichkeitsentwicklung und Weltorientierung, die sich aus der Begegnung mit zentralen Gegenständen unserer Kultur ergeben.
Bildungsstandards sind als Regelstandards konzipiert und legen fest, welche Kompetenzen Schülerinnen und Schüler bis zu einer bestimmten Schulstufe an wesentlichen Inhalten erworben haben sollen. Bildungsstandards verdeutlichen eine normative Erwartung, auf die Schule hinarbeiten soll". "Dadurch, dass Bildungsstandards (...) auch überprüft werden, wollen sie (...) die Qualität des Unterrichts sicherstellen" (bm:bwk 2004, S. 8).
Deshalb werden in vielen europäischen Staaten Bildungsstandards erarbeitet. Österreich hat in diesem Projekt gemeinsam mit Deutschland und der Schweiz eine Vorreiterrolle inne. Bildungsstandards beschreiben nicht nur den aktuellen Stand von Lernergebnissen, sondern geben auch Hinweise auf notwendige Weiterentwicklungen für das Bildungssystem. Sie bieten sowohl den Schülerinnen und Schülern als auch den Eltern und den Lehrkräften eine klare Orientierung über Kenntnisse und Fertigkeiten."

Alles klar?
In der Praxis sieht das nun für die SchülerInnen der 8. Schulstufe so aus: Sie erhalten von schulfremden LehrerInnen einen Test (heuer in Mathematik und Englisch), den sie in je 90 Minuten bearbeiten bzw. lösen sollen. Über einen Code können sie etwa ein halbes Jahr später (!) auf der Homepage des Bundesministeriums ihre Ergebnisse einsehen. Auch die Schule erhält ein codiertes Ergebnis. Allzu oft wird betont, dass sich diese Ergebnisse keinesfalls zu einem Ranking verwenden lassen. Na ja, zumindest NOCH nicht ...

Ganz abgesehen davon, dass in der 8. Schulstufe 90 Minuten Konzentration auf einen Test für viele SchülerInnen sehr schwierig ist (Schularbeiten dürfen höchstens 50 Minuten dauern), darf dieser Test natürlich keinesfalls zur Benotung herangezogen werden.

Daher frage ich mich: WARUM sollte einE SchülerIn sich überhaupt ernsthaft an diesem Test beteiligen? (Gilt meiner Meinung nach auch für den PISA-Test!) Rückblickend kann ich von mir selbst behaupten, dass mich mit 14 z.B. nichts und niemand dazu gebracht hätte, mich feiwillig 90 Minuten lang mit Mathematik zu beschäftigen.

Liebe SchülerInnen und Schüler – euch interessiert es aber bestimmt brennend, ein halbes Jahr später aus dem Internet zu erfahren, wie gut ihr bei dem Test im April 2006 wart! Auch wenn ihr mittlerweile schon andere Schulen besucht. Und passt gut auf den Code auf, ihr werdet ihn noch brauchen! ... Wozu?... ähh ... Na, wolltet ihr euch nicht schon längst mit gleichaltrigen Jugendlichen aus anderen Bundesländern in punkto Mathematik und Englisch vergleichen? (Ah so – die haben andere Voraussetzungen, z.B. andere Stundentafeln? Na – wer wird denn so kleinlich sein? Bei der PISA-Testung sehen wir doch auch über verschiedene Schulsysteme und gesellschaftliche Voraussetzungen hinweg!)

Und wenn es für euch keinen anderen Grund gibt (eure LehrerInnen sind weisungsgebundene BeamtInnen, die müssen mitspielen!), dann tut es doch der Frau Ministerin und ihrem ExpertInnenteam zuliebe ... BITTE!
Was das Bundesministerium mit den Daten macht? Nun – das kann frau so genau nicht sagen – vermutlich können dort mit ihrer Hilfe die Stundenkürzungen nachträglich begründet werden ... UNLOGISCH? Na bitte – wie der PISA-Test bewiesen hat: Die ÖsterreicherInnen erreichten hier besonders schlechte Ergebnisse ... (Gibt es hier auch einen Rückschluss auf das Wahlverhalten?)

P.S. Bei sämtlichen Testungen (übrigens auch bei den Beurteilungen durch die LehrerInnen) schnitten im Durchschnitt die Mädchen besser ab als die Jungen. Auf ihre Karriere- und Verdienstchancen bzw. auf ihre Lebensplanungen hatte dies aber keinerlei positive Auswirkungen.

Dagmar Schulz

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