POSITIONEN & THEMEN
Von Dagmar Schulz (2.2.2008)
Immer noch verdienen Frauen in Österreich um satte 20 Prozent weniger als Männer, unabhängig davon, ob sie Hilfsdienste oder führende Tätigkeiten ausüben. Nur in vier der 27 EU-Länder ist diese Kluft noch größer. (Der EU-Durchschnitt liegt bei 15% Unterschied.)
Noch deutlicher ist die Differenz allerdings, wenn man den öffentlichen Dienst wegrechnet: Angestellte und Arbeiterinnen verdienen in der Privatwirtschaft um ein Drittel weniger als ihre männlichen Kollegen.
Ein Grund für den Einkommensunterschied ist die Tatsache, dass drei Viertel der atypischen und 70 Prozent der geringfügigen Beschäftigungen von Frauen ausgeübt und dementsprechend schlecht bezahlt werden. 42 Prozent der berufstätigen Frauen sind nicht vollzeitbeschäftigt.
Doch diese himmelschreiende Ungerechtigkeit kann noch „getoppt“ werden dann nämlich, wenn die Frau auch noch Migrationshintergrund hat, werden dem Durchschnittslohn weitere 229 Euro abgezogen.
81% der Frauen arbeiten in Dienstleistungsberufen. Die meisten dieser Berufe sind nicht nur anstrengend, persönlich fordernd und schlecht bezahlt sondern weisen auch noch ein schlechtes Prestige und geringe Aufstiegmöglichkeiten auf. Innerhalb dieser an sich schon unterprivilegierten Berufsgruppe finden sich aber immer noch Branchen, die von „inländischen“ und migrantischen männlichen Arbeitskräften eher gemieden werden sei es auf Grund der (noch) schlechteren Entlohnung oder infolge der schwierigeren und belastenden Arbeitsbedingungen. Darunter fallen Tätigkeiten im Gesundheits- und Sozialbereich, aber auch Tätigkeiten im Handel sowie im Fremdenverkehr. Diese Branchen sind typisch für Migrantinnenbeschäftigung. Migrantinnen sind somit am untersten Ende der Beschäftigungshierarchie zu finden. Dazu kommen Mehrfachbelastungen (wie bei allen Frauen) und mitunter auch Gewalt, die von (männlichen) Mitgliedern der eigenen ethnischen Gruppe ausgeht.
Frauen haben es in Österreich also nicht leicht, Migrantinnen schon gar nicht.
Genderspezifische Aspekte in der Politik sind daher unbedingt notwendig die 336.500 Frauen mit ausländischer Staatsbürgerschaft (rechnet man die eingebürgerten dazu, sind sie etwa eine halbe Million) haben ein Recht darauf! Alle diese Maßnahmen müssen danach trachten, die mehrfachen Benachteiligungen von Frauen und Migrantinnen zu beseitigen!
Ein wichtiger Aspekt in diesem Zusammenhang wäre die flächendeckende Einführung der Gesamtschule der 10– bis 14jährigen.
Hohe Besuchsquoten von Migrantinnen an Hauptschulen und Polytechnischen Schulen können nämlich nur auf die soziökonomischen Verhältnisse zurück geführt werden (wenn der Spracherwerb in der Zweitsprache frühzeitig gefördert würde). Leider führt diese Ghettoisierung zu schlechten Voraussetzungen: Arbeitslosigkeit und marginalisierte Berufslaufbahnen sind beinahe immer an die schulische und berufliche Qualifikation gebunden. Eine gemeinsame Schule der 10– bis 14jährigen würde die Chancen vieler Kinder, auch diejenigen von Mädchen mit Migrationshintergrund, deutlich verbessern.