KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Lidl bespitzelt MitarbeiterInnen

(27.3.2008)

Was die allerorts vorhandenen Überwachungskameras so können zeigt ein aktueller Bericht des Stern, der auf orf-online übernommen wurde: Der Lebensmitteldis­konter Lidl nutzt sie um seine MitarbeiterInnen systematisch zu überwachen. Wer geht wann aufs Klo und braucht wie lange. Wie sind die persönlichen Verhältnisse der MitarbeiterInnen untereinander. Wer in seiner Dienstzeit ein Telefonat geführt hat. …

Detektive installierte Kameras in den Filialen unter dem Vorwand Ladendiebe aufzuspüren. Rausgekommen sind hunderte Seiten Protokolle über das Verhalten der MitarbeiterInnen. In denen dann unter anderem zu lesen ist: „Donnerstag, 14.50 Uhr: Frau T. telefoniert mit ihrem Freund, es geht um das gemeinsame Abendessen. Obwohl sie weiß, dass der Markt gut besucht ist und noch diverse Arbeiten zu erledigen sind, verspricht sie ihm, pünktlich Feierabend zu machen, was sie dann um 15 Uhr tut.“ Welch ein Skandal!: Schlecht bezahlte MitarbeiterInnen nehmen sich die Frechheit heraus pünktlich den Arbeitsplatz verlassen zu wollen …

Wenn Lidl schon wissen will, ob die Dienstzeit für privates genutzt wird, was geht es irgendeinen Arbeitgeber aber an, mit wem das private Telefongespräch geführt wurde? Was geht es Lidl was an, ob MitarbeiterInnen Liebesverhältnisse haben und mit wem? Oder in welcher Sprache sie sich unterhalten?

Von Wahrung der Privatsphäre sind die Protokolle der Detektei jedenfalls weit entfernt – auch wenn die Geschäftsführung dementiert den Auftrag zur Mitarbeitüber­wachung erteilt zu haben.

Achim Neumann, Handelsexperte der Gewerkschaft ver.di, sagte gegenüber dem „stern“, er sei zwar einiges gewohnt von Lidl, von solch einer systematischen Mitarbeiterüber­wachung aber habe er noch nie gehört. „Diese Dimension ist mir völlig neu.“ Die Gewerkschaft forderte am Mittwoch die Mitarbeiter auf, gegen die Zustände vorzugehen und Betriebsräte zu wählen.

Der Hamburger Arbeitsrechtler Klaus Müller-Knapp, dem die Protokolle vorab gezeigt wurden, hält sie für „in höchstem Maße skandalös“, weil es nicht um Arbeits-, sondern um Verhaltenskontrolle geht. „Das stellt einen klaren Verstoß gegen Artikel zwei Grundgesetz dar, der die freie Entfaltung der Persönlichkeit schützt.“