KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Eine neue Internationale


Referat von Walter Baier auf der Sitzung der Wiener Stadtleitung, 15. Jänner 2004

Am 9. und 10. Jänner hat in Berlin eine europäische Konferenz der linken sozialistischen und kommunistischen Parteien stattgefunden, in jenen Räumlichkeiten übrigens, in denen 1918 von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg die Kommunistische Partei Deutschlands gegründet worden ist. Im allgemeinen sind historische Reminiszenzen nicht angemessen, wenn man eine politisch komplexe Problematik darstellen will. In diesem Fall allerdings denke ich, dass sie gerechtfertigt ist, handelt es sich bei dieser Konferenz doch ebenfalls um eine Art der Neugründung, und einen historischen Durchbruch in der europäischen Linken, um ein Ereignis, dass die europäische politische Landschaft auf der Linken und die politische Landschaft insgesamt tiefgreifend verändern kann. Elf kommunistische, linkssozialistische und alternative Parteien haben in Berlin beschlossen, eine gemeinsame europäische internationale Struktur zu bilden.

Ein neuer Internationalismus

Es handelt sich um den ersten internationalen Zusammenschluss seit Jahrzehnten, genau gesagt nach dem Ende des sogenannten Kominform 1956* (in die Geschichte der kommunistischen Bewegung hat sich das als Nachfolgerin der Kommmunistischen Internationale 1947 gegründete Kominform-Büro dadurch eingeschrieben, dass es die Kommunistische Partei Jugoslawiens, im Gefolge des Bruchs zwischen Tito und Stalin, als “faschistisch” bezeichnet hat, was auch für KPÖ Folgen hatte, nämlich dass Tausende slowenische Kommunistinnen und Kommunisten aus unserer Partei hinausgedrängt wurden). Wenn manche sich heute in die Tradition dieses “Kominform” stellen, ist das an sich schon eine politisch-ideologische Ansage und zwar genau in diesem geschichtlichen Bezug.
Worum es aber in Berlin gegangen ist, ist etwas anderes, ein neuer Internationalismus, der sich von solchen Traditionen abhebt und die positiven und die negativen Erfahrungen der Vergangenheit berücksichtigt. Unter den negativen Erfahrungen ist es vor allem eine, die hervorsticht: Dass ein Internationalismus, der zentriert war um eine einzige regierende Partei sich nicht als Instrument eines gleichberechtigten Zusammenwirkens, sondern der Disziplinierung erwiesen hat, was heute niemand so haben will und akzeptieren würde. Deshalb behalten auch alle an der Europäischen Linken beteiligten Parteien ihre vollständige Selbständigkeit. Ich habe als KPÖ-Vorsitzender zehn Jahre Gelegenheit gehabt, zu verfolgen wie schwierig der Versuch ist, linke Parteien zu vereinigen, die ihrem programmatischen Anspruch nach internationalistisch sind, aber durch die Erfahrung eines Internationalismus gegangen sind, der dieses Prinzip der Selbständigkeit und Eigenverantwortung nicht respektiert hat. Von allem Anfang an muss daher klar sein, dass ein neuer internationalistischer Zusammenschluss pluralistisch gestaltet sein, das heißt eine Vielfalt von Erfahrungen und politisch theoretischen Ansätzen in seinem Inneren respektieren muss.

Ost- und Westeuropa vereinigt

Ein anderer wesentlicher Aspekt des jetzigen internationalistischen Neubeginns besteht darin, dass entgegen allen Unkenrufen, es werde hier ein “linkes Kerneuropa” geschaffen (das heißt, es würden sich nur “westeuropäische” Parteien zusammenschließen), sich von allem Anfang relevante Parteien aus den neuen EU-Mitgliedsstaaten Mittel- und Osteuropas an der gemeinsamen europäischen Linkspartei beteiligen, namentlich unsere NachbarInnen, die Kommunistische Partei Böhmens und Mährens, die mehr als 20 Prozent der Wählerschaft repräsentiert und die Kommunistische Partei der Slowakei, die derzeit bei 10 Prozent liegt. Das ist eine prinzipielle Frage, weil sie mit einer progressiven politischen Konzeption der Europa-Politik zusammenhängt. Man kann sich ja nicht vorstellen, dass sich die Linke nur in jenem Teil Europas vereinigt, der durch die letzten Jahrzehnte kapitalistischer Entwicklung zu einem privilegierten Zentrum der Kapitalakkumulation und des Reichtums geworden ist.
Wie lauten die Fragen auf die wir eine gemeinsame Antwort geben müssen. Was wir quer durch Europa erleben, und in Wirklichkeit im globalen Maßstab, ist eine neoliberale Offensive die alle Staaten und alle Gesellschaften dem Diktat der transnationalen Konzerne, der internationalen Finanzmärkte und ihrer Institutionen unterordnet. GATS, Internationaler Währungsfond, Welthandelsorganisation sind die Stichwörter. Betroffen von der neoliberalen Offensive sind die Bildungs- und Pensionssysteme, die Kommunen, die Wasserversorgung - kurzum, alles wird zur Ware und dem Profitprinzip unterworfen. Opfer sind Bevölkerungen, die zur Zielscheibe imperialistischer Aggression und Intervention werden. Aus dem allgemeinen und internationalen Charakter der kapitalistischen Offensive ergibt sich die Notwendigkeit, den Widerstand international zu organisieren.

Klassenkampf international führen

Es wäre eine Illusion zu glauben, dass man z.B. dem Kaputtsparen der Kommunen ausschließlich auf der kommunalen Ebene entgegentreten könnte. Das ist, als wollte man mit einem Vogelkäfig Milch holen. Das, was heute den Kommunen angetan wird, folgt aus den Maastricht-Kriterien und ihrer europaweiten Anwendung.
Das Scheitern der Linksregierung in Frankreich hat viele Ursachen. Aber eine davon besteht darin, dass das Versprechen, das nationale Regierungen abgeben, in der kapitalistischen Realität des ausgehenden 20. und des beginnenden 21. Jahrhunderts nicht einzuhalten ist, dass nämlich, wenn man sie wählte, die Dinge sich zum Besseren wenden würden. Die Menschen machen die Erfahrung, dass unabhängig von der jeweiligen Zusammensetzung der Regierung diese sich den Zwangsstrukturen transnationaler Konzerne, der internationalen Finanzinstitutionen und der Finanzmärkte anpassen und in ihnen gefangen sind. Von daher erschöpfen sich die nationalstaatlichen Ansätze, selbst, wenn sie gut gemeint sein sollten - was allerdings selten der Fall ist.
Kompliziert ist das sich ergebende theoretische Problem trotzdem, denn nach wie vor sind auf nationalstaatlicher Ebene Sozialstaat und Demokratie angelagert und daher bleiben auf lange Sicht die Nationalstaaten Schauplätze des Klassenkampfes. Aber soviel lässt sich jedenfalls sagen: ohne internationale Flanke der Klassenauseinandersetzungen ist weder in den Kommunen noch in den Regionen, noch in den Nationalstaaten heute wirksamer Widerstand gegen die kapitalistische Offensive zu entwickeln.

Den Kapitalismus überwinden

Das führt auch zu einer Krise der reformistischen Konzepte. Es gibt keine Sozialdemokratie die heute nicht vor dem Problem stünde, eine Antwort auf diesen neoliberalen Druck zu finden. Die Antwort, die sie geben, - und sie wird geradezu idealtypisch von Blair und von Schröder verkörpert - besteht in der Übernahme des Neoliberalismus ins eigene politische Programm. Das führt auch zu einer Krise der Politik. Die Menschen beginnen den Parteien, dem politischen System und der Demokratie zu mißtrauen.
Dem steht gegenüber, dass der Klassenkampf nach Europa zurückgekommen ist. Das Jahr 2003 war ein Jahr der Massenmobilisierungen und der großen Streiks. Eigentümlicher Weise besteht das kurzfristige politische Resultat dieser Mobilisierungen aber nicht darin, dass die Linke sich stärkt, sondern die Rechte geht aus den politischen Wahlen gestärkt hervor. Das Problem muss man sich überlegen. Die Hauptursache besteht unzweifelhaft darin, dass die Linke in ihren politischen Konzepten derzeit dem Neoliberalismus nichts entgegen setzen kann. Ich meine, dass in dieser Situation naheliegend ist, die Möglichkeiten und Potenziale sowohl die politischen wie die geistigen Potenziale der europäischen linken Parteien miteinander zu verbinden und auf eine neue Weise zu vernetzen. Schon von daher ist es absurd, wenn behauptet wird, dass das was jetzt entsteht, aus der Anpassung an das bestehende System geboren ist, eine zahme EU-konforme und Maastricht-konforme Opposition sei. Das Gegenteil ist richtig. Worum es geht, ist eine Gegenkraft zum Europa der Konzerne aufzubauen. Es geht um eine radikale Kritik der EU von links, die internationalistisch ist, d.h. die Falle des Nationalismus, der ein Instrument der Rechten ist, vermeidet.
Wer die programmatischen Dokumente, die in Berlin verabschiedet worden sind, durchliest wird feststellen, dass die Parteien sich gerade deshalb zusammenschließen, weil sie dem Europa der Konzerne wirksamer entgegentreten wollen. Sie fordern ein von NATO und EU-Militarismus befreites Europa.
Wer sich die Dokumente anschaut wird feststellen, dass sich die Parteien, die sich zusammengeschlossen haben, es tun, um europaweiten Widerstand gegen die Zerstörung der sozialen Systeme zu leisten, sich europaweit darauf verständigen wollen, gemeinsam für die Durchsetzung staatsbürgerlicher Rechte aller in Europa lebenden Menschen zu kämpfen. Es ist ja eine Ungeheuerlichkeit, dass Menschen in europäischen Staaten leben, arbeiten, Steuern zahlen, und trotzdem von den elementaren sozialen und politischen Rechten ausgeschlossen bleiben. Vielleicht wundern sich manche, dass ich über diese Fragen rede und immer wieder rede, und ich rede über diese Fragen nicht nur deswegen, weil ich auf unsere Defizite in diesen Bereich aufmerksam machen will, zum Beispiel in der Kommunal- und Gewerkschaftsarbeit, sondern ich rede über diese Fragen aus prinzipiellen Gründen. Man muss wissen, dass die amerikanische Revolution unter dem Schlagwort gesiegt hat “Keine Besteuerung ohne politische Repräsentanz”. Das heißt, die Gleichberechtigung aller Menschen, die in einer Gesellschaft leben, ist ein Grundbestandteil dessen was bürgerlich demokratische Kultur ausmacht. Solange in Europa dieser Mindeststandard nicht verwirklicht ist, muss es Widerstand aller politischer Kräfte geben. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit auf europäischer Ebene für qualitative Änderungen einzutreten. Das, was die Parteien in Berlin beschlossen haben, liegt in der Migrationspolitik links von dem, was viele Parteien bisher gesagt haben. Dafür hat sich unter anderem die KPÖ eingesetzt.
Die Europäische Linkspartei hat sich vor allem Anfang an ein systemüberwindendes, ein revolutionäres Programm gegeben. Es ist ihm zu entnehmen, dass die Europäische Linke für die Überwindung des Kapitalismus kämpft und die menschliche Emanzipation - verstanden als Befreiung von allen Zwängen die die Menschen zu unterdrückten und verlassenen und entrechteten Wesen machen - zu ihrem Programm erhebt.

Wiederbegründung einer revolutionären Tendenz

Es geht meiner Meinung nach um nicht weniger, als um die Wiederbegründung der revolutionären Tendenz in der europäischen Linken. Ich denke, dass richtig ist, dass dieses Projekt, obwohl es von 11 Parteien begonnen wird, offen bleibt für die Beteiligung anderer Parteien. An der Konferenz haben 19 Parteien teilgenommen. 8 Parteien haben im Resümee für sich bestimmt, dass sie diesen Prozess als Beobachter weiter verfolgen wollen. Die 11 Parteien die aufrufen, die Europäische Linke Partei zu gründen, sind die Estnische Sozialdemokratische Arbeiterpartei, die Französische KP, die Vereinigte Linke Spaniens, die Koalition der Linken und Ökologie aus Griechenland, die Rifondazione Comunista aus Italien, die Linke aus Luxemburg, die Kommunistische Partei Österreichs, die Kommunistische Partei der Slowakei, die Kommunistische Partei Böhmens und Mährens, die Partei des Demokratischen Sozialismus der Tschechischen Republik und die Partei des Demokratischen Sozialismus der Bundesrepublik Deutschland.
Es stellt sich die Frage was diese enge Verbindung einer Gruppe linker Parteien für die gesamte Linke bedeutet.
Die Struktur der europäischen Linken ist vielfältig. Jede Partei verfügt über ihre Geschichte und Eigenheit. Sieht man von der Skandinavischen Linken ab, die traditionell ihrer eigenen Wege geht, und auch einen eigenen skandinavischen linken Zusammenschluss schaffen wird, kann man drei große Gruppierungen unterscheiden. Die erste große Gruppierung und nun auch die größte politische Gruppierung bilden jene Parteien die sich zur europäischen Linken zusammengeschlossen haben. Es handelt sich dabei um jenes Spektrum, das nach 1989/90 weder den Weg der Auflösung noch des Dogmatismus gegangen ist. Die spanischen und italienischen KommunistInnen konnten bei der Entwicklung ihrer Konzeption einer erneuerten revolutionären Politik zudem auf eine Tradition des kritischen linken Denkens stützen, die weit in die 60er- und 70er-Jahre zurückreicht. Man kann übrigens davon ausgehen, dass sich in den nächsten Wochen dieser Gruppierung noch andere Parteien anschließen werden.
Die zweite Gruppierung ergibt sich aus dem Versuch der Kommunistischen Partei Griechenlands jene Parteien zu sammeln die sich auf einer sehr engen und orthodoxen politischen Linie befinden. Der Kommunistischen Partei Griechenlands schwebt etwas wie die Schaffung einer neuen Komintern auf einer sehr engen ideologischen Plattform - und unter ihrer Patronanz - vor. Es hat sich aber in den letzten Jahren gezeigt, dass diese Plattform, die einen linken Pluralismus ausschließt, für die meisten linken Parteien Europas nicht akzeptabel ist und daher einen ausgrenzenden und spaltenden Charakter annehmen würde.
Die dritte hier in Betracht kommende Gruppe von Parteien hängt mit der trotzkistischen Vierten Internationale zusammen. Hier hat sich in der politischen Landschaft Europas verändert, dass diese Parteien nach 1945 nur Randgruppen gewesen sind, heute aber in einigen Ländern wie in Frankreich und Portugal über einen beträchtlichen wahlpolitischen Einfluss verfügen. Die “Vierte Internationale” hat eine Struktur geschaffen die sich “Europäische Antikapitalistische Linke” nennt, an der die KPÖ als Beobachterin teilnimmt sowie andere Parteien, die jetzt im Spektrum der neuen europäischen Linken arbeiten. Das Ziel der “Europäischen Antikapitalistischen Linken” bestand darin, am Rande des Europäischen Sozialforums in Paris (November 2003), ihre eigene linke Internationale Partei ins Leben zu rufen. Mit der Entscheidung von Rifondazione Communista, das trotzkistischen Projekt nicht mitzutragen, ist aber dieser Konzeption der Boden entzogen worden. Trotzdem war die Meinung der meisten in Berlin versammelten Parteien, dass der Dialog mit der antikapitalistischen Linken und mit jeder einzelnen Partei, die in ihr eine Rolle spielt, vertieft werden soll und wir uns in diese Richtung öffnen sollen.
Ich denke, dass wir uns auf eine Situation zubewegen, wo es nicht mehr unrealistisch ist, dass auf Sicht die aus dieser Tradition kommenden Parteien und unsere, sich erneuerden linken und kommunistischen Parteien, eine gemeinsame große internationale Strömung bilden werden. Ich halte das für die vielversprechendste Perspektive. Worum es strategisch geht, ist ja der reformistischen Linken - Sozialdemokraten und den Grünen - eine revolutionäre selbständige politische Strömung gegenüber zu stellen die den Kampf um die Hegemonie in der Arbeiterbewegung aufnehmen kann.

Alle treten zu den EP-Wahlen an

Keine der Parteien, die die Europäische Linkspartei gründen, gibt ihre Selbständigkeit als nationale Partei auf. Trotzdem geht es bei alledem um grundsätzliche Entscheidungen. Eine Entscheidung, die auch unsere Parteiidentität betreffen und daher wird das Gegenstand der Erörterung und Entscheidung auf der Parteikonferenz am 13. März in Wien sein.
Es wird immer wieder die Frage gestellt, in welchem Zusammenhang steht die Gründung der Europäischen Linken Partei mit den bevorstehenden Europaparlamentswahlen. Tatsache ist, dass sich in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union die alternative revolutionäre Linke zur Wahl stellt. Das geschieht in der Erwägung, dass Europa und die EU ein politischer Raum sind, in dem nicht nur die Herrschenden ihre Entscheidungen treffen (80 Prozent der Gesetze werden inzwischen auf der Ebene der EU beschlossen), sondern in dem auch der Klassenkampf eine neue, nämlich internationale, Dimension entfaltet. Wenn, was wir in Berlin beschlossen haben, klappt, dann wird es zu einem gemeinsamen Aufruf für die Europawahlen von 20 und mehr linken Parteien kommen, die sich um die europäische Linke herum gruppieren. Es wird sich die Europäische Linke Partei, die nun geschaffen wird, gemeinsam mit denjenigen linken Parteien sich diesen Wahlen stellen, die den Schritt mit zu gründen oder einzutreten, noch nicht treffen wollten. Auch das ist ein wichtiger Punkt, weil damit eine europäische Dimension eröffnet wird, die weit über die Aktionseinheit hinausgeht, die bisher in Europa möglich war. Das ist der Beitrag, den die linken Parteien gegenüber der Entwicklung der sozialen Bewegungen und den gewerkschaftlichen Kämpfen leisten. Weil derzeit etwa auf der Ebene der sozialen Bewegungen keine so breite Einbeziehung osteuropäischer Gruppierungen in eine gleichberechtigte Zusammenarbeit existiert wie auf der Ebene der Parteien.

Die KPÖ muss nun selbst entscheiden

Was sind die nächsten Schritte auf dem Weg zur Gründung der linken europäischen Partei. In Berlin wurde ein Aufruf von 11 Parteien unterzeichnet. Man kann davon ausgehen, dass in den nächsten Wochen andere Parteien folgen werden. In allen Parteien muss es noch eine politische Willensbildung bezüglich der Gründung geben. Realistisch betrachtet ist diese Willensbildung in allen Parteien kontrovers. Zum Beispiel in der Rifondazione Comunista wird die Entscheidung, sich an der Europäischen Linken Partei zu beteiligen vor allem von den Trotzkisten kritisiert. Das ist nicht sehr überraschend, weil die Vierte Internationale mit der Gründung der Europäischen Linken ihr Projekt einer eigenen linken Partei mittelfristig als nicht verwirklichbar betrachten muss. So verständlich die Unzufriedenheit der Trotzkisten in der Rifondazione ist, so skurill ist aber auch, dass ihre diesbezüglichen Einwände gegen die europäische linke Partei von F. Parteder in der KPÖ als der “Aufstand der Basis” kolportiert werden, so als ob die politischen Pläne der Vierten Internationale ihm tatsächlich ein besonderes Anliegen wären. Nein, das ist nichts weiter als Demogogie.
Die Willensbildung in den einzelnen Parteien wird zusammengefasst werden auf dem Gründungskongress der europäischen linken Partei am 8. Mai, der, wenn sich diese Meinung durchsetzt, in Rom stattfinden wird. Es gibt eine Diskussion darüber, wie dieser Gründungskongress von statten gehen soll. Der Vorschlag, der am weitestgehenden ist, zielt darauf, dass aus allen Parteien gleich viele Delegierte an dieser Konferenz teilnehmen sollen. Wenn es einen internationalen Delegiertenkongress geben wird, würde das bedeuten, dass wir auf unserer Parteikonferenz auch die Delegierten wählen müssen.
Es gibt auch unterschiedliche Auffassungen darüber, ob schon vom Beginn des Prozesses Einzel-Mitgliedschaften in der europäischen Linken Partei zugelassen werden, sollen. Das heißt, ob Menschen die Möglichkeit haben sollen die keiner nationalen linken Partei angehören, sich direkt in der europäischen Linken zu organisieren. Das ist noch offen, ich bin für die Möglichkeit der direkten Mitgliedschaft, aber das ist jetzt nicht die entscheidende Frage. Meiner Meinung nach lautet die entscheidende Frage heute: Wollen wir radikale europäische Linke an dem historischen Punkt, an dem wir angelangt sind, zu unseren nationalen kommunistischen und linken Parteien eine gemeinsame internationale Partei schaffen, nicht um die nationalen Parteien zu ersetzen, wie manchmal behauptet wird, sondern um die nationalen Parteien in ihrem Aktionsspielraum zu erweitern. Ich persönlich bin sehr für diese Orientierung. Ich glaube, dass es an der Zeit ist, dass die Linke und der Kommunismus über die nationalen Grenzen hinaus wächst, und ein neuer sozialistischer Internationalismus geschaffen wird.

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* Kominform: Informationsbüro der Kommunistischen und Arbeiterparteien. 1947 gegründet, als Nachfolgeorganisation der 1943 auf Weisung Stalins aufgelösten Kommunistischen Internationale, bestehend aus den regierenden Parteien Osteuropas sowie aus den Kommunistischen Partei Frankreichs und der Kommunistischen Partei Italiens. Das Kominform wurde im Zuge der Entstalinisierung 1956 aufgelöst.

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