KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Frauen, es ist Zeit!

In diesen Tagen wird zum Thema Abtreibung viel geschrieben und geredet. Die Debatte ausgelöst hat Glawischnig, in dem sie eine wichtige und seit Jahren unerfüllt geblieben Forderung der Frauenbewegung nach Abtreibung auf Krankenschein aufgegriffen hat.
Aber nicht nur Anhänger der ÖVP und FPÖ, Kirchgänger und Vereine radikaler selbsternannter Lebensschützer fühlten sich daraufhin berufen, hasserfüllte Statement von Stapel zu lassen, auch in alltäglichen Gesprächen in der Tram oder beim Marktstandl und vor allem bei unserer jüngsten Flugblattaktion wurde das Problem heftig erörtert.
Kein Wunder, dass in einem katholisch geprägten Land wie Tirol immer wieder die These „Abtreibung ist gleich Vernichtung menschlichen Lebens“ angesprochen wird.

Ich glaube, dass ein kleiner Exkurs in die Geschichte angebracht ist.

Die Einstellungen zum Schwangerschaftsabbruch waren und sind je nach Gesellschaft, Sitte, Moral und Religion sehr unterschiedlich. Gesetzliche Regelungen, Strafbarkeit oder Straffreiheit waren immer auch geprägt von bevölkerungspolitischen Überlegungen. Im alten Ägypten und in Vorderasien gab es keine Strafbarkeit des Schwangerschaftsabbruchs. Im Griechenland der Antike galt die Frucht als unselbstständiger Teil der Mutter. Aus staatspolitischen und wirtschaftlichen Gründen wurde ein Abbruch zeitweise empfohlen. Auch nach älterem römischem Recht war er straffrei, denn nach der damals herrschenden Rechtsauffassung erhielt das Kind das Leben erst bei der Geburt.

200 nach Ch. wurde die Abtreibung bestraft, jedoch nur, wenn diese ohne Einwilligung des Ehemannes erfolgte. Obwohl die Kirche sich über mehrere hundert Jahre nicht auf den tatsächlichen Beginn des Lebens einigen konnte, wurde mit Verbreitung des Christentums die Strafverfolgung verschärft. Das Strafmaß (bis zur Todesstrafe) richtete sich nach dem Stadium der Frucht, dem vermuteten Geschlecht des Embryos und dem Familienstand der Mutter.

All die Jahrhunderte bis zum heutigen Tag fanden verzweifelte Frauen immer Mittel und Wege, sich ihrer Schwangerschaft zu entledigen, wenn auch unter großen Schwierigkeiten, unter Gefährdung von Gesundheit und Leben und gewärtigt, vor Gericht gestellt zu werden.

Bereits vor dem ersten Weltkrieg und dann in den Zwanziger- und Dreißigerjahren kämpften die ArbeiterInnen und die proletarische Frauenbewegung für die Straffreiheit. In der Sowjetunion wurde bald nach der erfolgreichen Revolution die Abtreibung erlaubt, allerdings etliche Jahre später unter Stalin wieder eingeschränkt. Im Herrschaftsbereich Hitlerdeutschlands wurden die Strafen auf Abtreibung für „arische“ Frauen verschärft, anderseits aber Zwangssterilisation und Zwangsabbrüche bei als „minderwertig“ erklärten Menschen durchgeführt.

Ein Durchbruch gelang erst in den Siebzigerjahren, als mit zahlreichen Aktionen von autonomen und linken Frauen und im Sog einer allgemeinen Aufbruchstimmung in zahlreichen Staaten Europas der Schwangerschaftsabbruch in der einen oder anderen Form liberalisiert wurde. Heute müssen wir feststellen, dass in verschiedenen Ländern (Polen, der ehemaligen DDR usw.) diese Errungenschaften zurückgenommen wurden und weiter werden.

Die gesetzliche Fristenlösung in Österreich haben die Frauen als Kompromiss gesehen, als einen ersten wichtigen Schritt für ihre Selbstbestimmung. Und sie ist ihnen nicht in den Schoß gefallen. Sie haben, aus unterschiedlichen Weltanschauungen kommend und über ideologische Grenzen hinweg, zu Aktionseinheiten zusammengefunden und einen harten Kampf darum führen müssen.
Noch heute sind wichtige Forderungen (Möglichkeit eines Abbruchs in allen öffentlichen Krankenanstalten, Kostenübernahme durch die Krankenkassen, kostenlose Abgabe von Kondomen und Pille, gezielte Aufklärung in Schulen) nicht erfüllt.

Die GegnerInnen der Fristenlösung setzen alles daran, die Situation für die Frauen so schwer als möglich zu machen. Es ist wichtig, Aktivitäten dagegen zu setzen, wie z. B. diese: Anlässlich der FrauenFrühlingsUniversität hat sich eine überparteiliche Plattform engagierter Frauen gefunden, die eine Unterschriftenliste für einen besseren Zugang zu legalen Schwangerschaftsabbrüchen unter www.schutzzone.at.tf eingerichtet. hat.
Hier kann frau – und mann - ohne großen Aufwand, unterschreiben und so ein Zeichen setzen.

Dass Frauenministerin Bures sich – im Gegensatz zur ehemaligen SPÖ-Politikerin Johanna Dohnal – einer klaren Positionierung für die Fristenlösung und ihrer praktischen Umsetzung enthält, ist enttäuschend und äußerst ärgerlich.
Damit hat Bures alle, die sich für einen fortschrittlichen Umgang mit dem Thema Abtreibung einsetzen, allein gelassen. Offensichtlich ist ihr ein gutes Einvernehmen mit der ÖVP wichtiger als das Wohl der Frauen. Aber das gilt nicht nur für sie, es ist die derzeitige Maxime dieser Partei.

Rosmarie Thüminger

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