KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Gemeinsam für den Wechsel in Europa!

(1.12.2008)

Wahlplattform der Europäischen Linken für die Wahlen zum Europäischen Parlament 2009

Das Europa des 21. Jahrhunderts braucht Frieden, Demokratie, soziale Gerechtigkeit und Solidarität!

I. Die Wahlen zum Europäischen Parlament im Juni 2009 sind eine Chance, die Grundlagen der Europäischen Union (EU) zu verändern und für Europa eine neue Perspektive zu eröffnen.

Wir sind mit einer finanziellen, wirtschaftlichen und sozialen Krise des Systems konfrontiert, die täglich weiter eskaliert. Sie verschärft und verschlimmert die Lebensmittel-, Energie- und Umweltkrise. Sie vertieft die Kluft zwischen den Geschlechtern. Sie beeinflusst das Leben aller Menschen in Europa und der Welt ganz unmittelbar. Die ganze EU steht unter Schock. Die Krise ist vom neoliberalen, globalisierten Kapitalismus verursacht, vor allem von verantwortungslosen Politik- und Wirtschaftseliten, die dieses abenteuerliche System weiter vorantreiben, wofür das Volk den Preis zahlen soll. Die Krise gefährdet Frieden, internationale Sicherheit und Zusammenleben. Die Welt ist aufgrund der Hegemonialpolitik der USA, vor allem der Bush-Administration in diese globale Krise geraten.

Die Krise demonstriert erneut das Scheitern der neoliberalen Globalisierung, die der Maximierung der Profite der Hauptakteure der weltweiten Finanzmärkte dient, und das ohne jede Kontroll- und Eingreifmöglichkeit der Staaten. Politik, Staaten und Gesellschaften werden den unkontrollierten Finanzmärkten ausgeliefert. Das Ergebnis ist eindeutig: Demokratieabbau und das Ende des Sozialstaates.

Die Politik der Niedriglöhne und prekären Arbeitsverhältnisse als Folge der deflationären Maßnahmen der Regierungen der entwickelten Länder hat das Finanz- und Kreditsystem in Gefahr gebracht.

Regierungen, EU-Organe und weltwirtschaftliche Institutionen wie IWF, Weltbank und WHO haben Privatisierung und Deregulierung durchgesetzt.

Dies alles stellt die neoliberalen Grundlagen der EU-Verträge in Frage, besonders das Beharren auf einer „offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb“: den freien, unkontrollierten Fluss des Kapitals, die Liberalisierung und Privatisierung der öffentlichen Dienstleistungen, den Status und Auftrag der Europäischen Zentralbank.

Diese historische Krise, die den Kapitalismus mitten ins Herz trifft, ist eine Herausforderung an uns, zum Widerstand der Menschen beizutragen und die Perspektive für einen Wandel in Europa zu eröffnen. Die Partei der Europäischen Linken ist überzeugt, dass ein Ausweg aus dieser Krise nur im Kampf für ein demokratisches und soziales Europa gefunden werden kann – ein Europa der Völker, nicht der Banken.

Dies ist zugleich auch eine politische Krise. Das Nein der irischen, französischen und niederländischen Bürger zum Vertrag von Lissabon und zu den Europäischen Verfassungsver­trägen hat gezeigt, dass eine wachsende Anzahl von Menschen in Europa mit der undemokratischen und unsozialen Politik der Europäischen Union nicht einverstanden ist. Sie glauben, dass die EU eine weit entfernte, nicht greifbare Konstruktion ist, die sie nicht betrifft, die ihre Hoffnungen und ihre wahre Lage ignoriert.

Wir bekräftigen unser Nein zum Vertrag von Lissabon. Die demokratische Äußerung des Volkswillens muss respektiert werden – in einem neuen demokratischen Prozess mit aktiver Beteiligung der Bürger, der nationalen Parlamente und des Europäischen Parlaments. Demokratische Teilhabe und Parlamentsrechte müssen durch Normen für Volksbegehren, erweiterte Mitbestimmung sowie das Verhältnis zwischen nationalen Parlamenten und Europäischem Parlament gestärkt werden. Über eine Alternative zum Lissaboner Vertrag haben die EU-Bürger zu diskutieren und zu entscheiden. 

Die Europäische Union greift in das Leben der Menschen in Europa ein. 15 Jahre nach dem Vertrag von Maastricht überwiegt die neoliberale Ausrichtung. Die Lebens- und Arbeitsbedingungen für die Mehrheit der europäischen Bevölkerung haben sich rapide verschlechtert: Arbeitstag und Lebensarbeitszeit werden immer länger, es werden Löhne gezahlt, von denen man nicht leben kann. Wachsende Langzeit- und Jugendarbeitslo­sigkeit, prekäre Arbeit wie Minijobs, Leiharbeit oder unbezahlte Praktika sind skandalöser Alltag. Öffentliche Dienstleistungen werden zur Profitmache benutzt. Diese Arbeits- und Lebensbedingungen erzeugen physischen und psychischen Druck, führen zu Krankheiten, Angst, zu Entsolidarisierung und Gewalt gegen noch Schwächere. Die Situation der MigrantInnen in der EU und den jeweiligen Mitgliedstaaten sowie die EU-Migrationspolitik verdeutlichen das auf dramatische Weise. Auf der anderen Seite explodieren die Profite, erhalten Manager astronomische Gehälter, selbst dann, wenn ihre Handlungen negative Folgen haben. Die Reichen werden immer reicher und die Armen immer ärmer.

Angesichts solcher Entwicklungen in Europa wie dem Kaukasus-Konflikt, den Vorgängen im Kosovo, den bilateralen Verträgen mit den USA über die Errichtung von US-Militärbasen in Osteuropa oder dem anhaltenden Wettrüsten ist es wichtig, dass die EU das Völkerrecht achtet und nach politischen Konfliktlösungen strebt.

Die Militarisierung der EU-Außenpolitik in enger Verknüpfung mit der NATO muss durch ein alternatives Sicherheitskonzept ersetzt werden, das auf Frieden, Dialog und internationale Kooperation ausgerichtet ist.

Zahlreiche Menschen sind enttäuscht, frustriert und wenden sich von der europäischen Politik ab. Andere kämpfen für ihre Jobs und für soziale Sicherheit, für öffentliche Dienstleistungen und das Recht, an den politischen Entscheidungspro­zessen teilzuhaben. Sie kämpfen für ihre politischen, sozialen und individuellen Rechte, für die Achtung der Menschenrechte aller, die in der EU leben. Migration und Asyl sind zu wichtigen Themen des politischen Kampfes geworden. Die Menschen setzen sich ein für die Gleichstellung der Geschlechter, für Demokratie, Gerechtigkeit und das Recht für alle, in Würde und Solidarität miteinander zu leben.

Die EU steht an einem Scheideweg:

  • Entweder sie setzt ihre bisherige kapitalistische Politik fort und vertieft damit ihre Finanz-, Sicherheits- Nahrungs- und Energiekrise weiter.
  • Oder sie wandelt sich zu einem Raum von nachhaltiger Entwicklung und sozialer Gerechtigkeit, Frieden und Zusammenarbeit, Gleichberechtigung von Frauen und Männern, demokratischer Teilhabe und Solidarität, wo Antifaschismus, Antirassismus, bürgerliche Freiheiten und Menschenrechte gängige Praxis sind.

Die Bürger der EU haben zu entscheiden. Gegen Resignation oder Wahlverweigerung sagen wir: Es gibt Alternativen. Die Politik auf nationaler und europäischer Ebene muss und kann verändert werden.

Die Partei der Europäischen Linken will ein Europa, das friedlich ist und zivil handelt, das sozial und ökologisch nachhaltig wirtschaftet, das feministisch ist und sich auf der Grundlage von Demokratie und Solidarität entwickelt. Dafür ist eine neue Synergie sozialer und politischer Kräfte notwendig, die Ideen, Initiativen und die beharrliche Arbeit von politischen Akteuren und demokratischen Kräften, von Gewerkschaften und sozialen Bewegungen, von Vertretern der Zivilgesellschaf­ten. Alternativen sind möglich – durch den gemeinsamen Kampf auf der Straße und in den Parlamenten.

Wir reihen uns ein in die Kämpfe der Friedens- und Antikriegsbewegung, der globalisierun­gskritischen Bewegung, des Widerstandes gegen prekäre Lebensbedingungen, der Arbeiterinnen und Arbeiter, der Frauen und der Jugend.

In der gemeinsamen Fraktion GUE/NGL des Europäischen Parlaments haben wir mit Abgeordneten anderer sozialistischer, kommunistischer und nordischer grün-linker Parteien erfolgreich zusammengearbeitet. Der pluralistische Charakter der Fraktion war von 2004 bis 2009 eine Bereicherung für die Gestaltungskraft der linken Opposition. Wir wollen diese Erfahrung im neu gewählten Europäischen Parlament ausbauen.

Angesichts der gegenwärtigen Krise ist die Europäische Linke mehr denn je gefordert, sich wirksam für gemeinsame Aktionen gegen die politische und kulturelle Hegemonie der Rechten einzusetzen.

Die neoliberale Politik in der EU wurde u.a. durch eine Art großer Koalition der Parteien der europäischen Konservativen mit denen der europäischen Sozialisten ermöglicht. Dieses Zusammengehen ist einer der Gründe für die politischen Krise der Funktionsweise der EU. Es reißt in den sozialdemokra­tischen Parteien tiefe Widersprüche auf.

Die EL tritt gegen konservative und liberale, sozialdemokratische und grüne Parteien in den Mitgliedsländern sowie gegen die entsprechenden europäischen Parteien an, die an der Logik der gegenwärtigen europäischen Politik festhalten. Wir fordern den Wechsel und wollen den politischen Raum in Europa zurückerobern.

II. Die Krise überwinden: Menschen vor Profit
Für eine soziale und ökologische Wirtschaft in Europa

Die Europäische Linke steht für eine Politik, die auf wirtschaftlichem und  sozialem Fortschritt und dem Schutz der Umwelt beruht, die die Verteidigung und Weiterentwicklung sozialer Errungenschaften anstrebt. Im Unterschied zur Lissabon-Strategie setzt sie auf eine Strategie, die auf den Werten von Solidarität und Zusammenarbeit, Vollbeschäftigung und einem vernünftigen Umgang mit der Natur beruht. Diese ist aber nur realisierbar, wenn die bestehenden Regeln des internationalen Wirtschafts- und Finanzsystems verändert werden.

Die Europäische Union muss neu begründet werden – nach neuen Parametern, bei denen die Menschen und ihre Rechte vor dem Profit rangieren.

Wir betonen: Es kann nicht sein, dass die arbeitenden Menschen für die Krise zahlen sollen, während Banken und Finanzen gerettet werden. Die Logik der Pläne der G7 für die Europäische Union bedeutet, die Profite zu privatisieren und die Verluste zu vergesellschaften.

Aber selbst das gegenwärtige Recht gestattet Ausgaben für ein Investitionspro­gramm, das es ermöglicht, Arbeitsplätze zu erhalten und den ökologischen Umbau der Wirtschaft zu unterstützen.

Auf finanziellem Gebiet hat die Krise die entscheidende Rolle des Kredits offenbart. Von Städten und Regionen bis hin zum System der Europäischen Zentralbank müssen Kredite in die produzierende Wirtschaft, an die Belegschaften umgeleitet und vorrangig für Beschäftigung, für soziale und ökologische Ziele ausgereicht werden. Um diese Neuorientierung von Kredit und Geld durchzusetzen, fordern wir die staatliche und gesellschaftliche Kontrolle des Bank- und Finanzsystems. Wir treten für das Recht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitsnehmer und ihrer Organisationen sowie der Abgeordneten ein, die Verwendung von Krediten und Subventionen zu kontrollieren.

Wir kritisieren die Ziele und die aktuelle Politik der Europäischen Zentralbank, ihre absolute Unabhängigkeit von jeder Form politischer Ansprachen, den Mangel an Transparenz bei ihren Entscheidungen und Handlungen. Als dringendes Erfordernis heben wir hervor, dass ihre Geldpolitik vor der Inflationsbekämpfung vor allem neues Wachstum von Wirtschaft und Beschäftigung zum Ziel haben muss.

Daher ist die Rolle der Europäischen Zentralbank zu verändern und auf die Kriterien Beschäftigung, soziale und ökologische Entwicklung durch selektive Zinssenkungen auszurichten. Die Europäische Zentralbank muss einer öffentlichen demokratischen Kontrolle unterliegen. Ihr Statut muss neu gefasst werden. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt ist durch einen neuen Pakt für Wachstum, Vollbeschäftigung, soziale Sicherheit und Umweltschutz zu ersetzen.

Finanztransaktionen und Einkommen in Europa müssen besteuert, Steueroasen abgeschafft werden. Eine Besteuerung spekulativen Kapitals soll eingeführt und daraus ein Europäischer Fonds gespeist werden. Kapitalbewegungen, besonders Profite, die nicht direkt mit Investitionen und Handel in Zusammenhang stehen, sind zu kontrollieren und zu besteuern.

Die Tobinsteuer kann ein Instrument sein, um innovative Initiativen der Industrie in den Bereichen zu fördern, die von UNO-Organen für die Reduzierung der globalen Emissionen und die Schaffung von Arbeitsplätzen ausgewiesen werden. Der Europäische Fonds müsste den Richtlinien und Programmen des Europäischen Parlaments unterstellt sein, zu einem „grünen New Deal“ des Parlaments werden.

Gemeinschaftsgüter und strategische Wirtschaftsbereiche einschließlich das Kredit- und Finanzwesen sind zu vergesellschaften (nationalisieren). Es ist notwendig, ein umfassendes Sozialsystem auf europäischer Ebene aufzubauen. Die Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen ist rückgängig zu machen. Löhne und Einkommen der Arbeitnehmer müssen erhöht werden. Das europäische Finanzsystem ist nach dem Prinzip der progressiven Besteuerung zu harmonisieren.

Was neue Rechte und Vollmachten der Arbeitnehmer und Bürger betrifft, so muss das Monopol der Hauptakteure der Märkte auf strategische Informationen und Entscheidungen gebrochen und an Arbeitnehmer und Bürger übertragen werden, um eine wirkliche Transformation der politischen Macht zu erreichen. Demokratie muss mit der Einbeziehung der Bürger beginnen und alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens erfassen.

Lohn-, Sozial- und Umweltdumping sind durch gemeinsame europäische Standards, die armutsfest und zukunftsfähig sind, zu beenden. Angesichts der Beschlüsse des Europäischen Gerichtshofs, die schwere Angriffe auf Tarifverträge und Arbeitsbestimmungen darstellen, betonen wir die Notwendigkeit der Stärkung von Tarifverträgen und Arbeiterrechten. Wir lehnen die EU-Arbeitszeitrichtli­nie ab, die die wöchentliche Arbeitszeit auf 65 Stunden ausdehnt, totale Flexibilisierung zulässt und die Individualisierung der Arbeit forciert. Aus unserer Sicht darf die gesetzlich zugelassene wöchentliche Arbeitszeit 40 Stunden nicht überschreiten. Alle EU-Richtlinien und nationalen Gesetze zur wöchentlichen Arbeitszeit sind entsprechend zu ändern. Wir kämpfen europaweit für die 35-Stunden-Woche. Bessere nationale Bestimmungen, die bereits existieren, sollen beibehalten werden. Wir wollen einen europäischen Mindestlohn, der mindestens 60% der jeweils nationalen Durchschnittslöhne beträgt und bestehende tarifliche Vereinbarungen nicht in Frage stellt.

Um ein Leben in Würde zu garantieren ist ein Mindesteinkommen für nicht beschäftigte Menschen und eine Mindestrente, die sich am Mindestlohn orientiert und automatisch der Preisentwicklung angepasst wird, notwendig. Flexible Renteneintrit­tsalter sind zu gewährleisten, wobei bestehende Regelungen in den EU-Mitgliedsländern berücksichtigt werden sollten.

Wir fordern die Durchsetzung des Rechts von MigrantInnen auf Arbeit dort, wo sie in der EU leben. Ein Migrationsgesetz soll von den Interessen der MigrantInnen und nicht der Unternehmen ausgehen, die billige Arbeitskräfte suchen und damit Millionen von MigrantInnen in die Schwarzarbeit treiben. Wir lehnen jede Bestimmung oder Richtlinie der EU oder der Mitgliedstaaten ab, die Zwangsabschiebung vorsieht. Notwendig sind Bestimmungen und Arbeitserlaubnisse, die den Betroffenen Beschäftigungssuche ermöglichen.

Wir lehnen das mit der Lissabon-Strategie verbundene Konzept der „Flexicurity“ ab. Gegen Armut, soziale Ausgrenzung und Prekarität sind unsere Prioritäten Vollbeschäftigung in Normalarbeitsver­hältnissen, Anhebung der Löhne, Gehälter, Renten und Sozialleistungen. Die Steuern für Einkommen und Kapital müssen erhöht werden, um eine Umverteilung von oben nach unten zu ermöglichen.

Bildung, Betreuung in Kindheit und Jugend, bei Krankheit und im Alter, Gesundheit, Wasser und Abwasser, Energie, Nahverkehr, Post, Kultur und Breitensport sind keine Waren sondern öffentliche Dienstleistungen, die in die Obhutpflicht des Staates fallen. Sie dürfen deshalb nicht dem Wettbewerb um die niedrigsten Kosten und höchsten Profite unterworfen werden. Wir wollen keine weiteren Privatisierungen öffentlicher Einrichtungen und Güter, sondern eine „Rekommunalisi­erung“ bzw. Überführung in öffentliches Eigentum. Wir treten für starke öffentliche Dienstleistungen und öffentlich kontrollierte Unternehmen, für verstärkte Investitionen in Bildung, Pflege und Betreuung, Gesundheit, Nahverkehr, Kultur und Breitensport ein.

Klima und soziale Fragen stehen für uns in direktem Zusammenhang. Daher ist die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise von den Herausforderungen des Klimawandels, von einer Umorientierung unserer Produktions- und Konsumtionsweise nicht zu trennen. Wir sind für die umgehende und konsequente Ausarbeitung eines neuen internationalen Vertrages entsprechend  dem 4. Bericht des Weltklimarates und dem EU-Aktionsplan 2007–2009. Wir fordern die vollständige Umsetzung der unterzeichneten und vereinbarten Verpflichtungen der EU in allen Bereichen der Klima- und Energiepolitik. Die folgenden Kompromisse sind das Mindestmaß bei der Umsetzung der bereits unterschriebenen Umweltschutzver­pflichtungen:

  • Reduzierung der globalen Emissionen um 30 % bis 2020 im Vergleich zu 1990 und um 80 % bis 2050.
  • Erhöhung des Einsatzes erneuerbarer Energien um 25 % bis 2020.
  • Reduzierung des gesamten Energieverbrauchs um 20% bis 2020 und Erhöhung der Energieeffizienz um 2 % pro Jahr bei einer Begrenzung des Pro-Kopf-Verbrauchs.
  • Einführung einer Effizienzverpflichtung für die Hersteller energieintensi­ver Waren.
  • Die EU-Rahmensubventionen müssen konsequent auf den Bereich der Energieeffizienz und der erneuerbaren Energien beschränkt werden.

Wir sind dagegen, das Kyoto-Protokoll auf ein System von Emissionsquoten zu reduzieren. Um Kyoto 2 abzuschließen, ist eine umfassende Strategie vonnöten, die zu einer Reduzierung der Emissionen, zu einer gerechteren und vernünftigeren Entwicklung führt. Wir brauchen ein neues Paradigma, das auf Zusammenarbeit statt Konkurrenz beruht, das den Technologietransfer zugunsten der Entwicklungsländer, die Finanzierung von sauberen Technologien und Anpassungsstra­tegien an den Klimawandel umfasst.

Wasser ist ein universelles Gut. Der Zugang zu diesem muss als Menschenrecht garantiert werden.

Der Schutz der Umwelt und der nachwachsenden Rohstoffe, die Gestaltung der Kulturlandschaft und die Sicherung der Ernährung der Bevölkerung sind existenzielle Herausforderungen. Wir fordern die Vereinbarung der höchsten Umweltstandards innerhalb der EU und einen Beitrag zur Erhaltung der Biodiversität für künftige Generationen (energische Maßnahmen zu Müllreduzierung, Wasserschutz, Aufforstung und Bekämpfung der Wüstenbildung etc. müssen Bestandteile von Strategie und Politik in den Bereichen Landwirtschaft, Energie und Umweltschutz sein).

Wir streben eine substantielle Überprüfung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU an. Sie muss darauf orientieren, dass Menschen überall auf der Welt das Recht haben, bei vollem Respekt vor der Umwelt über ihre Agrarpolitik selbst zu entscheiden.

Wir lehnen jede Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU ab, die eine öffentliche Landwirtschaf­tspolitik in Frage stellt. Wir fordern, dass die Landwirtschaft kein Gegenstand von WTO-Verhandlungen sein darf. Wir wenden uns dagegen, dass die Landwirtschaft weltweit mehr und mehr zu einem Feld für neo-liberale Akteure und Liberalisierun­gsmaßnahmen gemacht wird.

Wir unterstützen die Forderung nach Nahrungssouveränität.

Dies bedeutet Priorität für lokale landwirtschaftliche Produktion und hochwertige Nahrungsmittel ohne den Zwang, die Produkte auf den Weltmarkt bringen zu müssen. Der Zugang zu Boden, Saatgut, Wasser und Krediten muss durch eine wirkliche Landreform in Europa und auf den anderen Kontinenten geregelt werden.

Wir fordern eine Politik zur umfassenden Entwicklung des ländlichen Raumes. Zentrale Kriterien müssen die Entwicklung der landwirtschaf­tlichen Produktion und die Schaffung von Arbeitsplätzen sein. Dabei geht es um zielgerichtete Maßnahmen für die einzelnen Sektoren, die Aufrechterhaltung der Biodiversität und der Beschäftigung auf dem Lande, insbesondere für junge Menschen und Frauen. Subventionen sollten nach wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Gesichtspunkten gewährt werden, nicht für den Profit von Großproduzenten in bestimmten Bereichen. Ausgehend davon ist die Verteilung des GAP-Haushalts besonders auf die Bedürfnisse der ländlichen Räume, der Kleinproduzenten sowie benachteiligter und bergiger Regionen umzuorientieren.

Die Landwirtschaft des 21. Jahrhunderts muss zahlreichen Anforderungen genügen: dem Schutz des Vermehrungsgutes, der Gewährleistung des Rechts der Bauern auf eigenes Saatgut, der Entwicklung von Programmen für biologischen Anbau und Viehhaltung, dem Verbot des Einsatzes genmanipulierter Organismen bei der Futter- und Lebensmittelpro­duktion, dem Schutz und der Aufwertung der Kennzeichnung des Ursprungslandes auch auf nichteuropäischen Märkten.

III. Ein friedliches und partnerschaftliches Europa

Von europäischem Boden darf nie wieder Krieg ausgehen. Deshalb sind Krieg und Militarisierung für die Europäische Linke kein Mittel von Politik. Wir streben eine Strategie an, die Sicherheit für alle schafft.

Abrüstung und Konversion sind zentrale Aufgaben. Wir kämpfen gegen das Aufrüstungsgebot des Lissaboner Vertrages, weil damit nicht nur todbringende, die Umwelt zerstörende Waffen produziert, sondern gleichzeitig der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Entwicklung Mittel entzogen werden. Wir wollen die Europäische Verteidigungsa­gentur durch eine Abrüstungsagentur ersetzen. Deren Aufgabe soll die Unterbindung des Wettrüstens, der Weiterverbreitung und des Besitzes von Massenvernichtun­gsmitteln, der Militarisierung des Weltraums und der Weltmeere auf der Grundlage von Abrüstungsverträgen sein.

Die aufkommenden Konflikte auf dem europäischen Kontinent – besonders nach der Weigerung der Regierungen seit 1990, die Zusammenarbeit aller Staaten in Europa auf eine gerechte und gleichberechtigte Weise neu zu gestalten – weisen darauf hin, dass die Schaffung eines neuen kollektiven Sicherheitssystems in Europa dringend notwendig ist. Der Kaukasus-Konflikt, der im August 2008 vom regionalen Konflikt zum Krieg eskalierte, hat sich zu einer internationalen Krise ausgeweitet, in die auch die USA einbezogen sind. Die europäische Zivilgesellschaft  und die Europäische Union sind aufgerufen, eine politische Lösung zu erreichen. Die Gefahr, dass solche Konflikte auf andere Regionen in Europa übergreifen, bleibt in höchstem Maße relevant. Zugleich sind die Entsendung von NATO-Truppen nach Afghanistan und die wachsenden Forderungen der USA, die europäische Beteiligung aufzustocken, Beweise dafür, dass die Strategie der Militärinterven­tion, wie sie von der Bush-Administration verfolgt wird, gescheitert ist. Sie verdeutlichen den wachsenden Widerspruch zwischen dem Interesse Europas an Sicherheit einerseits sowie der Strategie des militärischen Eingreifens und der NATO-Expansion andererseits.

Die Europäische Linke bekräftigt ihre Forderung nach Auflösung der NATO. Wir sind gegen die Logik der Militärblöcke einschließlich der Versuche und der Politik zum Aufbau europäischer Militärstrukturen.

Mehr denn je muss Sicherheit in Europa auf den Prinzipien von Frieden und Sicherheit, Abrüstung, struktureller Nichtangriffsfähig­keit, politischer und ziviler Konfliktlösung im Rahmen der OSZE im Einklang mit dem Völkerrecht und einem reformierten und demokratisierten UNO-System beruhen. Ein solches kollektives und kooperatives europäisches System muss Sicherheit, den bedingungslosen Zugang zu Energie, Umweltschutz und Menschenrechte gewährleisten.

Wir weisen darauf hin, dass die NATO in Europa im Interesse der USA nicht nur militärisch, sondern auch politisch eine negative Rolle spielt. Nach dem Ende der Blockkonfrontation zwischen Ost und West blieb die NATO bestehen und wurde noch eindeutiger zu einem Werkzeug der Hegemonialstrategie der US-Administration entwickelt. Die NATO-Osterweiterung passt in diese Logik.

Die bilateralen Abkommen der USA mit einigen europäischen Staaten wie mit Italien über den US-Stützpunkt in Vicenza, mit Polen und der Tschechischen Republik über die Stationierung von US-Raketenabwehran­lagen oder mit Bulgarien und Rumänien über die Einrichtung neuer Militärbasen bedrohen nicht nur die Souveränität Europas, sondern bringen auch das reale Risiko einer neuen Konfrontation auf unserem Kontinent mit sich.

Der Abzug der Truppen der NATO und der US-geführten westlichen Allianz aus dem Irak und Afghanistan sind notwendig. Die internationale Gemeinschaft und die EU müssen das afghanische Volk dabei unterstützen, eine politische Lösung des Konflikts auf nichtmilitärischem Wege bei Achtung des Völkerrechts und der Menschenrechte zu finden. Weiterhin fordern wir die Schließung aller Stützpunkte der NATO und der USA in Europa. Wir sind gegen US-amerikanische bzw. europäische satellitengestützte Verteidigungsan­lagen mit europäischen oder nichteuropäischen Besatzungen und unterstützen die tschechischen, polnischen, bulgarischen und rumänischen Bürger uneingeschränkt in ihrem Kampf gegen diese Einrichtungen. Wir lehnen jeden militärischen Missbrauch des europäischen Galileo-Systems ab.

Die Entwicklungs- und die Außenhandelspolitik der Europäischen Union müssen die Millenniumsziele erfüllen und konsequent auf den Grundsatz der Gleichberechtigung aller Länder umorientiert werden. Die bilateralen Europäischen Partnerschaftsab­kommen (EPA) sind der falsche Weg. Die Außenhandelspolitik der EU ist danach zu beurteilen, ob sie angemessene Lösungen für die globalen sozialen und ökologischen Probleme bietet. Der Kampf gegen die weltweit immer noch wachsende Armut und Ungleichheit muss in den Mittelpunkt der Entwicklungszu­sammenarbeit gestellt werden. Deren Missbrauch für die Aufrechterhaltung quasi-kolonialer Verhältnisse, für die einseitige Förderung von Exportindustrien zugunsten europäischer Unternehmen oder als Instrument der Geopolitik ist Einhalt zu gebieten. Wir wollen das Verbot der Umwandlung von Nahrungsmitteln in Treibstoffe. Wir fordern Schuldenerlass für die ärmsten Länder der Welt und eine Korrektur der Strukturanpas­sungsprogramme von Weltbank und IWF.

Wir unterstützen die Weiterentwicklung der Zusammenarbeit im Mittelmeerraum. Sie ist der Schlüssel, um Frieden und Sicherheit im Nahen Osten zu erreichen. Wir brauchen die aktive Beteiligung aller politischen Kräfte und der Zivilgesellschaften in den beteiligten Ländern. In einem demokratischen und transparenten Prozess muss der Graben zwischen den Ländern nördlich und südlich des Mittelmeeres geschlossen werden. Das ist die einzige Möglichkeit zu verhindern, dass das ambitionierte politische Projekt der Mittelmeer-Union zu einer Struktur politischer Ungleichheit missrät.

Ein Mittelmeerraum, in dem ein stabiler, dauerhafter Frieden herrscht, ist undenkbar ohne die Lösung des Nahostkonflikts. Die entscheidende Voraussetzung dafür besteht in der Anerkennung und Durchsetzung des Rechts des palästinensischen Volkes auf einen unabhängigen, lebensfähigen Staat an der Seite des Staates Israel, die beide mit gleichen Rechten in einem friedlichen Umfeld zusammenleben. Die EL wird tun, was in ihren Kräften steht, um die EU und ihre Mitgliedstaaten zu konsequentem Handeln in dieser Richtung zu drängen. Mehr noch: Europa muss sich vom US-Plan des „Greater Middle East“ lösen und sich selbst aktiv für ein Ende der militärischen Besatzung in den palästinensischen Gebieten, für die Beseitigung der „Mauer“ entsprechend dem Gutachten des Internationalen Gerichtshofs und für die strikte Erfüllung aller entsprechenden Resolutionen der UNO einsetzen. Die EU muss mehr politische Schritte unternehmen, um die Unterstützung der arabischen Staaten der Region zu fordern und die sich entwickelnden Zivilgesellschaften zu einer stärkeren Beteiligung an der Konfliktlösung anzuregen. Die Europäische Linke lehnt die Konfrontation­spolitik der USA und der EU gegenüber Iran, besonders hinsichtlich der Lösung des Konflikts um die Nutzung der Atomenergie, ab und fordert streng politische Verhandlungen. Die EL bringt ihre Solidarität mit den politischen und sozialen Kräften zum Ausdruck, die für eine konsequente Durchsetzung und Gewährleistung der Menschenrechte in Iran eintreten.

Die Europäische Linke bekräftigt ihren Einsatz für die Sicherheit und Zusammenarbeit aller Staaten im Mittelmeerraum und dem Nahen Osten einschließlich des Selbstbestimmun­gsrechts des Volkes der Westsahara auf der Grundlage der UNO-Resolutionen Nr. 1754 und 1783.

Die Türkei muss die politischen und Menschenrechte aller dortigen Einwohner, darunter aller Minderheiten, achten und rechtsverbindlich garantieren. Soziale und rechtliche Reformen sind durchzuführen, um für alle Bürger kurdischer Nationalität einen demokratischen und friedlichen Weg zu bahnen. Das wird auch zu einer politischen Lösung für die Kurden in anderen Ländern des Nahen und Mittleren Ostens beitragen.

Die beträchtliche Bewegung und die atmosphärische Veränderung, die seit der Wahl von Dimitris Christofias zum Präsidenten der Republik Zypern in der Zypernfrage eingetreten sind, lassen auf Fortschritte bei den Bemühungen um eine Wiedervereinigung der Insel hoffen. Ergebnis der offiziellen Verhandlungen zwischen den Führern der beiden Gemeinschaften unter Schirmherrschaft der UNO sollte eine politisch gleichberechtigte, bi-zonale und bi-kommunale, föderale Lösung auf der Grundlage der Vereinbarungen auf höchster Ebene sowie des internationalen und europäischen Rechts sein, wie sie in den entsprechenden UNO-Resolutionen niedergelegt ist.

Die Europäische Linke setzt sich dafür ein, alle politischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für das friedliche Zusammenleben der Völker und Staaten Europas zu schaffen. Europa braucht einen Wirtschafts- und Sozialraum, der kein europäisches Land ausklammert, der auf einem System der verschiedensten bi- und multilateralen Abkommen beruht. Die EL ist für die Fortsetzung der EU-Erweiterung und für eine stabile gesamteuropäische Struktur, um die noch bestehenden politischen und ökonomischen Trennlinien zu überwinden. Für sie sind eine demokratische Regierungsform, die Gewährleistung und Durchsetzung der Menschenrechte für jedermann im Alltag, die Achtung und der Schutz von Minderheiten und Rechtsstaatlichkeit wichtige Bedingungen für Verhandlungen mit Ländern, die sich um eine EU-Mitgliedschaft bewerben. Auch die EU selbst muss die politischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für künftige Erweiterungsschrit­te schaffen.

Die EL fordert die konsequente Anwendung der neuen EU-Nachbarschaftspo­litik auf gleichberechtigter Grundlage insbesondere gegenüber den Staaten der GUS und des Westbalkans.

Ein demokratisches und gleichberechtigtes Europa

Der demokratische Umbau Europas bleibt eine aktuelle Aufgabe.

Alle Menschen, die in den EU-Mitgliedstaaten leben, haben das Recht, die Gestaltung der EU und ihre künftige Entwicklung mitzubestimmen, ob sie nun in der EU geboren sind, oder nicht. Die Europäische Union muss sich der demokratischen Beteiligung aller Menschen öffnen, wenn sie eine Zukunft haben will.

Wir treten für die Stärkung der individuellen Bürgerrechte und der grundlegenden sozialen und politischen Rechte aller Menschen ein, die in der EU leben. Die EU-Grundrechtecharta muss juristisch bindend sein und weiterentwickelt werden. Die EU sollte die Europäische Menschenrechtskon­vention unterzeichnen. Die EL tritt für garantierte Gleichberechtigung von Frauen und Männern in allen Lebensbereichen ein. Wir streben eine europäische Regelung an, die das Recht der Frauen auf Selbstbestimmung über ihren Körper, auf unentgeltliche Schwangerschaf­tsverhütung und Abtreibung im Rahmen des öffentlichen Gesundheitswesens garantiert. Ebenso eine europäische Regelung, die Gewalt auf geschlechtlicher Grundlage zum Verbrechen erklärt.

Die Europäische Union muss die Rechte derjenigen schützen, die aufgrund von ethnischer Herkunft, sexueller Orientierung und Geschlecht, Religion, Weltanschauung, Behinderung oder Alter diskriminiert werden. Wir fordern die Einhaltung aller Rechte von Minderheiten und ein konsequentes Vorgehen gegen Rassismus, Fremdenfeindlichke­it, extremen Nationalismus, Chauvinismus, Faschismus, Antikommunismus, Homophobie und jede andere Form von Diskriminierung. Wir sind für ein säkulares Europa in dem Sinne, dass die Politik aller Staaten säkular sein muss.

Das Europa, das wir wollen, braucht eine Demokratisierung der Wirtschaft. Koalitions-, Mitbestimmungs- und Streikrechte müssen grenzüberschreitend gelten. Die durch den Europäischen Gerichtshof durch Urteile vorgenommene Verletzung der Schutzrechte sozialer und gewerkschaftlicher Standards gegenüber den Grundfreiheiten des Binnenmarktes lehnen wir ab. Im Gegenteil: Die Rechte und Möglichkeiten der arbeitenden Menschen, bei Entscheidungen von Unternehmensführun­gen, z.B. bei Investitionen oder Produktionsleitung mitzureden, müssen ausgebaut und juristisch verankert werden.

Die EL tritt für eine Kulturpolitik der EU ein, die auf interkulturellem  Dialog und interkultureller Bildung beruht. Die schrankenlose Liberalisierung kultureller Dienstleistungen lehnt sie ab. Wir wollen den Dialog der Kulturen zum friedenspolitischen Grundprinzip machen – in der Kommune und in Europa. Wir unterstützen die UNESCO-Konvention zur Kulturellen Vielfalt, in der das Recht auf Schutz und Förderung regionaler Kulturen völkerrechtlich vereinbart wurde.

Wir fordern eine transparente Medienpolitik. Die Quellen ökonomischer Produktivität, kultureller Hegemonie und politischer – wie auch militärischer – Macht sind in zunehmendem Maße abhängig von der Gewinnung, Speicherung und Verarbeitung von Information und Wissen. Der Zugang zu Kommunikation und Information von Gesellschaften sowie deren Aneignungsformen berühren daher Grundfragen demokratischer Beteiligung auf der nationalen und europäischen Ebene. Eine Demokratisierung der Produktion, der Verarbeitung und der Aneignung von Information und Wissen ist unumgänglich, um den Herausforderungen des digitalen Kapitalismus zu begegnen. Wir sind für demokratische Strukturen von Medien als öffentliche Dienstleistungen mit einem preiswerten, leichten Zugang zu modernen kulturellen Räumen wie dem Internet, freien Codes und Programmierung ohne die rechtswidrige Nutzung von sozialen Netzwerken und persönlichen Daten.

Der Bologna-Prozess – die Unterordnung von Schule, Universität und Forschung unter die Interessen der Privatwirtschaft, der Profitmacher des freien Marktes – muss umgekehrt werden. Bildung ist ein Menschenrecht. Wir unterstützen alle Bewegungen von Studenten, Schülern, Eltern und Lehrern in Europa, die sich gegen Bologna wenden und eine öffentliche, unentgeltliche Bildung überall in Europa verteidigen.

Öffentliche Bildung in Europa muss in den Grundsätzen und Werten wurzeln, die das Wesen der europäischen Kultur ausmachen. Die Schule muss in allen EU-Mitgliedstaaten ein Ort der Begegnung und des freien Zusammentreffens von Kulturen sein, die in einer immer stärker multikulturell und multireligiös geprägten Gesellschaft existieren, eine notwendige Voraussetzung, um eine authentische Erziehung zu Frieden und Geschlechtergle­ichheit entwickeln zu können. Zugleich müssen die Universitäten in die Lage versetzt werden, ihre herausragende Rolle bei der geistes- und naturwissenschaf­tlichen Ausbildung unbeeinflusst von der Logik der Märkte wahrnehmen zu können.

Um den politischen Raum der Europäischen Union für alle hier lebenden Menschen zurückzugewinnen, muss das Europäische Parlament das Recht auf Gesetzesinitiative erhalten. Die direkte Teilhabe am europäischen Entscheidungspro­zess wie die vom EP eingeführte Bürger-Agora, Referenda auf europäischer und nationaler Ebene über Grundsatzentsche­idungen der EU müssen möglich werden. Die EU-Institutionen (Rat, Kommission und Parlament) müssen sich für die Beteiligung der Zivilgesellschaften öffnen, die so die Möglichkeit erhalten, deren Entscheidungen zu kontrollieren. Die EU-weiten Anti-Terror-Maßnahmen und -Gesetze müssen aufgehoben werden. Wir fordern die Abschaffung der Liste „terroristischer Organisationen“, die unsere Freiheit gefährdet.

Wir wollen ein weltoffenes und einwanderungsof­fenes Europa. Europa darf keine Festung sein, die Menschen in Not abweist. Deshalb setzen wir uns für eine gemeinschaftliche EU-Flüchtlings- und Einwanderungspo­litik entsprechend der Genfer Flüchtlingskon­vention ein. Wer aufgrund seines politischen Engagements, seiner Religion, Weltanschauung, sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität fliehen muss, muss in Europa Schutz und Aufnahme finden. Wir fordern die Anerkennung geschlechtsspe­zifischer und nichtstaatlicher Verfolgung als Asylgrund sowie den besonderen Schutz geflüchteter Kinder. Deshalb lehnen wir das bestehende FRONTEX-System der Grenzkontrollen ab und verlangen, dass alle Pläne zur Umsetzung des „Europäischen Paktes zu Einwanderung und Asyl“ sowie der  „Rückkehr-Richtlinie“ aufgegeben werden. Abschiebegefängnis­se sind zu schließen.

Wir wenden uns gegen Entscheidungen der EU und europäischer Regierungen zur Einführung von Mechanismen präventiver Repression und Vorratsdatenspe­icherung, die unter dem Vorwand des Schutzes der öffentlichen Sicherheit Verdächtige schaffen, der Justiz und Polizei, Privatunternehmen, jedem interessierten Staat, ja sogar Geheimdiensten das Recht zubilligen, über die größte existierende Datenbank auf Personendaten zuzugreifen. 

In unseren Ländern und gemeinsam führen wir Parteien der Europäischen Linken den Europawahlkampf 2009 für diese Ziele. Wir wollen eine starke linke Fraktion im Parlament, um Europa verändern zu können. Jede Stimme für einen Kandidaten der Europäischen Linken ist eine Stimme für ein friedliches, soziales, ökologisches, demokratisches, feministisches und solidarisches Europa!

Nimm deine Chance wahr, verändere Europa jetzt!