KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Grundsätzliches Versagen?

Drei Milliarden Menschen leben vor allem von Reis

Von Hans Gmundner (28.4.2008)

Der „Standard“ sieht in dem tragischen Inzestfall in Amstetten ein „grundsätzliches Versagen“. Gleichzeitig wird in Frage gestellt, dass es dem Tatverdächtigen gelungen sein kann, weitschichtige Verwandte, Bekannte und Behördenvertre­terInnen über Jahre hinweg zu täuschen. Die Menschheitsges­chichte lehrt jedoch, dass es tatsächlich immer wieder unfassbare, traurige Einzelschicksale gibt, die nicht auf gesellschaftliches Fehlverhalten zurückgeführt werden können.

Die Medien stürzen sich nun auf die bedauernswerten Opfer dieses ziemlich einzigartigen Scheusals – in erster Linie, um den Voyeurismus des Publikums zu befriedigen und damit die Auflagenzahlen und Einschaltquoten zu steigern. Gleichzeitig wird von einer Tragödie abgelenkt, die tatsächlich die gesamte Menschheit empören sollte und gegen die rasch etwas getan werden müsste. Die Rede ist von der massiven Ausdehnung der notorischen Hungerkatastrophe in den Entwicklungsländer­n, die durch die exorbitante Steigerungen der Lebensmittelpreise ausgelöst wurde.

Über die Ursache der Preissteigerungen wird von den ansonsten meist allwissenden KommentatorInnen der Weltpresse ziemlich amateurhaft herumgerätselt. Das ist insofern kein Wunder, als bei der Erhellung des Hintergrunds das herrschende Finanzsystem an den Pranger gestellt werden muss. Ausschlaggebend für die Teuerung sind weniger Missernten oder die Agrarsprit-Produktion, sondern der Wechsel des Anlage suchenden Kapitals von der Immobilien-Spekulation zu Warentermin-Geschäften.

Die Gier, mit vorübergehend auf der hohen Kante liegendem Geld der Konzerne, zusätzliche Profite zu machen, hat die Brot- und Reispreise in die Höhe getrieben. Es sind die spekulativen Tendenzen der Finanzmärkte, denen rasch Einhalt geboten werden sollte. Ob daneben über traurige Einzelschicksale Krokodilstränen vergossen werden, ist hingegen Geschmacksache.

Zum Beispiel: Reis > Seit Jahresbeginn hat sich der Reispreis in Asien verdreifacht. > Drei von über sechs Milliarden Menschen leben vor allem vom Reis. Eine Milliarde hat nur etwa einen Dollar pro Tag, eine weitere starke Milliarde ein bis zwei Dollar zur Verfügung. Dass diese Preiserhöhungen für diese Menschen sehr schwerwiegend sind, und buchstäblich weniger in die Mägen kommt, und vor allem Kinder leiden, liegt dabei auf der Hand. > Agrobusiness, Vergeudung in Industrieländern, rasche Entwicklung in Schwellenländern, absurde Agrarpolitik, neoliberale Deregulierung (Auflösung von Vorratslagern), enorm ungleiche Verteilung, verstärkt durch Spekulationskapital, Einstieg in die Treibstoffproduktion aus Nahrungsmittel – sind Komponenten die hier negativ zusammenspielen.