POSITIONEN & THEMEN
Von Michael Schmida (10.2.2012)
Produktionsverhältnisse sind auch im Bereich der immateriellen Ökonomie, also der Produktion, Verteilung und des Verbrauchs von immateriellen Gütern und Werken, zum Großteil kapitalistische Verhältnisse. Ziel ist es, das Hergestellte zu einem tausch- aber vor allem verkaufbaren Gut zu machen. Dies geschieht durch alle möglichen Formen der künstlichen Verknappung. Das Urheberrecht ist ein Mittel dazu. Im Gegensatz dazu haben ubiquitäre (d.h. allgemein verfügbare) Güter keinen Tauschwert im Sinne eines Geldwertes und können somit nicht verkauft, also kapitalistisch verwertet werden.
Moderne digitale Informations- und Kommunikationstechnologien haben die Probleme bei der kapitalistischen Inwertsetzung immaterieller Güter potenziert. Daraus ergibt sich ein erster Widerspruch zwischen den Interessen der unmittelbaren KonsumentInnen und ProduzentInnen dieser Güter. Der zweite Widerspruch ist jedoch wesentlich bedeutsamer, nämlich jener zwischen den VerbraucherInnen/unmittelbaren ProduzentInnen immaterieller Güter und den großkapitalistischen Vertriebs- und Produktionsstrukturen in Form mächtiger Medienunternehmen der sogenannten Bewusstseinsindustrie. Austragungsort dieses Widerspruchs ist der Staat, der im neoliberalen Zeitalter die Interessen der Konzerne in Normen und Abkommen zementieren soll, andererseits aber durch eine Vielzahl von GegenaktivistInnen immer wieder daran gehindert wird. Das ist der reale, sozioökonomische Hintergrund für die Konflikte und Auseinandersetzungen zu diesem Thema.
Aus diesen Widersprüchen ergeben sie unterschiedliche Antworten wie mit dieser Frage im neoliberalen High-Tech-Kapitalismus umgegangen werden soll. Die kapitalistische Antwort will die derzeitigen gesellschaftlichen Verhältnisse fortführen und absichern. Konkret heißt dies: Repressalien, Kontrolle, Gesetze im Sinne der Profite der Bewusstseinsindustrie, ACTA, SOPA, PIA, etc. Kurz: Maßnahmen zur weiteren Monopolisierung und Profitmaximierung. Eine solidarische Antwort, die auch ganz im Sinne der KPÖ wäre, setzt hingegen auf andere Ziele. Diese gehen über die derzeitigen Verhältnisse hinaus und wollen etwas plakativ ausgedrückt Pluralisierung und sozialen Ausgleich. Das bedeutet zum Beispiel, dass die ProduzentInnen von immateriellen Gütern und Werken (vorbei an der Medienindustrie) für ihre Arbeit gerecht entlohnt werden. Abgaben auf Providergebühren, auf Internetwerbung oder etwa eine Vergnügungssteuer gingen in diese Richtung. Sie würden einerseits Pluralität und Netzfreiheit erhalten beziehungsweise enventuell auch ausbauen helfen und auf der anderen Seite jedoch nicht die eigentlichen ProduzentInnen um die materiellen Früchte ihrer geistigen Arbeit bringen. Sogar eine Vermögenssteuer kann über diesen Sachverhalt gefordert werden: Jene, die über das meiste ökonomische Kapital verfügen und daher auch am meisten kulturelles Kapital konsumieren (Privatpersonen) oder verwerten können (Unternehmen), sollen einen angemessenen Beitrag leisten. Und natürlich, nicht zu vergessen, das bedingungslose Grundeinkommen! Tina Leisch hat in ihrem Text zu ACTA (Kunst und Käse) explizit darauf verwiesen: Uns armen KulturarbeiterInnen wäre mit einem bedingungslosen Grundeinkommen mit Zuverdienstmöglichkeiten besser gedient als mit Urheberrechtsverschärfungen, zu deren juristischer Durchsetzung wir eh nie die Mittel haben werden.
Was dann noch fehlt als solidarische Antwort? Die Vergesellschaftung der Medienkonzerne! Nur müsste die halt anders aussehen, als anstatt der kapitalgetriebenen Monopolisierung von Meinung, Unterhaltung und Information wie gerade derzeit stattfindend, wieder ein staatliches Monopol wie im untergegangenen, realen Sozialismus zu bekommen!
11. Februar: Act against ACTA
Die KPÖ beteiligt sich an einer Protestdemonstration gegen ACTA. Treffpunkt: 14 Uhr (Stock im Eisen Platz, Stephansplatz), 14.30 Abmarsch, 15.15 Kundgebung beim Parlament.
Wer kommt, möge sich per mail bei Didi Zach melden!
Details siehe act against ACTA