KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Die bessere Seite der Schweiz.

Vorrang für den öffentlichen Verkehr? In Österreich noch lange nicht.

Von Christoph Kepplinger (3.12.2009)

Unser westliches Nachbarland ist jüngst ins Schussfeld der internationalen Kritik geraten. Zurecht, denn die Rechtsaußen-Kräfte in der Schweiz haben das Land durch den erschreckenden Erfolg des „Minarett-Volksbegehrens“ in ein miefiges, provinzielles und xenophobes Eck gerückt, aus dem es jetzt schwer wieder herauszukommen scheint. Unsere hiesigen Stammtischrassisten gebärden sich auch prompt als verbale Trittbrettfahrer.

Stichwort fahren, und zwar öffentlich: Hier lohnt ein Blick über den Bodensee immer wieder, auch wenn einer unserer oft wechselnden Bahnmanager (ich weiß nicht mehr, welcher) in einem Interview einst kundtat, wie wenig er diesen Vergleich mit der Schweiz noch hören könne. Ist ja auch unangenehm, mit guten Vorbildern konfrontiert zu werden, wenn die Gage gleichzeitig auch ohne große verkehrspolitische Anstrengung aufs Konto wandert.

Und das Folgende möchte ich einmal von unserer Regierung hören: Dichtere Verbindungen im ganzen Land, Kapazitätserwe­iterungen, zusätzliche Züge, mehr Sitzplätze, verbesserte Anschlüsse und vieles mehr. So, als ob es eine Selbstverständlichke­it wäre, verkündeten dies am 30. November Max Friedli, Direktor des schweizer Bundesamts für Verkehr und SBB-Chef Andreas Meyer (NZZ vom 1.12.2009). Man stelle sich vor: Ein Viertelstundentakt zwischen Wien, Linz und Graz. Was den SchweizerInnen konkret zwischen Bern und Zürich vorschwebt, klingt in unseren Ohren wie reine Utopie. In Summe geht es um bis zu 21 Milliarden Franken, die unter dem Titel „Bahn 2030“ investiert werden sollen, finanziert u.a. aus der Mineralölsteuer. Das ist die konsequente Fortsetzung einer Bahnoffensive, die einen sprunghaften Anstieg bei den Fahrgastzahlen zur Folge hatte. Seit dem Jahr 2004 stieg die Zahl der Bahnreisenden um 30 Prozent, das Zugangebot um 26 Prozent. Auch bei uns steigt (wenn auch langsam) die Zahl jener, die für ihre Wege bewusst vermehrt öffentliche Verkehrsmittel wählen. Mit der kommenden Fahrplanumstellung am 13. Dezember werden aber alle, die steigenden Bedarf am öffentlichen Verkehr haben, erneut vor den Kopf gestoßen: Die gefahrenen Zugkilometer im Regionalverkehr werden abermals verringert, Verbindungen werden ausgedünnt und wieder ein paar Nebenstrecken werden gänzlich eingestellt, letzteres ist sowieso ein Kardinalfehler in der Verkehrsplanung. Der öffentliche Verkehr wird zwischen Streitigkeiten von Bund und Ländern zerrieben, anstelle die unsinnige und lähmende Aufteilung der Bahn in mehrere – einander zum Teil konkurrierende – Unternehmen rückgängig zu machen. Mehr und schnellere Verbindungen, eine Offensive bei den Regionalbahnen und letzten Endes leistbare Mobilität (bis hin zum Nulltarif!) für alle müssen auch hierzulande zur verkehrspolitischen Selbstverständlichke­it werden.