KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Organisierung der Abwehr gegen die drohende Annexion

(27.2.2008)

Die Ergebnisse des Gesprächs von Schuschnigg mit Hitler am 12. Februar 1938 in Berchtesgaden gaben der steigenden Abwehrbereitschaft der Arbeiterschaft zusätzlichen Auftrieb. Bereits am 14. Februar fanden aus diesem Anlass in einigen Wiener Großbetrieben Proteststreiks statt. Die erste sichtbare Folge des Gesprächs mit Hitler war der Einzug von den Nazis nahestehenden Ministern in die Regierung Schuschnigg. Der Druck Deutschlands auf Österreich führte zu steigender Mobilisierung, die sich in zahlreichen Protestkundgebungen manifestierte. Zehntausende demonstrierten am 24. Februar vor dem Parlament, in dem Schuschnigg eine Rede hielt, gleiches spielte sich auch in Graz ab, wo Tausende für die Selbständigkeit Österreichs auf die Strasse gingen.

Am 3. März empfing Schuschnigg Betriebsvertrau­ensleute, denen unter anderem auch Genosse Theodor Heinisch angehörte. Das Gespräch drehte sich um die Frage, wie die Gefahr einer Annexion Österreichs abgewehrt werden könnte. Die Stellungnahme Heinisch zeigt, worum es in diesem Augenblick ging. Er sagte damals zu Schuschnigg: „Uns trennen die offenen Gräben des Februar 1934. Aber wir wohnen im selben Haus. Und dieses Haus brennt. Wenn wir den Brand –heute – gemeinsam löschen, werden wir uns morgen darüber unterhalten, wie es nunmehr eingerichtet werden soll. Wenn das Haus Österreich zerstört

ist, ist alles zu Ende.“

Die Arbeiterschaft war bereit, alles in ihrer Macht Stehende zu unternehmen, um in diesem Sinn zu wirken. Aus diesem Grund wurde es ihr auch ermöglicht, eine gesamtösterre­ichische Vertrauensmänner­konferenz einzuberufen.Trotz der Tatsache, daß die Regierung Schuschnigg nicht bereit war, die Forderung nach Wiederherstellung der Versammlungs- und Organisationsfre­iheit zu erfüllen, waren die mehr als 300 Delegierten nach langen und lebhaften Diskussionen bereit, die Arbeiterschaft aufzurufen, mit allen Kräften den Kampf Österreichs gegen die drohende Aggression Hitler-Deutschlands zu unterstützen. Gleichzeitig waren sich die Delegierten bei dieser Konferenz am 7. März im Floridsdorfer Arbeiterheim einig, daß es ebenso um die eigene Freiheit, um die Zusicherung von Mindestrechten für die Arbeiter gehe.

Nachdem am 9. März Schuschnigg von seiner Absicht informierte, am 13. März eine Volksabstimmung für „ein freies und deutsches, unabhängiges und soziales, für ein christliches und einiges Österreich“ abzuhalten, trafen einander in der Nacht zum 11. März zum letztenmal vor der Annexion führende Vertreter von RS, FG und KPÖ im Cafe Meteor (3. Wiener Gemeindebezirk), um die Situation zu besprechen. Trotz mancher Stimmen, die eine Bewaffnung der Arbeiterschaft (dies war auch der Inhalt eines Gespräches von Genossen Hermann Köhler mit dem Leiter der Staatspolizei, Hofrat Weiser) und eine Grossdemonstration forderten, wurde davon Abstand genommen, weil von Seiten Weisers die Versicherung abgegeben wurde, auch die angekündigte Nazikundgebung zu unterbinden.

In diesem Zeitraum verstärkte die Partei ihre Bemühungen zur Verbreiterung der zur Abwehr der Hitler-Aggression bereiten Kreise. Eindringlich warnte sie im Flugblatt „Arbeiter, Bauern, Volk von Österreich“: „Österreich ist in höchster Gefahr, es geht um das Schicksal, um die Unabhängigkeit unseres Landes…“ Noch einmal wurde auf die Entschlossenheit der Arbeiterschaft zur Verteidigung der österreichischen Unabhängigkeit verwiesen, auf die Notwendigkeit „ohne Unterschied der Partei“ mit allen, „die ihr Österreich liebt und entschlossen seid, für seine Freiheit und Unabhängigkeit mutig, kompromisslos und mit aller Konsequenz einzutreten und zu kämpfen.“ Voll Optimismus sah man in einer demokratischen, antifaschistischen Front eine unbezwingbare Kraft, die gegen Hitlers Drohungen Erfolg bringen könnte.

Doch bis zuletzt weigerte sich das Regime, durch die Legalisierung der verbotenen Organisationen der Arbeiterschaft jene Voraussetzungen zu schaffen, die ein konsequentes Vorgehen gegen die nahende Annexion ermöglicht hätte.

Nichtdestoweniger vertrat die Partei den Standpunkt, daß es dennoch notwendig ist, in dieser schwierigen Situation für ein Ja bei der geplanten Volksabstimmung Schuschniggs aufzurufen. Diese Überzeugung setzte sich dann in den letzten Stunden vor der Annexion auch bei den RS durch, die bis zuletzt als ersten Schritt die Legalisierung der verbotenen Arbeiterbewegung verlangt hatten.

Aus:

KPÖ. Beiträge zu Ihrer Geschichte und Politik, Globus-Verlag, 2. Auflage, Wien, 1989