KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

„Ich stelle den Antrag, meinen Mandanten ausreden zu lassen“

Infostnd am VolksstimmeFest

Von Roland Steixner (20.5.2010)

… oder: Wenn Gerichtsbarkeit zur Farce wird. Das laufende Verfahren gegen die TierrechtlerInnen, das Anfang März begonnen hat, wird von Tag zu Tag absurder. Nicht, dass zuvor ein allzu großes Vertrauen in die Justiz gerechtfertigt gewesen wäre, doch was hier geschieht, ist – gelinde gesagt – schockierend.

In der achten Prozesswoche wurde das Publikum manipuliert. Im Gericht wurden 40 bis 50 Polizeischüle­rInnen positioniert, was dazu führte, dass Angehörige der Angeklagten nicht am Prozess teilnehmen konnten. Diese Praktik wurde beibehalten. Die Frage ist, ob diese Verhandlung für die PolizeischülerInnen lehrreich ist, und vor allem, was sie daraus lernen sollen.

Das Gericht holte ein linguistisches Gutachten von Wolfgang Schweiger ein, gemäß dem der Hauptangeklagte Balluch für Bekennerschreiben, Artikel im TAT-Blatt und 16 Leserbriefe verantwortlich sei. Dieses Gutachten wird aus mehreren Gründen kritisiert. Einerseits, weil der Verfasser in diesem Fall eindeutig befangen ist, was auch aus den Äußerungen Schweigers gegenüber dem Standard hervorgeht, andererseits weil zu diesem Gutachten bereits zwei Gegengutachten vorliegen: Einerseits von Raimund H. Drommel, Linguist und Sachverständiger, der unter anderem die Bekennerschreiben der RAF analysiert hat, andererseits von Manfred Kienpointner, Linguist an der Universität Innsbruck. Beide stimmen darin überein, dass Schweigers Gutachten grobe Verfahrensfehler aufweise und das zugrunde liegende Material gegen die Urheberschaft Balluchs spreche.

Weiters fördert die Einvernahme der Pressesprecherin von Kleiderbauer zu Tage, dass sie „Droh-E-mails“ erhalten habe. Nun bleibt es dem/r LeserIn überlassen ob er/sie E-mails mit der Aufforderung nur noch Kunstpelz zu verwenden als bedrohlich einstuft oder nicht. Welcher Art die Drohungen der TierschützerInnen waren, gibt die Pressesprecherin ebenfalls genau bekannt: Kleiderbauer wurde mit Demonstrationen „bedroht“. Wenn das Gericht dies als kriminelle Handlung ansieht, dann zeigt das, wie es um den Rechtsstaat bestellt ist. Denn Demonstrationen sind legale Handlungen.

Dass Verteidigerin Stuefer tatsächlich den Antrag stellen musste, dass ihr Mandant ausreden dürfe, schlägt dem Fass den Boden aus. Bei der häufigen Anwendung der Worte „Schluss jetzt“ durch die Richterin, wenn Angeklagte bzw. deren VerteidigerInnen zu Wort sind, verwundert das allerdings nicht. Unverholen droht die Richterin den Angeklagten, indem sie sagt: „Wenn der Verhandlungsplan nicht eingehalten wird, können sich die Angeklagten und die Verteidigung selbst bei der Nase nehmen.“ Soll das etwa heißen, dass die TierrechtlerInnen und ihre VerteidigerInnen besser zu schweigen hätten, wenn sie wollen, dass das Verfahren rasch beendet werden soll? Sollen sich die TierschützerInnen gleich schuldig bekennen, da das Urteil des Gerichts ohnehin schon feststeht?

Dieses Verfahren ist eine Schande für Österreichs Justiz. Aus dem Verlauf des Verfahrens muss geschlossen werden, dass die Unschuldsvermutung, die die Grundlage jedes fairen Gerichtsverfahrens ist, nicht gilt. Angesichts dieser Prozessführung drängt sich die Vermutung auf, dass es sich bei diesem Prozess um ein politisch motiviertes Verfahren handelt, bei dem die Interessen der Fleischindustrie, der Pelzindustrie und von Jagdverbänden bedient werden sollen.