POSITIONEN & THEMEN
Von Josef Stingl (13.9.2011)
Das derzeitige Sozialversicherungs(SV)-System unterliegt der Selbstverwaltung. Selbstverwaltung bedeutet, dass der Staat also Bund und Länder bestimmte Bereiche von jenen Personen verwalten lässt, die ein unmittelbares Interesse an einer erfolgreichen Bewältigung ihrer Aufgaben haben! Die Vorteile der Selbstverwaltung: Die Nähe zum Versicherungsfall, Fachkompetenz bzw. die Möglichkeit zu demokratischer und kostengünstiger Arbeit, verbunden mit Solidaritätsbewusstsein in Unabhängigkeit von staatlichen Direktiven
Beim derzeitigen Beitragssystem ist die Höhe des Beitragsaufkommens transparent die SV-Träger können aufgrund dieser Kennziffer die Leistungen anpassen (zum Beispiel überlegt die Tiroler GKK derzeit aufgrund der verbesserten finanziellen Situation wieder Geldzuschüsse zu Zahnregulierungen zu gewähren).
Wären die SV-Beiträge aber Teil einer Gesamtbesteuerung, wären die Einnahmen der SV-Träger nicht mehr unmittelbar plan- bzw. kalkulierbar! Ebenso kann niemand mehr garantieren, dass nicht im Sinne des Bundesbudgets beziehungsweise eines, politisch wirksamen, Nulldefizits das vorgegebene Ziel bis 2021! die Bundesregierung die SV-Überweisungen eben diesem Ziele unterordnet
und das ohne Mitbestimmungsmöglichkeit der ArbeitnehmerInnen. Gleiches würde übrigens auch für die Arbeiterkammern gelten! Unsere Pflichtbeiträge sind derzeit ebenso Teil der SV-Abgaben.
Diese nivellierende Form der SV-Abgabeverwaltung bedeutet daher letztlich einen Frontalangriff auf ein bewährtes System der Selbstverwaltung und Eigenverantwortung unseres Gesundheits-, Pensions- und Arbeiterkammerwesens!
Der Blick auf die derzeitige Praxis der Bundesländer und ihrer „Steuerkuchen-finanzierten“ Sozialleistungen, wie bei Pflege oder bei psychosozialer Betreuung bestätigt eindrucksvoll die oben genannten Bedenken: Dort wird gekürzt, gestrichen, bis hin zur Wiedereinführung des Angehörigen-Regresses (á la Sippenhaftung).
Aber die Sozialdemokraten, die wehren sich sicher
Sind diese Ansichten für eine Partei der Reichen, der UnternehmerInnen und Industriellen nichts Ungewöhnliches, so sind sie jedoch für eine sogenannte sozialdemokratische Vertretung mehr als nur fragwürdig! SPÖ Finanzsprecher Jan Krainer meinte aber dazu, dass ein Lohnsteuer-integrierender Tarif eine alte sozialdemokratische Forderung (!?) sei.
Seinem, vor 88 Jahren verstorbenen Parteigenossen, Sozialminister und Gründer des österreichischen Sozialversicherungswesen, Ferdinand Hanusch würden ob solch grobem Unverständnisses wohl die Tränen aus den Augen fließen.